Alexander Dumas Sohn
Die Dame mit den Kamelien
Alexander Dumas Sohn

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XII.

Um fünf Uhr früh, als der Morgenstrahl durch die Vorhänge drang, sagte Margarete zu mir:

»Verzeihe mir, lieber Freund, daß ich Dich fortschicke, aber es muß sein, der Herzog kommt jeden Morgen; man wird ihm antworten, daß ich noch schlafe, wenn er nach mir fragt, und er wird vielleicht warten, bis ich erwache.«

Ich nahm Margaretens Kopf mit den aufgelösten Haaren in beide Hände, gab ihr noch einen Kuß und sagte:

»Wann werden wir uns wieder sehen?«

»Höre,« sagte sie, »nimm den kleinen vergoldeten Schlüssel, der auf dem Kamin liegt. Es ist der Türschlüssel. Schließe die Tür auf, bringe den Schlüssel wieder zurück und geh'. Heute wirst Du einen Brief mit meinen Befehlen erhalten, denn Du weißt, daß Du blind gehorchen mußt.«

»Ja, das weiß ich ... Aber wenn ich schon etwas verlange –«

»Was denn?«

»Mir diesen Schlüssel zu lassen.«

»Du bist argwöhnisch?«

»Nein, ich will mich nur beruhigen.«

»Armand, ich habe noch für niemand getan, was Du von mir verlangst.«

»Nun, so tue es für mich, denn ich schwöre Dir, daß noch niemand Dich so geliebt hat, wie ich Dich liebe.«

»Nun, so behalte den Schlüssel; aber ich sage Dir im voraus, daß es nur von mir abhängt, um diesen Schlüssel ganz unbrauchbar für Dich zu machen.«

»Warum?«

»Es sind Riegel an der Tür.«

»Böses Mädchen!«

»Ich werde sie abnehmen lassen.«

»Du bist mir also ein bißchen gut?«

»Ich weiß nicht, wie es zugeht, aber es scheint mir in der Tat so ... Jetzt geh', die Augen fallen mir zu.«

Wir lagen einander noch einige Sekunden in den Armen, dann entfernte ich mich.

Die Straßen waren leer, die große Stadt lag noch im tiefen Schlafe; eine wohltuende, erfrischende Stille erfüllte diesen Stadtteil, der einige Stunden später sein gewohntes Geräusch und Gewühl wieder annehmen sollte.

Es kam mir vor, als ob die schlummernde Stadt mir gehörte; ich suchte in meinem Gedächtnis die Namen derer, die ich bisher um ihr Glück beneidet hatte und es fiel mir nicht Einer ein, mit dem ich hätte tauschen mögen.

Von einem keuschen Mädchen geliebt werden und der Erste sein, der ihm das wundervolle Geheimnis der Liebe enthüllt, ist gewiß ein großes Glück, aber es ist die einfachste Sache von der Welt. Sich eines Herzens bemächtigen, das noch keinen Angriff ausgehalten hat, ist ungefähr dasselbe, als wenn man in eine offene und jeder Besatzung entbehrende Stadt einzieht. Nichts ist so leicht zu haben, wie ein junges Mädchen. Die Erziehung, das Pflichtgefühl und die Verwandten sind allerdings sehr starke Hüter, aber ein sechzehnjähriges Mädchen weiß jeden Hüter zu überlisten; es erhält durch die Stimme des geliebten Mannes die ersten Unterweisungen, und je reiner diese Worte sind, desto glühender sind sie.

Je reiner und argloser eine Jungfrau ist, desto leichter gibt sie sich hin; denn da sie ohne Mißtrauen ist, so ist sie ohne Kraft, und es ist ein Sieg, den jeder Mann von fünfundzwanzig Jahren erringen kann, wenn er will. Deshalb werden auch die jungen Mädchen so streng beaufsichtigt und mit so ängstlichen Vorsichtsmaßregeln umgeben. Die Mauern der Klöster sind nicht hoch genug, die von den Müttern angelegten Türschlösser nicht stark, die Pflichten der Religion nicht streng genug, um diese lieblichen Vögel in ihrem Käfig, den man nicht einmal mit Blumen bestreut, dauernd festzuhalten. Kann man sich daher wundern, daß sie sich sehnen nach der Welt, die man vor ihnen verbirgt? Kann man sich wundern, daß sie die Welt für reizend und lockend halten, und daß sie der ersten Stimme, die ihnen durch die Gitterstangen die Geheimnisse derselben mitteilt, so gern Gehör schenken und die Hand segnen, die zuerst den Schleier lüftet, der dieses Eden ihren Blicken entzog?

