Gustave Flaubert
Frau Bovary
Gustave Flaubert

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zehntes Kapitel

Nach dem Tode eines Menschen sind die Umstehenden immer wie betäubt. So schwer ist es, den Hereinbruch des ewigen Nichts zu begreifen und sich dem Glauben daran zu ergeben. Karl aber, als er sah, daß Emma unbeweglich dalag, warf sich über sie und schrie:

»Lebwohl! Lebwohl!«

Homais und Canivet zogen ihn aus dem Zimmer.

»Fassen Sie sich!«

»Ja!« rief er und machte sich von ihnen los. »Ich will vernünftig sein! Ich tue ja nichts. Aber lassen Sie mich! Ich muß sie sehen! Es ist meine Frau!«

Er weinte.

»Weinen Sie nur!« sagte der Apotheker. »Lassen Sie der Natur freien Lauf! Das wird Sie erleichtern!«

Da wurde Karl schwach wie ein Kind und ließ sich in die Große Stube im Erdgeschoß hinunterführen. Homais ging bald darnach in sein Haus zurück.

Auf dem Markte wurde er von dem Blinden angesprochen, der sich bis Yonville geschleppt hatte, um die Salbe zu holen. Jeden Vorübergehenden hatte er gefragt, wo der Apotheker wohne.

»Großartig! Als wenn ich gerade jetzt nicht schon genug zu tun hätte! Bedaure! Komm ein andermal!«

Er verschwand schnell in seinem Hause.

Er hatte zwei Briefe zu schreiben, einen beruhigenden Trank für Bovary zu brauen und ein Märchen zu ersinnen, um Frau Bovarys Vergiftung auf eine möglichst harmlose Weise zu erklären. Er wollte einen Artikel für den »Leuchtturm von Rouen« daraus machen. Außerdem wartete eine Menge neugieriger Leute auf ihn. Alle wollten Genaueres wissen. Nachdem er mehreremals wiederholt hatte, Frau Bovary habe bei der Zubereitung von Vanillecreme aus Versehen Arsenik statt Zucker genommen, begab er sich abermals zu Bovary.

Er fand ihn allein. Canivet war eben fortgefahren. Karl saß im Lehnstuhl am Fenster und starrte mit blödem Blick auf die Dielen.

»Wir müssen die Stunde für die Feierlichkeit festsetzen!« sagte der Apotheker.

»Wozu? Für was für eine Feierlichkeit?« Stammelnd und voll Grauen fügte er hinzu: »Nein, nein … nicht wahr? Ich darf sie dabehalten?«

Um seine Haltung zu bewahren, nahm Homais die Wasserflasche vom Tisch und begoß die Geranien.

»O, ich danke Ihnen!« sagte Karl. »Sie sind sehr gütig….«

Er wollte noch mehr sagen, aber die Fülle von Erinnerungen, die des Apothekers Tun in ihm wachrief, überwältigte ihn. Es waren Emmas Blumen!

Homais gab sich Mühe, ihn zu zerstreuen, und begann über die Gärtnerei zu plaudern. Die Pflanzen hätten die Feuchtigkeit sehr nötig. Karl nickte zustimmend.

»Jetzt werden auch bald schöne Tage kommen….«

Bovary seufzte.

Der Apotheker wußte nicht mehr, wovon er reden sollte, und schob behutsam eine Scheibengardine beiseite.

»Sehn Sie, da drüben geht der Bürgermeister!«

Karl wiederholte mechanisch:

»Da drüben geht der Bürgermeister!«

Homais wagte nicht, auf die Vorbereitungen zum Begräbnis zurückzukommen. Erst der Pfarrer brachte Bovary zu einem Entschlusse hierüber.

