Gustav Theodor Fechner
Elemente der Psychophysik Teil 1
Gustav Theodor Fechner

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X. Die Tatsache der Schwelle.

In Sachen S. 7.82 ff. Revision S. 177–180. Psych. Maßprinzipien, S. 196 ff. Über die Mischungsschwelle (siehe unten S. 330 f.): In Sachen S. 105 f., Revision S. 179f. Psych. Maßprinzipien, S. 204 f.

Eine Empfindung, ein Empfindungsunterschied wächst im Allgemeinen mit der Größe des verursachenden Reizes, Reizunterschiedes, und es scheint für den ersten Anblick natürlich anzunehmen, daß der Punkt, von wo an die Empfindung, der Empfindungsunterschied bemerklich zu werden beginnt, mit dem Nullpunkte des Reizes, Reizunterschiedes zusammenfalle. Aber die Tatsache widerspricht dieser Voraussetzung; es zeigt sich vielmehr, daß jeder Reiz wie Reizunterschied schon eine gewisse endliche Größe erreicht haben muß, bevor die Merklichkeit desselben nur eben beginnt, d. h. bevor er eine unser Bewußtsein merklich affizierende Empfindung erzeugt oder einen merklichen Empfindungsunterschied begründet. Umgekehrt schwindet die Merklichkeit des Reizes, Reizunterschiedes schon eher, als er zum Nullwerte herabgekommen ist. Der Nullpunkt der Empfindung, des Empfindungsunterschiedes liegt insofern über dem des verursachenden Reizes, Reizunterschiedes, eine Tatsache, die sofort näher nachgewiesen werden wird.

Den Punkt, wo die Merklichkeit eines Reizes oder eines Reizunterschiedes beginnt und schwindet, wollen wir kurz die Schwelle nennen, welcher Ausdruck ebensowohl auf die Empfindung und den Empfindungsunterschied an den Grenzen der Merklichkeit, als den Reiz oder Reizunterschied, oder das Reizverhältnis, welches die Empfindung oder den Empfindungsunterschied auf diesen Punkt bringen, bezogen werden kann, so daß wir eben sowohl von der Schwelle einer Empfindung oder eines Empfindungsunterschiedes, als dem Schwellenwerte eines Reizes oder Reizunterschiedes oder Reizverhältnisses, kurz Reizschwelle, Unterschiedsschwelle, Verhältnisschwelle des Reizes sprechen können. Da bei gegebenen Größen zweier Reize aus dem Unterschiede ihr Verhältnis und umgekehrt von selbst folgt, so genügt es im Allgemeinen, sich auf eine beider letztgenannten Schwellen zu beziehen.

Insofern auch extensive Größen und Unterschiede von solchen eines gewissen Wertes bedürfen, um von Haut oder Auge als Ausdehnung oder Ausdehnungsunterschied aufgefaßt zu werden, werden wir den Begriff der Schwelle darauf übertragen können, und indes wir die auf intensive Empfindungen bezügliche Schwelle die intensive nennen, die auf extensive Empfindungen bezügliche die extensive nennen.

Insofern endlich außer Empfindungen auch andere, allgemeinere und höhere Bewußtseinsphänomene, z. B. das Gesamtbewußtsein des Menschen je nach Schlaf und Wachen, das Bewußtsein einzelner Gedanken, die Aufmerksamkeit in gegebener Richtung einen Punkt des Erlöschens und Entstehens haben, werden wir den Begriff und Ausdruck der Schwelle auch hiefür verallgemeinern können. In diesen Fällen liegt kein Schwellenwert eines äußeren Reizes mehr vor, der die Erhebung des Bewußtseins zur Schwelle bedingte oder dem sie entspräche; aber es läßt sich die Frage aufwerfen, ob wir nicht dafür einen Schwellenwert der unterliegenden psychophysischen Bewegung anzunehmen haben, und ob nicht auch die Reizschwelle, Unterschiedsschwelle, Verhältnisschwelle, bei Empfindungen bloß insofern bestehen, als sie sich in eine solche übersetzen lassen, eine Frage, auf die im Eingange zur inneren Psychophysik eingegangen werden wird. Für jetzt aber wird es sich nur um die Erörterung rein empirischer Verhältnisse handeln, die sich direkt konstatieren lassen, und zwar werde ich in diesem Kapitel teils die Allgemeinheit der Tatsache der Reizschwelle und Unterschiedsschwelle darzutun und zu erläutern suchen, teils die Folgerungen und Anwendungen besprechen, welche das Dasein der Schwelle im Erfahrungsgebiete mitführt; im Folgenden aber auf Spezialbestimmungen über die Schwellenwerte eingehen.

l) Die intensive Schwelle.

a) Reizschwelle.

Im Gebiete der intensiven Lichtempfindung kann der direkte Nachweis, daß es erst einer gewissen Stärke des Lichtreizes bedürfe, um Empfindung zu erwecken, also eine Schwelle für die Lichtempfindung bei einem endlichen Werte des Lichtreizes bestehe, nicht geführt werden, weil das Auge, wie mehrfach besprochen, durch eine innere Erregung stets über der Schwelle ist, wozu jeder äußere Lichtreiz nur einen Zuschuß gibt. Die Tatsachen, welche lehren, daß dieser Zuschuß einer gewissen Stärke bedarf, um bemerkt zu werden, gehören hiernach vielmehr in den Abschnitt von der Unterschiedsschwelle.

