Luis Vaz de Camões
Lusiade
Luis Vaz de Camões

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Neunter Gesang.

                   

1.

Lang blieben in der Stadt die zwei Factoren,
    Weil Käufer zu den Waaren nicht vorhanden;
Denn List und Falschheit hatte sich verschworen,
    Und machte so Verkehr als Tausch zu Schanden;
Und Einen Vorsatz hegten nur die Mohren,
    Die kühnen Schiffer, die den Indus fanden,
So lang zu halten, bis die Flotten kehrten
Aus Mecca her und jene leicht zerstörten.

2.

Im Erythrä'schen Meer, wo einst gegründet
    Arsinoe von Ptolomäus worden,
Daß seiner Schwester Name sey verkündet,
    Und wo jetzt Suez öffnet seine Pforten,
Dort ist es, wo sich Meccas Hafen findet,
    Des großen Mecca, herrlich allen Orten,
Mit Ruhm durch Mahoms falsche Lehr berathen
Und durch des heil'gen Quelles WunderthatenDer Dichter deutet auf die heilige Quelle hin, in welcher sich diejenigen waschen die zum Grabe des Propheten wallfahrten..

3.

Der Hafen heißet Gidda, der vor allen
    Im rothen Meer von Schiffen wird befahren,
Wie auch dem Sultan, dem er zugefallen,
    Tribut und Zoll dort reichlich offenbaren.
Aus diesem Port und nach Verträgen wallen
    Viel große Schiffe zu den Malabaren
Alljährlich in des Indus weiten Meeren,
Mit Specereien wieder heim zu kehren. 222

4.

Auf diese Schiffe hoffen nun die Mohren,
    Um jene fremden, deren Macht sie kennen,
Daß nicht der Heimath Handel sey verloren,
    Durch Schiffe gleicher Größe zu verbrennen;
Die haben sie zur Hülfe sich erkohren,
    Weil sie kaum andern Wunsch sich noch vergönnen,
Als, daß die Christen noch so lange weilten,
Bis Meccas Flotten in den Hafen eilten.

5.

Doch er, der Herr des Himmels und der Erde,
    Der Mittel sich von jeher vorbehalten,
Durch die er weiß, daß wahr und wirklich werde,
    Was mit sich bringt des Schicksals dunkles Walten,
Erwählt den Monçayd aus jener Heerde,
    Daß Lieb' und Mitleid sich in ihm entfalten,
Und er die Christen rette vom Verderben,
Um selbst das Paradies sich zu erwerben.

6.

Er, selbst ein Mohr, war frei von dem Verdachte,
    Daß er verrieth die eignen Mitgenossen.
Drum wußt' er auch, was diese Rotte dachte,
    Und welche wilde Schandthat man beschlossen;
Und da er oft den Weg zur Flotte machte,
    Wird sein Gemüth von Mitleid bald durchflossen,
Daß dieß nur sey der Saracenen Dichten,
Die Fremden sonder Ursach zu vernichten.

7.

Und von den Flotten, die aus Mecca kehren
    Alljährlich, will er Gama drum verkünden,
Und, daß die Mohren diese nur begehren,
    Um sie zu ihrer That sich zu verbünden;
Wie auch am Bord Geschütz und Mannschaft wären,
    Vulcanus Donner furchtbar zu entzünden,
So daß es wäre leicht um ihn geschehen,
Wenn er sich dessen wollte nicht versehen. 223

8.

Drum läßt nun Gama, dem auch nicht entgangen,
    Daß Zeit und Umständ' auf die Abfahrt dringen,
Und mehr nicht sey vom König zu erlangen,
    Weil fest ihn hielten dieser Mohren Schlingen;
Stracks die Factoren wissen sein Verlangen,
    Daß sie am Bord der Schiffe wieder giengen,
Doch heimlich auch zurück vom Strande kehrten,
Weil sonst die Mohren dieses noch verwehrten.

9.

Und da erhebt sich schon Gerücht vom Strande,
    Deß Wahrheit auch man Glauben bald muß zollen,
Daß man geworfen hätt' in feste Bande
    Die Fremden, die die Stadt verlassen wollen;
Als diese Botschaft nun vom festen Lande
    Im Ohr des weisen Admirals erschollen,
Will er, daß die auch würden fest genommen,
Die Handels wegen sind am Bord gekommen.

10.

Da diese nun als reich und würdig galten
    In Calecut, wie Wenige sich finden,
Muß dort, daß sie am Bord sind festgehalten,
    Wohl jeder beßre Bürger bald empfinden;
Und schon beginnt der Mannschaft Hand zu walten,
    Sie theilen sich. Die drehen an den Winden,
Daß schier das Rad zerbricht der Arme Streben,
Die wollen ein die Ankertaue heben.

11.

Die hängen an der Schiffe Mast und Stangen,
    Die Segel lösend unter lautem Schreien,
Doch größres will zum König noch gelangen,
    Daß auf der Abfahrt schon die Fremden seyen.
Die Weiber, Kinder derer, die gefangen,
    Flehn laut zu ihm, die Ihren zu befreien,
Und klagen, schier vergehend, seinen Ohren,
Und halten Gatten, Väter für verloren. 224

12.

Da heißt der König, die in Banden waren,
    Mit allem Gute frei und ledig geben,
Daß er nur habe seine Malabaren,
    Ob solchem gleich die Mohren widerstreben.
Auch will er nicht Entschuldigungen sparen,
    Doch Gama, sich darum nicht kümmernd eben,
Nimmt für die Neger gern die Portugiesen,
Und läßt die Segel in die Lüfte schießen.

13.

Gen Westen zieht er, da es ist bewiesen,
    Daß er verschwende seine Zeit und Mühe,
Ein Bündniß mit dem König abzuschließen,
    Damit Verkehr und Handel stattlich blühe,
Und, da das Land sich seinem Blick gewiesen,
    Wo sich Aurora zeigt in erster Frühe,
Will er nun heim mit dieser Botschaft kehren,
Und was er fand, mit Zeugen fest bewähren.

