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Wir sind im vorigen Kapitel dabei stehengeblieben, die Vernichtung des Gegners sei der Zweck des Gefechts, und haben durch eine besondere Betrachtung zu beweisen gesucht, daß dies in der Mehrheit der Fälle und bei den größeren Gefechten wahr sei, weil die Vernichtung der feindlichen Streitkraft immer das Vorherrschende im Kriege sei. Die anderen Zwecke, welche dieser Vernichtung der feindlichen Streitkraft beigemischt sein und mehr oder weniger vorwalten können, werden wir im nächsten Kapitel allgemein charakterisieren und in der Folge nach und nach näher kennenlernen; hier entkleiden wir das Gefecht von ihnen ganz und betrachten die Vernichtung des Gegners als den völlig genügenden Zweck des einzelnen Gefechts.
Was ist nun unter Vernichtung der feindlichen Streitkraft zu verstehen? Eine Verminderung derselben, die verhältnismäßig größer ist als die unserer eigenen. Wenn wir eine große Überlegenheit der Zahl über den Feind haben, so wird natürlich dieselbe absolute Größe des Verlustes für uns kleiner sein als für ihn und folglich schon als ein Vorteil betrachtet werden können. Da wir das Gefecht hier als von allen Zwecken entkleidet betrachten, so müssen wir auch den davon ausschließen, wo es zu einer größeren Vernichtung der feindlichen Streitkräfte nur mittelbar gebraucht wird; mithin kann auch nur jener unmittelbare Gewinn, den wir in dem gegenseitigen Zerstörungsprozeß gemacht haben, als der Zweck betrachtet werden, denn dieser Gewinn ist ein absoluter, der durch die Rechnung des ganzen Feldzuges durchläuft und am Schluß derselben sich immer als ein reiner Gewinst erweist. Jede andere Art des Sieges über unseren Gegner aber würde entweder ihren Grund in anderen Zwecken haben, von denen wir hier ganz absehen, oder nur einen einstweilen relativen Vorteil geben; ein Beispiel soll uns klar machen.
Wenn wir unseren Gegner durch eine geschickte Anordnung in eine so nachteilige Lage versetzt haben, daß er das Gefecht ohne Gefahr nicht fortsetzen kann, und er sich nach einigem Widerstande zurückzieht, so können wir sagen, daß wir ihn auf diesem Punkt überwunden haben; haben wir aber bei dieser Überwindung gerade in demselben Verhältnis an Streitkräften eingebüßt als er, so wird bei der Schlußrechnung des Feldzuges von diesem Siege, wenn man einen solchen Erfolg so nennen könnte, nichts übrigbleiben. Es kommt also das Überwinden des Gegners, d. h. die Versetzung desselben in einen solchen Zustand, daß er das Gefecht aufgeben muß, an und für sich nicht in Betrachtung und kann deshalb auch nicht in die Definition des Zweckes aufgenommen werden; und so bleibt denn, wie gesagt, nichts übrig als der unmittelbare Gewinn, den wir in dem Zerstörungsprozeß gemacht haben. Es gehören aber dahin nicht bloß die Verluste, welche im Verlauf des Gefechts vorkommen, sondern auch die, welche nach dem Abzug des besiegten Teiles als unmittelbare Folge desselben eintreten.
Nun ist es eine bekannte Erfahrung, daß die Verluste an physischen Streitkräften im Laufe des Gefechts selten eine große Verschiedenheit zwischen Sieger und Besiegten geben, oft gar keine, zuweilen auch wohl eine sich verkehrt verhaltende, und daß die entscheidendsten Verluste für den Besiegten erst mit dem Abzug eintreten, nämlich die, welche der Sieger nicht mit ihm teilt. Die schwachen Reste schon erschütterter Bataillone werden von der Reiterei zusammengeworfen, Ermüdete bleiben liegen, zerbrochene Geschütze und Pulverwagen bleiben stehen, andere können in schlechten Wegen nicht schnell genug fort und werden von feindlicher Reiterei erreicht; in der Nacht verirren sich einzelne Haufen und fallen dem Feinde wehrlos in die Hände, und so gewinnt der Sieg meistens erst Körper, nachdem er schon entschieden ist. Hier würde ein Widerspruch sein, wenn er sich nicht auf folgende Art löste.