In Betreff der Modifikation aber, die wir als Farbe bezeichnen, kann man folgende Bedingungen für die Sichtbarkeit aufstellen, 1) daß die Brechbarkeit und hiermit Schwingungszahl eine gewisse Grenze übersteige; 2) daß die Intensität oder Amplitude der Schwingungen eine gewisse Grenze übersteige; 3) daß die Farbe in einer hinreichenden Ausdehnung wirke, die um so größer sein muß, auf je seitlichere Teile der Netzhaut die Farbe fällt; 4) daß ihr nicht zu viel Weiß beigemischt sei.

Was das Erste anlangt, so weiß man, daß jenseits der roten Grenze des Spektrum keine Farben mehr gesehen werden, oder irgendwie sichtbar zu machen sind; ungeachtet doch Wärmeerscheinungen das Dasein von Strahlen jenseits dieser Grenze beweisen. Nun haben die roten Strahlen die langsamsten Schwingungen, und es scheint die Unfähigkeit, ultrarote Strahlen wahrzunehmen, auf nichts Anderes geschrieben werden zu können, als daß ihre Schwingungen zu langsam sind. Hingegen hat man die sog. ultravioletten Strahlen, welche bei Anwendung gewöhnlicher Prismen unter gewöhnlichen Maßregeln nicht sichtbar zu machen sind, und auf deren Dasein man früher nur aus ihren chemischen Wirkungen schloß, neuerdings durch geeignete Maßregeln sichtbar zu machen vermocht, indem es dazu nur nötig ist, sie in hinreichender Stärke zur Wahrnehmung zu bringen, womit sich zugleich ein Beleg für die zweite Bedingung ergibt.

In der Tat wird der ultraviolette Teil des prismatischen Spektrum bei Anwendung von Bergkristallprismen, welche den betreffenden Farbestrahlen einen reichlicheren Durchgang gestatten, als Glasprismen, noch sichtbar erhalten, wo bei Anwendung von Glasprismen nichts mehr davon wahrzunehmen ist, namentlich dann, wenn man ihn aus dem mittelst eines Quarzprisma entworfenen Spektrum durch einen Schirm mit Spalte isoliert und durch ein Fernrohr aus Glaslinsen mit vorgesetztem zweiten Glasprisma betrachtet. Ein Beweis, daß aber auch durch Glasprismen die übervioletten Strahlen durchgehen, und nur wegen zu geringer Intensität nicht mehr erkannt werden, liegt darin, daß man sie auch in dem durch Glasprismen erzeugten Spektrum noch durch die von Stokes entdeckte Fluoreszenz sichtbar machen kann.

Das Dritte anlangend, so bemerkt E. H. Weber,Müller's Arch. 1849. p. 279. daß man durch einen sehr engen Spalt eine grüne Fläche nicht mehr als grün sehe, und er schließt daraus, daß eine gefärbte Fläche einen gewissen Umfang haben müsse, um ihren spezifischen Farbeneindruck zu machen. Hingegen kann man zwar geltend machen, daß man einige Fixsterne noch etwas gefärbt sieht; doch ist die Färbung sehr wenig hervorstechend, und in Rücksicht zu ziehen, daß das Bild der Sterne, wie freilich auch des Spaltes, sich durch Irradiation stets etwas ausdehnt, so daß es nicht als ein ganz punktförmiges gelten kann.

Ausführliche und sorgfältige Versuche über den Gegenstand mit Rücksicht auf das Verhalten der seitlichen Teile der Netzhaut hat Aubert 3) angestellt, deren Spezialresultate jedoch in dieser allgemeinen Darstellung nicht wohl Platz finden können. 3) Gräfe Arch. f. Ophthalmol. lIl. 38 ff.
Was das Vierte anlangt, so ist es immer möglich, eine Farbeflüssigkeit so weit zu verdünnen, oder einen Farbestoff mit so viel Weiß zu mischen, daß die Färbung für das Auge unmerklich wird. Dieser Fall wird künftig in dem Kapitel über die Mischungsphänomene näher besprochen.

In Betreff der Intensität des Schalles ist die Tatsache der Schwelle leicht konstatierbar.

Wenn ein tönender Körper sich mehr und mehr entfernt, so hören wir ihn endlich gar nicht mehr, ungeachtet die Schallwellen, die an unser Ohr schlagen, doch nicht null geworden sind. Die Näherung des tönenden Körpers hat bloß den Erfolg, den Eindruck, der wegen seiner Schwäche, aber nicht wegen seines Fehlens unmerklich ist, durch Verstärkung merklich zu machen.

So hören wir eine zu ferne Glocke nicht mehr. Sollten aber 100 Glocken, deren keine wir einzeln hören, in derselben Ferne zusammen läuten, so würden wir sie hören. Also muß doch auch jede einzelne Glocke in dieser Ferne ihren Beitrag zum Hören geben, der nur für sich allein nicht hinreicht, eine merkliche Schallempfindung zu erzeugen.

