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Einem Neugeborenen

Wir lasen, daß Odysseus einst am Tor
der Unterwelt das Schattenvolk, das fahle,
mit ausgegossnem Blut zum Licht beschwor.
So goß in deinen Leib als Opferschale
die unbekannte Gottheit rotes Blut.
Nun leckt das Totenvolk zum Lebensmahle
der herbe Duft der frisch ergossnen Flut.
Noch ahnst du's nicht. Doch jeder muß erfahren
den Totenzauber, der im Blute ruht:
Die einst – ureinst dir Väter, Mütter waren,
sie wittern, daß aufs neu' ihr Zauber webt,
und drängen an und wachen auf in Scharen,
und drängen an und wachen auf in Scharen,
eh' deine Seele noch die Flügel hebt.
Erinnrung kehrt ihren Schatten wieder,
verscharrte Leidenschaft wird jäh belebt,
und ihrem Dienste fronden deine Glieder.
Und während deine heiße Seele wirbt
um blanke Schwerter und um goldne Lieder,
flammt tief aus dir die Glut, die dich verdirbt.
Du wirst dir jählings fremd und ahnst mit Beben,
daß deine Kraft an Totengiften stirbt.
Heil, wenn dir ein Odysseusschwert gegeben,
wie's einst am Styx den Toten halt gebot!
Sonst kommt der Tag, da nur die Toten leben,
Und du, der Lebende, bist tot.

*