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Am fünften Jahrestag der Schlacht von Mentana

Alljährlich, wenn über Mentana
Dort oben mit düstern Flügeln
Die Stunde der Niederlage
Die alten Höhen umweht,
Dann spaltet sich ringsum der Boden,
Und auf Nomentums Hügeln
Die Schar der Toten mit einmal
Stolz aufgerichtet steht.

Es sind nicht grause Skelette,
Nein, schöne Gestalten, die kommen,
Und die der Dämmerung Schleier
Mit Rosenrot umhüllt.
Auf ihre Wunden lächeln
Jungfräulich die Sterne, die frommen,
Und um ihr Haupthaar legen
Sich Himmelswolken mild.

– Jetzt, da die Mütter seufzen
Auf schlummerlosen Kissen,
Und da die Bräute träumen
Erloschner Liebe Kuß:
Jetzt heben wir aus dem Tartarus
Die Leiber jäh zerrissen,
Italia, dich wiederzusehen,
Und bringen dir unsern Gruß.

Wie seiner Dame zu Füßen,
Auf ungewohnten Stegen,
Ein Ritter den seidnen Mantel
Hinwarf und als Teppich bot,
So warfen wir freudig die Seelen
Dem dunkeln Lose entgegen,
Für dich, – und du hast uns vergessen –
Und litten für dich den Tod.

Und andern, o süße Italia,
Willst du dein Lächeln gewähren,
Doch nimmer vergessen die Toten,
Was droben ihr Liebstes war.
Und unser ist Rom, wir halten
Noch rächend den Namen in Ehren,
Wir fliegen zum Kapitol hin
Als triumphierende Schar. –

Und wie, eine Wetterwolke,
Die Toten droben ziehen,
Da fühlen italische Herzen
Ein Schaudern allzumal.
Es schweigen in Abendlüften
Die lichten Harmonieen,
Und leise grollt es wieder
Vom hohen Quirinal.

Doch die als Glücksritter kamen
Nach Gracchus Stadt, voll Sorgen
Um ihre gefüllten Bäuche
Und Niedres, das hochgeehrt,
Die sagen: Wenn Wetter dräuen,
Nur schnell die Ladung geborgen,
Und nachher komme die Sündflut,
Wenn uns das Heut nur gehört!


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