Eine Raupe im Walde hört man nicht fressen, wenn aber allgemeiner Raupenfraß im Walde ist, hört man es sehr wohl; doch ist das Geräusch, was viele Raupen machen, nur die Summe der Geräusche der einzelnen Raupen. Also muß doch auch jede einzelne Raupe, ungeachtet man sie für sich nicht hört, etwas zum Hören der gesamten Raupen beitragen; was aber für sich nicht stark genug ist, um merkliche Gehörsempfindung zu erwecken.

Zu allen Zeiten des Tages erfüllt ein gewisses Geräusch die Luft, aber wenn es nicht eine gewisse Stärke übersteigt, so glauben wir nichts zu hören.

In homöopathischer Verdünnung schmeckt man auch die bitterste Substanz nicht mehr. Es reicht hin, die Auflösung zu konzentrieren, und der Geschmack wird merklich.

Unstreitig gibt es zu aller Zeit sehr viele riechende Substanzen in der Luft, die wir doch nicht riechen, weil sie zu verdünnt sind. Aber der Hund und der Wilde riecht mit seinem geschärfteren Organe wirklich die Spur, die wir nicht mehr riechen, doch ebenso riechen würden, wenn sie sich verstärkte.

Ein einzelnes galvanisches Plattenpaar gibt gar keine merkliche Empfindung, indes die aus einzelnen Plattenpaaren bestehende Säule einen Schlag gibt.

Jeder Druck auf unseren Körper braucht bloß hinreichend verteilt zu werden, um unmerklich zu werden, ohne daß er doch nichts wäre.

b) Unterschiedsschwelle.

Daß ein Reizunterschied eine gewisse Größe haben müsse, um noch als Unterschied empfunden zu werden, wird im Allgemeinen nicht bezweifelt, und die, in allen Sinnesgebieten anwendbare, Methode der eben merklichen Unterschiede, ruht ganz darauf.

Nicht schöner, einfacher und schlagender aber läßt sich das Dasein der Unterschiedsschwelle konstatieren, als im Gebiete der Lichtempfindung durch den Schattenversuch, den wir zur Bewährung des Weber'schen Gesetzes anführten. Erinnern wir uns der Umstände des Versuches:

Man stellt zwei Lampen neben einander und vor sie einen schattengebenden Körper. Jede der zwei Lampen gibt einen Schatten, der bloß von der anderen Lampe erleuchtet ist, indes der umgebende Grund von beiden Lampen erleuchtet ist. Schraubt man nun den Docht der einen Lampe immer tiefer herab, oder entfernt sie immer weiter vom schattengebenden Körper, so sieht man den Schatten, den sie wirft, immer schwächer werden, indem sich die Erleuchtung des umgebenden Raumes immer weniger davon unterscheidet, und endlich diesen Schatten verschwinden, gleichsam von der allgemeinen Erleuchtung des Grundes absorbiert werden, ungeachtet doch noch beide Lichtquellen da sind. Ich bin ganz erstaunt gewesen, als ich zum erstenmale darauf aufmerksam wurde, zwei Lichter bloß einen Schatten werfen zu sehen. Beide Lampen brennen deutlich, doch ist bloß ein Schatten da. Mit einem Worte, wenn der Unterschied zwischen der Erleuchtung des einen Schattens und des umgebenden Raumes unter eine gewisse Grenze geht, verschwindet der Unterschied total für die Empfindung und vermag durchaus nicht mehr wahrgenommen zu werden.

Dieser Versuch ist namentlich deshalb sehr frappant, weil man die Komponenten hier zugleich im Auge hat, und das Auge scharf, ruhig und stetig auf die Grenzlinie derselben richten kann, während man ihren Unterschied zum Verschwinden bringt; also weder von einem Vergessen des früheren Eindruckes, noch Übersehen des Unterschiedes die Rede sein kann, worauf man geneigt sein könnte, bei anderen Versuchsweisen die Nichtwahrnehmbarkeit oder das Entschwinden des Unterschiedes zu schieben.

Der Versuch läßt manche Abänderungen zu. Allgemein: ist einer der Schatten eben merklich, so braucht man seine Lampe bloß etwas niedriger oder die andere etwas höher zu schrauben, so wird er unmerklich; und ist er unmerklich, so braucht man seine Lampe bloß erforderlich höher, oder die andere entsprechend tiefer zu schrauben, so wird er merklich. Statt höher und tiefer Schrauben gilt gleich: mehr Nähern und Entfernen.

Dasselbe als dieser Versuch lehrt die, ebenfalls schon geltend gemachte, Erfahrung, daß wir bei genauester Aufmerksamkeit am Tageshimmel keinen Stern zu erblicken vermögen.

Eben so allgemein als die Tatsache der Unterschiedsschwelle ist die Tatsache ihrer Zunahme mit der Größe der Reize. Soweit das Weber'sche Gesetz besteht, steht die Größe des noch eben merklichen Unterschiedes und mithin der Unterschiedsschwelle in direkter Proportion zu der Größe der Reize, deren Unterschied aufzufassen ist, sofern es nicht besteht, besteht immer noch eine Abhängigkeit von der Größe der Reize, welche nur nicht mehr die der einfachen Proportionalität ist.

