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Kurzweiliges Gespräch der beiden Pfarrer mit dem Buchhändler, das durch einen unglücklichen Vorfall im Wirthshause unterbrochen wird, welcher nicht den artigsten Dialog zwischen Mistreß Towwouse und ihrer Magd herbeiführt.
Als Herr Adams in das Zimmer trat, stellte Herr Barnabas ihn dem Fremden vor, welcher, wie Jener sagte, ein Buchhändler sei, und ihm für seine Predigten wohl so viel geben werde, wie irgend ein anderer. – Adams begrüßte den Fremden, und antwortete Barnabas, er sei ihm sehr verpflichtet; und nichts könne ihm erwünschter sein, denn er habe kein anderes Geschäft in London, und möchte sehr gern mit dem jungen Mann zurückkehren, der bereits von den Folgen seines Vorfalls genesen sei. Hierauf schnippte er mit den Fingern (was er oft zu thun pflegte) und schritt voll Entzücken einigemal in der Stube auf und ab. Um nun den Buchhändler theils zu möglich schneller Betreibung des Geschäfts, theils zum Erbieten eines bessern Preises zu vermögen, betheurte er, ihr Zusammentreffen sei ein besonderes Glück für ihn; denn er befinde sich grade in der dringensten Geldnoth, indem er seine Finanzen fast erschöpft, und überdem für einen Freund in demselben Wirthshaus zu sorgen habe, der eben von den Wunden genesen sei, die er in einem Raubanfall erhalten, und sich in der hülflosesten Lage befinde, so daß nichts, fügte er hinzu, »gelegener sein könnte, um uns Beiden zu helfen, als wenn der Handel mit Ihnen schnell abgeschlossen würde.«
Sobald er sich gesetzt hatte, begann der Fremde folgendermaßen: »Sir, ich will das Geschäft, das mein Freund Herr Barnabas, mir empfiehlt, eben nicht durchaus von der Hand weisen; aber Predigten sind wahrer Plunder. Der Handel ist so damit überfüllt, daß ich sie wirklich, wenn sie nicht mit dem Namen von Whitefield oder Westley, oder irgend eines andern bedeutenden Mannes, wie eines Bischofs oder dergleichen prangen, kaum anrühren mag; es sei denn etwa, daß die Predigt am dreißigsten Januar gehalten, oder wir auf dem Titelblatt sagen könnten: ›Auf ernstliches Ersuchen der Gemeinde oder Zuhörer bekannt gemacht.‹ Mit andern Predigten kann ich mich jetzt um so weniger befassen, als ich schon alle Hände voll zu thun habe. Da jedoch Herr Barnabas mir das Geschäft empfohlen hat, so will ich, wenn Sie damit einverstanden sind, das Manuscript mit nach London nehmen, und Ihnen binnen kurzem meine Meinung darüber mittheilen.« –
»O, sagte Adams, wenn Sie es wünschen, so will ich Ihnen zwei oder drei Predigten zur Probe vorlesen.« – Hiergegen erklärte sich sofort Barnabas, der sich aus Predigten so wenig machte, wie ein Gewürzkrämer aus Rosinen, und rieth seinem Kollegen, auf den Vorschlag des Buchhändlers einzugehen, indem er sagte, wenn er ihm seine Adresse gebe, könne er baldiger Antwort sicher sein, auch ihm ohne Bedenken seine Predigten anvertrauen. »Das denke ich,« fügte dieser hinzu, »und wenn es auch ein Schauspiel wäre, das zwanzig Vorstellungen hinter einander erlebt hätte, so würde es bei mir gut aufgehoben sein.« –
