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1.
Jetzt wollest Du, Calliope! mich lehren,
Was Gama einst dem Könige verkündet;
Unsterblichen Gesang und Ton bescheeren
Dem Sterblichen, den Liebe Dir entzündet!
Dann mag auch er Dir Liebe stets gewähren,
Der uns zuerst der Heilung Kunst gegründet,
Der nie Dich flieh'n, in Andrer Gunst verlohren,
Dem Du einst Orpheus, Herrliche! geboren
2.
In That, o Nymphe, wandle Du mein Streben!
Wie es verdient das Volk der Portugiesen,
Daß, wo des Tajo Wellen schüchtern schweben,
Bald Aganippes Wogen sich ergießen;
Verlaß den Pindus! – Von Apoll gegeben
Will badend schon mich heil'ge Fluth umfließen,
Ich künde sonst der Mutter liebend Bangen,
Daß Wolken möchten Orpheus Glanz umfangen!
3.
Und Jeder ist zu hören schon bereit,
Was Gama Großes werde nun berichten,
Als er beginnt, nachsinnend kurze Zeit,
Indeß empor sich Stirn und Auge richten:
O! König! der zu sprechen mir gebeut
Von meines Volkes Ursprung und Geschichten,
Von fremden Dingen soll ich Dir nicht melden,
Doch loben meines Vaterlandes Helden.
4.
Zwar Andrer Größe lobend zu erheben,
Ist alter Brauch, den Alle wohl begehren,
Doch Ruhm und Lob um eigne Thaten weben
Mag in Verdacht das Lob gar leichtlich kehren;
Auch mag, von Allem Kunde Dir zu geben,
Nicht lang genug der längste Zeitraum währen;
Doch Du gebeutst! ich weiche den Befehlen,
Dir, was ich soll, in Kürze zu erzählen!
5.
Und, was noch mehr zu Allem mich entzündet;
Der Lüge wird mich Keiner irgend zeihen,
Denn, wie mein Mund die Thaten auch verkündet,
So könnt' er stets noch höhern Glanz verleihen.
Doch, daß in Allem, was Dein Wunsch ergründet,
Sich Folg' und Ordnung möge treffend reihen,
Will ich das große Land zuerst betrachten,
Und dann erzählen Dir von Krieg und Schlachten.
6.
Fern an der Zone, wo die lichte Reise
Dem Norden zu der Sonne Wagen endet
Und jenem kalten bangen Himmelskreise,
Wie der der Mitte heiße Gluthen spendet,
Liegt stolz Europa, in der Fluthen Gleise,
Gen Mitternacht und Abend hingewendet,
Wo sich des Oceanes Wogen heben
Nach Süden zu vom Mittel-Meer umgeben.
7.
Dort, wo empor des Morgens Strahlen schießen,
Gränzt es an Asien, mit jenen Wellen,
Die weit gekrümmt durch die Riphäen fließen
Und kalt im Kessel des Mäotis quellen,
Und mit dem Meer, einst Hellas angewiesen,
Ob wild empört auch seine Fluthen schwellen,
Wo Trojas Zinnen waren früh gegründet
Und jetzt nur Nahmen noch der Schiffer findet.
8.
Da, wo, zum Pole tiefer hingebogen,
Hyperboräer Berge wild sich thürmen,
Und andre, stets vom Sturmgott überzogen,
Den Namen tragen von den wilden Stürmen,
Vermag nur wenig noch Apollons Bogen
Deß Strahlen sonst die Erde mild beschirmen,
In ew'gem Eis ist das Gebirg verloren
Und Meer und Quellen ewig hart gefroren.
9.
Dort leben nur der Scythen große Schaaren,
Die einst in alter Zeit zum Kampf gegangen,
Um gegen die, die in Aegypten waren,
Im höhern Glanz des Alterthums zu prangen.