Sofern die Größe eines relativen Reizunterschiedes sich gleich bleibt, wenn das Verhältnis der Reize sich gleich bleibt und umgekehrt, kann eben sowohl gesagt werden, daß die eben merklichen Empfindungsunterschiede bei demselben relativen Reizunterschiede, als bei demselben Reizverhältnisse eintreten, unabhängig von der Größe der Reize. Aber wenn beides faktisch auf dasselbe herauskommt, kann es doch aus formellem Gesichtspunkte manchmal bequemer oder sachgemäßer sein, sich vielmehr an die eine als andere Ausdrucksweise zu halten. Demgemäß bezeichnen wir überhaupt künftig mit absoluter Unterschiedsschwelle, zusammenfallend mit eben merklichem Unterschiede, den absoluten Reizunterschied, mit relativer Unterschiedsschwelle oder Unterschiedskonstante den relativen Reizunterschied, mit Verhältnisschwelle oder Verhältniskonstante das Verhältnis der Reize, bei welchem ein Empfindungsunterschied auf die Schwelle tritt, und brauchen respektiv die Buchstaben α, ω , v dafür. So ist die Unterschiedskonstante ω für die Lichtintensität nach Volkmann's Verfahren die Verhältniskonstante .

Allgemein hat man v = 1 + ωund ω = v - 1. Mehrfach wird in der Folge der Logarithmus von v gebraucht werden. Sofern nun ω im Ausdrucke v = 1 + ω stets eine sehr kleine Größe ist, deren höhere Potenzen gegen die erste vernachlässigt werden können, kann man nach bekannten mathematischen Sätzen für log (1 + ω) substituieren , wo M der Modulus des logarithmischen Systems ist, also setzen log v = Mω . Es ist wichtig, im Auge zu behalten, daß, wenn der relative Reizunterschied und das Reizverhältnis, mithin auch die Unterschiedskonstante und Verhältniskonstante, bei Abänderung der Reize stets zusammen konstant bleiben, doch keineswegs, wenn der eine dieser Werte sich ändert, der andere sich proportional ändert. Hingegen wächst der Logarithmus der Verhältniskonstante nach obiger Gleichung proportional der Unterschiedskonstante, und es kann überall, wo es bloß auf Verhältnisse ankommt, log ω für v substituiert werden.

2) Extensive Schwelle.

Wenn ein weißer Kreis auf schwarzem Grunde oder umgekehrt zu klein ist oder aus zu großer Ferne betrachtet wird, so wird er nicht mehr erkannt. Wenn zwei Punkte oder parallele Fäden einander zu nahe sind oder aus zu großer Ferne betrachtet werden, so verfließen sie für das Auge und die Distanz derselben wird unmerklich. Die Grenze, wo das Erste eintritt, kann als Schwelle der erkennbaren Größe, die, wo das Letzte eintritt, als Schwelle der erkennbaren Distanz bezeichnet werden.

Auf der Haut verfließen bekanntlich zwei einander zu nahe Zirkelspitzen zu einem gemeinsamen Eindrucke, und es gibt also auch hier eine Schwelle der erkennbaren Distanz.

Nicht minder verfließen zwei Eindrücke zu einem ununterscheidbaren Eindrucke, wenn sie zu schnell nach einander geschehen. Es gibt also auch eine extensive Schwelle in Bezug auf die Zeitdistanz.

Wenn ein Gegenstand, wie der Stundenzeiger einer Uhr, ein Stern am Himmel, sich zu langsam bewegt, wird die Bewegung nicht erkannt, bei hinreichender Beschleunigung wird sie erkannt. Es gibt also auch eine Schwelle der erkennbaren Geschwindigkeit.

Hier kommt Zeit und Raum zugleich in Betracht. Wahrscheinlich fängt die Geschwindigkeit da an erkennbar zu werden, wenn die Zeitschwelle mit der Raumschwelle zusammentrifft, d. h. wenn in der kleinsten Zeitdauer, die für die Seele nicht in einen Zeitpunkt verfließt, ein Raum beschrieben wird, der für das Auge nicht in einen Raumpunkt verfließt.

3) Allgemeinere Betrachtungen bezüglich der Schwelle.

In der Tatsache der Schwelle liegt von vorn herein etwas Paradoxes. Der Reiz oder Reizunterschied kann bis zu gewissen Grenzen gesteigert werden, ohne gespürt zu werden; von einer gewissen Grenze an wird er gespürt und wird sein Wachstum gespürt. Wie kann das, was im Bewußtsein nichts wirkt, wenn es schwach ist, durch Verstärkung etwas darin zu wirken anfangen? Es scheint, als ob Summation von Nullwirkungen ein Etwas der Wirkung geben könnte. Aber wenn dieses Verhältnis einem Metaphysiker Schwierigkeit machen kann, so hat es aus mathematischem Gesichtspunkte keine Schwierigkeit, und dies möchte darauf deuten, daß der mathematische Gesichtspunkt, nach welchem die Größe der Empfindung als Funktion der Größe des Reizes (respektiv der dadurch ausgelösten inneren Bewegungen) betrachtet werden kann auch der richtige metaphysische ist. In der Tat, wenn y eine Funktion von x ist, kann y bei gewissen Werten von x verschwinden, ins Negative oder Imaginäre übergehen, indes es hinreicht, x über diesen Wert hinaus zu vergrößern, um y wieder positive Werte erlangen zu sehen.