Adams fand an dieser Vergleichung wenig Gefallen, und konnte sich der Bemerkung nicht erwehren, er höre ungern Predigten mit Schauspielen zusammenstellen. – »Ich meinerseits setze beide fürwahr nicht in eine Klasse,« sagte der Buchhändler, »obgleich es möglich ist, daß sie durch die Licenzakte bald auf denselben Fuß gebracht werden; doch so viel weiß ich, daß in früheren Zeiten wohl hundert Guineen für ein Schauspiel bezahlt worden sind.« – »Desto mehr Schande für diejenigen, die das thaten,« schrie Barnabas.– »Wieso?« fragte der Buchhändler, »denn sie haben Hunderte damit gewonnen.« – »Ist es denn aber kein Unterschied, ob man gute oder schlimme Lehren unter die Menschen bringt?« sagte Adams; »würde nicht ein rechtschaffener Mann lieber mit letztern Geld verlieren, als mit erstern es gewinnen wollen?« – »Wenn Sie solche Leute finden können, habe ich nichts dagegen,« versetzte der Buchhändler; »aber ich meine, Diejenigen, die dadurch Geld gewinnen, daß sie Predigten halten, können auch am ersten verlieren, wenn sie dieselben drucken lassen. Was mich betrifft, so sagen mir die Manuscripte am besten zu, die sich am besten verkaufen; ich habe nichts gegen Predigten, außer weil sie schwer verkäuflich sind; übrigens würde ich eine von Whitefield eben so gern verlegen, als irgend eine Posse fürs Theater.«
»Wer solch heterodoxes Zeug verlegt, verdient gehangen zu werden,« schrie Barnabas. »Sir,« fuhr er sich zu Adams wendend fort, »diese gottlosen Schriften (ich weiß nicht, ob sie Ihnen schon bekannt wurden) sind alle gegen die Geistlichkeit gerichtet. Jener Whitefield mochte uns wieder auf den Fuß setzen, wie in den ersten Zeiten der Kirche, denkt doch, und dem Volk beibringen, ein Geistlicher habe nichts zu thun, als zu predigen und zu beten. Er giebt vor, die Schrift buchstäblich auszulegen, und möchte den Leuten weiß machen, die der Kirche in ihrer Kindheit empfohlene Niedrigkeit und Armuth, eine temporelle Lehre, die mir während ihrer Unterdrückung zulässig sein konnte, müsse auch jetzt in ihrem blühenden und fest begründeten Zustand beibehalten werden. Sir, die Grundsätze Tolands, Woolstons und aller Freigeister zusammen können nicht halb so viel Unfug anrichten, als die jenes Menschen und seiner Anhänger.« –
»Sir,« antwortete Adams, »wäre Herr Whitefield in seiner Lehre nicht weiter gegangen, als Sie sagen, so wurde ich ihm noch immer den besten Erfolg wünschen, wie ich es einst that. Ich selbst bin ein eben so erklärter Feind der Ueppigkeit und des übertriebenen Luxus der Geistlichkeit, als er nur immer sein kann. Unter dem blühenden Zustand der Kirche verstehe ich eben so wenig wie er die Paläste, Equipagen, köstliche Anzüge, reichen Möbeln, mit Leckerbissen besetzten Tafeln, und aufgehäuften Schätze der Diener derselben. Fürwahr, diese Dinge, die so stark nach dem Zeitlichen schmecken, schicken sich wenig für die Knechte Dessen, der sein Reich nicht von dieser Welt nannte; aber als Herr Whitefield Unsinn und Schwärmerei zu Hülfe rief, und die verderbliche Lehre vom Glauben, der ohne gute Werke wirksam sei, aufstellte, da hörte ich auf, sein Freund zu sein; denn gewißlich stammen solche Lehrsätze aus der Hölle, und man sollte fast glauben, nur der Teufel selbst könne die Frechheit haben, sie zu predigen. Kann irgend etwas der Ehre Gottes mehr zu nahe treten, als wenn wir annehmen, der Allweise werde dereinst zu den Guten und Tugendhaften sprechen: ›Obgleich Euer Lebenswandel rein war, obgleich das ewige Gesetz des Rechts und der Tugend euch auf Erden zur Richtschnur diente, so soll doch, da ihr nicht Alles und Jedes nach der orthodoxen Vorschrift glaubtet, euer Mangel an Glauben euch verdammen!