Aber einer Buhlerin wahre Liebe einflößen ist ein weit schwererer Sieg. Bei ihnen ist durch Sinnenlust das Gemüt abgestumpft, das Herz abgebrannt, das Gefühl mit einem Panzer umgeben. Was man zu ihnen sagt, wissen sie schon lange; die Mittel, die man anwendet, sind ihnen alle bekannt; selbst die Liebe, die sie einflößen, haben sie verkauft. Die Liebe ist für sie eine Sache der Spekulation und nicht eine Angelegenheit des Herzens. Sie werden durch ihre Berechnungen besser bewacht, als eine Jungfrau durch ihre Mutter oder durch ihre Hüterinnen im Kloster bewacht wird; daher haben sie das Wort »Caprice« erfunden für jene außer ihrer Spekulation liegenden Liebesverhältnisse, denen sie sich von Zeit zu Zeit zu ihrer Erholung oder als Entschuldigung, oder um sich zu trösten, hingeben; gleich den Wucherern, die tausend Menschen brandschatzen und alle ihre Sünden zu sühnen glauben, wenn sie einem armen Teufel, der in Gefahr ist zu verhungern, zwanzig Franks leihen, ohne Interessen oder Empfangsschein zu verlangen.

Die reine, wahr Liebe scheint den Buhlerinnen anfangs als eine Verzeihung, eine Sühne vom Himmel geboten zu sein, aber sie finden in derselben fast immer eine Strafe. Ohne Buße gibt es keine Vergebung. Wenn eine Sünderin, die auf ihre ganze Vergangenheit mit Scham und Reue zurückblicken muß, auf einmal von wahrer, inniger, unwiderstehlicher Liebe, deren sie sich nie fähig geglaubt, erfüllt wird, wenn sie diese Liebe gestanden hat – wie wird sie dann von dem geliebten Manne beherrscht! Wie schonungslos kann er dann zu ihr sagen: Du bietest mir nicht mehr für meine Liebe, als Du anderen für Geld geboten hast!

Dann wissen sie nicht, welche Beweise ihrer aufrichtigen Zuneigung sie geben sollen. Die Fabel erzählt, daß ein Kind, nachdem es lange aus Scherz um Hilfe gerufen, um die Arbeiter zu stören, einst von einem Bären zerrissen wurde, ohne daß jene, die es so oft getäuscht hatte, diesmal an seinen wirklichen Hilferuf glaubten. Ebenso ist es mit diesen unglücklichen Geschöpfen, wenn sie wahrhaft lieben. Sie haben so oft gelogen, daß man ihnen nicht mehr glauben mag, und neben ihren Gewissensbissen haben sie noch ihre Liebespein zu ertragen.

Daher jene große Hingebung und jene strenge Zurückgezogenheit, wovon einige ein Beispiel gegeben haben.

Aber wenn der Mann, der einer Buhlerin diese sühnende Liebe einflößt, so großmütig ist, sie anzunehmen, ohne an die Vergangenheit zurückzudenken, wenn er sich ihr hingibt, kurz, wenn er liebt, wie er geliebt wird, so erschöpft er auf einmal alle unlauteren Regungen und nach dieser Liebe wird ihr Herz jeder anderen Liebe verschlossen. »Sie können leicht denken, lieber Freund,« setzte Armand hinzu, »daß ich an jenem Morgen, wo ich nach Hause zurückkehrte, solche Betrachtungen nicht anstellte. Sie hätten nur eine Ahnung dessen sein können, was mir bevorstand, und wie groß auch meine Liebe zu Margarete war, so ahnte ich doch nicht, was daraus entstehen würde; jetzt stelle ich diese Betrachtungen an, weil alles unwiderruflich aus ist und weil sie die natürliche Folge der Ereignisse sind.