Der Verlust an physischen Streitkräften ist nicht der einzige, den beide Teile im Verlauf des Gefechts erleiden, sondern auch die moralischen werden erschüttert, gebrochen und gehen zugrunde. Es ist nicht bloß der Verlust an Menschen, Pferden und Geschützen, sondern an Ordnung, Mut, Vertrauen, Zusammenhang und Plan, welcher bei der Frage in Betrachtung kommt, ob das Gefecht noch fortgesetzt werden kann oder nicht. Diese moralischen Kräfte sind es vorzugsweise, welche hier entscheiden, und sie waren es allein in allen Fällen, wo der Sieger ebensoviel verloren hatte als der Besiegte.
Das Verhältnis des physischen Verlustes ist ohnehin im Laufe des Gefechts schwer zu schätzen, aber das Verhältnis des moralischen nicht. Zwei Dinge geben ihn hauptsächlich kund. Das erste ist der Verlust des Bodens, auf dem man gefochten, das andere das Übergewicht der feindlichen Reserven. Je stärker unsere Reserven im Verhältnis zu den feindlichen zusammenschwinden, um so mehr Kräfte haben wir gebraucht, das Gleichgewicht zu erhalten; schon darin tut sich ein fühlbarer Beweis der moralischen Überlegenheit des Gegners kund, der auch selten verfehlt, in dem Gemüt des Feldherrn eine gewisse Bitterkeit und Geringschätzung seiner eigenen Truppen zu erzeugen. Aber die Hauptsache ist, daß alle Truppen, welche schon anhaltend gefochten haben, mehr oder weniger wie eine ausgebrannte Schlacke erscheinen; sie haben sich verschossen, sind zusammengeschmolzen, ihre physische und moralische Kraft ist erschöpft, auch wohl ihr Mut gebrochen. Eine solche Truppe ist also auch, abgesehen von der Verminderung ihrer Zahl, als ein organisches Ganzes betrachtet, bei weitem nicht mehr, was sie vor dem Gefecht war, und so ist es, daß sich der Verlust an moralischen Kräften an dem Maß verbrauchter Reserven wie an einem Zollstock kundtut.
Verlorener Boden und Mangel an frischen Reserven sind also gewöhnlich die beiden Hauptursachen, welche zum Rückzug bestimmen, womit wir aber andere, welche in dem Zusammenhang der Teile, im Plan des Ganzen usw. liegen können, keineswegs ausschließen oder zu sehr in den Schatten stellen wollen.
Jedes Gefecht ist also die blutige und zerstörende Abgleichung der Kräfte, der physischen und moralischen. Wer am Schluß die größte Summe von beiden übrig hat, ist der Sieger.
Im Gefecht war der Verlust der moralischen Kräfte die vorherrschende Ursache der Entscheidung; nachdem diese gegeben, bleibt jener Verlust im Steigen, und er erreicht erst am Schluß des ganzen Aktes seinen Kulminationspunkt; er wird also auch das Mittel, den Gewinn in der Zerstörung der physischen Streitkräfte zu machen, welcher der eigentliche Zweck des Gefechts war. Die verlorene Ordnung und Einheit macht oft selbst den Widerstand einzelner verderblich; der Mut des Ganzen ist gebrochen, die ursprüngliche Spannung über Verlust und Gewinn, in welcher die Gefahr vergessen wurde, ist aufgelöst, und den meisten erscheint die Gefahr nun nicht mehr wie eine Herausforderung des Mutes, sondern wie das Erleiden einer harten Züchtigung. So ist das Instrument im ersten Augenblick des feindlichen Sieges geschwächt und abgestumpft und darum nicht mehr geeignet, Gefahr mit Gefahr zu vergelten.
Diese Zeit muß der Sieger benutzen, um den eigentlichen Gewinn an der physischen Kraftzerstörung zu machen; nur was er an dieser erreicht, bleibt ihm gewiß, die moralischen Kräfte kehren in dem Gegner nach und nach zurück, die Ordnung wird hergestellt, der Mut wieder gehoben, und es bleibt in der Mehrheit der Fälle nur ein sehr geringer Teil von dem errungenen Übergewicht zurück, oft gar keins, und in einzelnen, obgleich seltenen Fällen entsteht wohl gar durch Rache und stärkeres Anfachen der Feindschaft eine umgekehrte Wirkung. Dagegen kann, was an Toten, Verwundeten, Gefangenen und eroberten Geschützen gewonnen ist, niemals aus der Rechnung verschwinden.
