Alexander Dumas d. Ä.
Die schwarze Tulpe
Alexander Dumas d. Ä.

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17.
Die erste Brutzwiebel

Am nächsten Tage brachte Rosa, wie wir gesagt haben, die Bibel des Cornelius von Witt mit.

Nun begann zwischen dem Lehrer und der Schülerin eine jener reizenden Scenen, welche die Wonne des Romandichters ausmachen, wenn er so glücklich ist, sie unter der Feder zu haben.

Der Schalter, die einzige Öffnung, die Ihnen als Verbindung diente, war zu hoch angebracht, als daß Leute, die sich bis jetzt darauf beschränkt hatten, sich alles, was sie sich zu sagen hatten, einander vom Gesichte abzulesen, bequem in dem von Rosa mitgebrachten Buche lesen konnten.

Mit gesenktem Kopfe mußte sich deshalb das junge Mädchen, das Buch dicht neben der Laterne, an den Schalter lehnen. Es hielt sie in der rechten Hand, und um derselben einen Stützpunkt zu gewähren, verfiel Cornelius auf den Gedanken, sie mit einem Taschentuche an dem eisernen Gitterwerk zu befestigen. Dadurch vermochte Rosa den Buchstaben und Silben, welche Cornelius sie buchstabieren ließ, mit einem ihrer Finger zu folgen. Mit einem Strohhalme versehen, gab der Lehrer seiner aufmerksamen Schülerin diese Buchstaben durch die Löcher des Gitterwerkes an.

Das Licht dieser Laterne beleuchtete Rosas reiche Farben, ihr blaues tiefes Auge, ihre blonden Flechten unter der hellen Goldhaube, die, wie wir gesagt haben, den Friesinnen als Kopfputz dient. Ihre hoch gehobenen Finger, aus denen das Blut entwich, nahmen jenen blassen rosigen Schimmer an, der im Lichte hervorleuchtet und das geheimnisvolle Leben verrät, welches man unter dem Fleische kreisen sieht.

Unter der belebenden Berührung mit van Baerles Geist entwickelte sich Rosas Verstand außerordentlich schnell, und wenn die Schwierigkeit zu groß schien, so sprühten diese Augen, die sich in einander versenkten, diese Haare, die sich mit einander vermischten, elektrische Funken, die selbst die Finsternis des Blödsinns zu erleuchten imstande waren.

Und sobald Rosa wieder in ihr Zimmer hinabgekommen war, ging sie in ihrem Geiste noch einmal für sich allein den empfangenen Unterricht im Lesen und zugleich in ihrer Seele den nicht zugestandenen Unterricht in der Liebeskunst durch.

Eines Abends kam sie eine halbe Stunde später als gewöhnlich.

Eine halbstündige Verzögerung war ein zu auffallendes Ereignis, als daß sich nicht Cornelius vor allem nach dem Grunde erkundigt hätte.

»O, seien Sie mir nicht böse,« sagte das junge Mädchen, »die Schuld liegt nicht an mir. Mein Vater hat hier in Löwenstein die Bekanntschaft mit einem ältlichen Manne erneuert, der ihn in Haag oft darum anging, das Gefängnis besichtigen zu dürfen. Es war eine gute Haut, ein Freund der Flasche, der lustige Geschichten erzählte und außerdem nie knickerte. Auf die Zeche kam es ihm nicht an.«

»Sonst haben Sie keine Bekanntschaft mit ihm?« fragte Cornelius erstaunt.

»Nein,« erwiderte das junge Mädchen, »erst seit vierzehn Tagen ist mein Vater in diesen neuen Bekannten, der ihn beständig besucht, wie vernarrt.«

»O,« sagte Cornelius mit ängstlichem Kopfschütteln, da ihm jedes neue Ereignis eine Katastrophe voraussagte, »wahrscheinlich gehört er zu jener Art Spionen, die man zu gleichmäßiger Überwachung der Gefangenen wie der Wächter in die Festungen schickt.«

»Ich glaube nicht,« entgegnete Rosa lächelnd; »wenn dieser brave Mann jemand ausspioniert, so ist es wenigstens nicht mein Vater.«

»Wer ist es dann?«

»Ei, ich, zum Beispiel.«

»Sie?«

»Weshalb nicht?« versetzte Rosa lachend.