‹ – Oder kann andrerseits eine Lehre einen schädlichern Einfluß auf die bürgerliche Gesellschaft haben, als die, nach welcher der Bösewicht am Tage des Gerichts mit der Entschuldigung auftreten kann: ›Herr, es ist wahr, ich habe nie einem deiner Gebote gehorcht, doch bestrafe mich nicht, denn ich habe sie alle geglaubt?‹« – »Ich vermuthe, Sir,« sagte der Buchhändler, »Ihre Predigten enthalten also wohl andere Grundsätze?« – »Andere, Sir?« rief Adams, »die entgegengesetzten, Gott sei Dank, fast auf jeder Seite, sonst wäre ich ja meinen eigenen Grundsätzen untreu, nach denen ich von jeher glaubte, ein guter oder tugendhafter Türke oder Heide sei dem Schöpfer wohlgefälliger, als ein schlechter und lasterhafter Christ, und möge dessen Glauben auch so vollkommen orthodox sein, wie der des heiligen Paulus selbst.« – »Nun, dann wünsche ich, daß es Ihnen mit Ihren Predigten glücken möge,« sagte der Buchhändler, »bitte aber, mich zu entschuldigen, da ich meine Hände jetzt schon gar zu voll habe; auch werden Sie, fürchte ich, schwerlich einen Verleger finden, der ein Werk annimmt, gegen welches unstreitig die gesammte Geistlichkeit sich erklären wird.« – »Da sei Gott vor,« erwiederte Adams, »daß Bücher verbreitet werden, die der Zustimmung der Geistlichkeit nicht sicher sind; verstehen sie aber unter der Geistlichkeit einige wenige ränkesüchtige eigennützige Menschen, denen daran liegt, auf Kosten der menschlichen Freiheit und des wahren Wesens der Religion gewisse Lieblingspläne durchzusetzen, so steht es nicht in solcher Personen Macht, irgend einem Buch durch ihren Tadel etwas an seinem Werth zu benehmen. Ich berufe mich hier auf das treffliche Werk, das den Titel führt: ›Ungekünstelte Erklärung von der Sakramente Beschaffenheit und Zweck;‹ ein Werk, das (wenn ich mir den Ausdruck gestatten darf) mit der Feder eines Engels geschrieben, und darauf berechnet ist, die Ausübung des wahren Christenthums und das Wesen seiner ursprünglichen Stiftungen zu entwickeln; denn was könnte die edeln Zwecke der Religion mehr befördern, als häufige frohe Versammlungen der Glieder einer Gesellschaft, in denen diese im Dienst des höchsten Wesens sich gegenseitig Freundschaft, Treue und Wohlwollen geloben? Nun wurde diese treffliche Schrift zwar von einer gewissen Partei angegriffen, aber durchaus ohne Erfolg.« –
Bei diesen Worten zog Barnabas aus allen Kräften die Klingel, und schrie dem eintretenden Kellner zu, ihm sogleich die Rechnung zu bringen, denn er sei, wie er nicht anders glauben könne, mit dem Satanas selbst zusammengerathen, und werde, wenn er noch länger verweile, wohl gar eine Lobrede auf den Koran, den Leviatan, oder gar auf Woolaston selbst anhören müssen. Als Adams seinen Kollegen durch die Erwähnung eines Buchs in so heftige Bewegung gerathen sah, versicherte er, durch nichts beabsichtigt zu haben, irgend einen Anstoß zu geben, und bat die Einwürfe vorzubringen, die er gegen jenes Werk aufzustellen habe, um selbige nach seinen Kräften zu beantworten. – »Einwürfe soll ich vorbringen?« rief Barnabas, »in meinem Leben habe ich keine Sylbe in einem so gottlosen Buch gelesen; es ist mir nie zu Gesicht gekommen, das schwöre ich hoch und theuer!