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Der Sprachgebrauch ist noch uneinig (Können und Wissen. Wissenschaft, wo bloßes Wissen; Kunst, wo Können der Zweck ist)
Man scheint mit der Wahl immer noch nicht entschieden zu sein und nicht recht zu wissen, aus welchen Gründen entschieden werden soll, so einfach die Sache auch ist. Wir haben schon anderswo gesagt, daß Wissen etwas anderes sei als Können. Beides ist voneinander so verschieden, daß es nicht leicht verwechselt werden sollte. Das Können kann eigentlich in keinem Buche stehen, und so sollte Kunst auch nie der Titel eines Buches sein. Weil man sich aber einmal gewöhnt hat, die zur Übung einer Kunst erforderlichen Kenntnisse (die einzeln völlige Wissenschaften sein können) unter dem Namen Kunsttheorie oder schlechtweg Kunst zusammenzufassen, so ist es konsequent, diesen Einteilungsgrund durchzuführen und alles Kunst zu nennen, wo ein hervorbringendes Können der Zweck ist, z. B. Baukunst; Wissenschaft, wo bloßes Wissen der Zweck ist, Mathematik, Astronomie. Daß in jeder Kunsttheorie einzelne, vollkommene Wissenschaften vorkommen können, versteht sich also von selbst und darf uns nicht irremachen. Bemerkenswert aber ist noch, daß es auch kein Wissen ganz ohne Kunst gibt, in der Mathematik z. B. ist das Rechnen und der Gebrauch der Algebra eine Kunst, aber hier ist noch lange die Grenze nicht. Die Ursache ist: so grob und fühlbar der Unterschied zwischen Wissen und Können in den zusammengesetzten Produkten der menschlichen Kenntnisse auch ist, so schwer sind beide in dem Menschen selbst bis zu einer völligen Teilung zu verfolgen.
Schwierigkeit, das Erkennen vom Urteil zu sondern (Kriegskunst)
Alles Denken ist ja Kunst. Wo der Logiker den Strich zieht, wo die Vordersätze aufhören, die ein Resultat der Erkenntnis sind, wo das Urteil anfängt: da fängt die Kunst an. Aber nicht genug: selbst das Erkennen des Geistes ist ja schon wieder Urteil und folglich Kunst, und am Ende auch wohl das Erkennen durch die Sinne. Mit einem Wort: wenn sich ein menschliches Wesen mit bloßem Erkenntnisvermögen ohne Urteil ebensowenig als umgekehrt denken läßt, so können auch Kunst und Wissen nie ganz rein voneinander geschieden werden. Je mehr sich diese feinen Lichtelemente an den Außengestalten der Welt verkörpern, um so getrennter wird ihr Reich; und nun noch einmal: wo Schaffen und Hervorbringen der Zweck ist, da ist das Gebiet der Kunst; die Wissenschaft herrscht, wo Erforschen und Wissen das Ziel ist. - Nach allem dem ergibt sich von selbst, daß es passender sei, Kriegskunst als Kriegswissenschaft zu sagen.
Soviel hiervon, weil man diese Begriffe nicht entbehren kann. Nun aber treten wir mit der Behauptung auf, daß der Krieg weder eine Kunst noch eine Wissenschaft sei in der eigentlichen Bedeutung, und daß gerade dieser Anfangspunkt der Vorstellungen, von welchem man ausgegangen ist, in eine falsche Richtung geführt, eine unwillkürliche Gleichstellung des Krieges mit anderen Künsten oder Wissenschaften und eine Menge unrichtiger Analogien veranlaßt hat.
Man hat dies schon früher gefühlt und deswegen behauptet, der Krieg sei ein Handwerk; damit war aber mehr verloren als gewonnen, denn ein Handwerk ist nur eine niedrigere Kunst und unterliegt als solche auch bestimmteren und engeren Gesetzen. In der Tat hat die Kriegskunst eine Zeitlang sich im Geiste des Handwerks bewegt, nämlich zur Zeit der Kondottieri. Aber diese Richtung hatte sie nicht nach inneren, sondern aus äußeren Gründen, und wie wenig sie in dieser Zeit naturgemäß und befriedigend war, zeigt die Kriegsgeschichte.
Der Krieg ist ein Akt des menschlichen Verkehrs
Wir sagen also, der Krieg gehört nicht in das Gebiet der Künste und Wissenschaften, sondern in das Gebiet des gesellschaftlichen Lebens. Er ist ein Konflikt großer Interessen, der sich blutig löst, und nur darin ist er von den anderen verschieden. Besser als mit irgendeiner Kunst ließe er sich mit dem Handel vergleichen, der auch ein Konflikt menschlicher Interessen und Tätigkeiten ist, und viel näher steht ihm die Politik, die ihrerseits wieder als eine Art Handel in größerem Maßstabe angesehen werden kann. Außerdem ist sie der Schoß, in welchem sich der Krieg entwickelt; in ihr liegen die Lineamente desselben schon verborgen angedeutet wie die Eigenschaften der lebenden Geschöpfe in ihren Keimen.
Unterschied
Das Wesentliche des Unterschiedes besteht darin, daß der Krieg keine Tätigkeit des Willens ist, die sich gegen einen toten Stoff äußert wie die mechanischen Künste, oder gegen einen lebendigen, aber doch leidenden, sich hingebenden Gegenstand, wie der menschliche Geist und das menschliche Gefühl bei den idealen Künsten, sondern gegen einen lebendigen, reagierenden. Wie wenig auf eine solche Tätigkeit der Gedankenschematismus der Künste und Wissenschaften paßt, springt in die Augen, und man begreift zugleich, wie das beständige Suchen und Streben nach Gesetzen, denen ähnlich, welche aus der toten Körperwelt entwickelt werden können, zu beständigen Irrtümern hat führen müssen. Und doch sind es gerade die mechanischen Künste, denen man die Kriegskunst hat nachbilden wollen. Bei den idealen verbot sich die Nachbildung von selbst, weil diese selbst der Gesetze und Regeln noch zu sehr entbehren, und die bisher versuchten, immer wieder als unzulänglich und einseitig erkannt, von dem Strom der Meinungen, Gefühle und Sitten unaufhörlich untergraben und weggespült worden sind.
Ob ein solcher Konflikt des Lebendigen, wie er sich im Kriege bildet und löst, allgemeinen Gesetzen unterworfen bleibt, und ob diese eine nützliche Richtschnur des Handelns abgeben können, soll zum Teil in diesem Buche untersucht werden; aber so viel ist an sich klar, daß dieser, wie jeder Gegenstand, der unser Begreifungsvermögen nicht übersteigt, durch einen untersuchenden Geist aufgehellt und in seinem inneren Zusammenhang mehr oder weniger deutlich gemacht werden kann, und das allein reicht schon hin, den Begriff der Theorie zu verwirklichen.