»Ach, es ist leider wahr,« sagte Cornelius seufzend, »Ihre Bewerber werden nicht immer aussichtslos sein; dieser Mann kann vielleicht Ihr Gatte werden.«

»Ich sage nicht nein.«

»Und worauf gründen Sie diese Freude?«

»Sagen Sie lieber, diese Furcht, Herr Cornelius.«

»Dann Rosa, denn Sie haben Recht, diese Furcht . . .«

»Ich gründe sie auf Folgendes.«

»Reden Sie, ich lausche.«

»Dieser Mann war schon mehrmals nach dem Buytenhoff in Haag gekommen, und zwar gerade in der Zeit, wo Sie dort eingesperrt waren. Als ich von dort fortging, ging er gleichfalls fort; seitdem ich hierher gekommen bin, kommt er auch. In Haag nahm er den Wunsch, Sie zu sehen, zum Vorwande.«

»Mich wünschte er zu sehen?«

»O, sicherlich nur Vorwand, denn heute, wo er denselben Grund vorschützen könnte, da Sie wieder der Gefangene meines Vaters oder mein Vater vielmehr wieder Ihr Wärter geworden ist, beruft er sich nicht mehr auf Sie. Im Gegenteile. Ich hörte ihn gestern zu meinem Vater sagen, daß er Sie gar nicht kennte.«

»Fahren Sie gefälligst fort, Rosa, damit ich erraten kann, was für ein Geisteskind dieser Mensch ist, und was er will.«

»Sind Sie sicher, Herr Cornelius, daß sich keiner von Ihren Freunden für Sie interessieren kann?«

»Ich habe keine Freunde, Rosa, ich hatte nur meine Amme, Sie kennen sie, und sie kennt Sie. Ach, diese arme Zug würde selbst kommen und keine List anwenden. Weinend würde sie zu Ihrem Vater oder zu Ihnen sagen: ›Lieber Herr‹ oder ›liebes Fräulein, mein Kind ist hier, sehen Sie meine Verzweiflung, lassen Sie mich es nur eine Stunde sehen, und ich werde mein ganzes Leben lang Gott für Sie anflehen.‹ – O, nein,« fuhr Cornelius fort, »von der guten Zug abgesehen, habe ich keine Freunde.«

»Deshalb komme ich auf meinen ersten Gedanken zurück und zwar umsomehr, als ich gestern bei der Bestellung der Rabatte, auf welche ich Ihre Brutzwiebel pflanzen soll, einen Schatten sah, der sich durch die halboffene Thür hinter die Holundersträucher und Zitterpappeln schlich. Ich that, als ob ich es nicht sähe, aber es war unser Mann. Er versteckte sich, sah zu, wie ich die Erde umgrub, und sicherlich war ich es doch wohl, der er gefolgt war, ich, die er ausspähte. Kein Spatenstich, kein Krümelchen Erde entging seiner Aufmerksamkeit.«

»Ja, ja, es ist ein Liebhaber,« sagte Cornelius. »Ist er jung, ist er schön?«

Und er blickte Rosa begierig an, als wartete er ungeduldig auf ihre Antwort.

»Jung, schön?« rief Rosa laut auflachend. »Er ist von Gesicht häßlich und geht krumm und gebückt. Dabei ist er ungefähr fünfzig Jahre alt und wagt mich nicht gerade anzusehen, noch laut mit mir zu sprechen.«

»Und er heißt?«

»Jakob Gisels.«

»Ich kenne ihn nicht.«

»Daraus sehen Sie also wohl ein, daß er nicht um Ihretwillen kommt.«

»Wenn er Sie, wie es wahrscheinlich ist, liebt, da Sie sehen und Sie lieben, eins ist, so lieben Sie, Rosa, ihn doch jedenfalls nicht?«

»O, sicherlich nicht!«

»Darf ich wirklich ganz ruhig sein?«

»Ich versichere es Ihnen auf das Bestimmteste.«

»Nicht wahr, jetzt, wo Sie anfangen schon etwas lesen zu können, werden Sie doch alles lesen, was ich Ihnen über die Qualen der Eifersucht und Trennung schreibe?«