« – Adams stand im Begriff, hierauf zu antworten, als sich ein furchtbarer Lärm im Hause erhob; Mistreß Towwouse, Herr Towwouse und Betty schrieen alle durcheinander, doch wie in einem Conzert den Conterbaß, so unterschied man unter allen Stimmen deutlich und unverkennbar die der Wirthin, die sich wie folgt ergehen ließ: »O Du verdammter Bösewicht, ist das der Dank für Alles, was ich an Dir gethan habe, das der Lohn meiner Tugend, das die Art eine Frau zu behandeln, die Dir ein Vermögen zugebracht und Dich so vielen Freiern, die alle besser waren wie Du, vorgezogen hat? Mein Bette, mein eigenes Bette, mit meiner eigenen Magd zu schänden! Aber wart, Du unzüchtige Dirne, ich will Dir Deine unkeuschen Augen auskratzen! So ein elender Mensch, sich mit einer solchen gemeinen Schlampe abzugeben! Wäre es noch eine Person von guter Familie gewesen, wie ich, aber ein schäbiges lumpiges Thier, wie das – pack Dich gleich aus dem Hause,« – worauf noch andere Schimpfworte folgten, mit denen wir unser Papier nicht besudeln mögen. Eins derselben, das die Dirnen am meisten kränken soll, traf auch Betty am empfindlichsten, denn bisher hatte sie alles geduldig über sich ergehen lassen, und es nur durch Geheul beantwortet. Dieses Schimpfwort lief ungefähr darauf hinaus, als habe sich Betty eines unnatürlichen Lasters theilhaftig gemacht. – »Ich bin,« schrie sie jetzt, »ein Frauenzimmer so gut wie Sie, und wenn ich ein Bischen gesündigt habe, so bin ich nicht die erste; das ist noch kein Grund, mir meinen ehrlichen Namen zu nehmen; die besser sein wollen als ich, sind am Ende noch schlimmer.« – »Infames Mensch,« schrie die Wirthin, »hast Du noch die Frechheit, mir zu widersprechen? Habe ich Dich nicht auf der That ertappt, du unverschämte –« und hier wurde das weiblichen Ohren so verhaßte Wort wiederholt. – »Das ist zu arg,« antwortete Betty. »Wenn ich gesündigt habe, so werde ich darüber in der Ewigkeit schon Rede stehen müssen, aber ich habe keinen unnatürlichen Greuel begangen, und ich bleibe keine Minute länger im Hause, denn ich will mir von keiner Herrschaft in England so was vorwerfen lassen.«
Mistreß Towwouse bewaffnete sich jetzt mit dem Bratspieß, wurde aber von der Ausführung irgend eines ungeheuren Vorhabens durch Herrn Adams abgehalten, der ihre Arme mit der Kraft einer Faust, deren Herkules sich nicht geschämt haben würde, in Ruhestand versetzte. Da Herr Towwouse auf der That ertappt worden war, und folglich nichts zu seiner Entschuldigung vorzubringen hatte, so zog er sich wohl weislich zurück, und Betty vertraute sich dem Schutze des Kellners an, welcher, obgleich sie nicht voraussetzen konnte, daß er mit dem Vorgefallenen sonderlich zufrieden sein möge, ihr doch nicht ganz aufgebracht wie die Wirthin zu sein schien.
Diese ließ sich durch die Zurede des Herrn Adams, und da der Feind auf diese Weise aus dem Felde geschlagen war, in etwas beruhigen, und kehrte endlich wieder zu ihrer gewöhnlichen Stimmung zurück, in welcher wir sie lassen wollen, um dem Leser Schritt vor Schritt eine in der neueren Geschichte zwar nicht unerhörte und an sich komische, aber doch öfters dem Frieden und der Behaglichkeit des häuslichen Lebens feindselige Katastrophe zu schildern, welche schon den Stoff zu so mancher Tragödie, sowohl im wirklichen Leben, wie auf der Bühne darbot.