14.

Es wurden auch zu dieses Zweckes Frommen
    Die Heiden, die der Samorin ihm sandte,
Mit jenen zween am Borde mitgenommen,
    Und heißer Pfeffer dem zum Unterpfande,
Und Bandas trockne Blumen sind willkommen,
    Und Nuß und Näglein von der Insel Strande,
Die sich Maluco nennt, und Zimmetrinden,
In Ceylons reichen Wäldern aufzufinden.

15.

Und Monçayde, dessen treuem Fleiße
    Sie Alles danken, will zurück nicht bleiben
Und sich, begeistert aus der Himmel Kreise,
    In Christi Buch als sein Erlöster schreiben.
O, Glücklicher! der, zu der Gottheit Preise,
    Vermag des Irrthums Dunkel zu vertreiben,
Und der so weit von seiner Heimath Thoren
Den Weg zur wahren Heimath hat erkohren. 225

16.

So stößt die Flotte nun vom heißen Lande
    Und ihre hochbeglückten Kiele streben
Dorthin, wo an des Südens fernstem Strande
    Der guten Hoffnung Berge sich erheben.
Sie hat erfüllt, warum ihr Herr sie sandte
    Und kann vom Osten frohe Kunde geben
Und will darum mit Hoffen und mit Zagen
Noch einmal sich auf wilde Meere wagen.

17.

Das Glück, zum theuren Vaterland zu kehren,
    Zu Haus und Hab', und lieben Anverwandten,
Und sie der seltnen Schifffahrt zu belehren,
    Der Himmel und der Völker, die sie fanden;
Nun länger nicht des Lohnes zu entbehren
    Für Fahr und Abentheuer, kühn bestanden,
Das fühlt ein Jeder so zum Herzen drängen,
Daß Lust und Wonne fast es will zersprengen.

18.

Doch Cypria, die Göttin, angewiesen
    Vom ew'gen Vater, huldreich zu bewahren,
Ein guter Genius, die Portugiesen,
    Und ihre Leiterin seit langen Jahren,
Will, daß sie Ruhm für Arbeit nun genießen
    Und Freude für Beschwerde, für Gefahren,
Und zieht vor ihnen her und will bescheeren
Den Schiffenden schon Lust auf wilden Meeren.

19.

Nachdem sie nur ein wenig nachgesonnen
    Der langen Fahrt auf weiten Meereswogen,
Und allem Unheil, das der Gott begonnen,
    Den einst Amphions Theben hat erzogen;
So will sie nun den Schiffen, die, entronnen
    So vielen Nöthen, durch die Wellen flogen,
Bereiten Lust, Ersatz und Lohn für Alles
Im milden Reich des flüßigen Kristalles; 226

20.

Und einer Herberg ruhiges Behagen
    Darbieten ihrer Flotte müden Helden
Und Jegliches, was an den Lebenstagen
    Der Menschen zehrt, mit Zinsen noch vergelten;
Auch scheint ihr gut, was ihr die Wünsche sagen,
    Dem Sohne, jenem Mächtigen, zu melden,
Auf dessen Wink zur Erde Götter schweben,
Und Sterbliche zum Himmelslicht sich heben.

21.

Und sie beschließt, nach solchem Ueberlegen,
    Ein Eyland in den Fluthen zu erkiesen,
Mit grünen, herrlich blühenden Gehegen
    Und tausendfachem Schmelz der bunten Wiesen.
Viel schweben aus den Meeren ihr entgegen,
    Die jenes Land, wo Eden war, umfließenDer Dichter meint hier die Inseln in den indischen Meeren; wie in den folgenden beiden Zeilen die bekanntern Inseln des mittelländischen Meeres, welche nach der Fabel ehemals der Venus geweihet und eigen waren.,
Und manches größre ragt aus jenen Wellen,
Die innerhalb Alcides Thoren schwellen.

22.

Da sollen Schaaren holder Nereiden
    Der Helden warten unter Spiel und Scherzen,
Sie Alle, denen Schönheit ist beschieden
    Zur Lust der Augen, zu des Busens Schmerzen,
Und Tanz und Chöre dar den Schiffern bieten
    Und zarte Liebe flößen in die Herzen,
Um herrlicher noch jeden zu entzücken,
Auf welchen sie mit Wohlgefallen blicken.

23.

Sie wählt die Mittel zu der Treuen Lohne,
    Durch die Aeneas hohe Lust empfunden,
Im Lande, wo einst Schlauheit eine Krone
    Durch Riemen einer Ochsenhaut gefunden;
Und eilt nun zu Cupido ihrem Sohne,
    Weil Alles sie vermag, mit ihm verbunden,
Daß er auch jetzt ihr Beistand möge geben,
Wie einst in alten Zeiten ihrem Streben. 227

24.

Den Wagen ziehn die Vögel, deren Lieder
    Im Leben schon des Todes Feyer schmücken,
Und Jene, deren schimmerndes Gefieder
    Peristera umfieng im BlumenpflückenVenus und Cupido wetteiferten einst, wer die meisten Blumen auf einer Wiese pflücken würde, und Cupido hatte fast schon seine Mutter überwunden, als die junge, schöne Peristera dieses wahrnahm und der Venus gegen den Sohn Hülfe leisten wollte. Hierüber erzürnte Cupido und verwandelte sie, als sie eben zu jenem Zwecke Blumen pflückte, in eine Taube.;
Sie schwärmen um die Götter auf und nieder,
    Mit Küssen deutend üppiges Entzücken,
Und, wo die Göttin schwebt, da schweben linde,
Vom sanften Fluge heiter, Luft und Winde.

25.

