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Wie ein Kind, dem man weh getan hat, mit flatterndem Herzen in die schützenden Arme seiner Mutter flüchtet, so floh Semmelweis nach dem bösen Schlag, den man ihm mit der hämischen Einschränkung seiner Ernennung zum Privatdozenten angetan hatte, in die Heimat, die er noch immer liebend in seinem Herzen trug.
Budapest! Traumhaft schöne, heitere, beschwingte und leichtsinnige Donaustadt! Hier war er geboren, hier lebten ihm noch immer Freunde und Kameraden aus seiner Jugendzeit, hier war er in Wahrheit daheim. Hier verstand man ihn, hier liebte man ihn, hier war er kein Fremder – so viele gab es, die ihn mit offenen Armen aufnahmen.
Semmelweis, der bärenstarke, der unverwüstliche, schüttelte sich wie ein Hund, den man ins Wasser geworfen hat. Er suchte Vergessen, und er fand Vergessen. Und er fand mehr als das, Wichtigeres als das. Er fand, hier endlich, das Vertrauen seiner ärztlichen Kollegen und der Bevölkerung.
Es dauerte einige Zeit, bis ihn sein Dämon wieder am Kragen packte. Zunächst einmal verlangten die ihm angeborene Lebenslust und überschäumende Daseinsfreude, die er erst in den letzten Wiener Jahren mit ihren bitteren Enttäuschungen eingebüßt hatte, wieder einmal den gebührenden Teil von ihm. Er konnte wieder lachen, und er konnte wieder singen – hatte er das also wirklich nicht verlernt? Ach, zuweilen war es ihm fast so erschienen! – er trank und er tanzte und durchtollte die Nächte. Er schwamm, von den Donauwellen umspielt und umschmeichelt, und er ritt auch wieder, wie einst, in jungen Jahren. Er war doch in Ungarn geboren – wie hätte er da nicht reiten sollen? »Das Leben ist doch schön!« so jubelte sein Herz. Die Schatten, die seinen Weg durch lange Zeit verdunkelt hatten, wo waren sie? Er sah sie nicht mehr.
Aber einmal stürzte er, brach sich den Arm – das zwang zu unfreiwilliger Ruhe und Muße. Und während er nun, fast unbeweglich, dalag und seiner Genesung entgegenharrte, kamen ihm Gedanken, die er immer wieder und beinahe instinktiv zurückgescheucht hatte.
»Ist es«, so grübelte er, »recht, daß ich so lebe, wie ich lebe? Ist es nicht eigentlich eine Sünde? Die Sünde wider den heiligen Geist, die nie und die niemandem verziehen wird? Habe ich nicht einen Auftrag bekommen? Und ist es nicht meine erste und oberste Pflicht, diesen Auftrag mit Aufbietung auch der letzten Kräfte zu erfüllen?«
Die große Wandlung, schon lange innerlich vorbereitet, nun trat sie ein. Endlich wieder fand er den Weg zu sich selbst zurück.
Da war das St. Rochus-Hospital – auch dieses Krankenhaus hatte, wie jenes in Wien, eine besondere Abteilung für werdende Mütter und deren ärztliche Betreuung. Viele von ihnen starben, viel zu viele durften ihres jungen, mütterlichen Glückes nie froh werden. Woran starben sie? An Kindbettfieber natürlich, wie sollte es anders sein. Die Gerüchte von der großen Sterblichkeit unter den eingelieferten Wöchnerinnen gingen in ganz Budapest um, und sie drangen natürlich auch Semmelweis ans Ohr.
War das ein Wink? Semmelweis nahm es so auf, und er bewarb sich um die Stelle eines Primararztes an der geburtshilflichen Abteilung jener Klinik. Hier nun gab es keine Intriguen und unsichtbaren Gegner. Semmelweis bekam die Stellung ohne Verzögerung. Die Verhältnisse in Wien waren schlimm gewesen – die aber, die Semmelweis am St. Rochus-Hospital vorfand, waren um vieles schlimmer, sie waren, rund herausgesagt, erschreckend. Es schien, als müsse er seinen in Wien unternommenen Feldzug hier noch einmal und unter viel schwierigeren Begleitumständen beginnen.
