Arthur Conan Doyle
Micha Clarke
Arthur Conan Doyle

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VII.

Der Reiter aus Westen.

Mein Vater machte sich sofort daran, für unsre Ausrüstung zu sorgen. Saxon stattete er in ebenso freigiebiger Weise aus wie mich; denn er wollte der guten Sache jetzt mit dem Reichtum seines Alters dienen, wie er ihr einst mit der Kraft seiner Jugend gedient hatte. Alles mußte aber mit der äußersten Vorsicht geschehen, denn es gab doch manche Papisten im Dorfe; und bei der aufgeregten Stimmung im Lande würde irgend welche außergewöhnliche Thätigkeit eines so wohlbekannten Mannes sofort Verdacht erregt haben. Der umsichtige alte Soldat ordnete indessen alles mit solcher Sorgsamkeit, daß wir bald in der Lage waren, auf den ersten Ruf binnen einer Stunde marschbereit zu sein, ohne daß einer unsrer Nachbarn auch nur das Geringste davon merkte.

Das erste, was er that, war der Ankauf von zwei passenden Pferden auf dem Pferdemarkt zu Chichester durch einen Agenten, der dieselben bei einem zuverlässigen Landmanne – – einem Whig natürlich – – in der Nähe von Portchester einstellte, wo sie bleiben sollten, bis sie abgeholt würden.

Eines dieser Tiere war ein Apfelschimmel, ein mutiger und starker Hengst, der sieben und eine halbe Hand hoch und meinem Gewicht reichlich entsprechend war. In jenen Tagen, meine Kinder, hatte ich noch kein Fett angesetzt, und wog kaum sechzehn Stein, trotz all meiner Größe und Leibeskraft. Ein Kenner hätte vielleicht an Covenant – so nannte ich mein Roß – eine gewisse Gedrungenheit von Hals und Kopf auszusetzen gehabt. Ich fand das Tier stets zuverlässig und willig, von großer Leistungsfähigkeit und Ausdauer. Das galt mir mehr als Schönheit. Saxon, der in voller Rüstung wohl kaum über zwölf Stein wog, bekam einen lichtbraunen spanischen Zelter von großer Lebhaftigkeit und Schnelligkeit. Er nannte die Stute »Chloë«, ›nach einer frommen Jungfrau seiner Bekanntschaft‹, obgleich, wie mein Vater bemerkte, der Name eigentlich einen etwas heidnischen, unheiligen Beigeschmack hatte. Diese Pferde mitsamt ihrem Sattelzeug wurden gekauft und bereit gehalten, ohne daß mein Vater bei der Sache irgendwie hervortrat.

Nachdem dieser wichtige Punkt erledigt war, mußte die Waffenfrage erörtert werden. Sie rief viele gewichtige Debatten zwischen Decimus Saxon und meinem Vater hervor, bei denen jeder aus eigner Erfahrung Belege dafür beibrachte, wie das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein irgend einer Bein- oder Armschiene für den Träger verhängnisvoll geworden war. Eures Großvaters Herz hing daran, mich den Brustharnisch tragen zu sehen, der noch Beulen von den schottischen Speeren bei Dunbar aufzuweisen hatte; als ich ihn aber anprobierte, fand es sich, daß er mir zu klein war. Ich gestehe, daß diese Entdeckung mich höchlich überraschte, denn wenn ich mir das ehrfürchtige Staunen zurückrief, mit dem ich von Kind auf meines Vaters gewaltigen Gliederbau betrachtet hatte, kam es mir schier wie ein Wunder vor, hier den unwiderleglichen Beweis dafür zu haben, daß ich ihm über den Kopf gewachsen war. Aber meine Mutter wußte die Schwierigkeit zu beseitigen. Sie schnitt das Seitenleder auf, bohrte Löcher hinein, durch die ein Lederriemen geschnürt werden konnte, und putzte den Harnisch so zurecht, daß ich ihn ohne Unbequemlichkeit tragen konnte. Ein Paar Schenkelschienen, dazu ein Paar Schutzringe für den Oberarm und Panzerhandschuhe wurden der alten Rüstung aus der Zeit des Parlamentsheeres entlehnt, ferner das schwere gerade Schwert und ein Paar Reiterpistolen, was zusammen die gewöhnliche Bewaffnung eines Kavaliers ausmachte. Mein Vater hatte außerdem in Portsmouth eine gerippte, mit guten Speichen versehene Sturmhaube für mich gekauft, die inwendig mit weichem Leder gefüttert, dabei sehr leicht und doch sehr fest war. Saxon und mein Vater kamen überein, daß ich in dieser Ausrüstung alles besaß, was einem gut ausgestatteten Soldaten not that. Saxon hatte für sich ein Lederwams, eine Sturmhaube und ein Paar Reiterstiefel erstanden, dazu hatte mein Vater ihm einen Degen und Pistolen geschenkt. So konnte auch er jeden Augenblick ins Feld rücken.