Karl schloß sich in sein Sprechzimmer ein, ergriff die Feder, und nachdem er eine Zeitlang geschluchzt hatte, schrieb er:

»Ich bestimme, daß man meine Frau in ihrem Hochzeitskleid begrabe, in weißen Schuhen, einen Kranz auf dem Haupte. Das Haar soll man ihr über die Schultern legen. Drei Särge: einen aus Eiche, einen aus Mahagoni, einen von Blei. Man soll mich nicht trösten wollen! Ich werde stark sein. Und über den Sarg soll man ein großes Stück grünen Samt breiten. So will ich es! Tut es!«

Man war über Bovarys Romantik arg erstaunt, und der Apotheker ging sofort zu ihm hinein, um ihm zu sagen:

»Das mit dem Samt scheint mir übertrieben. Allein die Kosten….«

»Was geht Sie das an!« schrie Karl. »Lassen Sie mich! Sie haben sie nicht geliebt! Gehn Sie!«

Der Priester faßte Karl unter den Arm und führte ihn in den Garten. Er sprach von der Vergänglichkeit alles Irdischen. Gott sei gut und weise. Man müsse sich ohne Murren seinem Ratschluß unterwerfen. Man müsse ihm sogar dafür danken.

Aber Karl brach in Gotteslästerungen aus.

»Ich verfluche ihn, euren Gott!«

»Der Geist des Aufruhrs steckt noch in Ihnen!« seufzte der Priester.

Bovary ließ ihn stehen. Mit großen Schritten ging er die Gartenmauer entlang, an den Spalieren hin. Er knirschte mit den Zähnen und sah mit Blicken zum Himmel, die Verwünschungen waren. Aber auch nicht ein Blatt wurde davon bewegt.

Es begann zu regnen. Karls Weste stand offen. Nach einer Weile fror ihn. Er ging ins Haus zurück und setzte sich an den Herd in der Küche.

Um sechs Uhr hörte er Wagengerassel draußen auf dem Markte. Es war die Post, die von Rouen zurückkehrte. Er preßte die Stirn gegen die Scheiben und sah zu, wie die Reisenden nacheinander ausstiegen. Felicie legte ihm eine Matratze in das Wohnzimmer, er warf sich darauf und schlief ein.

Herr Homais war ein Freigeist, aber er ehrte die Toten. Er trug dem armen Karl auch nichts nach und kam abends, um Totenwache zu halten. Er brachte drei Bücher und ein Notizbuch mit. Er pflegte sich Auszüge zu machen.

Bournisien fand sich gleichfalls ein. Zwei hohe Wachskerzen brannten am Kopfende des Bettes, das man aus dem Alkoven hervorgerückt hatte.

Der Apotheker, dem das Schweigen unheimlich vorkam, drechselte Jeremiaden über die »unglückliche junge Frau«. Der Priester unterbrach ihn. Es sei nichts am Platze, als für sie zu beten.

»Immerhin«, versetzte Homais, »sind nur zwei Fälle möglich. Entweder ist sie, wie sich die Kirche ausdrückt, selig verschieden. Dann bedarf sie unsrer Gebete nicht. Oder sie ist als Sünderin von hinnen gegangen … Oder wie lautet hier der kirchliche Ausdruck? Dann….«

Bournisien unterbrach ihn und erklärte in mürrischem Tone, man müsse in jedem Falle beten.

»Aber sagen Sie mir,« wandte der Apotheker ein, »da Gott stets weiß, was uns not tut, wozu dann erst das Gebet?«

»Wozu das Gebet?« wiederholte der Priester. »Ja, sind Sie denn kein Christ?«

»Verzeihung! Ich bewundre das Christentum. Es hat zuerst die Sklaverei abgeschafft, es hat der Welt eine neue Moral geschenkt, die….«

»Davon reden wir nicht. In der Heiligen Schrift….«

»Gehen Sie mir mit der Bibel! Lesen Sie in der Geschichte nach! Man weiß, daß sie von den Jesuiten gefälscht ist….«

Karl trat ein, näherte sich dem Totenbette und zog langsam die Vorhänge beiseite.