Es fehlte beinahe an allem, was zur selbstverständlichen Hygiene in einem solchen Institut gehören mußte. Es fehlte vor allem an Wäsche. Oft genug mußte eine neu eingelieferte junge Frau dieselbe Bettwäsche benutzen, die eben erst einer an Kindbettfieber Verstorbenen gedient hatte. Und soweit Wäsche vorhanden war, erfolgte ihre Reinigung unzureichend und oberflächlich. Erbittert und mit unermüdlicher Zähigkeit kämpfte Semmelweis, schließlich doch erfolgreich, um die Vermehrung des Wäschebestandes.
Der Unterricht, der für Studierende und Hebammen gemeinsam war, bereitete Schwierigkeiten. Bald schliefen die Studenten ein, weil sie sich das, was man den Hebammen beibringen mußte, längst, wie sie meinten, an den Schuhsohlen abgelaufen hatten. Bald starrten die Hebammen verwirrt vor sich hin, weil ein für die Studenten zugeschnittener Vortrag für sie völlig unverständlich blieb. Auch hier mußte also Wandel geschaffen werden.
Aber das Wesentlichste, das Wichtigste war eben doch der Kampf gegen die Unkenntnis und die Verständnislosigkeit bei der Behandlung der Kranken und Wöchnerinnen. Immer wieder hämmerte Semmelweis den Studierenden, den Hebammen, dem gesamten Personal die Grundzüge der von ihm gefundenen neuen Wahrheit über die Ursachen des Kindbettfiebers ein, immer wieder hielt er sie an, die natürlich sofort angeordneten Chlorkalkwaschungen genauestens, mit größter Gewissenhaftigkeit zu beachten. Dennoch mußte er es anfangs stets aufs neue erleben, daß er nur kopfschüttelnder Verwunderung oder sturer Gleichgültigkeit begegnete.
Aber er gab keine Ruhe. Und so durfte er, als er im Juli 1857 nach sechsjähriger Tätigkeit aus den Diensten des St. Rochus-Hospitals ausschied, triumphierend feststellen, daß während dieser ganzen, langen Zeit von neunhundertdreiunddreißig Wöchnerinnen nur acht an dem mörderischen Fieber verstorben waren. Das war weniger als ein Prozent. Das war, wenn man alle Begleitumstände in Betracht zog, ein hundertprozentiger Erfolg.
Anfänglich hatte sich Semmelweis noch des öfteren nach Wien, dieser Stadt, die mit seinen ersten Kämpfen, seinen ersten Siegen so innig und untrennbar verbunden war, zurückgesehnt. So groß war seine Sehnsucht gewesen, daß er sogar noch 1852 – alles ihm geschehene Leid vergessend – sich um den freigewordenen Lehrstuhl für Geburtshilfe an der Universitätsklinik, um die Nachfolge Professor Kleins also, bemüht hatte. Aber als er, ganze sechs Monate später, den Bescheid bekam, die Stelle sei mittlerweile »anderweitig besetzt« worden, schmerzte das schon kaum mehr. Und in der Folgezeit verwurzelte er in seiner jetzigen Tätigkeit immer mehr, die alte Heimat umfing ihn nun wieder so warm und tröstend, daß er ein paar Jahre später schon nicht mehr zögerte, eine ehrenvolle Berufung an die Universität Zürich abzulehnen.