Doch lassen Sie mich zu dem ersten Tage meines Glückes zurückkehren.

Als ich wieder in meine Wohnung kam, war ich fast närrisch vor Freude, Als ich mir dachte, daß alle Schranken, die meine Phantasie zwischen mich und dieses Mädchen gestellt hatte, gefallen waren, daß Margarete mein war, daß sie an mich dachte, daß ich den Schlüssel zu ihrer Wohnung in der Tasche und das Recht hatte, mich dieses Schlüssels zu bedienen, so war ich zufrieden mit dem Leben, stolz auf mich selbst und dankte Gott im stillen, daß er mir ein so großes Glück beschert. Kurz, ich war glücklich durch die Erinnerung, wie ich abends zuvor durch die Hoffnung glücklich gewesen war.

Welch ein sonderbares Ding ist doch das Dasein des Menschen! Man sieht zufällig auf der Straße eine schöne weibliche Gestalt, die man nie zuvor gesehen, die man nicht kennt und der man nicht einmal dem Namen nach bekannt ist. Wenn sie den Unbekannten sieht, so kann es sein, wie es mir begegnet war, daß sie ihn lächerlich findet. Sie verschwindet in der wogenden Menge, und lebt in ihrer gewohnten Weise, unter ihren Zerstreuungen und Genüssen, wie unter ihren Leiden und Drangsalen fort, ohne daß sie sich des unbekannten Bewunderers erinnert, während hingegen ihr Name unablässig in seinem Herzen ertönt. Dann wird sie, man weiß nicht wie, seine Geliebte, ihr Leben und das seinige sind fortan nur eins, ihre Gedanken werden die seinigen, er lebt nur in ihr, wie sie in ihm, und acht Tage nach dem Beginne dieses innigen zärtlichen Verhältnisses scheint es ihm, als wäre es immer so gewesen und die ganze Vergangenheit wird aus seinem Gedächtnisse verwischt.

So erging es auch mir: Ich entsann mich nicht mehr, wie ich vor dem gestrigen Tage gelebt hatte. Mein ganzes Wesen war freudig gestimmt bei der Erinnerung an die in dieser ersten Nacht gewechselten Worte. Entweder wußte sich Margarete sehr geschickt zu verstellen oder sie fühlte für mich eine jener plötzlichen Leidenschaften, die durch den ersten Kuß entflammt werden und zuweilen freilich auch erlöschen, wie sie entstanden waren.

Aber je länger ich darüber nachsann, desto fester wurde in mir die Überzeugung, daß Margarete keine Ursache hatte, eine Liebe zu erheucheln, die ihr fremd war, und überdies fiel mir auch ein, daß die Frauen auf zwei verschiedene Arten lieben, deren eine das Ergebnis der anderen sein kann: sie lieben mit dem Herzen oder mit den Sinnen. Manche kokette Schöne, die anfangs nur zu ihrer Zerstreuung einen Geliebten nahm, lebt am Ende nur in ihm, weil er ihr unentbehrlich geworden ist und sie beherrscht und das bisher nur schlummernde Herz durch die sinnliche Liebe aufweckt. Manche keusche Jungfrau, die in der Ehe nur die Vereinigung zweier liebender Herzen sieht, wird erst durch die sinnliche Liebe in die Mysterien des Herzens vollständig eingeweiht.

Margarete hatte gleich anfangs diese doppelte Liebe für mich gehabt und ich kam voll Freude und Erstaunen von ihr zurück.

Mitten in diesen Gedanken schlief ich ein. Ich wurde von meinem Diener geweckt; er glaubte, ich sei wie gewöhnlich um Mitternacht nach Hause gekommen und hielt sich daher für berechtigt, bald nach Mittag in mein Schlafzimmer zu kommen.

Er brachte mir einen Brief von Margarete, der folgendes enthielt:

»Mein Tagesbefehl lautet: Diesen Abend im Vaudevilletheater, Parterreloge Nr. 2. Ich erwarte Dich im dritten Zwischenakt.