Wir hofften ohne sonderliche Schwierigkeiten zu Monmouths Streitmacht stoßen zu können, wenn es soweit sein würde. In den damaligen unruhigen Zeitläuften waren die Straßen so von Räubern und Wegelagerern heimgesucht, daß die Reisenden gemeiniglich zu ihrem Schutze Waffen und zuweilen auch eine Rüstung trugen. Unsre Erscheinung konnte daher niemand auffallen noch Argwohn erregen. Für den Fall, daß wir angehalten und befragt würden, hatte Saxon sich eine lange Geschichte ausgesonnen, die darauf hinauslief, daß wir unterwegs seien, um zu Heinrich Somerset, dem Herzog von Beaufort, zu stoßen, da wir zu seinem Haushalt gehörten. Diese Erfindung erklärte er mir noch des Näheren, und wollte mir allerhand kleine Züge zur Bekräftigung derselben einstudieren, worauf ich ihm sehr fest erwiderte, daß ich lieber als Rebell gehängt werden als eine Unwahrheit sagen wolle. Er starrte mich mit großen Augen an und schüttelte ganz entrüstet den Kopf. Eine Kampagne von wenigen Wochen, meinte er, würde mich wohl von meiner Zimperlichkeit heilen. Was ihn selbst beträfe, so hätte wohl nie ein wahrheitsliebenderes Kind, als er einst war, die Fibel zur Schule getragen, aber er habe an der Donau lügen gelernt, und betrachte das als einen notwendigen Teil der militärischen Erziehung.

»Denn was sind alle Kriegslisten, Hinterhalte, Ausfälle anders als Lügen im großen Stil?« argumentierte er. »Was ist ein geschickter Befehlshaber anders als einer, der es besonders gut versteht, der Wahrheit ein Mäntelchen umzuhängen? Als Wilhelm der Eroberer in der Schlacht bei Senlac seinen Normannen befahl, zum Schein zu fliehen, damit des Feindes feste Schlachtlinie sich lösen möchte, eine List, die häufig schon von den Scythen im Altertum und neuerdings von den Kroaten angewendet worden ist – ich bitte Euch, was war das anders, als eine in Scene gesetzte Lüge? Oder als Hannibal den Ochsen brennende Pechfackeln zwischen die Hörner binden ließ, um die römischen Konsuln zu dem Glauben zu verleiten, daß sein Heer auf dem Rückzuge begriffen sei – war das nicht ein Betrug oder eine Verletzung der Wahrheit? – ein Punkt, den ein berühmter Soldat in der Abhandlung »an in bello doli uti liceat; an apud hostes falsiloquio uti liceat«,»Ob es im Kriege erlaubt sei, List zu gebrauchen, ob den Feinden gegenüber eine Fälschung gestattet sei.« erläutert hat. Wenn ich nun, um meine Zwecke zu erreichen, dem Beispiel dieser großen Vorbilder folge und sage, daß wir zu Beaufort ziehen, während wir in Wahrheit Monmouth im Auge haben, handle ich dann nicht in Übereinstimmung mit dem Kriegsbrauch und den Gewohnheiten großer Feldherren?«

Ich machte keinen Versuch, seine Scheingründe zu widerlegen und wiederholte ihm nur, daß er für seine Person sich dieses Kriegsbrauchs immerhin bedienen möge, daß er aber von mir keine Mitwirkung erwarten dürfe. Im übrigen versprach ich ihm, dazu zu schweigen und nichts zu sagen, was ihn in Ungelegenheit bringen könnte. An diesem mit Handschlag bekräftigten Gelöbnis mußte er sich genügen lassen.