»Wenn Sie recht groß schreiben, werde ich es lesen.«

Da jedoch die Wendung, welche das Gespräch nahm, Rosa zu beunruhigen begann, fügte sie hinzu:

»Wie geht es denn eigentlich Ihrer Zwiebel?«

»Stellen Sie sich meine Freude vor, Rosa: Heute Morgen betrachtete ich sie in der Sonne, und als ich behutsam die über der Zwiebel liegende Erde fortgescharrt hatte, sah ich, wie die Spitze des ersten Triebes hervorsproßte. Ach, Rosa, mein Herz zerfloß in Freude; dieser unwahrnehmbare Schoß, dieses nur gedachte Dasein, das sich durch ein unfaßbares Zeichen verrät, rührte mich mehr als die Anhörung jenes Befehls Seiner Hoheit, der mir das Leben schenkte und das Beil des Henkers auf dem Schafott des Buytenhoffs von mir abwehrte.«

»Sie hegen also Hoffnung?« versetzte Rosa lächelnd.

»Ja, ich hoffe fest.«

»Und wann soll ich meine Zwiebel pflanzen?«

»Am ersten dazu günstigen Tage werde ich es Ihnen sagen. Aber vor allem lassen Sie sich von niemandem helfen, vertrauen Sie namentlich niemandem in der Welt, wer es auch sein mag, Ihr Geheimnis an. Sehen Sie, ein Liebhaber wäre bei der bloßen Betrachtung dieser Brutzwiebel imstande ihren hohen Wert zu erkennen. Und besonders, meine innig geliebte Rosa, heben Sie den dritten Knollen, der Ihnen noch bleibt, höchst sorgfältig auf.«

»Er befindet sich noch in demselben Papier, in das Sie ihn gepackt haben, und so wie Sie ihn mir gaben, liegt er ganz unten in meinem Schranke unter allen meinen Spitzen vergraben, die ihn trocken halten, ohne ihn zu drücken. Aber leben Sie wohl, armer Gefangener.«

»Wie, jetzt schon?«

»Es ist Zeit.«

»So spät kommen und so früh wieder fortgehen!«

»Mein Vater könnte ungeduldig werden, wenn er mich nicht zurückkehren sieht und der Liebhaber könnte ahnen, daß er einen Nebenbuhler hat.«

Und besorgt lauschte sie.

»Was haben Sie denn?« fragte van Baerle.

»Es kam mir vor, als ob ich etwas hörte.«

»Was denn?«

»Etwas wie einen Schritt, der auf der Treppe knarrte.«

»Gryphus kann es wirklich nicht sein,« meinte der Gefangene, »den hört man schon von weitem.«

»Nein, mein Vater ist es nicht, davon bin ich überzeugt, aber . . .«

»Aber . . .«

»Aber Herr Jakob könnte es sein.«

Rosa eilte nach der Treppe und man hörte in der That, wie eine Thür schnell geschlossen wurde, ehe das junge Mädchen die zehn ersten Stufen hinabgestiegen war.

Cornelius blieb sehr besorgt zurück, aber für ihn war es nur ein Vorspiel.

Wenn das Verhängnis ein schlechtes Werk auszuführen beginnt, so pflegt es sein Opfer in liebreicher Weise schon im voraus darauf aufmerksam zu machen, gerade wie es ein Raufbold mit seinem Gegner macht, um ihm Zeit zu gewähren, sich zur Wehr zu setzen.

Fast immer werden solche Warnungen, die von dem Instinkte des Menschen oder der Teilnahme der leblosen Dinge, welche oft weit weniger leblos sind, als man im allgemeinen annimmt, herrühren, – fast immer, sagen wir, werden solche Warnungen außer Acht gelassen. Der Schlag sauste durch die Luft, und er fällt auf ein Haupt, das dieses Sausen hätte warnen, und das gewarnt sich hätte schützen müssen.

