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II. Die Hausfrau und ihr Walten

1. Die Hausfrau

»Eine Hausfrau, wie sie sein soll«, sagt Ebhart, »hat ein schweres Amt, und wenn auch oft ihr Tun und Lassen nur aus Kleinigkeiten besteht, sie oft gar nicht einmal selbst tätig ist, sondern nur die Oberaufsicht führt, so hat sie nicht allein die Verantwortung dafür, daß ihr Hausstand aufs beste und zum Wohle aller ihrer Angehörigen geführt wird, sondern es liegt ihr außerdem auch ob, den Ansprüchen, welche die Welt an ihr Haus zu stellen das Recht hat, in jeder Weise zu genügen.« – Wie viel größer und schwieriger ist nun der Wirkungskreis einer Hausfrau auf dem Lande! Sie, als Gutsherrin, soll ein leuchtendes Beispiel werden für so viele, die unter ihrer Obhut stehen. Gehen von oben herab Fleiß, Ordnung, Pünktlichkeit und treue Pflichterfüllung, gepaart mit rechter Sparsamkeit und wahrer Gottesfurcht, aus, so brechen sich diese Tugenden auch unter den Untergebenen Bahn. Zeigt die Herrschaft aufrichtiges Interesse für ihr Wohl und Wehe, dann erwacht das Vertrauen, und gern wenden sich die Bedrängten und Hilfesuchenden an die Hausfrau, die Rat und liebreichen Trost zu spenden versteht.

Möge es jeder jungen Landwirtsfrau gelingen, sich zu einer solchen Gutsherrin emporzuarbeiten. Bringt sie rechte Lust und Liebe zu ihrer Pflichterfüllung, den nötigen Mut und feste Willenskraft mit, so kommt sie sicher mit der Zeit ans Ziel. »Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen«, er muß es erst durch Mühe und Arbeit werden!

2. Der Hausfrau Walten

30. Das Frühaufstehen. »Morgenstund' hat Gold im Mund.« Am Morgen fördert die Arbeit am besten. Ist man gesund und kräftig, dann scheue man das Frühaufstehen nicht. Sobald die Herrin zur Zeit auf dem Platze und mit tätig ist, geht alles von vornherein einen geregelteren Gang. Besonders auf dem Lande gibt es Arbeiten, wie Versorgung des Federviehs, des Milchkellers etc., die am frühen Morgen ausgeführt und von der Herrin bewacht werden müssen, sollen sie von dauerndem Erfolge begleitet sein. Ist bereits ein Teil der Arbeit getan, ehe die Familie das gemeinschaftliche Frühstück einnimmt, kann sich die Hausfrau dieser als Mutter und Gattin ungestört ein Stündchen widmen.

31. Ordnung, Sauberkeit und Reinlichkeit. »Ordnung lehrt haushalten.« Ohne diese Tugend geht es trotz allen Fleißes nicht vorwärts. Zunächst zeige man sie an sich selbst. Geht die Hausfrau mit zerrissenen Sachen, schmutziger Schürze und unfrisiertem Haar umher, kann sie es dann anders von ihrem Dienstpersonal erwarten und verlangen? Wo sie genötigt ist, selbst tüchtig mit Hand anzulegen, da gibt es allerdings auch Beschäftigungen, die nur auf Kosten der eignen Sauberkeit getan werden können; jedenfalls aber müssen die Spuren solcher Arbeiten nach ihrer Erledigung schnellstens beseitigt werden. (Man sorge daher vor allen Dingen auch für Waschgelegenheit in der Küche.)