Und jetzt endlich, meine geduldigen Zuhörer, kann ich euch aus dem bescheidenen Dorfleben mit mir hinausnehmen und aufhören, von den Männern zu plaudern, die in meiner Jugendzeit alt waren, und die jetzt schon manch liebes Jahr in Bedhampton auf dem Kirchhof liegen. Ihr sollt mich jetzt begleiten und England sehen, wie es in jenen Tagen war, und hören, wie wir ausritten zum Krieg, und welche Abenteuer uns unterwegs zustießen. Sollte das, was ich euch erzähle, zufällig von dem abweichen, was ihr in Cokes und Oldmixons Büchern darüber gelesen habt, so denkt daran, daß ich von Dingen rede, die ich mit meinen eignen Augen gesehn, und daß ich mitgeholfen habe, Geschichte zu machen, was mehr ist, als wenn man sie nur niederschreibt.

Es war also am zwölften Tage des Juni 1685. Die Dämmerung brach schon herein, als sich die Nachricht von Monmouths gestriger Landung bei Lyme, einem kleinem Seehafen auf der Grenze zwischen Dorset- und Devonshire, in unsrer Gegend verbreitete. Ein großes Leuchtfeuer auf dem Hügel von Portsdown gab uns zuerst davon Nachricht, und dann kam's rasselnd und trommelnd von Portsmouth herauf, wo die Truppen unter Waffen getreten waren. Berittene Boten jagten in gestrecktem Galopp durch die Dorfstraße, denn die große Nachricht mußte nach London gebracht werden, damit der Kommandant von Portsmouth seine Verhaltungsbefehle erhielte. Wir standen im Schummern vor der Thür und beobachteten das Kommen und Gehen auf der Straße, die Reihe der Leuchtfeuer, die nach Osten hin immer länger und länger wurde, als ein kleiner Mann bis vor unsre Thür galoppierte und sein keuchendes Pferd anhielt.

»Wohnt Joseph Clarke hier?« fragte er.

»Der bin ich,« sagte mein Vater.

»Sind dies treue Männer?« flüsterte der Fremde und deutete mit der Peitsche auf Saxon und mich. Auf ein bejahendes Kopfnicken meines Vaters fuhr er fort: »Also, der Sammelplatz ist Taunton. Gebt's weiter an alle, die ihr kennt. Bitte, gebt meinem Pferde ein bißchen zu saufen und zu fressen, denn ich muß eilends weiter.«

Mein jüngerer Bruder Hosea sorgte für das müde Vieh, während wir den Mann ins Haus führten und einen Krug Bier für ihn abzogen. Es war ein dürres Männlein mit scharfgeschnittenen Gesichtszügen und einem Muttermal an der Schläfe. Auf Antlitz und Kleidern lagerte eine dicke Staubschicht, und seine Glieder waren so steif vom Reiten, daß er kaum gehen konnte.

»Ein Gaul ist schon unter mir gefallen,« sagte er, »und dieser wird's kaum zwanzig Meilen mehr machen. Doch ich muß morgen früh in London sein, denn wir hoffen, Danvers und Wildman werden im stande sein, die Stadt zum Aufstand zu bewegen. Gestern abend verließ ich Monmouths Lager. Sein blaues Banner flattert über Lyme.«

»Wie stark ist seine Streitmacht?« fragte mein Vater besorgt.