Der folgende Tag verstrich, ohne daß etwas Besonderes stattgefunden hätte, Gryphus stattete seine drei Besuche ab. Er entdeckte nichts. Sobald er seinen Kerkermeister kommen hörte, – und in der Hoffnung, den Gefangenen bei seinen Geheimnissen zu ertappen, kam Gryphus nie zu den nämlichen Stunden, – sobald er seinen Kerkermeister kommen hörte, ließ van Baerle vermittelst einer selbsterfundenen Vorkehrung, die jenen glich, deren man sich in den Speichern zum Auf- und Abwinden der Säcke bedient, seinen Krug hinter dem breiten Steinsimse unter seinem Fenster verschwinden. Was die Schnüre anlangt, mit denen diese Bewegung vorgenommen wurde, so hatte unser Künstler ein Mittel gefunden, sie unter dem auf den Dachziegeln und an den Steinmauern wachsenden Moose zu verbergen.

Gryphus erriet nichts.

Acht Tage lang ging das ruhig so fort.

Aber eines Morgens als Cornelius, in die Betrachtung seiner Zwiebel versunken, aus der schon ein Trieb hervorzusprießen begann, den alten Gryphus nicht hinaufkommen hörte, – es war an diesem Tage gerade ein starker Wind, und alles im Turme krachte, – öffnete sich plötzlich die Thür, und Cornelius wurde mit dem Kruge zwischen den Knieen überrascht.

Als Gryphus einen unbekannten und folglich verbotenen Gegenstand in den Händen seines Gefangenen sah, stürzte er sich auf diesen Gegenstand schneller als der Falke auf seine Beute.

Der Zufall oder diese unselige Schlauheit, welche der Böse bisweilen den Boshaften verleiht, brachte es zu Wege, daß sich seine plumpe, schwielige Hand gerade mitten auf den Krug legte, auf die Stelle, wo die kostbare Zwiebel in der Erde ruhte, diese dicht über dem Gelenke gebrochene und von Cornelius van Baerle wiederhergestellte Hand.

»Was haben Sie da?« rief er. »Ach, nun habe ich Sie ertappt.«

Und er wühlte mit seiner Hand in der Erde.

»Ich? Nichts, nichts!« rief Cornelius ganz zitternd.

»Ja, ich habe Sie ertappt! Ein Krug, Erde! Darunter muß irgend ein verbrecherisches Geheimnis verborgen sein!«

»Lieber Herr Gryphus!« flehte van Baerle, unruhig wie das Rebhuhn, dem der Schnitter seine Brut genommen hat.

Wirklich begann Gryphus die Erde mit seinen krummen Fingern zu durchwühlen.

»Mein Herr, mein Herr, nehmen Sie sich in Acht!« sagte Cornelius erblassend.

»Weshalb? Potztausend, weshalb?« heulte der Kerkermeister.

»Nehmen Sie sich in Acht, sage ich Ihnen; Sie werden sie vernichten.«

Und mit einer schnellen, fast verzweifelten Bewegung riß er den Krug aus den Händen des Kerkermeisters und breitete seine beiden Arme schützend über ihn.

Aber halsstarrig wie ein Greis und noch mehr davon überzeugt, daß er eine Verschwörung gegen den Prinzen von Oranien entdeckt hatte, stürmte Gryphus mit erhobenem Stocke auf seinen Gefangenen los, und als er den festen Entschluß desselben sah, seinen Blumentopf zu schützen, erkannte er zugleich, daß Cornelius weit weniger seines Kopfes als seines Kruges wegen besorgt war.

Er suchte ihm also denselben mit Gewalt zu entreißen.

»Ach,« sagte der wütende Kerkermeister, »Sie leisten also Widerstand!«

»Lassen Sie mir meine Tulpe!« schrie van Baerle.

»Ja, ja, Tulpe,« erwiderte der Greis. »Man kennt die List der Herren Gefangenen.«

»Aber ich schwöre Ihnen . . .«

»Geben Sie her,« befahl Gryphus und stampfte mit dem Fuße auf, »geben Sie her, oder ich rufe die Wache.«

»Rufen Sie, wen Sie wollen, aber Sie sollen diese arme Blume nur mit meinem Leben bekommen.«

Außer sich, bohrte Gryphus zum zweitenmale mit seinen Fingern in die Erde und riß diesmal die ganz schwarze Zwiebel heraus, und während van Baerle glücklich darüber war, daß er das Gefäß gerettet hatte, da er sich nicht einbildete, daß sein Gegner den Inhalt besaß, warf Gryphus die ganz weiche Zwiebel heftig auf den Fußboden, so daß sie zerbrach und fast sogleich zu einer breiartigen Masse zerquetscht unter der breiten Sohle des Kerkermeisters verschwand.

