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In der Setzerei gab es einen Aufenthalt. Die beiden Linotypes waren verlassen und die Maschinensetzer standen mit den Akzidenzsetzern und dem Metteur am Fenster. Sie starrten auf den Hof. Es war still im Raum, ein ungewohntes Atemanhalten.
Wenk fragte: »Ist jetzt Frühstück? Was gibt es?«
Ein wenig zögernd tat sich der Haufe am Fenster auseinander. Der Metteur, ehrliche Kümmernis im faltigen Gesicht, sagte: Jetzt liegt sie draußen.«
Die drei gingen durch die Gasse Pausierender vor die Scheibe, taten einen Blick, auch ihnen verschlug es die Rede.
Es ist nur ein kleiner Hof, rings von Häusern umstanden, mit Fliesen belegt, einem spärlichen Grünfleck in der Mitte. Um sein schütteres Gras läuft ein Gitter, eines jener niedrigen gußeisernen Gitter, die nichts schützen. Fußfallen im Dunkel.
Aber jetzt war heller Tag und sie war doch darüber gefallen. Sie lag dort auf dem Gras, wie sie hingestürzt, die schwarzen halblangen Röcke hatten sich verschoben, man sah unordentlich angezogene Strümpfe, schwarz gestrickt, weiße Wäsche.
»Sie wird über den Hof hinten zum Krüger gegangen sein, sich neuen Schnaps holen.«
»Der Fritz hat ihr um acht schon eine Pulle gebracht.«
»Sie ist ohne Besinnung.«
»Nein, sie weiß schon, sie will so liegen vor all den Fenstern.«
»Es ist, seit sich der Junge totgetrunken hat.«
Plötzlich sprechen alle auf einmal. Alle stehen sie und starren auf den schwarzen hingestürzten Schatten.
Stuff schiebt die Schultern vor, drückt den Klemmer fest. »Das geht nicht. Komm, Tredup, wir holen sie.«
Wenk blickt den Fortgehenden nach. Er fragt besorgt: »Ob das richtig ist? Der Chef sieht das auch vom Labor.«
Der alte Metteur sagt giftig: »Seien Sie man sicher, Herr Wenk, wenn der seine Frau so sieht, dann sieht er sie nicht.«
Wenk geht den beiden nach. Er bemerkt auf dem Hof an allen Fenstern zurückfahrend Köpfe, die bei ihrer Neugierde nicht erwischt werden wollen.
»Morgen ist es durch die ganze Stadt. Die Frau hat soviel Geld und sielt sich im Dreck. Ich sollte ihr Geld haben ...«
»So ist das Leben«, denkt der Annoncenjäger. »Na ja, der übliche Salat ... Nicht der Sohn, der sich totsoff, hat ihr den Rest gegeben, aber daß es alle Leute wissen, daß er so umkam ... So 'ne kleine Stadt. – Kommen Sie, gnädige Frau. Setzen Sie sich auf.«
Es ist ein verwüstetes Gesicht, blutleer, graugelb, mit hängenden Falten, das verdrossen zur Sonne blinzelt. »Macht das Licht aus«, murrt sie. »Stuff, mach es aus. Noch ist Nacht.«
»Kommen Sie man, Frau Schabbelt. Wir trinken auf der Redaktion einen Grog, und ich erzähle Ihnen Witze.«
»O du Schwein«, sagt die Betrunkene, »glauben Sie, es ist mir um Witze?« Und plötzlich lebhaft: »Ja, erzähle Witze. Er hört sie immer gern. Ich darf an seinem Bett sitzen, er ist mir nicht mehr bös.«
Und plötzlich, im Aufstehen, im Gehen zwischen den beiden (Wenk folgt, schlenkert die Cognacflasche verächtlich zwischen den Fingern), plötzlich scheint sie in die Ferne zu horchen: »Keine Witze mehr, Herr Stuff. Ich weiß schon, Herbert ist tot. Aber auf Ihrem Sofa will ich liegen, wenn das Telefon geht und der Radiobericht kommt und die Zeitung läuft durch die Maschine. Es ist dann wie richtiges Leben.«
In der Setzerei ist ein hastiger, verlegener Arbeitsanfang. Niemand blickt hoch.
»Vergeßt den Cognac nicht!« ruft plötzlich die Frau.
Auf dem Sofa bekommt sie noch ein Glas voll, und schon schläft sie mit offenem Munde, schlaffem Kiefer, besinnungslos.
»Wer bleibt bei ihr?« fragt Stuff. »Einer muß bleiben.«
»Wollt ihr jetzt noch zum Chef?«
»Wer so fragt, bleibt. Komm, Tredup.«
Sie gehen. Wenk sieht ihnen nach. Sieht auf die schlafende Frau, horcht nach der Expedition, faßt die Cognacflasche und gießt sich kräftig einen hinter die Binde.