»Er hat nur Offiziere mitgebracht. Das Heer dazu soll aus euch Leuten hier daheim gebildet werden. Er hat Lord Grey von Wark und Wade bei sich, dazu einen Deutschen, Namens Buyse, und noch etwa achtzig bis hundert andre. Ach! daß schon zwei, die zu uns stießen, für uns verloren sind! Es ist ein böses, böses Vorzeichen.«

»Wie kam denn das?«

»Bei einem kindischen Zank um ein Pferd wurde Dare, der Goldschmied von Taunton, von Fletcher von Saltoun erschlagen. Die Bauern forderten laut das Blut des Schotten, und er mußte eilends zu Schiff entfliehen. Ein trauriger Unfall ist's, denn Fletcher war ein geschickter Offizier und ein alter, erprobter Soldat.«

»Ei was,« rief Saxon ungeduldig, »es werden bald mehr geschickte Offiziere und erprobte Veteranen im Westen ankommen, die an seine Stelle treten können. Aber wenn er den Kriegsgebrauch kannte, wie kam es denn, daß er in solcher Zeit Privathändel anfing?«

Mit diesen Worten zog Decimus ein flaches braunes Buch aus der Brusttasche, und fuhr mit seinem langen braunen Finger das Inhaltsverzeichnis entlang.

»Subsectio nona«Neunte Unterabteilung – hier ist derselbe Fall ausgeführt, an in bello publico provocatus ad duellum privatae amicitiae causa declinare possit»Ob in einem öffentlichen Kriege der zum Duell Herausgeforderte privater Freundschaft wegen ablehnen darf.« worin der gelehrte Flamänder darlegt, daß die persönliche Ehre eines Mannes gegen die öffentliche Wohlfahrt zurückstehen muß. Hab' ich nicht selbst einen ähnlichen Fall erlebt? Am Abend vor der Befreiung Wiens waren wir ausländische Offiziere in das Zelt des Generals geladen. Da verlangte so ein rothaariger Irländer, ein gewisser O'Daffy, Fähnrich im Regiment Pappenheim, vor mir den Vortritt, wegen seines vornehmeren Blutes. Darob schlug ich ihm meinen Handschuh ins Gesicht, nicht im Zorn müßt ihr wissen, sondern nur, um ihm zu zeigen, daß ich einigermaßen von seiner Ansicht hierüber abwich. Darauf erbot er sich sofort, seinen Anspruch zu verfechten, allein ich überzeugte ihn durch Vorlesung des eben erwähnten Abschnittes, daß wir diesen Punkt nicht eher mit Ehren ins Reine bringen dürften, als bis der Türke von der Stadt vertrieben war. Nach dem Ausfall also –«

»Genug, werter Herr, ich kann Eure Geschichte vielleicht ein ander Mal hören,« sagte der Bote, indem er sich schwankend aufrichtete. »In Chichester hoffe ich Relais zu finden, und die Zeit drängt. Wirkt jetzt für unsre Sache, oder bleibt ewig Sklaven! Fahret wohl!«

Er kletterte in den Sattel, und bald erstarb der Hufschlag seines Rosses fern hin auf der Londoner Straße.

»Jetzt ist die Zeit gekommen, wo du ziehn mußt, Micha,« sprach mein Vater feierlich. »Nein, Frau, weine nicht, sondern mach dem Jungen Mut zum Aufbruch durch ein fröhliches Wort und ein heiteres Antlitz. Micha, ich brauche dich nicht erst zu ermahnen, daß du männlich und furchtlos in diesem Streite kämpfen mußt. Sollte die Woge des Krieges hierwärts rollen, so findest du am Ende noch deinen alten Vater dir zur Seite. Jetzt wollen wir unsre Häupter neigen und den Beistand des Allmächtigen erflehen für diesen Feldzug.«