Ach! wer in Wahrheit noch so unerfahren,
(Da oft die Menschen Irrthum nur erlangen)
Der mag Damascus Feld mit Ernst befragen;
Das wird die Wahrheit niemals ihm versagen.
10.
Dort liegen auch des kalten Lapplands Gränzen,
Norwegens unbebaute wüste Höhen
Und Scandinavien in Siegeskränzen,
Die ihm Italien muß zugestehen.
Wenn hier die Meere nicht von Eise glänzen
Des starren Winters, sieht man Segel gehen,
Und von der Preußen, Schweden, Dänen Schaaren
Die Fluthen des Sarmaten-Meers befahren.
11.
Von diesem Meer zu des Tanais Strande
Die Reußen, Letten, Moskowiten wohnen,
Sarmaten einst, wie im Hyrcinerlande,
Statt Markomannen, Polens Nationen;
Und unterthan dem Reiche deutscher Lande
Sind Schwaben, Sachsen, Böhmen und Pannonen
Und an der Ems und Elbe viele Staaten
Und die im Rhein, im Donaustrom sich baden.
12.
Vom Ister bis zur viel berühmten Enge,
Wo einst das Leben Helle hat verloren,
Wohnt fern der Thraker kriegerische Menge
Im Lande, wo einst Mavors ward geboren.
Der Hämus, oft gefeyert durch Gesänge,
Ist nun zu Schmach und Knechtschaft auserkoren;
Auf Rhodope, in Konstantins Bezirken
Und in Byzanz gebieten rohe Türken.
13.
Dort gränzen auch die tapfern Macedonen,
Wo des Axius kalte Wässer ziehen,
Und ihr, des lauten Ruhmes schöne Zonen
Den Sinn und Sitt' und Klugheit euch verliehen;
Dort strahlten einst der Redekünste Kronen
Und jede Kraft erhabner Phantasien,
Daß Hellas Ruhm in Wissenschaft und Siegen
Vermochte zum Olymp empor zu fliegen.
14.
Der Küste nah, wo einst die stolzen Zinnen
Antenor baute, leben die Dalmaten.
Venedig, klein und niedrig im Beginnen,
Ragt aus der Fluth im Glanze seiner Staaten.
Ein großes Land, um das drei Meere rinnen,
Prangt hoch im Schimmer alter Heldenthaten;
Der Völker viele hat sein Schwert bezwungen
Und hohes Lob sein hoher Sinn errungen.
15.
Neptunus Reich umspület rings drei Seiten
Und Felsenwälle schirmen gegen Norden;
Die Appeninnen seine Mitte scheiden,
Die so berühmt durch blut'gen Kampf geworden;
Doch vor dem Hirtenstab der neuen Zeiten
Verschwanden die Triumphe, die Kohorten,
Nur Demuth schmückt die christlichen Altäre,
Denn Gott gefällt nicht eitler Ruhm und Ehre.
16.
Dann folgen Galliens fruchtbare Gauen,
Berühmt durch Cäsars ewige Trophäen,
Wo Sein' und Rhone das Gefild bethauen,
Garonn' und Rhein mit tiefen Fluthen gehen,
Dann ist Pyrenes Felsengrab zu schauen,
Der Nymphe nach, benannt die Pyrenäen,
Wo in der Vorzeit einst die Berge brannten
Und Gold und Silberströme niedersandten.
17.
Europas Haupt als Krone schön zu schmücken,
Entfalten hier sich Spaniens edle Lande,
Wo, manches Volk mit Herrschaft zu beglücken,
Sich oft des Schicksals leichtes Segel wandte;
Doch wird Gewalt es nie zu Boden drücken,
Noch Arglist ihm erregen Schmach und Schande,
Wenn nicht zuvor das Schicksal will den Glauben
An ihre Kraft des Landes Bürgern rauben.
18.