Emmas Kopf war ein wenig nach der rechten Schulter zu geneigt. Ihr Mund stand offen und sah wie ein schwarzes Loch im unteren Teil ihres Gesichtes aus. Beide Daumen hatten sich fest in die Handballen gedrückt. Etwas wie weißer Staub lag in ihren Wimpern, und die Augen verschwammen bereits in blassem Schleim, der wie ein dünnes Gewebe war, als hätten Spinnen ihr Netz darüber gesponnen. Das Bettuch senkte sich von ihren Brüsten bis zu den Knien und hob sich von da an nach ihren Fußspitzen. Karl hatte die Empfindung, ein schweres Etwas, ein ungeheures Gewicht laste auf ihr.

Die Turmuhr der Kirche schlug zwei Uhr. Vom Garten her drang das dumpfe Murmeln des Baches, der in die dunkle Ferne strömte. Von Zeit zu Zeit schneuzte sich Bournisien geräuschvoll, und Homais kritzelte Notizen auf das Papier.

»Lieber Freund,« sagte er, »gehn Sie nun! Dieser Anblick zerreißt Ihnen das Herz!«

Sobald Karl das Zimmer verlassen hatte, begannen die beiden ihre Erörterung von neuem.

»Lesen Sie Voltaire!« sagte der eine. »Lesen Sie Holbach! Die Enzyklopädisten!«

»Lesen Sie die 'Briefe einiger portugiesischen Juden'«, sagte der andre, »lesen Sie die `Grundlagen des Christentums' von Nicolas!«

Sie regten sich auf, bekamen rote Köpfe und sprachen gleichzeitig ineinander hinein. Bournisien war entrüstet über die Vermessenheit des Apothekers, Homais erstaunt über die Beschränktheit des Priesters. Sie waren beide nahe daran, sich Beleidigungen zu sagen, da kam plötzlich Karl abermals herein. Eine unwiderstehliche Gewalt zog ihn her. Er mußte immer wieder die Treppe hinauf.

Er setzte sich der Toten gegenüber, so daß er ihr voll ins Antlitz sehen konnte. Er verlor sich in ihren Anblick, mit einer Innigkeit, die den Schmerz verscheuchte.

Er erinnerte sich an allerlei Legenden von Scheintoten und von den Wundern des Magnetismus. Er bildete sich ein, er könne sie wieder aufwecken, wenn er alle seine Willenskraft konzentriere. Einmal beugte er sich sogar über sie und rief ganz leise: »Emma, Emma!«

Er atmete so heftig, daß die Flammen der Kerzen flackerten….

Bei Tagesanbruch traf die alte Frau Bovary ein. Karl umarmte sie und brach von neuem in Tränen aus. Ebenso wie der Apotheker versuchte sie, ihm wegen des Aufwandes beim Begräbnisse Vorstellungen zu machen, aber er brauste so auf, daß sie schwieg. Hinterher beauftragte er sie sogar, baldigst in die Stadt zu fahren und das Nötige zu besorgen.

Karl blieb den ganzen Nachmittag allein. Berta war bei Frau Homais. Felicie saß mit Frau Franz bei der Toten.

Am Abend empfing Karl Besuche. Er erhob sich jedesmal, drückte dem Kommenden stumm die Hand, der sich dann zu den andern setzte, die nach und nach einen großen Halbkreis um den Kamin bildeten. Alle hatten die Köpfe gesenkt. Die Knie aufeinander, schaukelten sie mit den Beinen und stießen von Zeit zu Zeit einen tiefen Seufzer aus. Alle langweilten sich maßlos, aber keinem fiel es ein, wieder zu gehen.

Um neun Uhr kam Homais zurück, beladen mit einer Menge Kampfer, Benzoe und aromatischen Kräutern. Auch ein Gefäß voll Chlor brachte er mit, um die Luft zu desinfizieren. Felicie, die Löwenwirtin und die alte Frau Bovary standen gerade um Emma herum, damit beschäftigt, die letzte Hand ans Totenkleid zu legen. Sie zupften den langen steifen Schleier zurecht, der bis hinab an die Atlasschuhe reichte.