Mit der Tatsache der Schwelle hängt von selbst folgende Tatsache zusammen. Je tiefer die Größe des Reizes oder Reizunterschiedes unter die Schwelle sinkt, um so weniger vermag der Reiz oder Reizunterschied empfunden zu werden, um so größerer Zuwüchse dazu wird es erst bedürfen, ehe seine Empfindung eintritt. So lange der Reiz oder Reizunterschied unter der Schwelle bleibt, bleibt die Empfindung desselben, wie man sagt, unbewußt, und das Unbewußtsein vertieft sich mehr und mehr, nach Maßgabe, als die Größe des Reizes oder Reizunterschiedes tiefer unter die Schwelle herabgeht. So bleiben der entfernte Schall, die Geruchsreize in der Atmosphäre unter der Schwelle und hiermit die dadurch erweckte Empfindung im Unbewußtsein, bis die Intensität jener Reize eine gewisse Größe, die Schwelle übersteigt. Von selbst bietet sich schon hier, wenn wir den Schwellenwert der Empfindung als Nullwert und die bewußten Empfindungswerte als positive Werte fassen, für die unbewußten die Bezeichnung durch negative Werte dar. Doch werden wir auf diese Auffassung erst künftig genauer eingehen.

An die Unmerklichkeit kleiner Unterschiede knüpft sich von selbst eine feine und nicht unwichtige Frage für das Maßverfahren der Empfindlichkeit nach der Methode der richtigen und falschen Fälle.

Gesetzt, der Unterschied der Gewichte oder allgemeiner der Reize, der in den Versuch genommen wird, sei so klein, daß er unter jene Grenze fällt, wo er mit Bewußtsein erkannt werden kann, so fragt sich, ob er auf die Zahl der richtigen und falschen Fälle überhaupt Einfluß gewinnen kann; ob es nicht für das Verhältnis beider eben so gut ist, als wenn gar kein Unterschied vorhanden wäre, so lange, bis der Unterschied die Grenze, wo er als solcher spürbar ist, überschritten hat, und ob nicht von da an der Einfluß, statt nach der absoluten Größe des Unterschiedes, nach der Differenz desselben von dem Werte, wo er wirklich spürbar zu werden beginnt, zu beurteilen sei.

Dies scheint zunächst selbstverständlich, denn wie kann eine unser Bewußtsein nicht affizierende Differenz unser Urteil bestimmen? Dessen ungeachtet kann man es nicht gelten lassen, ohne mit den Prinzipien des betreffenden Maßverfahrens zugleich die Prinzipien, nach welchen man die Wahrscheinlichkeit der Fehler mit Bezug auf die Größe derselben berechnet, und worauf sich jenes Maßverfahren ganz und gar gründet, ungültig zu erklären; auch führt eine genauer eingehende Betrachtung zu einem jenem scheinbar selbst verständlichen ganz entgegengesetzten Resultate. Trotzdem, daß ein Unterschied für sich unmerklich ist, wird er doch bei einer hinreichenden Anzahl Vergleichen ein Übergewicht richtiger Fälle zu Gunsten des schwereren Gewichtes, allgemein des größeren Reizes finden lassen.

Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß zugleich mit dem Unterschiede, den es aufzufassen gilt, zufällige Einflüsse wirken, welche bei gleichen Gewichten das Urteil durchschnittlich eben so oft zu Gunsten des einen als des anderen bestimmen würden. Der Unterschied fügt sich nun aber den Einflüssen, welche das Urteil zu Gunsten des einen bestimmen, hinzu; und macht teils, daß solche Einflüsse, die ohne das unmerklich gewesen wären, merklich zu Gunsten dieser Seite werden, teils verstärkt er die schon merklichen Einflüsse nach dieser Seite und macht, daß sie die entgegengesetzten Einflüsse um so weniger überwiegen. Dies hindert dann nicht, daß in vielen Fällen auch der Einfluß des Mehrgewichtes zusammen mit den gerade vorhandenen Störungen unter dem Merklichen bleibt, in welchem Falle das Urteil zweideutig bleibt, Fälle, die bei dieser Art Versuchen sehr oft vorkommen, aber prinzipiell auf die anderen Fälle zurückgeführt werden können, indem man sie halb den richtigen, halb den falschen Fällen zuzählt.

Man sieht auf diese Weise ein, wie ein an sich unmerklicher Unterschied dadurch, daß er sich mit anderen Einflüssen summiert, allerdings merkliche Wirkungen geben kann; und die Wahrscheinlichkeit, d. h. verhältnismäßige Zahl der richtigen und falschen Fälle bei einer sehr großen Anzahl von Versuchen, hängt von der Größe des Unterschiedes in einer Weise ab, welche gestattet, ein Maß der Empfindlichkeit daraus abzuleiten, wie früher gezeigt.