Es streift an Tanger und Gebirge wollen
Dem Mittelmeer den Ausgang schier verschließen,
Wo bang die Fluthen durch die Enge rollen
Und Herkules einst herrlich sich erwiesen;
Wo Thaten hundert Nationen zollen,
Um welche rings des Weltmeers Ströme fließen
Und jegliche nach solchem Ruhm getrachtet,
Daß sie der Krone Zier sich eigen achtet.
19.
Dies Land umfängt den Stamm der Tarragonen,
Der einst Partenope im Sieg errungen,
Hier die Navarrer und Asturier wohnen,
Von Mahoms Schaaren niemals noch bezwungen;
Hier ist Gallizien und der Nationen
Glorreichste, vom Diadem umschlungen,
Kastiliens Volk, dem Alle sich vertrauen,
Leon, Grenada, Betica zu schauen.
20.
Europas Scheitel glänzet schön vor Allen!
Es herrschet mild der edle Lusitane,
Wo sich das Land verliert und Meere wallen
Und Phoebus ruht im grauen Oceane;
Dort ließ der Himmel hohen Sieg erschallen,
Daß furchtsam floh der stolze Mauritane
Und nicht mehr darf im schönen Lande wohnen,
Und zittern muß noch in den heißen Zonen.
21.
Dort ist die Heimath meiner lieben Ahnen,
Und, wird des Himmels Gunst mein Werk vollenden,
Und sichre Rückkehr meiner Reise bahnen,
So will ich dort das müde Leben enden.
Dies ist das Land der alten Lusitanen,
Dem Lusus wollte Ruhm und Namen spenden,
Er, Bachus Zögling oder eigner Sprosse,
Und meines Landes ältester Genosse.
22.
Dort schlug der Hirt der Vorzeit große Schlachten,
Deß Namen schon nur Kraft und That verkündet
Und seinen Ruhm mag keiner niedrig achten,
Da Rom sich dessen selbst nicht unterwindet;
Dort wollte früh der Himmel Rathschluß trachten,
Daß herrlich würd' ein großes Reich gegründet;
Die Zeiten selbst, die Alles sonst zerstören,
Vermochten nur, des Reiches Glanz zu mehren.
23.
Alphons der alte König der Hispanen
Zog muthig aus, zu kriegen mit den Mohren
Und Muth und Kunde führten seine Fahnen,
Daß Jen' an Land und Leuten viel verloren.
So hohe That flog aus des Ruhmes Bahnen
Nach Kaspien selbst von Herkuls Felsen-Thoren,
Und viele kamen von den fernsten Gränzen,
Auf Kampf und Tod in solchem Krieg zu glänzen.
24.
Für Christi Glauben fochten diese Schaaren
Und strebten nicht nach eitlen Huldigungen;
Nur darum flohen sie die eignen Laren
Und sind in ferne Lande hingedrungen;
Doch, als die Kämpfe nun zu Ende waren
Und wilde Schlachten oft und viel gelungen,
Wollt' auch Alphons die Thaten seiner Helden
Mit würd'ger Gab' und gleichem Lohn vergelten.
25.
Und Heinrich, unter Hungarns Königssöhnen
Der zweyte, durfte keinen Andern weichen;
Drum will das Loos, nach Würden ihn zu krönen,
Ihm Portugal zu ew'gem Erbe reichen,
(Doch war dies Land zur Zeit der Saracenen
Nicht unsrer Zeit an Ruhme zu vergleichen)
Und selbst der Tochter Hand wird hingegeben,
Alphons und Heinrichs Bündniß fest zu weben.
26.
Als Heinrich nun viel Ruhm davon getragen
Und Hagars Söhne vielfach überwunden
Und manche Lande, die ihm nahe lagen,
Durch hohe That mit Portugal verbunden;
Ward, ihm zum Trost in seinen alten Tagen,
Die Gattin noch von einem Sohn entbunden,
Der, groß und mächtig, wie der Himmel wollte,
Sein Reich vor vielen herrlich machen sollte.
27.