Und ob Idalias Gebirgen findet
    Die Göttin ihren Sohn mit wilden Pfeilen,
Denn, schon mit vielen Mächtigen verbündet,
    Will er zu hohem Kampf und Ruhme eilen;
Er will die Welt, von Aufruhr rings entzündet,
    Vom langen Irrthum nun die Menschen heilen,
Die Dinge lieben, die dem Erdenleben
Nur zum Gebrauch, zur Liebe nicht gegebenDie Einführung des Cupido als im Kampfe mit jeder unedlen und ungezügelten Begierde der Menschen begriffen, scheint uns jetzt wohl seltsam, allein sie ist nicht ohne Schönheit und eine gewisse rohe, einfache Größe. Nur darf man nie vergessen, daß von jetzt an der ganze Gesang der Allegorien enthält, in welchen der Dichter seine Sittenlehre dicht an Gestalten, die ihm aus der alten Mythenwelt bekannt waren, anzuschließen strebte. Wie könnte man sich wundern, daß diese zwo heterogenen Massen bisweilen sich etwas gezwungen in einander fügen! So viel ist deutlich, daß sein Cupido ein anderer ist, als der Gott der sinnlichen Liebe, wiewohl er sich später auch noch treulich für diese, die aber wiederum etwas anders bezeichnen soll, verwenden muß..

26.

Er sah Actaeon durch die Wälder streichen,
    In blinder Lust den wilden Jäger ziehen,
Und ihn, die wilden Thiere zu erreichen,
    Den Menschen und der Menschheit Form entfliehen;
Da will sich ihm Dianas Schönheit zeigen,
    Zu Lust und strenger Züchtigung verliehen,
Und von den Hunden, die so lieb ihm waren,
Muß er nun selbst der Jagdlust Wuth befahren.

27.

Er sah die Großen dieser Erde schalten,
    Nicht sinnen auf der Völker Wohl und Segen,
Und sich allein in Lieb' und Obhut halten,
    Und eignen Wohls bey fremder Noth nur pflegen;
Er sah den Höfling im Palaste walten
    Und Schmeichelei mit frecher Hand ihn wägen,
Statt Wissenschaft und Wahrheit zu gewähren,
Daß rein erblühten einst des Weitzens AehrenVielleicht ein strenger Seitenblick auf die Höflinge, von denen der junge König Sebastian umgeben war.. 228

28.

Er sah auch die, die sich der Armuth weihten,
    Der Liebe Gottes und der Milde Lehren,
Nach Geld und Würden nur die Arme breiten,
    Der Unschuld oft, doch nie des Scheins entbehren,
Und Tiranney und schnöde Grausamkeiten,
    In strenges Recht und eitlen Ernst verkehren.
Gesetze nach des Königs Nutzen messen
Und, die dem Volke frommten, nur vergessen.

29.

Nicht Einen sah er, was sich ziemte, lieben,
    Und, wenn er liebte, war es nicht das Rechte;
Drum will er nicht der Strafe Zeit verschieben
    Und züchtigen die menschlichen Geschlechte.
Er ruft die Diener, die ihm treu geblieben,
    Und rüstet seine Heere zum Gefechte
Mit jenen blinden, schlechtberathnen Schaaren,
Die nicht ihm mehr Dienst und Gehorsam wahren.

30.

Schon wollen der Geflügelten sich Viele
    Der mannichfachen Arbeit zugesellen;
Der schleift den glatten Stahl zum sichern Ziele,
    Der spitzt den Pfeil, vom Bogen ihn zu schnellen,
Und Lieder klingen zu der Arbeit Spiele,
    Der Liebe Wunder vielfach darzustellen,
Und Melodien wallen in Accorde,
Und in die Engelstöne süße Worte.

31.

In dieser Werkstatt ew'gem Göttersitze
    Bereiten sie die Pfeile den Geschossen,
Und Herzen flammen dort zu Gluth und Hitze
    Und Glieder, noch von Lebenskraft durchflossen;
Die Fluth, in die sich taucht der Pfeile Spitze,
    Sind Thränen banger Liebenden vergossen;
Die Flamme selbst, das Licht, das ewig währet,
Ist Sehnsucht nur, die brennt und nicht verzehret. 229

32.

Und bey der rohen Menge harten Herzen,
    Will jetzt die Hand der Schützen noch verweilen,
Und Seufzer klingen vielfach ob der Schmerzen
    Der Hartbedrängten von den scharfen Pfeilen;
Und schöne Nymphen sind es, die mit Scherzen
    Und sanfter Hand die Wunden wieder heilen,
Und Leben nicht nur den Getroffnen geben,
Nein denen selbst, die noch nicht sind am Leben.

33.

Zwar Einige sind schön, doch häßlich wieder
    Sind Andre nach Beschaffenheit der Wunden;
Denn, strömt das Gift verderblich durch die Glieder,
    Läßt nur noch bittres Gegengift gesunden,
Auch sind durch kluger Zauberinnen Lieder,
    Wohl Einige mit Ketten hart umwunden;
Und dieß geschieht, wenn der Geschosse Pfeilen
Geheime Kräuter ihre Kraft ertheilen.

34.

Aus jenen Pfeilen, ohne Wahl geschossen,
Von Knaben, denen solche Kunst nicht eigen,
    Muß mannichfaltig schnöde Neigung sprossen,
Bey Jedem, den die Schrecklichen erreichen,
    Und selbst bey Helden, hohen Rangs Genossen,
Sich tausendfach sündhafte Liebe zeigen,
    Wie Biblis pflog und König Cinyrea
Und der in Syrien, der in JudaeaBiblis erhieng sich aus Liebe zu seinem Bruder Caunus; Cinyras, König von Cypern, zeigte mit seiner Tochter Mirrha den Adonis. Unter denen aus Assyrien und Judäa deutet der Dichter wahrscheinlich auf des Königs Seleucus von Assyrien Sohn, Antiochus, der seine Mutter Stratonice liebte, und auf Ammon, Davids Sohn, der seiner Schwester Tamar Gewalt anthat..