Felicie wehklagte:

»Ach, meine arme gute Herrin! Meine arme gute Herrin!«

»Sehn Sie nur!« sagte die Witwe Franz seufzend, »wie reizend sie noch immer ausschaut! Man möchte drauf schwören, daß sie gleich wieder aufstünde!«

Dann beugten sie sich über sie, um ihr den Kranz umzulegen. Dabei mußten sie den Kopf etwas hochheben. Da quoll schwarze Flüssigkeit aus dem Munde hervor, als erbräche sie sich.

»Mein Gott! Das Kleid! Geben Sie acht!« schrie Frau Franz. Und zum Apotheker gewandt: »Helfen Sie uns doch! Oder fürchten Sie sich vielleicht?«

»Ich mich fürchten?« erwiderte er achselzuckend. »Nein, so was! Ich habe in den Spitälern noch ganz andres gesehen und erlebt, als ich Pharmazeutik studierte. Wir brauten uns unsern Punsch im Seziersaal! Der Tod erschreckt einen Philosophen nicht. Ich habe sogar die Absicht – wie ich schon oft gesagt habe – , meinen Körper der Anatomie zu vermachen, damit er dermaleinst der Wissenschaft noch etwas nützt.«

Der Pfarrer kam und fragte nach Karl. Auf den Bescheid des Apothekers erwiderte er:

»Die Wunde, wissen Sie, ist noch zu frisch.«

Darauf pries Homais ihn glücklich, weil er nicht darauf gefaßt zu sein brauche, eine teure Gefährtin zu verlieren, worauf sich ein Disput über das Zölibat entspann.

»Es ist unnatürlich,« sagte der Apotheker, »daß sich ein Mann des Weibes enthalten soll. Manche Verbrechen….«

»Aber, zum Kuckuck!« rief der Priester. »Kann denn ein verheirateter Mensch das Beichtgeheimnis wahren?«

Nun griff Homais die Beichte an. Bournisien verteidigte sie. Er zählte ihre guten Wirkungen auf. Er wußte Geschichten von Dieben, die auf einmal ehrliche Menschen geworden wären. Sogar Soldaten seien, nachdem sie im Beichtstuhl ihrer Sünden ledig gesprochen, fromme Menschen geworden. Und in Freiburg sei ein Diener….«

Sein Partner war eingeschlafen. Als die schwüle Luft im Zimmer immer unerträglicher wurde, öffnete der Pfarrer das Fenster. Da ward der Apotheker wieder wach.

»Wie wärs mit einer Prise?« fragte er ihn. »Hier! Das hält munter!«

In der Ferne bellte irgendwo fortwährend ein Hund.

»Hören Sie, wie der Hund heult?« fragte der Apotheker.

»Man sagt, daß sie die Toten wittern«, sagte der Priester. »Ähnlich ist es bei den Bienen. Sie verlassen ihren Stock, wenn im Haus ein Mensch stirbt.«

Homais erhob keinen Einwand gegen diesen Aberglauben, denn er war bereits wieder eingeschlafen.

Bournisien, der widerstandsfähiger war, bewegte noch eine Zeitlang leise die Lippen. Dann senkte sich allmählich sein Kinn, sein dickes schwarzes Buch entfiel ihm, und er begann zu schnarchen.

So saßen sie einander gegenüber, mit vorgestreckten Bäuchen, mit ihren aufgedunsenen Gesichtern voller Stirnrunzeln. Nach all ihrem Zwist vereinte sie die gleiche menschliche Schwäche. Sie regten sich ebensowenig wie der Leichnam neben ihnen, der zu schlummern schien.

Karl kam. Er weckte die beiden nicht. Er kam zum letzten Male. Um Abschied von ihr zu nehmen.

Das Räucherwerk qualmte noch. Die bläuliche Wolke vermählte sich am Fensterkreuz mit dem Nebel, der hereindrang. Draußen blinkten einige Sterne. Die Nacht war mild.

Das Wachs der Kerzen träufelte in langen Tränen herab auf das Bettuch. Karl sah zu, wie die gelben Flammen flackerten. Der Lichtschimmer machte ihm die Augen müde.