Und dies geschah, als aus dem heil'gen Lande
Jerusalems der tapfre Heinrich kehrte,
Wo er gesehn des Jordans große Strande,
Der Christo einst der Taufe Bad gewährte.
Denn, als zu herrschen im Judäer Lande
Kein Heide mehr dem frommen Gottfried wehrte,
Zog mancher Mitgenosse seiner Thaten
Nun wieder in der Heimath eigne Staaten.
28.
Als drauf das große ritterliche Leben
Des edlen Hungarn in die Grube sinket,
Und Jener, der es ihm zum Pfand gegeben,
Ihn unerbittlich wieder zu sich winket,
Kann sich empor des Sohnes Blüthe heben,
In dem des Vaters eigne Flamme blinket,
Und keinem Tapfern wird sein Name weichen,
Denn Helden müssen wieder Helden zeugen.
29.
Doch nahm die Mutter, nach den dunkeln Sagen,
Die uns der Ahnen Fabelzeit erzählet,
Das Reich für sich, die Krone selbst zu tragen,
Auch ward ein zweiter Gatte bald erwählet;
Sie will nach ihres Sohnes Recht nicht fragen;
Nur, weil sie seinem Vater sich vermählet,
Sey dem der Lande Herrschaft zu gefallen,
Doch sie allein nur Eignerin von allen.
30.
Allein der Prinz, dem Ahnherrn nicht zur Schande
Alphons genennt, von wilder Pein umfangen,
Daß seine Mutter will in seinem Lande
Mit einem Fremdling in der Krone prangen,
Erglüht im Herzen von des Mavors Brande,
Des Vaters Reiche wieder zu erlangen
Und, als er endlich Alles wohl erwogen,
Wird auch sofort von ihm das Schwert gezogen.
31.
Schon triefen von des Bürgerkrieges Schlachten
Bey Quimaraens die vaterländ'schen Auen,
Die Mutter will nicht ihren Sohn mehr achten,
Nicht Lieb' ihm geben und das Land vertrauen;
Nur Krieg und Waffen sind ihr stetes Trachten,
Es mag die Stolze gar nicht überschauen.
Wie schlecht der Mutterpflicht sie nachgegangen,
So fest umstrickt sie sinnliches Verlangen.
32.
Wenn Euch, Medea! Progne! Wuth entflammet,
Daß ihr es laßt die eignen Söhne tragen,
Was an den Vätern Jegliche verdammet,
So ist Theresa mehr noch anzuklagen.
Von Sinnenlust und schnöder Liebe stammet
Die Schuld, aus der die wilden Gluthen schlagen,
Ob Eines ließ den Vater Scylla sterben,
Ob Beyder soll Theresas Sohn verderben.
33.
Und schon bezwingt der Prinz in hohen Siegen
Des neuen Königs und der Mutter Tücken;
Gehorsam will an ihn das Land sich schmiegen,
Nicht fürderweit zum Kampf die Schwerter zücken
Und dennoch läßt er sich vom Zorn besiegen,
Der Mutter Hand in rauhe Ketten drücken;
Darob sich bald der Himmel Donner regen;
So viel vermag der Aeltern Fluch und Segen!
34.
Es sammeln sich Castiliens stolze Schaaren,
Theresas Schmach mit blut'gem Schwert zu rächen,
Und wenig nur der Lusitanen waren;
Doch mag kein Sturm den Muth des Helden schwächen;
Ihn schirmen heil'ge Engel vor Gefahren
In wilder Schlacht, wo irdsche Waffen brechen.
So muß er glorreich seinen Kampf bestehen
Und seiner Feinde banges Flüchten sehen.
35.
Und kurze Ruh' wird wieder nur genossen.
Um Quimaraens, wo still der König weilet,
Hat sich ein neuer Heeresstrom ergossen,
Der, den erlittnen Schimpf zu tilgen, eilet;
Der Hoffnung enge Bronnen sind verschlossen,
Es hat der Sturm die Sichern übereilet;
Da weiht ein Diener sich dem Untergange,
Daß nur sein Herr in sichern Port gelange.