35.

Und Ihr! Ihr Mächtigen! für Schäferinnen
    Entbrennt wohl oft der Busen mit Verlangen!
Euch, hohe Damen! hält wohl, ihm zu minnen,
    Oft in Vulkanus Netz ein Knecht gefangen.
Der hofft durch Nacht und Dunkel zu gewinnen,
    Wenn jene sich auf Dach und Mauer schwangen,
Doch glaub' ich, muß, ob dieser schnöden Flammen,
Man mehr die Mutter als den Sohn verdammen. 230

36.

Und mit der Göttin leichtem Wagen schwangen
    Die Schwäne sich herab, wo Blumen sprießen,
Dione naht, auf deren schönen Wangen
    In reinen Schnee die Rosen mild zerfließen.
Der Pfeile Gott, vor dem die Himmel bangen,
    Begrüßt die Mutter freundlich auf den Wiesen
Und von der Amoretten Huldigungen
Wird dann der Liebe Göttin rings umschlungen.

37.

Sie, ohne Zeit vergebens zu verschwenden,
    Da schon ihr Arm den theuren Sohn umwindet,
Beginnt: o lieber Sohn! in dessen Händen
    Allein sich alle meine Macht befindet;
Du! ohne den ich nichts vermag zu enden,
    Vor welchem selbst des Typheus Macht verschwindet;
Besondre Dinge, welche sind geschehen,
Bewegen mich, um Beistand Dich zu flehen.

38.

Du weißt es, daß ich meiner Portugiesen
    Mühvolle Bahn schon lang' in Obhut halte,
Weil mir die Parcen freundlich einst verhießen,
    Daß höher sich mein Ruhm durch sie entfalte;
Und, weil sie schon so manche That bewiesen,
    Die werth der alten Römer wäre, walte
Ich hülfreich stets und schirmend über ihnen,
Mit aller unsrer Macht dem Volk zu dienen.

39.

Und weil sich Bacchus Tücke nimmer scheute,
    Am Indus sie mit Drangsal zu umgeben,
Daß sie, des Sturms und wilder Meere Beute
    Mehr todt fast sind, als kümmerlich noch leben,
Soll auf dem Meere selbst, das sie bedräute,
    Entgegen ihnen eine Herberg schweben,
Daß dort sie Lohn und süßen Ruhm erlangen,
Wie solche Thaten ewiglich empfangen. 231

40.

Drum will ich, daß, erliegend Deinen Pfeilen
    Des Nereus Töchter in den Meeresgründen
Mit Lusus Söhnen sollen Liebe theilen,
    Die eine neue Welt der Welt verkünden.
Auf einem Eiland sollten sie verweilen,
    Das sich empor höb' aus den tiefen Schlünden
Des Oceans, wo immer Florens Gaben
Bey der Zephyren Tanz sie könnten laben;

41.

Dort sollen mit Erfrischungen und Speise,
    Mit Düftevollen Weinen, frischen Rosen
In Schlössern von Kristall nach eigner Weise
    Und schönen Lagern und noch schönerm Kosen
Und tausend Wonnen, die ich sonst verheiße,
    Die Nymphen ihrer warten mit dem losen,
Von Lieb' entflammten Blicke zu gewähren,
Was nur die trunknen Augen noch begehren.

43.

Und in Neptunus Reich, das mich geboren,
    Soll kühn und schön einst ein Geschlecht erstehen,
Und wer sich gegen Deine Macht verschworen,
    Der mög' einst dort ein hohes Beispiel sehen,
Daß Demantmauern nimmer, nimmer Thoren
    Durch Heucheley mit Dir den Kampf bestehen;
Wer möchte wohl auf Erden noch sich mühen,
Da Deine Flammen selbst im Meer noch glühen?

43.

So sprach Cyther' und, Alles zu vollbringen,
    Verheißt der Sohn, und rüstet sich, zu siegen
Und läßt den reichen schönen Bogen bringen,
    Von dem die spitzen goldnen Pfeile fliegen;
Und in den Wagen heben ihn die Schwingen,
    An Cyprien sich üppig anzuschmiegen,
Und diese löst die Zügel nun den Schwänen,
Die Phaëton einst weihten Lied und Thränen. 232

44.

Cupido aber spricht: daß auch zugegen
    Noch müsse seyn die weltbekannte Dritte,
Die, ob sie oft ihm Feindschaft wolle hegen,
    Doch oft auch folg' als Freundin seinem Schritte;
Die Riesengöttin, tollkühn und verwegen,
    Bald wahr, bald unwahr, Prahlerin von Sitte,
Und, was mit hundert Augen sie bezwungen,
Verkündend überall mit tausend Zungen.

45.

Sie finden sie, und schon vorangezogen,
    Beginnt die Tuba feiernd zu erschallen
Vom hohen Lob der Schiffer in den Wogen,
    Wie andern Sterblichen nicht zugefallen;
In tiefe Grotten dann hinabgebogen,
    Die von Gemurmel leise wiederhallen,
Spricht Fama Wahrheit, der man muß vertrauen,
Weil Ueberredung neben ihr zu schauen.

46.

Das hohe Lob, der Ruhm, der so erschollen,
    Beginnt, der Götter Herzen zu bewegen,
Die nur durch Bacchus List dem Volke grollen,
    Daß Mitleid sich und mählich Liebe regen.
Der Weiber Herz, die leichtlich, was sie wollen,
    Und jeden Vorsatz oft zu wandeln pflegen,
Erachtet schon als Grausamkeit und Wüthen,
Ob solcher Helden Untergang zu brüten.

47.

Indessen läßt der wilde Knab' erklingen
    Des Bogens Sehn', es stöhnen Meer und Wogen,
Weil Pfeile bald sich senkrecht niederschwingen,
    Bald kreisend fliegen und in weitem Bogen.
Die Nymphen fallen; heiße Seufzer dringen
    Empor, dem stillen Herzen wild entflogen;
Ob auch nicht Eine die Geliebten blicket,
Weil mehr als Anschaun oft der Ruhm berücket. 233

48.