Der Schwellenwert sowohl der Reize als Reizunterschiede ist durch Verhältnisse der Ermüdung, Gewöhnung, Übung, innere Ursachen der Aufregung oder Lähmung, Arzneien, die Periodizität des Lebens, individuelle Konstitution u. s. w. der größten und mannigfaltigsten Abänderungen fähig, also nur in so weit als konstant anzusehen, als diese Verhältnisse keine Veränderung darin hervorbringen. Die Untersuchung dieser Abhängigkeitsverhältnisse gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Psychophysik, und fällt zusammen mit der allgemeinen Untersuchung der Abhängigkeitsverhältnisse der absoluten und Unterschiedsempfindlichkeit oder Reizbarkeit und Erregbarkeit, indem die absolute Empfindlichkeit der Reizschwelle, die Unterschiedsempfindlichkeit der Unterschiedsschwelle reziprok ist.

Sollte sich die Tatsache der Schwelle vom Reize auf die dadurch ausgelöste psychophysische Bewegung übertragen lassen, – was später zu beweisen versucht wird – so wird nach unserer allgemeinen Voraussetzung, daß eine feste Beziehung zwischen körperlichen und psychischen Veränderungen in uns stattfinde, auch der Schwellenwert der psychophysischen Tätigkeit, welcher dem Beginne einer gewissen Empfindung entspricht, als unveränderlich anzusehen sein, so daß die Empfindung sicher beginnt, wenn die Tätigkeit, an die sie geknüpft ist, die Schwellenhöhe erreicht hat. Indem aber je nach dem wechselnden Zustande des Organismus ein Reiz es leichter oder schwerer finden kann, die psychophysische Tätigkeit in dieser Stärke auszulösen, ist der Schwellenwert des Reizes, der an diesen Punkt geknüpft ist, nicht unveränderlich, sondern von dem Zustande der Reizbarkeit des Organismus mit abhängig, hoch bei abgestumpfter, niedrig bei großer Reizbarkeit.

Diese Unterscheidung, ob wir den Schwellenwert, wo die Empfindung verschwindet, auf den Reiz oder die dadurch ausgelösten Bewegungen beziehen, ist wohl im Auge zu behalten; indem nur die Schwelle in letzterem Sinne eigentlich konstant sein kann, während sie in ersterem Sinne sich mit der Reizempfänglichkeit und Anbringungsweise des Reizes ändert.

4) Folgerungen aus dem Dasein der Schwelle.

An das Dasein einer Reizschwelle und Unterschiedsschwelle knüpfen sich manche Folgerungen von Interesse und von Wichtigkeit.

Sollte überhaupt jede kleinste Reizgröße erkannt werden, so würden wir, da Minima von Reizen aller Art uns stets umspielen, ein unendliches Gemisch und einen unaufhörlichen Wechsel von leisen Empfindungen aller Art verspüren müssen, was nicht der Fall ist. Daß jeder Reiz erst eine gewisse Grenze übersteigen muß, ehe er Empfindung erweckt, sichert dem Menschen einen bis zu gewissen Grenzen durch äußere Reize ungestörten Zustand. Er braucht die Reize nicht auf Null herabzubringen, was er nicht im Stande ist, um durch sie ungestört zu bleiben, sondern sich von denen, die durch die Entfernung geschwächt werden, bloß in hinreichende Entfernung zurückzuziehen, oder allgemein solche bis unter eine gewisse Grenze herabzubringen.

Eben so, wie uns das Unmerklichwerden jedes Reizes, wenn er unter eine gewisse Grenze fällt, einen von fremdartigen Perzeptionen ungestörten Zustand sichert, so das Unmerklichwerden jedes Reizunterschiedes, wenn er unter eine gewisse Grenze fällt, einen gleichförmigen Zustand der Perception.

Wegen innerer und äußerer Ursachen werden Reize nie ganz gleichförmig durch Zeit und Raum einwirken, doch hindert dies nicht, daß wir gleichzeitig lichte und gefärbte Flächen sehen, gleichförmig ausgehaltene Töne hören u. s. w.

Das bekannte Experiment der gedrehten Scheibe mit weißen und schwarzen Sektoren gibt einen einfachen Beleg dazu. Hinreichend rasch gedreht, scheint sie gleichförmig grau. Nur kann die Intensität des Eindruckes an beiden Rändern eines Sektors nicht wirklich gleich groß sein, weil im Vorübergehen eines schwarzen Sektors progressiv vom Eindrucke verloren wird, und im Vorabergehen eines weißen gewonnen wird. So wie aber der Unterschied an beiden Rändern kleiner wird als die Unterschiedsschwelle, tritt die Erscheinung des gleichförmigen Grau ein. Und zwar erscheint die Gleichförmigkeit bei hinreichend rascher Drehung vollkommen, so daß es mit schärfster Aufmerksamkeit nicht möglich ist, eine Abwechselung zu entdecken.