Dazu mochte auch sehr beitragen, daß er mit dem Jahre 1857 endlich auch in seinem privaten Leben jene Ruhe gefunden zu haben schien, deren er nach den bitteren und harten Jahren so sehr bedurfte. Zu Anfang dieses Jahres hatte er seinen bisherigen Posten aufgegeben und den eines Leiters der Universitätsklinik in Budapest übernommen, der mit der ordentlichen Professur für theoretische und praktische Geburtshilfe an der Universität zu Pest verbunden war. Hier, in dieser Klinik, waren, so meinte Semmelweis nach der ersten Besichtigung, die Verhältnisse zwar noch schlimmer als in dem St. Rochus-Hospital, aber das konnte ihn nicht schrecken. Das Gegenteil war der Fall. Mußte nicht, wenn er nun seine Kräfte auf diesem neuen Feld einsetzte, seiner Lehre damit wieder weitere Verbreitung gesichert werden? Einmal würden jene, die eben als Hörer zu seinen Füßen saßen, als Aerzte und als Lehrer, als Dozenten und Professoren also, in die Welt hinausziehen, und wenn er sie nur zu überzeugen vermochte, würden sie an der zukünftigen Stätte ihres Wirkens für seinen großen Gedanken werben.
Die gesicherte wirtschaftliche Stellung, in der er sich befand, das gläubige Vertrauen auf eine erfolgreiche Zukunft, nicht zuletzt der Wunsch nach einer ruhigen, umfriedeten Häuslichkeit veranlaßten Semmelweis, etwa um die gleiche Zeit zu heiraten. Das schlanke, zarte, dunkle Mädchen, auf das seine Wahl fiel, war die Tochter des wohlhabenden Kaufmanns Weidenhofer, hatte also, gleich Semmelweis, deutsches Blut in ihren Adern, war gleich ihm in Budapest geboren.
Mehr als in früheren, jüngeren Jahren bedurfte Semmelweis freilich jetzt auch des beruhigenden Gegengewichts, wie es ihm Frau und Kinder und das Heim als solches boten. Gewiß: er bekleidete einen angesehenen, einen verantwortungsvollen und weithin geachteten Posten, er war längst nicht mehr der bescheidene Assistenzarzt, als der er in Wien unter Professor Klein hatte arbeiten müssen. Vieles hatte sich geändert. Aber nicht geändert hatten sich die Widerstände, gegen die er ankämpfen mußte, die sture Verständnislosigkeit, auf die er immer wieder gerade bei den behördlichen Stellen stieß, von denen er doch in mehr als einem Sinne abhängig war. Er muß selbst, aus eigenen Mitteln, Bettwäsche für seine Patientinnen kaufen, weil man für seine vielfachen Bitten und Vorstellungen nun, da es ums Geld geht, nur ein taubes Ohr hat. Er kauft sie, er bezahlt sie, er reicht die Rechnung zur Begleichung ein. Da läßt man ihn wissen, er habe seine Befugnisse überschritten, er hätte sich zunächst die erforderlichen Mittel bewilligen lassen müssen. Aber hat er das nicht versucht? Ist er nicht immer wieder deswegen vorstellig geworden. »Gut«, erklärt er, »wenn man darauf beharre, die Erstattung der verauslagten Beträge zu verweigern, dann« – und nun erschrecken sie doch in den Sekretariaten und Amtsstuben, er ist eben immer noch arg temperamentvoll, der Semmelweis, und dickköpfig und zuweilen unbequem – »dann werde er die ganze Sache einmal der Oeffentlichkeit unterbreiten. Dann soll die Oeffentlichkeit sagen, was sie von einem solchen Vorgehen hält, von der Gleichmütigkeit, mit der man das Leben der Wöchnerinnen gefährdet, nur um ein paar Mark im Etat einzusparen.«
Er bekommt sein Geld. Er setzt sich durch, hier und immer wieder. Gegen all die finanziellen und verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten, mit denen er immer wieder in Konflikt geriet. Er war unglaublich zäh.
Die Arbeitsbedingungen waren schwer, auch hier, wo man ihm doch so anders begegnete als in Wien. Und so viel Kraft mußte er vergeuden, in sinnlosen Reibereien, in lächerlichem Kleinkram. Stunden, die er nutzvoller hätte anbringen können, die nun seiner eigentlichen Arbeit entzogen wurden. Nun, sei's drum – man mußte es in Kauf nehmen. Und er war glücklich – wenigstens glaubte er es zu sein.