Van Baerle sah die Vernichtung, gewahrte die feuchten Reste, begriff Gryphus wilde Freude und stieß einen Schrei der Verzweiflung aus, der selbst jenen blutgierigen Kerkermeister, welcher einige Jahre vorher Pelissons Spinne tötete, gerührt hätte.

Der Gedanke, diesen schlechten Menschen zu morden, flog blitzartig durch des Tulpenzüchters Geist. Der Zorn und das Blut stiegen ihm zu Kopfe, machten ihn blind, und schon erhob er mit beiden Händen den schweren Krug voll der jetzt ganz unnütz gewordenen Erde. Nur noch einen Augenblick, und er ließ ihn auf den kahlen Schädel des alten Gryphus herniederfallen.

Ein Schrei hielt ihn auf, ein Schrei voll Thränen und Angst, der Schrei, den die arme, blasse, zitternde Rosa hinter dem Gitter des Schalters ausstieß, worauf sie sich mit gegen den Himmel erhobenen Armen zwischen ihren Vater und ihren Freund stürzte.

Cornelius ließ den Krug fallen, der mit furchtbarem Geprassel in tausend Scherben zerbrach.

Und jetzt erkannte Gryphus die Gefahr, in der er geschwebt hatte, und erging sich in schrecklichen Drohungen.

»O,« sagte Cornelius zu ihm, »Sie müssen ein sehr feiger und roher Mensch sein, um einem armen Gefangenen seinen einzigen Trost, eine Tulpenzwiebel zu rauben.«

»Pfui, mein Vater,« fügte Rosa hinzu, »Sie haben ein Verbrechen begangen.«

»Ha, du albernes Ding bist es,« rief der vor Wut schäumende Greis und wandte sich zu seiner Tochter um, »bekümmere dich um Sachen, die dich angehen, und mache vor allen Dingen, daß du so schnell wie möglich hinabkömmst.«

»O, was für ein Unglück, was für ein Unglück!« fuhr Cornelius voller Verzweiflung fort.

»Es scheint wirklich nur eine Tulpe gewesen zu sein,« sagte Gryphus etwas kleinlaut. »Man wird Ihnen soviel Tulpen geben, wie Sie nur haben wollen, ich habe dreihundert auf meinem Speicher.«

»Der Teufel hole Ihre Tulpen!« rief Cornelius. »Dieselben sind soviel wert wie Sie, und Sie soviel wie Ihre Tulpen. O, hundert Milliarden Millionen! Hätte ich sie, würde ich sie für die dort zertretene hingeben.«

»Ha, ha,« sagte Gryphus triumphirend. »Da sieht man, daß es Ihnen nicht an der Tulpe lag. Da sieht man, daß mit diesem Knollen irgend ein Hocus-Pocus, irgend ein geheimes Verständigungsmittel vielleicht mit den Feinden Seiner Hoheit, die Sie begnadigt hat, verbunden war. Ich sagte es ja, daß es Unrecht war, Ihnen nicht den Kopf abzuschlagen.«

»Mein Vater, mein Vater!« rief Rosa.

»Ei, desto besser, desto besser!« wiederholte Gryphus, »ich habe sie vernichtet, ich habe sie vernichtet. Ich werde es immer so machen. Ach, ich hatte es Ihnen ja vorausgesagt, daß ich Ihnen das Leben schwer machen würde.«

»Gräßlich, gräßlich!« heulte Cornelius ganz in Verzweiflung und griff mit seinen zitternden Fingern nach den letzten Spuren der Zwiebel, dem traurigen Reste so vieler Freuden und so vieler Hoffnungen.

»Morgen werden wir die andere pflanzen, lieber Herr Cornelius,« sagte leise Rosa, welche den unermeßlichen Schmerz des Tulpenzüchters verstand und dieses tröstende Wort wie einen Balsamtropfen auf van Baerles blutende Wunde träufelte.

 


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