36.
Wie hier unmöglich langes Widerstreben,
Kann Egas Moniz treue Brust erwägen,
Er geht zum Feind, und will ihm Hoffnung geben,
Den Herrn zur Unterwerfung zu bewegen.
Die Schaaren, die die bange Stadt umgeben,
Entfernen sich, vertrauend den Verträgen
Mit dem Vasallen. Aber nichts auf Erden
Bewegt den König, selbst Vasall zu werden.
37.
Der Tag bricht an, der im Vertrag verheißen,
Und der Castilier harret schon der Stunde,
Wo, als Vasall, Alphons sich werd' erweisen,
Wie es verkündet ward aus Egas Munde.
Weil der sich nun als Lügner muß beweisen
Und abhold ist sein König solchem Bunde,
So will er selbst, dieß abzubüßen, sterben,
Ob er noch Achtung möge so erwerben.
38.
Daß er sein Wort der Ritterehre löse,
Zieht er, mit seinem Weib und seinen Söhnen,
Barfuß, im Aufzug kümmerlicher Blöße
Dahin, vielleicht den Feind sich auszusöhnen.
Vermag Dich, Herr, mit meines Irrthums Größe,
Sprach er: der Rache Grimm nur zu versöhnen,
So mögest Du mein Leben nur empfangen,
Zu tilgen, wessen ich mich unterfangen!
39.
O blicke her! Des Weibes schuldlos Leben
Und meiner Söhne Frühling will ich spenden!
Kann solcher Tod dir irgend Freude geben,
Und edlen Sinn vom bittern Grolle wenden!
An dieser Hand, zum Pfand Dir einst gegeben,
Magst Du der Martern schrecklichste vollenden
Und quälen mich, der einzig hart gefehlet,
Wie Phalaris Perillen einst gequälet.
40.
Wie mit dem Henker der Verbrecher gehet,
Deß Adern schon der Todes Trank durchfluthet,
Und Schauder in die kalte Brust ihm wehet
Am Marterpfahl, wo bald sein Leben blutet:
So Egas! als er vor dem König stehet,
Und schon der Rache letzten Streich vermuthet,
Allein Erbarmen wird dem seltnen Treuen,
Der König will mit Schonung ihn erfreuen.
41.
O große Treu' im Volk der Portugiesen!
Der Diener giebt dem Tode sich zur Beute!
Mehr als der Perser sey er noch gepriesen,
Der nicht sein Antlitz zu verstümmeln scheute;
Darob Darius solchen Schmerz bewiesen,
Daß er ihm tausend Seufzer dankbar weihte,
Daß er zehn Babylons nicht wollte achten,
Wenn sein Zopyr nicht peinvoll dürfte schmachten.
42.
Doch schon versammeln sich die Lusitanen,
Alphonsos Heer, dem hohes Glück verliehen,
Ins Land der Mohren sich den Weg zu bahnen,
Hin wo des Tago klare Fluthen ziehen;
Schon sind der Christen stolze Siegesfahnen
Bis zu Oriques ferner Flur gediehen;
Ein kleines Häuflein, solchem Kampf erkohren,
Und nah zahllose Krieges-Macht der Mohren.
43.
Nur ihm, dem Gott, der Erd und Himmel lenket,
Vertrauen noch der Christen bange Schaaren;
So sehr war ihre kleine Zahl beschränket,
Daß Hundert Mohren gegen Einen waren.
Wenn man dies Alles ruhig überdenket,
Will sich der Muth als tollkühn offenbaren,
Den Kampf zu wagen mit dem Feindesheere,
Denn gegen Einen zücken hundert Speere.
44.