Bis, beinahe übergangslos und plötzlich, neuerlich ein dunkler Schatten auf seinen Weg, auf sein Leben und dieses bescheidene, dem Leben abgerungene Glück fiel. Weil es nämlich nicht in der Macht eines bedeutenden Menschen, gar eines Genies, liegt, sich seiner inneren Berufung zu entziehen.
Bei Semmelweis hieß die Berufung: die Wahrheit, die er erkannt hatte, zu einem selbstverständlichen geistigen Besitz der gesamten Aerzteschaft zu machen. Dafür zu wirken, daß überall nach seinen Erkenntnissen verfahren würde, und so dem in allen Kliniken und Wöchnerinnenanstalten tausendfältig wartenden Tod die schon für sicher gehaltene Beute abzujagen und abzutrotzen.
Jäh erkannte Semmelweis, daß er zu wenig, daß er fast nichts für diese Verbreitung seines großen Gedankens getan hatte, hier in Budapest. Noch immer starben, da und dort und überall, Frauen und kaum geborene Kinder zu Dutzenden, zu Hunderten, die dem Leben hätten erhalten bleiben können. Er sah, daß das Werk seines Lebens in Gefahr geriet, vergessen zu werden, ehe es noch richtig bekannt geworden war.
Freilich, hätte Semmelweis etwa Montaigne gelesen, so hätte er sich kaum gewundert. Dann hätte er dort einen Satz gefunden, der ganz auf ihn, Semmelweis, zugeschnitten zu sein schien: »Wer sehr verdienstvoll und noch bescheidener als verdienstvoll ist, kann lange unerkannt bleiben.« Aber Semmelweis hatte anderes zu tun, als in den Werken der großen Denker und Philosophen zu blättern. Und es ging ihm nicht um den Ruhm – niemals war es ihm darum gegangen, sonst hätte er ganz anders gekämpft, hätte er nicht sein Licht immer wieder hinter den Scheffel gestellt. Es ging ihm um die Menschen, die zu retten er sich berufen fühlte, um die Mütter.
Und so tat er, endlich, was er hätte längst tun müssen, was er so lange versäumt hatte. Er überwand alle früheren Hemmungen und begann zu schreiben, begann, mit der Feder für seine Idee zu Felde zu ziehen. Zuerst geschah das nur in dem von seinem Jugendfreund und Gefährten der Wiener Tage redigierten »Aerztlichen Wochenblatt«, das im Juni 1857 von der Pester Gesellschaft der Aerzte als eigenes Organ gegründet worden war. Aber diese Zeitschrift erschien in ungarischer Sprache, und Semmelweis erkannte sehr bald, daß damit ihr Wirkungskreis natürlich nur sehr beschränkt bleiben konnte.
So setzte er sich denn hin und faßte den Inhalt seiner in drei Gebärkliniken gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse und die wichtigsten Ergebnisse seiner ungarischen Publikationen in seinem Hauptwerk zusammen, dem er den Titel gab: »Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers«, einem bei aller Nüchternheit der Sprache wahrhaft erschütternden Dokument eines Lebenswerkes, das auf seinen Verfasser ein um so helleres Licht wirft, als er im zweiten Teil des Buches auch mit bewundernswerter Offenheit alle gegen seine Lehre laut gewordenen Stimmen veröffentlichte.