Des offnen Mondes harte Hörner biegen
    Des Niegezähmten Hände stark zusammen,
Daß mehr als Alle Thetis muß erliegen,
    Die abhold mehr als Alle seinen Flammen.
Schon fehlen Pfeile seines Armes Siegen,
    Schon fielen Alle, die dem Meer entstammen,
Und, wenn im Schmerz sie lebend noch sich finden,
So ist es nur, das Sterben zu empfinden.

49.

Doch, weichet nun! ihr hohen grünen Wellen!
    Schon seht Ihr Venus Heilung mild bereiten!
Schon nahet sich der weißen Segel Schwellen,
    Die auf Neptunus glatten Fluthen gleiten.
Daß Liebesglut sich möge zugesellen
    Den Flammen, die im Meere sich verbreiten,
Muß endlich wohl, gehorsam Venus Winken,
Der zarten Sitte leichter Gürtel sinken.

50.

Schon zieht das Chor der schönen Nereiden,
    In Tänzen, die sich anmuthsvoll verschlangen,
Nach altem Brauch, zu eines Eilands Frieden
    Mit Venus Leitung fröhlich zu gelangen;
Hier wird den Nymphen Rath von ihr beschieden,
    Wie tausend schon, die sie geliebt, empfangen
Und diese, süßer Liebe Preis gegeben,
Wie könnten sie dem Rathe widerstreben!

51.

Die Schiffe ziehen auf dem breiten Gleise
    Des großen Meers zum theuern Vaterlande,
Und wünschen eben für die lange Reise
    Noch frisches Wasser bey der Sonne Brande;
Als plötzlich nun, und Jubel schallt im Kreise,
    Dem Blick begegnen jene Zauberstrande
Und Memnons schöne Mutter durch die Zinnen
Des Himmels bricht, die Laufbahn zu beginnen. 234

52.

Sie sehn das schöne Eiland fern sich heben,
    (Wie wenn die Winde weiße Segel füllen)
Das Venus ihnen will im Meere geben
    Und dem sich auch die Schiffe schon enthüllen.
Denn, daß die Kiele nicht vorüberschweben,
    Ohn' anzulanden, nach der Göttin Willen,
Muß es der Flotte Fahrt entgegenziehen,
Auf Venus Wink, der jede Macht verliehen.

53.

Und wieder muß es unbeweglich stehen,
    So bald der Schiffer Augen es gefunden,
Wie Delos fest stand, als Latonens Wehen
    Apollon und Diane ward entbunden.
Der Schiffe Kiel will nun dahin sich drehen,
    Wo sich zu einer Bay die Küsten runden,
Und wo den weißen Sand, der blendend strahlet,
Mit rothen Muscheln Cytherea malet.

54.

Drei schöne Hügel, die zum Himmel dringen,
    Und deren Höhen, lieblich anzuschauen,
Im bunten Schmelze Blum und Gras umschlingen,
    Erheben sich auf dieses Eilands Auen;
Und klare Quellen, reine Bäche springen
    Vom Gipfel dort, den Rasen zu bethauen,
Und wallen scherzend über weiße Kiesel
Mit rauschendem melodischen Geriesel.

55.

Dann mischen sich die klaren Quellen wieder
    In einem Thale, das die Hügel scheidet,
Wo herrlich, wie im Zauberland der Lieder,
    In einem Spiegel sich die Fluth verbreitet,
Und Laubgebüsch hängt auf die Fläche nieder,
    Das sich an seiner Ranken Anblick weidet,
Die auf des Wassers glänzenden Kristallen,
Vom Wiederschein gemalt, entgegen wallen. 235

56.

Und Früchte, schön und Düftehauchend, hangen,
    An tausend Bäumen und an schwanken Zweigen
Sieht man Orangen mild und labend prangen,
    Mit Daphnes Haar an Farbe zu vergleichen.
Zur Erde müssen, Stütze zu erlangen,
    Sich der Citronen gelbe Lasten neigen
Und Wohlgerüche hauchen diesen Zonen,
Gewölbt wie zarte Busen, die Limonen.

57.

Die wilden Bäume, die die Hügel kleiden
    Und mit den grünen Haaren rings umweben,
Sind Herkuls Pappeln, Lorbeern, die vor Zeiten
    Nicht Gegenliebe wollten Phoebus geben,
Cytherens Myrthen, Fichten, die bescheiden
    Zu Cybele den Blick nicht mochten hebenHercules war stets mit Blättern der Pappel bekränzt, Cybele liebte den Atis, weil er aber sie nicht und nur die Sangaris liebte, verwandelte ihn die erzürnte Göttin in die Fichte.
Und Cyparissus hohe scharfe Spitzen,
Aufstrebend zu des Aethers Göttersitzen.

58.

Hier zeugt Natur, wo tausend Blüthen blühen,
    Durch eigne Kraft Pomonas reiche Gaben,
Die, sonder Wartung und der Arbeit Mühen,
    Das schönste Wachsthum und Gedeihen haben;
Die Kirschen, die von Purpurröthe glühen,
    Die Pfirsichen, die hoch den Perser laben
Und sich im Ausland würziger noch finden,
Den Maulbeerbaum mit seinen Fruchtgewinden.

59.

Und die Granaten, die sich roth erheben,
    Daß Du Rubin! vor ihnen mußt erblassen.
Der Ulmen Arme wiegen frohe Reben,
    Die roth' und grüne Trauben mild umfassen.
Und willst auch, Birne, Du! am Zweige leben,
    So mußt du wohl die Spatze walten lassen,
Die Deiner Früchte süßen Pyramiden
Zu Wiederpart und Feindschaft sind beschieden. 236

60.