32. Pünktlichkeit ist zu allen Dingen nötig, besonders aber wichtig bei den Mahlzeiten auf dem Lande. Verspätet sich das Frühstück der Beamten, welche die Arbeiter anstellen sollen, nur um 15 Minuten, so ergibt eine solche Verzögerung bei 20 Menschen 5 Stunden Arbeitsverlust. Und außerdem sieht die Hausfrau noch eine dunkle Wolke auf des Hausherrn Gesicht. Nicht anders ist es mit der Mittagsmahlzeit. Die Mittagspause ist für die fleißigen Landleute nicht allein zum Essen, sondern auch zum Ausruhen da. Wenn die Hofglocke läutet, muß sowohl für die Herrschaft, als auch für das Gesinde aufgetragen werden können. So ermöglicht man es, daß alles, was müde und matt heimkehrt, sich nach erquickender Mahlzeit noch ein halbes Stündchen Rast gönnen kann, ehe es wieder hinaus an die stramme Arbeit geht. Wie peinlich aber, wenn die Leute wieder fort auf ihren Posten müssen, ohne auch nur zum Essen Ruhe gehabt zu haben, weil die Hausfrau unpünktlich war! Sie hat die Verantwortung, und sie trifft der Tadel!

33. Die Sparsamkeit. Eine Landwirtsfrau muß genau und gründlich, vielleicht mehr als eine Städterin rechnen, um sich nicht zu verrechnen. Letztere erhält ihr bestimmtes Wirtschaftsgeld, um Butter, Eier, Milch etc. dafür einzukaufen. Die Landwirtsfrau muß diese Artikel verkaufen, um sie zu Geld zu machen. Für sie haben Butter, Milch und Eier ebenfalls den Marktpreis, denn je mehr sie selbst verbraucht, desto weniger kann sie verkaufen und diesbezügliche Einnahmen erzielen. Durch vorteilhaften Verkauf der durch ihre Hand gehenden Erzeugnisse kann sie den Wohlstand der Familie wesentlich fördern helfen. Ein wenig kaufmännischen Sinn muß sie allerdings auch besitzen und sich gute Absatzquellen zu verschaffen wissen. Je besser die Produkte, desto höher die Verwertung. Es muß der Hausfrau eine Freude und Ehre sein, auf diese Weise mit zum Erwerb beitragen und ihren Wirkungskreis ohne Beistand des Gatten ausfüllen zu können.

Die Sparsamkeit darf jedoch niemals in Geiz ausarten. Nichts bestraft sich mehr, als geiziges Wirtschaften. Wer arbeiten soll, muß auch sein Brot haben. Sei die Kost noch so einfach, – kräftig und schmackhaft muß sie doch zubereitet und auch reichlich bemessen sein. Sie soll nicht allein den Hunger stillen, sondern auch einen Genuß gewähren. Sind nach dem Mittagsmahl die Schüsseln leer, und verbreitet sich über alle Tischgenossen eine angenehme Behaglichkeit und Ruhe, so fällt der Hausfrau dadurch das beste Lob zu.

34. Pflichterfüllung. »Wer ein Amt hat, der warte seines Amtes«, das ist ein alter Spruch, der dem Menschen die Berufspflicht an das Herz legen will. Ihn möge auch die junge Hausfrau sich zum Wahlspruch nehmen. Und zum Trost sei ihr gesagt: »Mit dem Amt kommt der Verstand.« Man muß nur gern lernen, Aug' und Ohr offen haben und guten Rat annehmen, wo er geboten wird. Man probiert und studiert, oft freilich nicht ohne Lehrgeld zu zahlen, aber man kommt doch weiter, wird klüger durch Erfahrung und reicher an

35. praktischem Sinn. »Das ist eine praktische Hausfrau«, so hört man gar oft über diese oder jene lobend urteilen. Nun, was heißt denn eigentlich »praktisch«? Jedes Ding in rechter Weise angreifen, sich jede Sache zunutze machen und ihr die richtige Verwendung zuteil werden lassen. Kurz, eine praktische Hausfrau weiß ebenso genau, was sie will, als, warum sie es will. Sie legt ihren Schwerpunkt besonders auf Verwertung der Zeit und richtige Verwendung der Arbeitskräfte. Mit richtiger Umsicht entwirft sie die Einteilung des Tages, sucht sich die rechten Kräfte für ihre Arbeit aus, hält auf pünktliche Ausführung derselben, erspart durch Überlegung manchen Gang, und weiß stets, was ihre Dienstboten tun und treiben, auch wenn sie nicht unter ihnen ist.