Im Laufe des Schreibens, der Arbeit an diesem seinem eigentlichen Hauptwerk, war Semmelweis in einen immer wilderen Rausch, in einen Zustand zorniger Erbitterung geraten, sobald es galt, mit seinen Gegnern abzurechnen. Mit all diesen Menschen, die aus Angst oder Neid oder Hochmut oder auch nur aus Trägheit seinem Gedanken die Anerkennung verwehrten, die er verdiente. Er sparte nicht mit harten, völlig ungeschminkten Worten. Er nannte, mit unvorsichtiger Verallgemeinerung, »alle Aerzte, die in Würzburg und Umgebung praktizieren, Ignoranten«, er schleuderte gegen den schon längst berühmten Virchow – der noch immer eine Semmelweis entgegengesetzte Anschauung vertrat und erst sehr viel später dem Toten seinen Irrtum abbitten sollte – die hämische Bemerkung: »Meine Hebammenschülerinnen würden Virchow auslachen, wenn er ihnen einen Vortrag über epidemisches Kindbettfieber halten wollte.« Und den Hofrat Scanzoni bezichtigte er sogar, falls er fortfahren sollte, seine Schüler in der Lehre des epidemischen Kindbettfiebers zu unterrichten, ohne ihn, Semmelweis, widerlegt zu haben, »vor Gott und der Welt des Mordes«. Ganz in diesem Sinne schloß das Werk denn auch mit dem emphatischen Ausruf: »Das Morden muß aufhören! Und damit das Morden aufhört, werde ich Wache halten! Und ein jeder, der es wagen wird, gefährliche Irrtümer über das Kindbettfieber zu verbreiten, wird an mir einen rührigen Gegner finden. Für mich gibt es kein anderes Mittel, dem Morden Einhalt zu tun, als schonungslose Entlarvung meiner Gegner!«
Das waren böse Worte. Und sicherlich war Semmelweis schlecht oder gar nicht beraten, als er sich zu ihnen hinreißen ließ. Doch sie sind auch verständlich bei einem Mann, der wußte – mit der unbedingten Sicherheit, wie sie nur ein Genie in sich trägt –, daß er die Wahrheit gefunden hatte, und nun erleben mußte, wie man diese Wahrheit unterdrückte, auf Kosten all der armen Menschen, denen sein unermüdlicher Kampf galt.
Das Werk hatte nicht den Erfolg, den Semmelweis erhofft hatte. Es erweckte keinen Widerhall, es schlug nicht ein. Allzu sehr hatte er seine Fachkollegen verletzt, allzu heftig war er mit ihnen ins Gericht gegangen. Das verzieh man ihm nicht. Da sich das Buch wissenschaftlich nicht widerlegen ließ, da man mit seiner Anerkennung sich selbst ins Unrecht gesetzt hätte, fand man den Ausweg, den man schon in Semmelweis' Wiener Tagen beschritten hatte: man schwieg es einfach tot. Oder man ging noch weiter. Man ironisierte und verlachte seinen Verfasser.
Dessen Erbitterung machte sich nun auf andere Art Luft. Unglücklich über den Widerstand, den er überall fand, begann er, offene Briefe zu schreiben, die er im Budapester Aerzteblatt veröffentlichte. Briefe an Dr. Joseph Späth, Professor der Geburtshilfe an der k. k. Josef-Akademie in Wien, und an Hofrat Dr. Friedrich Wilhelm Scanzoni, Professor der Geburtshilfe in Würzburg, Briefe an Hofrat Dr. Jacob von Siebold, Professor der Geburtshilfe zu Göttingen. Er wandte sich schließlich an die Bevölkerung selbst, an alle Frauen und Männer, die durch das sture Verhalten der »Professoren der Geburtshilfe« um das Glück ihres Lebens und um ihr Leben selbst betrogen würden. Von Scanzoni behauptete er, er sei ein Beispiel dafür, was man im Morden leisten könne, wenn man das Zeug dazu habe. Von einem anderen sagte er: »Die Geschichte des Kindbettfiebers wird Ihnen keine Ungerechtigkeit widerfahren lassen, wenn sie Ihren Namen als den eines medizinischen Nero verewigt«. Und in dem offenen Brief oder Sendschreiben an das Volk – so sehr fühlte sich Semmelweis, und mit Recht, als Reformator auf diesem Gebiet, daß er einmal sogar zu der Ausdrucksweise Luthers griff – ging er so weit zu behaupten, daß jeder Mann das Leben seiner Frau, die in den Wehen liegt, in Gefahr bringe, wenn er einen Arzt an ihr Lager rufe.
Und die Antwort?