Fünf Könige der Mohren sind vorhanden
Und Ismar heißt der Mächtigste mit Namen
Und viele Fahren haben sie bestanden
In jedem Kampf des Ruhms, zu dem sie kamen;
Auch ziehn herbey mit Freunden und Verwandten
Wie in der Vorzeit kriegerische Damen,
Als deren Eine focht auf Trojas Zinnen
Und Tausend, wo Thermodons Fluthen rinnen.
45.
Schon fliehen vor dem jungen Morgenlichte
Vom dunkeln Pol der Sterne kühle Reigen,
Als zu Alphonso heilige Gesichte,
Ihm Muth zu geben, lieblich niedersteigen;
Daß sein Gebet sich auf zum Himmel richte,
Will sich Marias Sohn am Kreuze zeigen.
Darauf Alphons, und seine Lippen brennen:
Nicht mich, Ungläubige lehr, dich erkennen!
46.
Und All' entflammen von dem Wunderzeichen!
Es wird der Held, den alle Zungen loben,
Zum König in der Portugiesen Reichen,
Zum eignen Herrn der wackre Fürst erhoben,
Im Angesicht der Feindesschaaren steigen
Die Stimmen auf, erschallt des Jubels Toben
Zum Himmel hin, Heil! Heil und Jubelschall!
Alphons! dem Könige von Portugal!
47.
Wie, vom Geschrei der Menge fortgerissen,
Des Doggen Wuth in des Gebirges Engen,
Den Stieren faßt mit fürchterlichen Bissen,
Der stolz vertrauet seiner Hörner Drängen;
Der Schnelle weiß, soll er auch Kräfte missen,
Gewandt den Zahn an Ohr und Brust zu hängen.
Bis er die Macht des Starken überwindet,
Auf ewig ihm die wilde Kehle bindet;
48.
So stürmen auch des neuen Königs Flammen,
Sein wackres Volk und Christi Kreutz zu rächen,
Mit seines Heeres Schlachtgewühl zusammen,
Der Feinde Rüstung mächtig zu zerbrechen.
Die Mohren brennen; Blitzen gleich entflammen
Im Kriegsgeschrei die Schwerter diesen Frechen
Und, Lanz und Bogen wild mit Blut zu röthen,
Erdonnern rings Posaunen und Drommeten.
49.
Wie sich des Feuers zügellose Fluthen
Ergießen über Flur und Gras und Aehren
(Es bläs't der laute Sturmwind in die Gluthen)'
Und des Gesträuches dürres Holz verzehren;
Der Hirten Schaar, die sanft im Schlummer ruhten,
Muß nun zurück von ihren Feldern kehren
Und vor den Flammen, die stets weiter ziehen,
Die Habe rettend, nach dem Dörfchen fliehen;
50.
So stürzet auch betäubt das Heer der Mohren
Mit blinder Wuth hervor zum Waffentanze,
Nicht fliehen soll das Roß im Druck der Sporen,
Nein! ringen soll es nach dem Siegeskranze.
Der Christen Heer, in Kampf und Schlacht verloren,
Durchbohrt der Feinde Brust mit Schwert und Lanze,
Halbtodte sinken in des Sterbens Wehen
Und Andre wollen noch zum Koran flehen.
51.
Und immer schwillt des Kampfes Drang und Größe.
Als sollt' ein Fels aus seinen Gründen weichen.
Es stürmt der Rosse furchtbares Getöse,
Die einst Neptun entlockt der Erde Reichen.
Gewaltig klingen tausend Waffenstöße,
Des Krieges Glut will jeden Ort erreichen.
Und, wo die Christen Schild und Panzer schauen,
Wird er durchbohrt, zerbrochen und zerhauen.
52.
Am Boden rollen Köpfe hier, es springen
Dort Arm' und Beine sonder Herrn und Leben;
Hervor aus bleichen Halbentseelten dringen
Die Eingeweide, die noch zuckend beben;
Es kann der Feind das Schlachtfeld nicht erzwingen,
Wo sich empor des Blutes Ströme heben
Und dunkelroth die weiten Fluren stehen,
Sonst grün und weiß und herrlich anzusehen.