36. Die Dienstbotenverhältnisse werden leider, und besonders auf dem Lande, von Jahr zu Jahr schwieriger. Alles drängt nach industrieller Beschäftigung, wo höherer Verdienst und größere Freiheit geboten werden. Das unverheiratete Gesinde wird immer anspruchsvoller und kein Mädchen mehr möchte Magd sein. Anhänglichkeit, Interesse für die Herrschaft und Treue sind immer weniger zu finden. Allerdings wird in nicht seltenen Fällen das schlechte Verhältnis nicht durch die Dienstboten, sondern durch die unrichtige Behandlung seitens der Herrschaft hervorgerufen. Üble Laune, zu vieles Tadeln und Schelten, Überanstrengung, schlechte und knappe Kost tragen oft dazu bei, daß die Dienenden die Arbeit aufkündigen. Man suche also ein in ihrer Pflichterfüllung einigermaßen zufriedenstellendes Mädchen durch gute und gerechte Behandlung zu halten und frage, wenn es trotzdem den Dienst verlassen will, nach den Gründen, zu denen oft nur Hetzereien Veranlassung gegeben haben. Durch Bitten, Zureden und Versprechungen suche man es aber nicht zu halten. Ein Erfolg ist doch nicht von Dauer. Auf dem Lande schlagen die Töchter der rechtschaffenen, fleißigen und ehrlichen Gutsarbeiter noch am besten ein; diese suche man zu gewinnen und für sich heranzubilden. Zeugnisse von Mädchen, die andern Orts gedient haben, sind oft nicht maßgebend. Die Hausfrau empfange das neueintretende Mädchen in freundlicher, wenn auch gemessener Weise und mache es mit seinen Pflichten bekannt. Sie führe es persönlich durch die Räume des Hauses und übergebe ihm das Inventar, welches sie unter sich haben soll, unter Aushändigung eines Zettels darüber, während ein zweiter in den Händen der Hausfrau bleibt. Man darf in der ersten Zeit nicht müde werden, die Arbeiten zu beaufsichtigen, wiederholt Anleitung zu geben und streng darauf zu halten, daß jede Arbeit sauber und gründlich ausgeführt wird. Anfangs, wo das Mädchen noch vom ersten regen Eifer beseelt ist, lernt es am besten. Darum gebe man z. B. dem Zimmermädchen bald einige Anstandslehren: wie es Gäste zu empfangen, nach dem Namen zu fragen, ins Zimmer zu geleiten und anzumelden hat, kurz, wie es sich eines höflichen, anständigen Wesens zu befleißigen habe.

In Fällen, wo das Mädchen mit Arbeit überhäuft ist, scheue sich die Hausfrau nicht, selbst mit Hand anzulegen. Sie vergibt sich dadurch nichts, zeigt vielmehr den Dienstboten, daß sie die Arbeit, die sie sonst nur beaufsichtigt, auch selbst zu verrichten versteht. Um pünktliches Aufstehen der Dienstmädchen zu erzielen, stelle man eine Weckeruhr in ihr Zimmer und überzeuge sich hin und wieder persönlich, ob sie, wie vorgeschrieben, zur Stelle sind.

Als tägliche Kleider sind Anzüge aus hellem Waschstoff und weiße Schürzen als einfach und zweckentsprechend zu empfehlen. Der Gebrauch von Küchenschürzen darf nicht beschränkt werden, um Sauberkeit zu erzielen. So viel als möglich halte die Hausfrau das Mädchen zum Guten an und achte auf ihren Umgang. Sie dulde von Anfang an keine Widerrede, noch weniger Unwahrheiten und Zuträgereien. Klatschen und Mißtrauen richten viel Unheil an. Zur Veruntreuung gebe man keine Gelegenheit und verschließe die Dinge (nicht zu vergessen Briefschaften), welche nicht in die Hände der Mädchen fallen sollen. Soweit es angeht, gebe man herrschaftliche Kost und karge damit nicht, da sonst dem Naschen Vorschub geleistet wird.