Die Teppiche, die, fein und schön gebreitet,
    So frisch und ländlich hier das Erdreich schmücken,
Hat schöner AchameniaEine Gegend, die, von ihrem König Achemenes also genannt, wegen der schönen Teppiche berühmt war, welche von ihren Einwohnern gefertigt wurden. nicht bereitet,
    Als sie im Dunkel jenes Thals entzücken.
Zum reinen See, wo klar die Welle gleitet,
    Will sich Narcissus Blumenkrone bücken.
Cinyras schöner Sohn und EnkelCinyras zeugte mit seiner Tochter Mirrha den Adonis, der mithin zugleich sein Sohn und Enkel ist; Einer Blume des Adonis wird oft in den Dichtern erwähnt. blühet,
Dem Du selbst, Paphos Göttin! bist entglühet.

61.

Am Himmel und auf Erden Ein Gewebe
    Von Farben nur, daß Keiner mag entscheiden,
Ob hier Aurora Schmelz den Blumen gebe,
    Ob Farb' und Glanz die Blumen ihr bereiten.
Daß Zephyrus Viole schön sich hebe,
    Muß sie der Liebe zarte Farbe kleiden
Und Rosen müssen, Purpurlilien glühen,
Wie auf des Mädchens zarten Wangen blühen.

62.

Bethauet von des Morgens Thränen, wehen
    Mit frischem Duft Jasmin und Anemone,
Und Hyacinthus WorteDer schöne Hyacinthus ward von Apollo geliebt, erregte aber durch diese innige Verbindung die Eifersucht des Zephyrus seines ältern Freundes in einem so heftigen Grade, daß dieser, als die beyden neuen Freunde im Spiel den Discus warfen, durch verstärkten Hauch Appollons Wurfscheibe nach Hyacinthus Haupte richtete, und seinen Freund dadurch tödtete. Aus dem Blute, welches aus der Wunde rann, blühete die Blume desselben Namens hervor, so wie auch der letzte Seufzer des Jünglings ay auf den Blättern derselben zu lesen seyn soll. sind zu sehen,
    Der so geliebt ward von Latonens Sohne.
An Frucht und Blumen kann man wohl verstehen,
    Daß hier wetteifre Chloris und Pomone,
Und wenn in Lüften Vögel singend schweben
So wimmelt unten froher Thiere Leben.

63.

Am Wasser singt und hebt der Schwan die Flügel
    Und Philomele spricht aus schwanken Zweigen,
Und nicht erschrickt Actaeon, ob im Spiegel
    Der Fluth sich auch Geweihe zu ihm neigen;
Des Hasen Flucht will am bebuschten Hügel
    Und furchtsam bang sich die Gazelle zeigen,
Und in dem Schnabel trägt besorgt zum Neste
Der leichte Sperling für die kleinen Gäste. 237

64.

Zu diesen muntern Lustgefilden drangen
    Die Kiele nun der frohen Argonauten,
Wo sie in Büschen, leicht und unbefangen,
    Lustwandelnd, schon die schönen Nymphen schauten,
Und Citherspiel und Harf' und Flöte klangen,
    Von Einigen geweckt zu süßen Lauten,
Und Andre schienen mit dem goldnen Bogen
Zur Jagd zu ziehn, zu der sie doch nicht zogen.

65.

So hat die kluge Meisterin gerathen,
    Sich zu zerstreuen auf den schönen Wiesen,
Daß, eh die Helden ihrer Beute nahten,
    Erst Sehnsucht müßte jedes Herz durchfließen,
Und Einige, mit Anmuth so berathen,
    Daß sie den schönen Körper walten ließen,
Enthüllten sich dem klaren reinen Bade,
Und Schmuck und Kleidung blieben am Gestade.

66.

Doch jene Tapfern, die ans Ufer springen,
    Nach welchem stand ihr Wünschen und ihr Trachten,
Weil keiner ist, dem, in den Wald zu dringen,
    Mit wilder Jagd, nicht Trieb und Lust erwachten;
Sie ahnen nicht, daß, sonder Netz und Schlingen
    Auf jenen Hügeln, die so lieblich lachten,
So zartes und vertrautes Wild zu hoffen,
Als Amors scharfe Pfeile schon getroffen.

67.

Mit Röhren wohl bewehrt und mit Geschossen,
    Zieht hier, die schlanken Hirsche kühn zu fällen,
Ein rascher Haufe muthiger Genossen,
    Wo Wald und Dickigt sich entgegen stellen;
Und Andre ziehn, worein, und sanft ergossen
    Auf weißen Kieseln kleine Bäche quellen,
Und durch die Büsche, die sich eng' umschlingen,
Kaum Sonnenstrahlen auf den Rasen dringen. 238

68.

Da sehn sie plötzlich zwischen grünen Zweigen
    Im fernen Walde bunte Farben schweben,
Doch muß sich bald auch ihrem Blicke zeigen,
    Daß dort nicht Rosen und nicht Blumen weben.
Und Farben nur, die Woll' und Seiden eigen,
    Noch schönre Rosen mit Gewand umgeben,
Und sie durch hohe Kunst noch höher schmücken,
Um mächtiger in Liebe zu entzücken.

69.

Voll Staunen ruft Veloso nun und schreyet:
    Gefährten! seht das Wild doch, das wir jagen!
Fürwahr der Wald ist Göttinnen geweihet,
    Wenn Heidenthum noch gilt in unsern Tagen!
Mehr, als der Menschen Herz begehrte je, verleihet
    Uns hohes Glück, drum hat man Recht, zu sagen,
Daß groß und herrlich Vieles ist auf Erden,
Was nicht den Schwachen kund und klar soll werden!

70.

Drum nach! den Göttinnen! und laßt uns prüfen,
    Ob Fleisch und Bein sie sind, ob nur Gestalten?
Er sprach's und schneller noch als Gemsen liefen
    Die Jünglinge, die Schönen fest zu halten;
Die Nymphen flohen in des Waldes Tiefen,
    Doch nicht zu schnell, weil schlaue Künste galten,
Und ließen unter Lachen, Schreyen, Bangen
Sich endlich von der muntern Kuppel fangen.