Ein analoger Fall tritt ein, wenn man an den Rand eines rasch gedrehten Zahnrades (Stirnrades) den Finger hält. Indes man bei langsamer Umdrehung die einzelnen Zähne noch unterscheidet, ist dies nicht mehr der Fall bei rascher. ValentinVierordt's Arch. 1852. p. 438. 587. hat ausführliche Versuche hierüber angestellt. U. a. bemerkt er dabei, daß, wenn die Breiten der Zähne nur unbedeutende Abweichungen darbieten, dies keine wesentliche Störung mitführt, wogegen, wenn in einem Rade von 160 Zähnen 3 oder 5 unmittelbar neben einander liegende 3- oder 4mal so schmal als die übrigen sind, die Gleichförmigkeit selbst bei starker Geschwindigkeit nicht mehr vollständig zu erlangen ist.

Eben so wie eine Scheibe mit weißen und schwarzen Sektoren bei Drehung mit hinreichender Schnelligkeit gleichförmig grau erscheint, erscheint eine Fläche mit regelmäßig abwechselnden weißen und schwarzen Quadraten aus hinreichender Entfernung gleichförmig grau. Dies kann einen doppelten Grund haben; entweder, daß Distanzen unter zu kleinem Gesichtswinkel nicht mehr besonders aufgefaßt werden können, dann hinge die Erscheinung an der extensiven Schwelle; oder den, daß die Irradiation der weißen Quadrate bei sehr kleinem Gesichtswinkel dieselben in einander fließen läßt; dann hinge die Erscheinung an der intensiven Unterschiedsschwelle. Möglicherweise können beide Ursachen zusammenwirken; durch die bisherigen Beobachtungen scheint mir nichts darüber entschieden.

Werfen wir von diesen Tatsachen der äußeren Psychophysik wieder einen flüchtigen Vorblick auf die Bedeutung, die sie für die innere gewinnen können. Wenn der Reiz übersetzbar ist in psychophysische Bewegung, so wird auch die Seele trotz eines Vorhandenseins und Spieles psychophysischer Bewegung in einem empfindungsfreien und gleichförmigen Zustande verfahren können, wenn nur gewisse Grenzen nicht überschritten werden. Der erste Fall wird, wie ich künftig zeige, durch den Schlaf, der zweite dadurch verwirklicht, daß die psychophysischen Bewegungen ihrer Natur nach keine gleichförmigen sein können. Wahrscheinlich sind sie oszillatorischer Natur. Aber die Änderungen der psychophysischen Bewegung werden nicht empfunden, wenn sie nicht eine gewisse Grenze übersteigen; und so werden gleichförmige Empfindungen auf Grund ungleichförmiger Bewegungen möglich.

Hiermit wird uns zugleich erleichtert, eine Vorstellung zu fassen, woran sich eine verschiedene Qualität der Empfindung knüpft. Während die Ungleichförmigkeit der psychophysischen Bewegung nicht als Ungleichförmigkeit der Empfindung empfunden wird, kann doch die Qualität derselben von der Weise derselben abhängen. Jedoch gehört eine Ausführung dieser Andeutungen nicht hierher; und auch in der inneren Psychophysik kann für jetzt erst mit großem Maß und Rückhalt darauf eingegangen werden.

Der mehrfach bemerkte Umstand, daß das Auge in Betreff der intensiven Lichtempfindung vermöge einer schwachen inneren Erregung sich stets von selbst über der Schwelle befindet, gibt zu einer besonderen teleologischen Bemerkung Anlaß.

Sollte es erst einer gewissen Stärke des äußeren Lichtreizes bedürfen, um die inneren Bewegungen, an die sich unsere Lichtempfindung knüpft, bis zur Schwelle zu heben, so würden schwach beleuchtete und schwarze Gegenstände gar nicht erblickt werden und hier die Wirkung der blinden Stelle der Netzhaut entstehen, was unstreitig sehr störend wäre. Sollte anderseits das Auge durch innere Erregung weit über die Schwelle gehoben sein, so würden nach dem Weber'schen Gesetze geringe Zuwüchse von Licht nicht mehr deutlich erkannt werden. Das Schwarz in unserem äußerlich ungereizten Auge ist also, sofern es einen sehr schwachen Lichtgrad repräsentiert, unstreitig das Vorteilhafteste, was bei der Einrichtung unseres Gesichtssinnes stattfinden konnte.

Für das Ohr liegt kein entsprechendes teleologisches Motiv vor; vielmehr kann es hier eher störend erscheinen, wenn jedes kleinste Geräusch gehört werden sollte. In der Tat haben wir, selbst wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das Ohr richten, im normalen Zustande nichts dem Schwarzsehen Analoges, sondern bloß das Gefühl der Stille.