Ohne sich auf einen familiären Fuß zu stellen, kann die Herrin auf die Interessen des Mädchens eingehen, Teilnahme für ihre Familie zeigen und damit ihr Vertrauen gewinnen. Auch gewähre man dem Mädchen dann und wann eine Stunde Zeit, damit es seine eigenen Sachen in Ordnung erhalten kann, gönne ihm seinen bestimmten Sonntag unbeeinträchtigt und gestatte ihm dann und wann, an einem besonderen Vergnügen teilzunehmen. Auch achte man darauf, daß das Mädchen genügend Zeit zum Schlafen verwende (6 bis 8 Stunden). Schließlich halte man es zum Sparen an (Anlegung eines Sparkassenbuches).

37. Die Sonntagsruhe. Sechs Tage soll der Mensch arbeiten und den siebenten ruhen! Leider kann selbst an hohen Festtagen nicht die ganze Wirtschaft stehen bleiben, aber die Hausfrau kann den Dienst um vieles erleichtern und dadurch auf die Heiligung des Sonntags halten.

Wenigstens einige Stunden der Ruhe muß der Sonntag allen Gliedern des Hauses gewähren, in denen sie sich selbst angehören, die sie abwechselnd zur Kirche benutzen können etc. Auch die Herrschaft darf es nicht versäumen, den Untergebenen in Ausübung der Frömmigkeit voranzugehen und dem die Ehre zu geben, von dem alles Gute kommt! Gibt Gott nicht Wachstum und Gedeihen, dann ist die Arbeit des Landwirts umsonst.

38. Die Krankenpflege. Wer ein Herz für seine Mitmenschen hat, der wird auch die Schwachen, Kranken und Hilfsbedürftigen des Gutes nicht vergessen. Und wiederum liegt die Pflicht zu helfen vornehmlich der Hausfrau ob. Mit freundlicher, mildtätiger Hand findet sie bald Eingang und Vertrauen bei den Leidenden und sieht, woran es in den Hütten der Armen gebricht. Mit einem Hausmittel oder einer kräftigen Speise, selbst nur mit Rat und Trost verrichtet sie oft Wunderdinge. Für alte, arbeitsunfähige Leute weiß sie täglich eine Suppe zu erübrigen, und so wird sie in ihrem Kreise oft mit geringen Mitteln zu einer Wohltäterin. Glücklich diejenige, welche mit reichen Händen geben kann und will! Ihr bietet sich ein großes Feld zu segensreichem Wirken; möchte sie es nicht ungepflegt lassen und bedenken, wozu ihr Gott die irdischen Güter beschert hat! »Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht, denn solche Opfer gefallen Gott wohl.«

39. Die Hausfrau als Krone der Familie. Noch sind wir aber nicht am Ende mit der Schilderung der Pflichten einer Hausfrau. Wie groß auch ihr Wirkungskreis sein mag, so darf sie doch nicht in den materiellen Dingen des Lebens allein aufgehen; als Gattin, Mutter, Wirtin kommen ihr noch andere hohe Pflichten zu.