71.

Hier spielen Winde mit den goldnen Haaren,
    Dort mit dem feingewobenen Gewande,
Der Glieder Schnee dem Blick zu offenbaren,
    Zur Nahrung seinem wilden Liebesbrande.
Um ihrem Jäger halben Weg zu sparen,
    Fällt eine Schöne wiederum im Sande,
Und will nicht zürnen, will nur sanft vergeben,
Wenn ihrem Fall auch er sich muß verweben. 239

72.

Und Andern, die sich anderswo verstreuen,
    Kann nicht im Bad der Nymphen Leib entgehen,
Und diese wieder fangen an, zu schreien,
    Als hätten sie sich dessen nicht versehen,
Und Einige, die mehr, Gewalt zu scheuen,
    Sich stellen, als sich bloß und nackt zu sehen,
Entfliehen nackt ins Dickicht, so den Blicken
Darbietend, was den Händen sie entrücken.

73.

Noch Eine birgt, der holden Scham zu wahren,
    Wie einst Dian' um gleicher Nöthen willen,
Den Leib im Wasser und noch Andre fahren
    Heraus, sich in Gewänder zu verhüllen.
Es giebt der Jünglinge, die, wie sie waren,
    Sich stürzen in die Fluth, den Brand zu stillen,
Und Zeit nicht nehmen, erst sich zu entkleiden,
Um jegliche Verzögrung zu vermeiden.

74.

Wie sich der Jagdhund, kühn und unverdrossen,
    Gelehrt, die Vögel aus dem See zu bringen,
Wenn er am Auge seines Jagdgenossen
    Das Rohr erblickt, den Reiher zu bezwingen,
Noch eh der Knall ertönt von den Geschossen,
    Vom Ufer stürzt, die Beute zu erringen,
So thut auch jetzt ein munterer Geselle,
Und findet nicht Dianen in der Welle.

75.

Lenardo, in der Jugend schönsten Blüthe,
    Ein wackrer Rittersmann von ächtem Sinne,
Der, wie er auch in Liebesflammen glühte,
    Doch nie gewann im süßen Spiel der Minne,
Und überzeugt darob war im Gemüthe,
    Daß Amor ihm nicht leichtlich Gutes spinne
Und doch darum nicht muthlos und betroffen,
Auf beßre Zukunft immer wollte hoffen; 240

76.

Ihm fällt das Loos, Efiren nachzueilen,
    Die, in der höchsten Schönheit Glanz und Leben,
Mehr als die Andern zögert, mitzutheilen,
    Was ihr Natur nur gab, um es zu geben,
Jetzt muß er fast ermattet schon verweilen
    Und ruft: Nicht ziemt der Schönheit Widerstreben!
Drum nimm zu meines Lebens Heil und Frommen
Den Leib auch hin, deß Seele Du genommen:

77.

Die Andern Alle sind zu Ruh gediehen
    Und müssen nun dem Feinde Sieg vergönnen!
Und du allein willst in die Wälder fliehen?
    Wer mochte wohl Dir meinen Namen nennen?
Wenn Kundschaft Dir mein gutes Glück verliehen,
    Das nimmer will von meiner Bahn sich trennen,
So glaub' ihm nicht, ich glaubte sonst ihm immer,
Und doch geschah, was es versprochen, nimmer.

78.

O ruhe nur, daß ich auch Ruh' empfange!
    Und, soll Dich nimmer meine Hand erreichen,
So wisse nur: mein Unstern war schon lange,
    Daß, was ich wünschte, mußte von mir weichen.
Drum warte mein, weil ich zu sehn verlange,
    Wo er auch diesmal wird die Flucht Dir zeigen,
Um so auch jetzt das Sprüchwort zu bewähren:
Ein hoher Wall ist zwischen Hand und Aehren.

79.

O fliehe nicht! daß auch der kurze Segen
    Der Schönheit nimmer fliehe Deine Wangen,
Und zähme nur den Schritt auf Deinen Wegen,
    Wenn Du vom Schicksal Alles willst erlangen!
Wo wär ein Herr, ein Kaiser so verwegen,
    Zu wehren dem, was, über mich verhangen,
Auf allen Lebenspfaden mich begleitet,
Wenn Deine Gunst nicht Beistand mir bereitet? 241

80.

Bist Du im Bund mit meines Lebens Plagen?
    Nicht rühmlich ist, dem Stärkern beizustehen!
Du stahlst ein Herz, das immer frei geschlagen,
    Gieb es zurück, Du wirst Dich leichter sehen!
Wie kann die schwere Bürde Dir behagen,
    Die sich in Deiner goldnen Locken Wehen
Gefangen, oder ist, seit es Dein eigen,
Die Last geringer, will sich Hoffnung zeigen?

81.

Nur diese Hoffnung kann noch Kraft mir geben,
    Ob endlich wohl die Bürde dich ermüde;
Ob meines Unsterns trübes banges Leben
    Sich wandle noch durch Deine Huld und Güte;
Dann wirst auch Du nicht früher widerstreben,
    Wenn Amor, zartes Mädchen! dich durchglühte,
Und dann auch wohl des Jünglings Hände fassen,
Und dann auch wohl ihn nichts mehr wünschen lassen!

82.

Schon floh die Nymphe, minder zu erschweren
    Lenardos Sieg, so frisch und unverdrossen;
Als seiner süßen Klage Ton zu hören,
    Die sich in bangen Liebesschmerz ergossen.
Schon will der heilge Blick sich zu ihm kehren,
    Von Heiterkeit und Lächeln überflossen;
Schon muß sie zu des Siegers Füßen sinken,
Der nun beginnt der Liebe Kelch zu trinken.

83.