Wir alle knieten in dem niedrigen Gemach mit seiner schweren Balkendecke nieder, und der alte Mann betete ernst und inbrünstig um Erfolg für unsre Waffen. Noch jetzt, wo ich zu euch rede, steht mir die Gruppe jenes Abends lebendig vor Augen. Noch einmal glaube ich eures Ahnherrn strenges, wetterhartes Gesicht, seine gerunzelten Brauen und seine sehnigen, stark geäderten Hände zu sehen, die er in der Glut seines Flehens fest in einander verschlungen hatte. Meine Mutter kniet neben ihm; über ihr liebes sanftes Gesicht rollt Thräne auf Thräne, aber ihr Schluchzen unterdrückt sie, damit mir das Scheiden nicht zu schwer fällt. Die Kinder sind oben im Schlafzimmer, und wir hören sie auf bloßen Füßen herumtappen. Saxon hat sich ausgespreizt, halb knieend halb liegend über einen der Eichenstühle geworfen, die langen Beine weit von sich gestreckt, das Gesicht in den Händen vergraben. Ringsum im flackernden Licht der Hängelampe sehe ich alle mir von Kind auf vertrauten Gegenstände – den niedrigen Sessel am Herde, die hochlehnigen, steifarmigen Stühle, den ausgestopften Fuchs über der Thür, das Bild Christs,Des Helden aus Bunyans »The Pilgrim's progress«. (»Die Pilgerreise nach dem Berge Zion.«) wie er das Gelobte Land vom Gipfel der Lieblichen Berge aus erblickt – alles an sich geringfügige Kleinigkeiten, die aber miteinander das wunderbare Etwas ausmachen, das wir Daheim nennen, den allmächtigen Magneten, der des Wanderers Herz rückwärts zieht vom fernsten Ende der Erde. Würde ich es je wiedersehn – außer vielleicht in meinen Träumen? ich, der ich diesen geschützten Hafen verließ, um mich mitten in den Wirbel des Sturms zu stürzen?

Das Gebet war zu Ende. Wir alle standen auf mit Ausnahme Saxons, der noch ein paar Minuten lang liegen blieb, das Antlitz in beide Hände vergraben. Dann fuhr er plötzlich auf und richtete sich empor. Ich konnte mich des Argwohns nicht erwehren, daß er fest geschlafen hatte, trotzdem er erläuternd bemerkte, er habe noch eine besondere Bitte hinzufügen wollen und deshalb gezaudert aufzustehen.

Meine Vater legte mir beide Hände aufs Haupt und rief Gottes Segen auf mich herab. Dann zog er meinen Begleiter beiseite, und ich vernahm das Geräusch klingender Münze. Daraus schließe ich, daß er ihm etwas gab, um ihn für die Reise flott zu machen. Mich schloß indes meine Mutter an ihr Herz, und drückte mir ein kleines, viereckig zusammengefaltetes Stück Papier in die Hand. Sie sagte mir, ich möge hineinsehen, wenn ich Muße dazu haben würde, und ich würde sie sehr glücklich machen, wenn ich die darin enthaltenen Ermahnungen befolgen wollte. Ich versprach ihr das, riß mich los und eilte die Dorfstraße hinab, in die dunkle Nacht hinaus, mein langbeiniger Gefährte neben mir.

Es war nicht mehr weit von ein Uhr morgens, und alle Landleute längst zu Bett. Als wir bei der Weizengarbe vorüber kamen und am Hause meines alten Salomo, mußte ich bei mir denken, was die Freunde wohl sagen würden zu meinem kriegerischen Aufzug, wenn sie noch wach wären. Ich hatte kaum Zeit, denselben Gedanken vor Zacharias Palmers Hütte auszudenken, als die Thür aufflog und der Zimmermann herausgelaufen kam, das weiße Haar flatternd im kühlen Nachtwind.

»Ich habe dich erwartet, Micha,« rief er. »Ich hatte gehört, daß Monmouth da ist, und wußte, du würdest keine Nacht verlieren, sondern gleich aufbrechen. Gott segne dich, mein Junge, Gott segne dich! Sei starken Armes, weichen Herzens, mild gegen die Schwachen, streng gegen den Unterdrücker, so begleitet dich die liebevolle Fürbitte aller, die dich kennen.«

Ich drückte ihm beide mir entgegengestreckten Hände, und das letzte, was ich in meinem Heimatsdorfe sah, war der Schattenriß des alten Zimmermanns, der mir durch die Finsternis seine guten Wünsche nachwinkte.

Wir verfolgten unsern Weg durch die Wiesen nach dem Hause Whittiers des Whig-Pachters. Dort legte Saxon seine Rüstung an, wir fanden unsre Pferde fertig gesattelt und gezäumt, denn beim ersten Alarm hatte mein Vater Botschaft hinübergesandt, daß wir sie brauchen würden. Um zwei Uhr morgens befanden wir uns auf dem Hügel von Portsdown, bewaffnet, beritten, und nun wirklich unterwegs auf der Fahrt ins Rebellenlager.


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