Margarete Gautier.«

Dieses Billett bewahrte ich sorgfältig in einem Schubfache auf, um die Wirklichkeit beständig vor Augen zu haben, falls ich daran zweifelte, wie mir dies auf Augenblicke geschah.

Meine Sehnsucht, Margarete noch vor der verabredeten Stunde wieder zu sehen, war so groß, daß ich in die Champs Elysées ging, wo ich sie wie tags zuvor vorüberfahren und zurückkommen sah. Wie tags zuvor grüßte sie mich wieder auf ihre zutraulich freundliche, für andere aber kaum bemerkbare Weise.

Ob andere auch wohl so denken wie ich? In der Liebe halte ich viel auf das Geheimnis, zumal in der ersten Zeit; ich gebe dem leisen Wink, dem für andere unsichtbaren Blick der Augen, der mich an das gestrige Glück erinnert und mir neues Glück verspricht, den Vorzug vor der offenen Darlegung aller Gefühle und Herzensmysterien.

Ich hatte große Lust, zu Prudence zu gehen, aber ich fürchtete so sehr, etwas zu tun, was einer Überwachung ähnlich wäre und Margarete beleidigen könnte, daß ich nicht hinging und die Theaterstunde geduldig abwartete.

Ich bestellte einen Sperrsitz im Parterre und um sieben Uhr war ich im Vaudevilletheater. Noch nie war ich so früh in ein Theater gegangen. Die Logen füllten sich eine nach der anderen. Eine einzige blieb leer, es war die, welche mir Margarete bezeichnet hatte. Aber sie kam nie vor acht Uhr in das Theater.

Im Anfange des dritten Aktes tat sich die Tür dieser Loge auf und Margarete trat ein. Sie setzte sich sogleich auf den Vordersitz, suchte im Parterre, erblickte mich und dankte mit ihrem kaum bemerkbaren, für mich aber sehr verständlichen Lächeln.

Sie war wunderbar schön an jenem Abende. War ich die Ursache dieser Koketterie? Liebte sie mich genug, um zu glauben, daß es mir Freude machen werde, sie geschmückt zu sehen? Ich wußte es noch nicht; aber wenn dies wirklich ihre Absicht war, so erreichte sie dieselbe vollkommen, denn als sie erschien, neigten sich die Köpfe zueinander und sogar der Schauspieler, der auf der Bühne war, sah die Eintretende an, die durch ihr Erscheinen die Aufmerksamkeit der Zuschauer störte.

Und ich besaß den Schlüssel zu der Wohnung dieser Göttin und in drei bis vier Stunden sollte sie mein sein!

Man tadelt die Männer, die sich für Schauspielerinnen und femmes entretenues ruinieren; ich aber wundere mich, daß man für sie nicht noch zwanzigmal mehr Torheiten begeht, als wirklich begangen werden. Man muß wie ich in diesen Kreisen gelebt haben, um zu wissen, wie fest sie ihre Geliebten durch solche tägliche Schmeicheleien und kleine Koketterien an sich zu fesseln vermögen.

Prudence nahm nachher in der Loge Platz und ein Mann, den ich als den Grafen von G*** erkannte, setzte sich in den Hintergrund.

Bei seinem Anblick überlief mich ein eisiger Schauer.

Margarete schien den Eindruck, den die Anwesenheit dieses Mannes in der Loge auf mich machte, zu bemerken, denn sie lächelte mir von neuem zu, kehrte dem Grafen den Rücken und schien dem Stücke, das gespielt wurde, große Aufmerksamkeit zu widmen.

Im dritten Zwischenakte wendete sie sich zu ihm und ich hörte die Tür der Loge aufgehen und sich wieder schließen.

Margarete gab mir sodann einen Wink, zu ihr zu kommen.

»Guten Abend,« sagte sie zu mir, als ich eintrat, und reichte mir die Hand.

»Guten Abend,« antwortete ich, indem ich mich an Margarete und Prudence zugleich wendete.