Über das Atlaskleid huschten Reflexe; es war weiß wie Mondenschein. Emma verschwand darunter, und es schien ihm, als gehe die Tote in alle die Dinge ringsumher über, als lebe sie nun in der Stille, in der Nacht, im leisen Winde, in dem wirbelnden Kräuterdufte….

Und mit einem Male sah er sie wieder in Tostes auf der Gartenbank unter dem blühenden Weißdornbusch … dann in Rouen auf dem Gange durch die Straße … und dann auf der Schwelle ihres Vaterhauses, im Gutshofe, in Bertaux…. Es war ihm, als höre er das Jodeln der lustigen Burschen, die unter den Apfelbäumen tanzten bei seiner Hochzeitsfeier. Wie hatte das Brautgemach nach ihrem Haar geduftet! Wie hatte ihr Atlaskleid in seinen Armen geknistert, wie sprühende Funken! Dasselbe Kleid! Damals und heute!

Langsam zog sein ganzes einstiges Glück noch einmal an ihm vorüber. Er sah sie vor sich in ihren eigentümlichen Bewegungen, ihrer Haltung, ihrem Gang. Er hörte den Klang ihrer Stimme. Immer wieder brandete die Verzweiflung an ihn heran, unaufhörlich, unversiegbar wie die Flut des Meeres am Strande.

Eine gräßliche Neugier überkam ihn. Langsam und klopfenden Herzens hob er mit den Fingerspitzen den Schleier. Aber da schrie er vor Schrecken laut auf, und die beiden andern Männer erwachten. Sie zogen ihn fort und führten ihn hinunter in die Große Stube.

Bald darauf kam Felicie und richtete aus, Bovary wolle vom Haar der Toten haben.

»Schneiden Sie ihr welches ab!« befahl der Apotheker.

Da sie sichs nicht getraute, trat er selbst mit der Schere heran. Er zitterte so stark, daß er die Haut an der Schläfe an mehreren Stellen ritzte. Endlich raffte er sich zusammen und schnitt blindlings zwei- oder dreimal zu. Es entstanden ein paar kahle Stellen mitten in dem schönen schwarzen Haar der Toten.

Der Apotheker und der Pfarrer versenkten sich wieder in ihre Bücher, nicht ohne von Zeit zu Zeit einzunicken. Jedesmal, wenn sie wieder erwachten, warfen sie es sich gegenseitig vor. Der Pfarrer besprengte das Zimmer mit Weihwasser, und Homais schüttete ein wenig Chlor auf die Dielen.

Felicie hatte für sie gesorgt und auf der Kommode eine Flasche Branntwein, Käse und ein langes Weißbrot bereitgestellt. Gegen vier Uhr früh hielt es der Apotheker nicht mehr aus. Er seufzte:

»Wahrhaftig. Eine Stärkung wäre nicht übel!«

Der Priester hatte durchaus nichts dagegen. Er ging aber erst die Messe lesen. Als er wieder zurückkam, aßen und tranken beide, wobei sie sich angrinsten, ohne recht zu wissen warum, verführt von der sonderbaren Fröhlichkeit, die den Menschen nach überstandenen Trauerakten ergreift. Beim letzten Gläschen klopfte der Priester dem Apotheker auf die Schulter und sagte:

»Wir werden uns am Ende noch verstehen!«

In der Hausflur begegneten sie den Leuten, die den Sarg brachten. Zwei Stunden lang mußte sich Karl von den Hammerschlägen martern lassen, die von den Brettern zu ihm hallten. Dann legte man die Tote in den Sarg aus Eichenholz und diesen in die beiden andern. Aber da der letzte zu breit war, füllte man die Hohlräume mit Werg aus einer Matratze. Als der letzte Deckel zurechtgehobelt und vernagelt war, stellte man den Sarg vor die Tür. Das Haus ward weit geöffnet, und die Leute von Yonville begannen herbeizuströmen.

Der alte Rouault kam an. Als er das Sargtuch sah, wurde er mitten auf dem Markte ohnmächtig.


 << zurück weiter >>