Soll ein eheliches Glück zwischen den Gatten bestehen, so gehören als feste Grundlage religiöser Sinn, herzliche Liebe mit Achtung gepaart, und gegenseitige Wahrheit und Offenheit dazu. Mann und Frau müssen eins sein in dem Wege, den sie gemeinsam wandeln, in dem Ziele, das sie sich gesteckt haben, um sich ein friedliches und zufriedenes Leben zu bereiten. – So hat der Mann als der Stärkere seinerseits die Pflicht, seine Frau zu sich heranzuziehen, sie nicht für unfähig zu halten, um sie in seine Verhältnisse einzuweihen. Er muß ihr dieselben klar legen, mit ihr über alles sprechen und darf kein Geheimnis vor ihr haben. Offen und ohne Scheu muß er alle seine Sorgen mit der Gefährtin seines Lebens teilen. Ein treues Weib wird nicht jammern und klagen, sondern sich schicken und fügen lernen und, soviel in ihrer Kraft steht, helfend zur Seite stehen. Sie weiß zu trösten und dadurch des Mannes Mut in sorgenvollen Stunden zu heben, durch doppelten Fleiß und sparsame Einteilung mancherlei Vorteil herauszufinden. Andrerseits aber wird sie sich auch mit dem Gatten freuen über errungene Erfolge, und suchen, durch sparsamen Sinn das Erworbene zu erhalten. Auf diese Weise wird sie wahrlich die Krone des Hauses und schafft den Ihrigen ein Heim, ein Familienleben voll Glück, Zufriedenheit und Frohsinn.

Einen herrlicheren Beruf als den einer Mutter gibt es nicht. Darum sollte sich auch keine Mutter denselben streitig machen lassen, sondern eine jede ihre Kinder selbst erziehen. Sie darf sich wohl gute Unterstützung suchen, aber ihr Auge muß immer wachsam sein, und ihre freie Zeit gehört der Kinderstube. Ist es doch erwiesen, daß gerade in den ersten drei Lebensjahren die Grundlage zur Charakterbildung gelegt wird. Welche Verantwortung, wenn es kein fester Grund ist, worauf weiter gebaut werden soll! Nur zu früh schon muß sich die Mutter auf dem Lande von ihren Söhnen trennen, weil diese zu ihrer weiteren Ausbildung in eine Stadtschule geschickt werden müssen. Darum hat sie die kurze Zeit für deren Erziehung gründlich auszunutzen. Sie ist verantwortlich dafür, daß der Staat leiblich und geistig gesunde, arbeitskräftige und opferfreudige Männer erhalte, denn die Tüchtigkeit der Mutter vererbt sich fort auf den Sohn.

Die Töchter dagegen verbleiben meistens länger unter der Mutter getreuer Obhut und werden von ihr in rechter Weise geleitet. Mögen sie schon im jugendlichen Alter lernen, ihr zur Hand zu gehen, die Arbeit zu lieben, die Zeit nützlich anzuwenden. Eine liebevolle, strenge Erziehung, gepaart mit einem fröhlichen und gemütlichen Familienleben, ist ein Segen für das ganze Leben des Kindes. Dabei können Leib und Geist gedeihen und sich weiter vorbereiten für die Zukunft, die ja heutzutage oft herb genug an das Mädchen herantritt, wenn es seinen eigenen Weg gehen, sich seinen eigenen Wirkungskreis schaffen muß.

Kommt eine Lehrerin ins Haus, so ist es wiederum die Mutter, die zu prüfen hat, ob ihre Wahl die richtige war. Mit liebevollem, herzlichem Wesen wird sie der Fremden entgegenkommen, wohl wissend, daß Mutter und Lehrerin Hand in Hand gehen müssen, soll die Erziehung gedeihen. Sie wird es verstehen, dem jungen Mädchen die richtige Stellung im Hause einzuräumen, es zu sich heranzuziehen, ihm eine mütterliche Freundin zu werden und dadurch das Gefühl der Dankbarkeit in ihm zu erwecken und zu pflegen.

Wer wollte sich in einem solchen Hause auch nicht wohl fühlen? Da fassen auch die jungen Beamten und Eleven Vertrauen und verkehren gern am Familientisch, wo die Hausfrau für jeden ein freundliches Wort hat, wo sie durch erheiternde Spiele die Unterhaltung zu würzen sucht, durch ernste Gespräche, gute Bücher und Zeitungen geistige Anregung bietet und durch herzgewinnendes Wesen bald die beste Ratgeberin und Helferin eines jeden wird.