Die Verluste in der Schlacht bestehen mehr in Toten und Verwundeten, die nach der Schlacht mehr in verlorenem Geschütz und Gefangenen. Die ersten teilt der Sieger mit dem Besiegten mehr oder weniger, die letzten nicht, und deshalb finden sie sich gewöhnlich nur auf der einen Seite des Kampfes oder wenigstens dort nur in bedeutender Überzahl.
Kanonen und Gefangene sind darum jederzeit als die wahren Trophäen des Sieges betrachtet worden und zugleich als der Maßstab desselben, weil sich an ihnen sein Umfang unzweifelhaft kundtut. Selbst der Grad der moralischen Überlegenheit geht daraus besser hervor als aus irgendeinem anderen Verhältnis, besonders wenn damit die Zahl der Toten und Verwundeten verglichen wird, und hier entsteht eine neue Potenz moralischer Wirkungen.
Wir haben gesagt, daß sich die im Gefecht und seinen ersten Folgen zugrunde gerichteten moralischen Kräfte nach und nach wieder herstellen und oft keine Spur ihrer Zerstörung lassen; dies ist der Fall bei kleinen Abteilungen des Ganzen, seltener bei großen; es kann auch bei diesen im Heere der Fall sein, aber selten oder nie im Staat und der Regierung, denen dies Heer angehört. Hier schätzt man das Verhältnis mit mehr Unparteilichkeit und von einem höheren Standpunkt ab und erkennt in dem Umfang der dem Feinde gebliebenen Trophäen und dem Verhältnis derselben zum Verlust an Toten und Verwundeten nur zu leicht und gut den Grad der eigenen Schwäche und Unzulänglichkeit.
Überhaupt dürfen wir das verlorene Gleichgewicht der moralischen Kräfte darum, weil es keinen absoluten Wert hat und nicht unfehlbar in der endlichen Summe der Erfolge erscheint, nicht geringachten; es kann von einem so überwiegenden Gewicht werden, daß es mit der unwiderstehlichen Gewalt alles niederwirft. Es kann darum auch oft ein großes Ziel des Handelns werden, wovon wir an anderen Orten sprechen wollen. Hier müssen wir noch einige ursprüngliche Verhältnisse desselben betrachten.
Die moralische Wirkung eines Sieges nimmt zu mit dem Umfang der Streitkräfte, nicht bloß in gleichem Maße, sondern in steigenden Graden, nämlich nicht bloß an Umfang, sondern auch an intensiver Stärke. In einer geschlagenen Division ist die Ordnung leicht wieder hergestellt. Wie ein erstarrtes einzelnes Glied sich an dem übrigen Körper leicht wieder erwärmt, so wird der Mut einer geschlagenen Division an dem Mute des Heeres leicht wieder gehoben, sobald sie zu demselben stößt. Verschwinden also die Wirkungen des kleinen Sieges nicht ganz, so gehen sie doch dem Gegner zum Teil verloren. So ist es nicht, wenn das Heer selbst in einer unglücklichen Schlacht erlag; da stürzt eins mit dem anderen zusammen. Ein großes Feuer erreicht einen ganz anderen Grad der Hitze als mehrere kleine.
Ein anderes Verhältnis, welches das moralische Gewicht des Sieges bestimmen sollte, ist das Verhältnis der Streitkräfte, welche miteinander gefochten haben. Viele mit wenigen zu schlagen, ist nicht nur ein doppelter Gewinn, sondern zeigt auch eine größere, besonders eine allgemeinere Überlegenheit, welcher der Besiegte immer wieder zu begegnen fürchten muß. Gleichwohl ist in der Wirklichkeit dieser Einfluß in einem solchen Fall kaum merklich. In dem Augenblicke des Handelns ist die Überzeugung von der wirklichen Stärke des Gegners gewöhnlich so unbestimmt, die Abschätzung der eigenen gewöhnlich so unwahr, daß der Überlegene das Mißverhältnis entweder gar nicht oder doch lange nicht in voller Wahrheit zugibt, wodurch er dem moralischen Nachteil, welcher für ihn daraus entspringen würde, größtenteils entgeht. Erst später in der Geschichte pflegt jene Kraft aus der Unterdrückung, in welcher sie Unwissenheit, Eitelkeit oder auch besonnene Klugheit gehalten haben, aufzutauchen, und dann verherrlicht sie wohl das Heer und seinen Führer, aber sie kann dann mit ihrem moralischen Gewicht nichts mehr für die längst abgelaufenen Ereignisse tun.