53.
Und Sieger sind die großen Lusitanen
Und unser die Trophäen und die Beute.
Drei Tage ruhn des großen Königs Fahnen,
Nachdem der Mohren Heer die Flucht zerstreute;
Dann setzet er ins weiße Schild der Ahnen,
Damit es spät auf diesen Sieg noch deute,
Fünf azurblaue Schilde, schön verbunden,
Weil er Fünf Könige hat überwunden.
54.
Er füllt die Schilde mit den Silberlingen,
Um deren dreißig Christus ward verrathen,
Das Zeugniß dessen würdig anzubringen,
Der ihn mit Schutz so mächtiglich berathen.
Es muß ihm wohl mit dieser Zahl gelingen,
Wenn er jedwedem Schilde dieser Thaten
Fünf Silberlinge weiht, und zwiefach zählet,
Das Schild, im Kreuz zum mittelsten gewählet.
55.
Und, da dem König dieser Sieg gelungen,
Wird auch nach wenig Monden, schnell verronnen,
Leyria von seiner Hand bezwungen,
Das der Besiegte kürzlich erst gewonnen.
Auch Arronchez, das feste, wird errungen
Und du! glorreiche Stadt! im Licht der Sonnen!
Du Santarem! durch deren Lustgefilde
Sich sanft ergießt des Tago klare Milde.
56.
An dieser Vesten unterworfne Zinnen
Will bald des Helden Arm auch Mafra reihen
Und Sintras kühle Haine sich gewinnen,
Die Lunas Berge schattend ihm verleihen,
Die Hayne – wo die schönen Quellen rinnen
Und in den Wellen der Najaden Reihen
Der Liebe süßen Netzen doch entfliehen,
Wenn Flammen heiß auch durch die Fluthen ziehen.
57.
Und Du! Lisboa! Perle jeder Zone!
Du Herrin! Königin! so leicht vor Allen!
Erbaut von ihm, der Redekünste Sohne,
Vor dessen List einst Troja mußte fallen.
Du beugtest Dich der Kriegs-Trommeten Tone,
Du! Fürstin jetzt, wo irgend Meere wallen!
Und Flotten brachten Hülf' aus fernem Norden,
Die hergesandt den Portugiesen worden.
58.
Aus England strömen Viele, voll Verlangen,
Vom Deutschen Rheinstrom und der Elbe Fluthen,
Bis daß der Heiden Herrschaft untergangen,
Im heilgen Kampf mit Mahoms Volk zu bluten,
Da, wo des Tago schöne Wässer prangen,
Da stoßen sie zum Bundesheer des guten,
Des großen Königs, dessen Ruhm sie kennen,
Ulysses alte Mauern zu berennen.
59.
Schon fünfmal war des Mondes Licht verschwunden
Und fünfmal wieder hell und voll erschienen,
Da muß, im Sturm der Mauren überwunden,
Die Stadt den drängenden Belagrern dienen.
So blutig ward der wilde Kampf erfunden,
Als ihn verkündet aller Krieger Mienen,
Da Muth entbrannt und kühn der Sieger Schaaren
Und in Verzweiflung die Besiegten waren.
60.
So mußte denn Lisboa sich ergeben,
Die in der frühern Vorzeit dunkeln Jahren
Nicht vor dem wilden Norden durfte beben,
Und vor der Scythenvölker kalten Schaaren;
So stolz sich auch ihr Scepter sollte heben,
Daß zinsbar ihm der Ebro, Tago waren
Und Betis Stolz ringsum nur Sklaven kannte
Und unser Land Vandalia benannte.
61.
Wie mögen andre Städte noch bestehen,
So mächtig auch sich ihre Zinnen heben!
Da selbst Lisboa nicht mag widerstehen
Den Schaaren, die so hohen Ruhm erstreben.
