Alexander Dumas
Die drei Musketiere
Alexander Dumas

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Zwei Spielarten von Teufeln.

»Ha!« riefen zu gleicher Zeit Rochefort und Mylady, »Sie sind es!« »Ja, ich bin es.« »Und Sie kommen?« fragte Mylady. »Von La Rochelle. Und Sie?« »Von England.« »Buckingham?« »Tot – oder gefahrvoll verwundet. Als ich abreiste, ohne daß ich von ihm etwas zu erlangen vermochte, hat ihn ein Fanatiker umgebracht.« »Ah!« sagte Rochefort lächelnd; »das ist ein ungemein glücklicher Zufall, worüber sich Se. Eminenz sehr freuen wird. Haben Sie ihm schon Nachricht gegeben?« »Ich habe ihm aus Boulogne geschrieben. Doch wie kommen Sie hierher?« »Seine Eminenz war beunruhigt und sandte mich ab, um Sie aufzusuchen.« »Ich bin erst gestern hier angekommen.« »Und was haben Sie seit gestern getan?« »Ich habe meine Zeit nicht verloren.« »O, das läßt sich wohl erraten.« »Wissen Sie, wen ich hier angetroffen habe?« »Nein.« »Raten Sie.« »Wie soll ich raten?« »Die junge Frau, welche die Königin aus dem Gefängnis befreit hat.« »Die Geliebte des kleinen d'Artagnan?« »Ja, Madame Bonacieux, deren Aufenthalt dem Kardinal unbekannt war.« »Nun,« sagte Rochefort, »das ist wieder ein Zufall, der das Seitenstück des andern bildet. Der Kardinal ist wirklich vom Glück bevorzugt.« »Können Sie sich meine Verwunderung darstellen,« fuhr Mylady fort, »als ich hier diese Frau antraf?« »Weiß sie, wer Sie sind?« »Nein.« »Sie glaubt, daß Sie eine Fremde sind?« Mylady sagte lachend: »Ich bin ihre beste Freundin.« »Auf Ehre!« rief Rochefort, »nur Sie, meine liebe Gräfin, können solche Wunder verrichten.« »Es geschah zu rechter Zeit, Chevalier,« versetzte Mylady, »denn wissen Sie, was vorgeht?« »Nein.« »Man will sie morgen oder übermorgen im Auftrag der Königin abholen.« »Wirklich? wer denn?« »D'Artagnan und seine Freunde.« »In Wahrheit? Sie treiben es so weit, daß man sie in die Bastille stecken muß.« »Weshalb ist das nicht schon geschehen?« »Nun, der Herr Kardinal hat für diese Menschen eine Schwäche, die mir unbegreiflich ist.« »Was hat Ihnen der Kardinal hinsichtlich meiner Person gesagt?« »Ich soll Ihre geschriebenen oder mündlichen Depeschen in Empfang nehmen, und mit Postpferden zurückeilen. Wenn er einmal weiß, was Sie getan haben, wird er Befehl geben, was Sie weiter tun sollen.« »Jetzt soll ich also hier bleiben?« »Hier oder in der Umgebung.« »Sie können mich nicht mitnehmen?« »Nein, der Befehl lautet bestimmt.« »Nun, es ist wahrscheinlich, daß hier meines Bleibens nicht sei.« »Weshalb?« »Sie vergessen, daß meine Feinde jeden Augenblick eintreffen können.« »Das ist wohl wahr, dann aber wird diese kleine Frau entkommen.« »Bah,« versetzte Mylady mit einem ihr eigentümlichen Lächeln, »Sie vergessen wieder, daß ich ihre beste Freundin bin.« »Ah, das ist wahr, ich darf also dem Kardinal sagen, bezüglich dieser Frau . . .« »Dürfe er unbekümmert sein.« »Ist das alles? und weiß er, was das sagen will?« »Er wird alles erraten.« »Nun, was soll ich jetzt tun?« »Auf der Stelle abreisen, denn mich dünkt, die Nachrichten, die Sie überbringen, sind des Eilens wert.« »Mein Wagen zerbrach im Hineinfahren nach Lilliers.« »Recht hübsch.« »Wie, recht hübsch?« »Nun, ich brauche Ihren Wagen.« »Wie soll ich dann reisen?« »Flink zu Pferde.« »Sie haben gut reden, hundertachtzig Meilen!« »Was tut das?« »Ich will sie zurücklegen. Und dann?« »Wenn Sie durch Lilliers reiten, so schicken Sie mir den Wagen, und stellen Sie mir Ihren Bedienten zur Verfügung.« »Gut.« »Sie tragen sicher einen Befehl des Kardinals bei sich?« »Ja, eine Vollmacht.« »Zeigen Sie dieselbe der Äbtissin vor, mit der Meldung, man werde heute oder morgen kommen, mich abzuholen, und ich habe der Person zu folgen, die in Ihrem Namen kommen wird.« »Sehr wohl!« »Vergessen Sie nicht, mich streng zu behandeln, wenn Sie bei der Äbtissin von mir reden.« »Wozu das?« »Ich bin ein Opfer des Kardinals. Auch muß ich dieser armen, kleinen Madame Bonacieux Vertrauen einflößen.« »Wollen Sie eine Karte?« »O, ich kenne dieses Land recht gut.« »Sie – wann waren Sie denn hier?« »Ich wurde hier erzogen.« »Wirklich?« »Nun, sehen Sie, es ist doch zu etwas gut, wenn man irgendwo erzogen wurde.« »Sie werden mich also erwarten?« »Lassen Sie mich einen Augenblick nachdenken – gut, ja, in Armentières!« »Was ist Armentières?« »Eine kleine Stadt am Ufer des Lys. Ich brauche nur über den Fluß zu gehen, so bin ich in einem fremden Lande.« »Recht gut, doch wohlverstanden, Sie setzen nur über den Fluß im Fall einer dringenden Gefahr.« »Natürlich.« »Wie kann ich aber wissen, wo Sie sich befinden?« »Brauchen Sie Ihren Bedienten nicht?« »Nein.« »Ist er ein zuverlässiger Mensch?« »In jeder Hinsicht.« »Überlassen Sie ihn mir, niemand kennt ihn; ich lasse ihn an dem Orte zurück, von dem ich mich entferne, und er führt Sie dahin, wo ich bin.« »Und Sie sagen, daß Sie mich in Armentières erwarten wollen?« »Ja, in Armentières.« »Schreiben Sie mir diesen Namen auf ein Blättchen Papier, damit ich ihn nicht vergesse. Nicht wahr, der Name einer Stadt kann nicht bloßstellen.« »Wer weiß? Aber gleichviel,« versetzte Mylady und schrieb den Namen auf ein Stück Papier, »ich setze mich damit in Gefahr.« »Gut,« sagte Rochefort, nahm Mylady das Papier aus der Hand, legte es zusammen und schob es in das Futter seines Hutes. »Seien Sie im übrigen unbekümmert, ich mache es wie die Kinder, und wiederhole den Namen auf dem ganzen Wege, wenn ich das Papier verliere. Nun, ist weiter nichts?« »Ich glaube nicht.«


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