Sind Gefangene und eroberte Geschütze diejenigen Dinge, in welchen der Sieg hauptsächlich Körper gewinnt, seine wahren Kristallisationen, so wird auch die Anlage des Gefechts vorzugsweise darauf berechnet sein; die Vernichtung des Gegners mit Tod und Wunde erscheint hier als ein bloßes Mittel.
Welchen Einfluß dies auf die Anordnungen im Gefecht hat, geht die Strategie nichts an, aber die Feststellung des Gefechts selbst steht damit schon in Verbindung, und zwar durch die Sicherheit des eigenen Rückens und die Gefährdung des feindlichen. Von diesem Punkt hängt die Zahl der Gefangenen und der eroberten Geschütze in einem hohen Grade ab, und diesem Punkt kann in manchen Fällen die Taktik allein nicht genügen, wenn nämlich die strategischen Verhältnisse ihr zu sehr entgegen sind.
Die Gefahr, sich von zwei Seiten schlagen zu müssen, und die noch drohendere, keinen Rückzug zu behalten, lähmen die Bewegungen und die Kraft des Widerstandes und wirken auf die Alternative von Sieg und Niederlage; ferner steigern sie bei der Niederlage den Verlust und treiben ihn oft bis an die äußerste Grenze, d. h. bis zur Vernichtung. Der bedrohte Rücken macht also die Niederlage zugleich wahrscheinlicher und entscheidender.
Hieraus entsteht also ein wahrer Instinkt für die ganze Kriegführung und besonders für die großen und kleinen Gefechte; nämlich die Sicherung des eigenen Rückens und die Gewinnung des feindlichen; er folgt aus dem Begriff des Sieges, der, wie wir gesehen haben, noch etwas anderes als bloßes Totschlagen ist.
In diesem Streben sehen wir also die erste nähere Bestimmung des Kampfes, und zwar eine ganz allgemeine. Es ist kein Gefecht denkbar, in welchem dasselbe nicht in seiner doppelten oder einfachen Gestalt neben dem bloßen Stoß der Gewalt einhergehen sollte. Nicht die kleinste Abteilung wird sich je auf ihren Gegner werfen, ohne an ihren Rückzug zu denken, und in den meisten Fällen wird sie den feindlichen suchen.
Wie oft in verwickelten Fällen dieser Instinkt verhindert ist, den geraden Weg zu gehen, wie oft er in der Schwierigkeit anderen höheren Betrachtungen weichen muß, das würde uns hier zu weit führen; wir bleiben dabei stehen, ihn als ein allgemeines Naturgesetz des Gefechts aufzustellen.
Er ist also überall wirksam, drückt überall mit seinem natürlichen Gewicht und wird so der Punkt, um welchen sich fast alle taktischen und strategischen Manöver drehen.
Werfen wir jetzt noch einen Blick auf den Gesamtbegriff des Sieges, so finden wir darin drei Elemente:
1. den größeren Verlust des Gegners an physischen Kräften,
2. an moralischen,
3. das öffentliche Bekenntnis davon, indem er seine Absicht aufgibt.
Über den Verlust an Toten und Verwundeten sind die gegenseitigen Berichte nie genau, selten wahrhaft und in den meisten Fällen voll absichtlicher Entstellung. Selbst die Zahl der Trophäen wird selten ganz zuverlässig angegeben, und wo sie also nicht sehr bedeutend ist, kann auch sie noch Zweifel des Sieges übrig lassen. Von dem Verlust an moralischen Kräften läßt sich außer den Trophäen gar kein gültiges Maß angeben; es bleibt also in vielen Fällen das Aufgeben des Kampfes als der einzig wahre Beweis des Sieges allein übrig. Es ist also das Bekenntnis der Schuld als das Senken des Paniers zu betrachten, wodurch dem Gegner Recht und Überlegenheit in diesem einzelnen Fall eingeräumt wird, und diese Seite der Demütigung und Scham, welche von allen übrigen moralischen Folgen des umschlagenden Gleichgewichts noch zu unterscheiden bleibt, ist ein wesentliches Stück des Sieges. Dieser Teil allein ist es, welcher auf die öffentliche Meinung außer dem Heere wirkt, auf Volk und Regierung in beiden kriegführenden Staaten und in allen beteiligten anderen.