O! welcher Küsse durstiges Behagen!
    Und welche Laute! die so lieblich schallten,
O! süßes Schmeicheln, Bitten, Zürnen, Klagen!
    Das bald in Lächeln sich will umgestalten!
Doch, was am Morgen noch sich zugetragen,
    Wo Venus wollte hohe Gunst entfalten,
Läßt besser sich empfinden als beschreiben,
Doch der beschreibe, der muß ferne bleiben! 242

84.

So ist das Bündniß herrlich denn gelungen
    Der schönen Nymphen mit der Helden Schaaren
Und frische Kränze haben sie errungen,
    Wo Blumen sich mit Gold und Lorber paaren,
Und so, wie Bräute, Hand in Hand verschlungen,
    Beginnen sie ihr Herz zu offenbaren,
Daß sie den Helden ewge Treue zollen
Und Ruhm und Lust im Tode weihen wollen.

85.

Und Eine naht, der, dienend anzuhangen,
    Sich alle Nymphen rings im Chore beugen,
Und die, von hoher Schönheit Reitz umfangen,
    Einst Coelus wollte mit der Vesta zeugen.
Sie naht, nach Würden Gama zu empfangen
    Mit hohem Pomp und königlichen Bräuchen,
Als Herrin, welche Pracht und Würde schmücken,
Und Erd' und Meer erfüllend mit Entzücken.

86.

Und als sie hohe Kunde nun verliehen,
    Geschmückt mit hohen Worten, wer sie wäre,
Und daß im Auftrag, der ihr angediehen,
    Des Fatum fester Wille sich erkläre,
Von allem Land den Vorhang weg zu ziehen
    Und aller Wässer unbeschiffter Sphäre
Und jegliches Geheimniß zu entfalten,
Wie dessen nur sein Volk sey werth gehalten;

87.

Nimmt sie ihn freundlich bey der Hand und leitet
    Auf eines himmlisch schönen Berges Rücken,
Wo weit umher ein stolzer Bau sich breitet,
    Den reines Gold nur und Kristalle schmücken.
Der größte Theil des schönen Tages gleitet
    In Scherz und Lust, in Wonne und Entzücken;
Dann feyern seine Liebe die Palläste,
Wie Blum' und Schatten die der andern Gäste. 243

88.

Und so begeht in stillem hohen Frieden
    Das Chor der Schönen und der tapfern Helden
Der Tage viel, dem höchsten Glück beschieden,
    Des langen Kampfes Mühen zu vergelten.
Denn große That und hoher Muth hienieden
    Erringen sichern Preis in allen Welten
Und schmücken sich, wenn sie zum Ziele kamen,
Mit Lohn und Ruhm und ewig hohem Namen.

89.

Denn dieses Eylands selige Gefilde
    Und Thetis und die Meerentsproßnen Schönen,
Sie deuten nur den Ruhm im leichten Bilde
    Und alle Wonnen, die das Leben krönen;
Drum muß in dieses Eylands ewger Milde
    Triumph und Preis den Schiffenden ertönen
Und Palm und Lorbeer kränzend sie umschlingen
Und Glanz und Glorie sie stets umringen.

90.

Denn die Unsterblichkeit der alten Sagen,
    Die allen Herrlichen einst ward gegeben,
Daß sie, von Fittigen des Ruhms getragen,
    Auf des Olympus Sternenplane leben,
Zum Lohn, daß sie in keinem Kampf erlagen,
    Nach hohen Thaten immer wollten streben
Aus des Verdienstes rauhen steilen Pfaden,
Und doch am Ziel zu Wonn' und Lust geladen;

91.

Was wäre sie, als Lohn, der offenbaren
    Die Thaten, und vom Lobe sollte melden,
Wenn sich die Hohen aus der Menschen Schaaren
    Durch Kraft und Rath den Göttern zugesellten.
Denn Jupiter, Mercur und Phöbus waren,
    Quirin, Aeneas, Thebens Götterhelden,
Diane, Ceres, Hecate nicht minder,
Sie Alle waren schwache Menschenkinder. 244

92.

Allein der Fama schallende Trommete
    Gab ihnen Namen, sie empor zu heben;
Daß Gott und Halbgott, Heros, Indigete,
    Und die Unsterblichen auf Erden leben.
Drum, wer darauf, daß er den Weg betrete
    Zu gleichem Ruhm, will richten Wunsch und Streben,
Der fahr' empor aus seinem trägen Schlafe,
Denn durch ihn wird der freie Geist ein Sclave.

93.

Der lasse Habsucht nie das Herz beschleichen,
    Und nie den Zügel wilder Ehrsucht schießen,
Und sey nicht den Tyrannen zu vergleichen,
    Wie Tausende sich schon bethören ließen,
Da so nur Goldes, eitler Ehrenzeichen,
    Nie wahren Werths die Sterblichen genießen,
Und besser ist, was man verdient, zu missen,
Als im Besitz, unwürdig sich zu wissen.

94.

Ob ihr im Frieden wollt Gesetz ersinnen,
    Daß nicht des Kleinen Gut den Großen labe;
Ob ihr in Waffen wollt den Kampf beginnen
    Mit Saracenen an des Heilands Grabe;
Das Vaterland wird immerdar gewinnen,
    Daß Jeder mehr und Keiner minder habe,
Und wohlverdienter Reichthum wird Euch lohnen
Und Ehr und Ruhm, des Erdenlebens Kronen.

95.

Und Eures Königs Ruhm wird sich verbreiten
    Durch hohen Rath, den weise Sorgfalt nähret,
Und durch das Schwert, das Euch, wie einst vor Zeiten
    Den Ahnen auch, Unsterblichkeit gewähret.
Ihr sollet nicht Unmögliches bereiten,
    Doch immer kann, wer will, und, so verkläret,
Wird bey Heroen Euer Name prangen,
Und Venus schönes Eyland Euch empfangen. 245

 


 


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