»Setzen Sie sich.«

»Aber ich fürchte einen anderen seines Platzes zu berauben. Wird der Graf von G*** nicht wieder kommen?«

»Jawohl, ich habe ihn nur zum Zuckerbäcker geschickt, damit wir einen Augenblick ungestört plaudern können. Madame Duvernoy ist in unser Geheimnis eingeweiht.«

»Ja Kinder,« sagte diese, »aber seid nur unbesorgt, ich plaudere nichts aus.«

»Was fehlt Ihnen denn diesen Abend?« sagte Margarete, indem sie aufstand und mich auf die Stirn küßte.

»Es ist mir nicht recht wohl.«

»Sie müssen sich schlafen legen,« erwiderte sie mit jener ironischen Miene, die ihrem feinen geistreichen Gesichte so gut stand.

»Wo?« fragte ich.

»In Ihrer Wohnung.«

»Sie wissen ja, daß ich dort nicht schlafen würde.«

»Nun dann müssen Sie auch nicht hierher kommen und ein verdrießliches Gesicht machen, wenn Sie einen Mann in meiner Loge gesehen haben.«

»Das ist nicht die Ursache.«

»Allerdings, ich sehe es recht gut und Sie haben unrecht; reden wir also nicht mehr davon. Nach dem Theater werden Sie zu Prudence kommen und dort bleiben, bis ich rufe. Verstehen Sie wohl?«

»Ja, ich verstehe,« antwortete ich mit einem peinlichen Gefühl, dessen ich mich vergebens zu erwehren suchte.

»Sie lieben mich doch noch?« fragte sie wieder.

»Wie können Sie noch fragen?«

»Sie haben an mich gedacht?«

»Den ganzen Tag.«

»Wissen Sie wohl, daß ich ernstlich fürchte, ich könne mich in Sie verlieben? Fragen Sie nur Prudence.«

»Margarete spricht nur von Ihnen,« antwortete die Duvernoy, – »es wird ordentlich langweilig.«

»Jetzt begeben Sie sich wieder auf Ihren Sperrsitz,« fuhr Margarete fort, »der Graf wird sogleich wieder da sein und es ist gerade nicht nötig, daß er Sie hier findet.«

»Warum?«

»Weil Sie ihn nicht gerne sehen.«

»Ich habe durchaus keinen Groll auf ihn,« erwiderte ich; »es ist mir nur unangenehm, Sie in Gesellschaft eines anderen Mannes zu sehen, und wenn Sie mir gesagt hätten, daß Sie diesen Abend in das Vaudevilletheater gehen wollten, so hätte ich Ihnen diese Loge ebensogut schicken können wie er.«

»Unglücklicherweise,« erwiderte Margarete, »hat er mir die Loge gebracht, ohne daß ich sie verlangte und bot sich mir zum Begleiter an. Sie wissen wohl, daß ich es nicht ablehnen konnte. Es blieb mir nichts übrig als Ihnen zu schreiben, wohin ich gehen wollte, um Ihnen zu zeigen, was ich tue und lasse, und weil ich selbst Sie gern früher sehen wollte. Da Sie mir aber auf die Art danken, so werde ich die Lektion zu benützen wissen.«

»Ich habe unrecht, verzeihen Sie mir.«

»Gut, das lasse ich gelten. Kehren Sie auf Ihren Platz zurück und vor allem – spielen Sie nicht mehr den Eifersüchtigen.«

Sie drückte mir noch einen Kuß auf die Stirne und ich ging.

Im Korridor begegnete mir der Graf, der von dem Zuckerbäcker zurückkam.

Ich kehrte zu meinem Sperrsitz zurück.

Im Grunde war die Anwesenheit des Grafen von G*** die einfachste Sache von der Welt. Er war ihr Geliebter gewesen, er hatte ihr ein Logenbillett gebracht, er begleitete sie ins Theater, dies alles war ganz natürlich; und wenn ich ein Mädchen wie Margarete als Geliebte annahm, so mußte ich mich auch in ihre Gewohnheiten fügen.

Gleichwohl fühlte ich mich den ganzen Abend sehr unglücklich und ich entfernte mich in der trübsten Stimmung, nachdem ich den Grafen, Prudence und Margarete in den vor der Tür haltenden Wagen hatte steigen sehen.

Und doch war ich eine Viertelstunde nachher bei Prudence, die kaum nach Hause gekommen war.

Ende der ersten Abteilung.


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