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Die eine entstand in Folge des von dem englischen Staatsrath ausgegangenen Projektes (1751): den Erzherzog Joseph zum römischen König zu erwählen, d. h. demselben, nach dem Tode seines Vaters des Kaisers Franz I., die unbestrittene Würde eines Reichsoberhauptes zu sichern. Genug geschichtliche Vorgänge sprachen seit den ältesten Zeiten des deutschen Reiches für diese Maßregel; und wenn man die schweren Irrungen, die unseligen Kriege ermaß, welche nach dem Ableben Karls VI. um den erledigten Kaiserthron entstanden waren, so konnte man den Wunsch, ähnliches Unheil durch jene Maßregel zu verhüten, in keinem andern Interesse mehr billigen als in dem der Völker, welche um des Zwistes der Fürsten willen zur Schlachtbank geführt wurden, und in dem des deutschen insbesondere. Uebrigens mochte England auch diesmal nicht so unbedingt bloß den Vortheil Oesterreichs, durch dessen Uebergewicht im Reichskörper, vor Augen haben. Was nun, davon abgesehen, die Verwirklichung des Projektes betraf, so war diese schwierig genug, fast unabsehbar, bei den widerstreitenden Interessen der Kurfürsten, und zumal bei dem Widerstand Kurbrandenburgs, welches nun einmal, seit es im Königreich Preußen aufgegangen war, durch eine innere Nothwendigkeit, man darf sagen: aus Nothwehr, weil es seine neue Existenz behaupten mußte, einem solchen Uebergewicht Oesterreichs entgegenzustreben gedrängt wurde. Zu Preußen neigten sich Kurpfalz und Kurköln; Kursachsen und Kurbayern verlangten Hülfsgelder, und so angelegen war die Erledigung dieser Sache England, daß es ihnen dieselben auszahlte, natürlich nicht ohne Oesterreich zu bitten, seinerseits Zuschüsse zu leisten, die Forderungen der Kurfürsten an Oesterreich zu befriedigen und ihnen noch außerdem erhebliche Zugeständnisse zu machen. Alle diese Zumuthungen der größten Opfer wurden mit solcher ungestümen Hast betrieben, daß Oesterreich gegen fernere protestirte. England drängte dafür nur um so mehr und zwar in einer fast drohenden Weise, wobei es die Wichtigkeit seines Bündnisses mit Oesterreich hervorhob und den Fortbestand des Letzteren von der schleunigen Zustimmung des Wiener Hofes abhängig machte. Eben dadurch mußte Maria Theresia aufs Empfindlichste berührt werden und sie erklärte (1752) geradezu: gäbe man österreichischerseits willkürlichen Forderungen nach, so würden stets neue Ansprüche erwachsen. Es schien ihr unwürdig, durch ungemessene Opfer und stete Hingebung an eine fremde Macht die Aussicht auf die Wahl ihres Sohnes zum römischen König zu erkaufen; auch blickte sie, im Vertrauen auf die gesicherte und immer mehr zu sichernde Macht Oesterreichs, mit der Hoffnung in die Zukunft, daß ihr diese das ohnehin zubringen würde, was man ihr jetzt gleichsam auftrotzte, wofür man ihrer kaum gewonnenen Stellung so vieles abtrotzen wollte. Die Sache wurde zurückgelegt, Vier Jahre später, kurz vor dem Ausbruch des siebenjährigen Krieges, wurde die römische Königswahl Josephs (wie am geeigneten Orte gezeigt werden soll), abermals ein Gegenstand von Differenzen im Reiche, wenigstens ein willkommener Vorwand zu Erörterungen, hinter welchen sich die eigentlichen Zwecke verbergen ließen. aber die Mißstimmung zwischen Oesterreich und England blieb, und der Unmuth des Letzteren gab sich nicht auf die feinste und edelste Art dadurch zu erkennen, daß die englischen Minister Marien Theresien auf die Dienste aufmerksam machten, welche ihr England in der Zeit der Noth erwiesen. Späterhin (1753) schien freilich die Aussicht auf eine britische Unterstützung Oesterreichs für den möglichen Fall eines preußischen Angriffs bei der lebhaften Fürstin insofern wieder eine Annäherung hoffen zu lassen, als sie, diesen Gedanken mit Wärme ergreifend, in ihren Voraussetzungen sogar noch weiter vorauseilte, und statt der Defensive Gedanken an eine Offensive verrieth, an das »Zuvorkommen,« damit Preußen nichts zur Störung des Friedens zu versuchen vermöge. England ging auf solche Aeußerungen nicht ein, und so zog denn auch Oesterreich dieselben vorsichtig zurück; bald gewann es wieder den Anschein (und Kaunitz wußte diesen klug zu befestigen), als ob Oesterreich mit England gegen Frankreichs Pläne gemeinsame Sache ergreifen müsse.
Die andere Mißhelligkeit bezog sich auf den bereits erwähnten niederländischen Streitpunkt, den Barrierenvertrag, die Frage wegen Beschränkung oder freier Entwicklung des niederländischen Handels. Da ließen denn England und Holland, – in deren Interesse allerdings die Beschränkung wie der Barrierenvertrag lagen, – harte, anmaßende Worte fallen, welche Maria Theresia unmöglich mit Gleichmuth ertragen konnte. Die Seemächte meinten: man müsse den Bewohnern der Niederlande, welche Letztere Oesterreich gleichsam nur als Pfand anvertraut seien (!), den Handel untersagen, und wenn man den Barrierentraktat aufhebe, zerreiße man zugleich das Bündniß zwischen ihnen (den Seemächten) und Oesterreich. Da sprach Maria Theresia, mit Recht entrüstet: »Bin ich nicht gebietende Herrscherin in den Niederlanden? Ist es nicht meine Pflicht, meine Unterthanen zu schützen? Nur zu lange haben sie durch den Barrierentraktat gelitten, haben sie durch denselben Vortheile verloren, welche alle übrigen Völker genießen.«