Wie aber das Ohr abnormerweise vermöge innerer Reizung über die Schwelle gehoben sein kann, wo dann Brausen, Klingen u. s. w. eintritt, so kann es auch vermöge Reizlosigkeit tief unter die Schwelle gesunken sein. Hierher gehören die Erfahrungen, die nun erst ihre wahre Deutung finden, daß Personen, die an Torpor des Gehörnerven leiden, nur bei einem Geräusche, als Trommeln, Fahren im Wagen, die Sprechenden gut verstehen. Offenbar muß das starke Geräusch dienen, das Ohr bis zur Schwelle zu heben, wonach auch der Zuwachs des Geräusches, der für sich allein nicht hingereicht haben würde, dies zu bewirken, vernommen werden kann.

Noch will ich folgender Anwendungen der Tatsache der Unterschiedsschwelle gedenken.

Wenn, wie wohl jetzt ziemlich allgemein anerkannt ist, die sog. Irradiation im Auge vielmehr von den optischen Abweichungen des Auges und Beugungsphänomenen als der von Plateau angenommenen Ausbreitung der Lichtwirkung auf der Netzhaut abhängt, so kann diese physische Irradiation mit verstärkter Intensität des Lichtes nicht an Ausdehnung, sondern nur an Intensität zunehmen. Nun haben aber Plateau's VersuchePogg. Ann. L. Ergänz. S. 412 ff. gezeigt, daß die vom Auge wahrgenommene Irradiation zwar bei Weitem nicht im Verhältnisse der Intensität des Lichts, aber doch nicht unbeträchtlich mit dieser Intensität bis zu einem gewissen nicht überschreitbaren Maximum wächst.

Es entsprechen nämlich nach seinen Versuchen folgenden Lichtintensitäten i folgende sichtbare Irradiationsbreiten j auf einem schwarzen Grunde; wo das Maximum i = 16 die Intensität eines von einem Spiegel unter 30° (gegen die Spiegeloberfläche gerechnet) gespiegelten hellen Himmels war: i = 1 2 4 8 16

j = 40",9 47",6 55", 7 56",0 56", 0. Mit Rücksicht auf die Unterschiedsschwelle ergibt sich dies von Plateau gefundene Resultat, daß die sichtbare Irradiation mit der Intensität des Lichtes an Ausdehnung wächst, aber in geringerem Verhältnisse und nicht über eine gewisse Grenze, für eine wirklich konstant bleibende physische Irradiationsbreite als ein notwendiges.

Die weitestmögliche Grenze der sichtbaren Irradiation muß nämlich notwendig bei der Grenze der physischen liegen. Indem aber bei schwacher Intensität des irradiirenden Lichtes dasselbe schon in größerer Nähe vom irradiirenden Rande dem Schwarz des Grundes so nahe gleich geworden sein muß, um nicht mehr davon unterschieden werden zu können, muß die Grenze der sichtbaren Irradiation dem irradiirenden Rande um so näher rücken, je schwächer das irradiirende Licht ist.

BabinetCompt. rend. 1857. p. 357. weist in einer Abhandlung über die Dichtigkeit der Kometenmasse darauf hin, daß von zuverlässigen, von ihm namhaft gemachten, Astronomen Sterne der 10., der 11. Größe und selbst noch darunter, durch den Kometenkern hindurch beobachtet worden sind ohne merkliche Schwächung ihres Glanzes, wogegen nach einer Beobachtung von Valz ein Stern 7. Größe den Glanz eines glänzenden Kometen fast ganz auslöschte. Hiernach stellt er mit Bezugnahme auf die Bouguer'sche Unterschiedskonstante folgende Betrachtung an:

«Puisque l'interposition d'une comète éclairée par le soleil n'affaiblit pas sensiblement l'éclat de l'étoile devant laquelle elle forme un rideau lumineux, il s'ensuit que l'éclat de la comète n'est pas le soixantième de celui de l'étoile, car autrement l'interposition d'une lumière égale à un soixantième de celle de l'étoile eût été sensible. On peut donc admettre tout au plus, que la comète égalait en éclat le soixantième de la lumière de l'étoile. Ainsi, dans cette hypothèse, en rendant la comète soixante fois plus lumineuse, elle aurait eu un éclat égal à celle de l'étoile, et si on l'eût rendue soixante fois plus lumineuse qu'elle n'était, c'est-à-dire trois mille six cents fois, la comète eût été alors soixante fois plus lumineuse que l'étoile, et, à son tour, elle eût fait disparaître l'étoile par la supériorité de son éclat.»....«On peut admettre que le clair de lune fait disparaître toutes les étoiles au-dessous de la quatrième grandeur; ainsi l'atmosphère illuminée par la pleine lune acquiert assez d'éclat pour rendre invisibles les étoiles de cinquième grandeur et au-dessous.»

Babinet knüpft hieran weitere Betrachtungen, wodurch er für die, auch aus anderen Rücksichten höchst gering anzunehmende, Dichtigkeit und Masse der Kometen eine in der Tat verschwindend kleine Größe findet, welche uns jedoch hier nicht weiter angehen. Auch gebe ich die vorige Betrachtung nur als Beispiel möglicher Anwendung der Unterschiedskonstante, halte aber die Anwendung des Bouguer'schen Wertes auf Sterne nicht zulässig, aus Gründen, die ich im folgenden Kapitel bespreche; wonach auch das ganze Rechnungsresultat Babinet's prekär wird.
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