Nun ist aber das Aufgeben der Absicht nicht gerade identisch mit dem Abzug vom Schlachtfelde, selbst da, wo der Kampf hartnäckig und anhaltend geführt worden ist; niemand wird von Vorposten, welche sich nach einem hartnäckigen Widerstande zurückziehen, sagen, sie hätten ihre Absicht aufgegeben; selbst in Gefechten, welche die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte zur Absicht haben, kann der Abzug vom Schlachtfelde nicht stets wie ein Aufgeben dieser Absicht angesehen werden, z. B. bei vorher beabsichtigten Rückzügen, bei welchen das Land Fuß für Fuß streitig gemacht wird. Es gehört dies alles dahin, wo wir von dem besonderen Zweck der Gefechte sprechen werden, hier wollen wir bloß darauf aufmerksam machen, daß in den meisten Fällen das Aufgeben der Absicht von dem Abzuge vom Schlachtfelde schwer zu unterscheiden, und daß der Eindruck, welchen jenes in und außer dem Heere hervorbringt, nicht gering zu schätzen ist.
Für Feldherren und Heere, die nicht einen gemachten Ruf haben, ist dies eine eigene, schwierige Seite mancher, sonst in den Umständen gegründeten Verfahrungsarten, wo eine Reihe mit Rückzug endigender Gefechte als eine Reihe von Niederlagen erscheinen kann, ohne es zu sein, und wo dieses Erscheinen von sehr nachteiligem Einfluß werden kann. Es ist dem Ausweichenden in diesem Fall nicht möglich, durch die Darlegung seiner eigentümlichen Absicht dem moralischen Eindruck überall vorzubeugen, denn um das mit Wirksamkeit zu tun, müßte er seinen Plan vollständig bekanntmachen, welches, wie sich versteht, seinem Hauptinteresse zu sehr entgegenlaufen würde.
Um auf die besondere Wichtigkeit dieses Siegesbegriffes aufmerksam zu machen, wollen wir nur an die Schlacht von Soor erinnern, deren Trophäen nicht bedeutend waren (einige 1000 Gefangene und 20 Kanonen), und wo Friedrich der Große den Sieg dadurch verkündete, daß er noch fünf Tage auf dem Schlachtfelde stehen blieb, obgleich sein Rückzug nach Schlesien schon beschlossen und in seiner ganzen Lage gegründet war. Er glaubte mit dem moralischen Gewicht dieses Sieges sich dem Frieden zu nähern, wie er selbst sagt; ob nun gleich noch ein paar andere siegreiche Erfolge nötig waren, nämlich das Gefecht bei Katholisch-Hennersdorf in der Lausitz und die Schlacht bei Kesselsdorf, ehe dieser Friede eintrat, so kann man doch nicht sagen, daß die moralische Wirkung der Schlacht von Soor Null gewesen sei.
Ist es vorzüglich die moralische Kraft, welche durch den Sieg erschüttert worden ist, und steigt dadurch die Zahl der Trophäen zu einer ungewöhnlichen Höhe, so wird das verlorene Gefecht eine Niederlage, die also nicht jedem Siege gegenübersteht. Da bei einer solchen Niederlage die moralische Kraft des Überwundenen in einem viel höheren Grade aufgelöst ist, so entsteht oft eine völlige Unfähigkeit zum Widerstand, und das ganze Handeln besteht in Ausweichen, d. h. in Flucht.
Jena und Belle-Alliance sind Niederlagen, Borodino aber nicht.
Ob man gleich ohne Pedanterie hier kein einzelnes Merkmal als Grenze angeben kann, weil die Dinge nur dem Grade nach verschieden sind, so ist doch die Festhaltung der Begriffe als Mittelpunkt für die Deutlichkeit theoretischer Vorstellungen wesentlich, und es ist ein Mangel unserer Terminologie, daß wir im Fall der Niederlage den ihr entsprechenden Sieg und im Fall eines einfachen Sieges das ihm entsprechende Unterliegen des Gegners nicht mit einem Worte zu bezeichnen wissen.