In einem großen Landhaushalt bedarf die Hausfrau meist einer Vertreterin, einer Mamsell, einer sogenannten Stütze der Hausfrau, der sie viel anzuvertrauen hat. Deshalb ist bei der Wahl derselben große Vorsicht anzuraten und sind, ehe man sich bindet, erst sorgfältige Erkundigungen einzuziehen. Die eigentliche Führung des Haushaltes aber gebe die Hausherrin nie aus den Händen und halte auch die Vorräte unter eignem Verschluß. Sie teile die Arbeit des Tages ein, bespreche mit ihrer Stütze den Speisezettel, wisse immer, was im Hause geschieht, und überzeuge sich selbst von der Arbeit ihrer Untergebenen. In ihrer Vertreterin suche die Hausfrau Vertrauen zu sich zu erwecken und lasse ihr eine liebevolle Behandlung zu teil werden. Der Eintritt in ein fremdes Haus ist für ein junges Mädchen immer schwer, zumal wenn es seine erste Stellung ist und die Kenntnisse noch mangelhaft sind; da bedarf es der Nachsicht und richtigen Führung.

Doch auch an euch, ihr »Stützen der Hausfrau«, darf ich wohl in mütterlicher Weise hier ein Wort richten. Tretet nicht eher euer Amt an, als bis ihr wirklich etwas versteht, bis ihr Haushalten gelernt habt. Wenn auch Übung erst den Meister macht. Nur dadurch werden die Stellungen der jungen Mädchen so haltlos, daß sie kühn behaupten, Ansprüchen genügen zu können, denen sie noch nicht gewachsen sind. Eine Stütze oder Vertreterin der Hausfrau muß vorher auf dem Lande ihre Lehrzeit unter einer tüchtigen, praktischen Anleitung nicht ein, nein womöglich zwei Jahre lang durchgemacht haben, um ihrer Sache sicher zu sein. Muß sie doch etwas von der Gartenkunst, viel von der Aufzucht des Federviehs, von der Molkerei verstehen, in allen Zweigen des Hauswesens bewandert sein, damit sie überall zu- und eingreifen kann. Dabei aber muß sie auch gelernt haben, sich zu fügen und in manches zu schicken. Eine jede Wirtschaft hat ihre eigene Art und Weise der Haushaltsführung und weicht nicht gern davon ab. So hat das junge Mädchen sich bescheiden und mit rechtem Ernst nach dem allen zu erkundigen, hat der Hausfrau mit verbindlichem Wesen ohne Widerspruch oder ohne es besser wissen zu wollen, entgegenzukommen und still und in freundlicher Weise auf die Anordnungen einzugehen.

Vor allen Dingen aber hat die Stütze der Hausfrau die Interessen der Herrschaft wahrzunehmen, sich über das Dienstpersonal zu stellen, diesem, wenn auch freundlich, doch bestimmt und niemals in allzu vertraulicher Art gegenüber zu treten. Es scheitert so oft das gute Einvernehmen der Herrin mit ihrer Vertreterin daran, daß diese es nicht lassen kann, mit den Mägden über die Herrschaft zu sprechen, deren Klatschereien anzuhören, ohne sie zu verbieten, Sachen zu verheimlichen und Durchsteckereien zu machen. Ist es erst so weit gekommen, dann hat auch die Stellung des betreffenden Mädchens keinen Halt mehr, das Vertrauen hat dem Mißtrauen Platz gemacht. Darum, ihr lieben Stützen der Hausfrau, haltet es nur mit der Herrschaft, erwerbt euch durch richtigen Takt und Tüchtigkeit einen Platz in der Familie, dann werdet ihr Befriedigung in eurem Berufe und eine Heimstätte finden.


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