Estremadura muß die Sieger sehen,
Obidos, Torrespedras sich ergeben
Und Alenquer, wo ewig frische Wellen
An Felsenwänden lieblich rauschend quellen!
62.
Und Ihr, jenseits des Tago, schöne Gauen!
Wo Ceres gelbe Gaben herrlich sprießen,
Müßt unterthan der Helden Macht Euch schauen
Und Eure starken Mauern ihr erschließen.
Wie täuscht den Fleiß des Mohren sein Vertrauen
Des Landes reiche Aerndte zu genießen!
Denn Alcaceres muß, dem Sieger eigen,
Und Elvas, Moura, Serva sich ihm beugen.
63.
Und jene Stadt, die früh schon dem Rebellen
Sertorius der Wohnung Schutz gewähret
Und wo ein klarer Strom mit Silberwellen,
Von ferne kommend, Land und Menschen nähret,
Wo hundert Bögen in die Luft sich stellen,
Stolz, wie des Königs hoher Sinn begehren,
Auch sie gehorcht, und zwar Giraldos Muthe,
Nie lebte Furcht in seinem kühnen Blute!
64.
An Bejas Stadt wird Rache schwer genommen,
Trancosos Trümmern volles Recht zu geben,
Denn nimmer mag Alphons zur Ruhe kommen;
Verlängern soll der Ruhm das kurze Leben,
Und Widerstand kann hier nur wenig frommen,
Und, als die Pforten sich dem Feind ergeben,
Muß Alles, was nur Leben hat, verderben,
Und durch das Schwert entflammter Krieger sterben.
65
Mit diesen ward Palmellas Fall verbunden,
Cizimbras Sturz, so reich an Fischereien,
Und dann ein mächtig Heer noch überwunden,
Da günstig sich des Königs Sterne reihen.
Dies hat die Stadt, dies hat ihr Heer empfunden,
Der, durch Ersatz, sie eilte zu befreien,
Und niederzog von des Gebirges Höhen,
Ohn' eines solchen Sturms sich zu versehen.
66.
Badajoz Herrscher war's, ein stolzer Heide,
Begleitet von viertausend wilden Rossen,
Zahllosem Fußvolk, schön in Kriegsgeschmeide
Und Gold bedeckten stattlichen Genossen.
Und, wie im May der Stier auf fetter Weide,
Von Liebesbrunst und wilder Furcht durchflossen,
In Wuth entglüht, wenn arglos Tritte schallen,
Und die ergreift, die, nah ihm, sicher wallen;
67.
So stürzt Alphons, urschnell herbey gedrungen,
Auf Jene, die sich dessen nicht befahren;
Haut, stößt, durchbohrt, das wilde Schwert geschwungen,
Es flieht der Mohr, des Lebens sich zu wahren.
Ein panisch Schrecken hat den Feind bezwungen
Verfolgen darf der König nur die Schaaren,
Und dennoch sind Vollbringer solcher Thaten
Nur sechzig Ritter, die das Feld betraten.
68.
Und rastlos eilt und stark und unverdrossen
Der König, seinem Siege nachzudringen,
Und wählt im ganzen Reiche Kampfgenossen,
Gewohnt, stets neue Lande zu bezwingen.
Auch Badajoz wird feindlich jetzt umschlossen
Und die Belagerung muß wohl gelingen,
Da solche Kunst sich eint dem tapfern Streiten,
Drum muß die Stadt, wie andre, Knechtschaft leiden.
69.
Doch, wenn auch Gottes Strafen lange weilen,
Der Sünder Thaten Rache zu verkünden;
Ob, wohl vielleicht die Seele noch zu heilen,
Ob andern Raths, den Menschen nicht ergründen;
Und so der König stets entging den Pfeilen
Der Fahren, die auf solchem Weg sich finden;
So will doch nun Gott seiner nicht mehr wahren,
Des Mutterfluches Schrecken ihm zu sparen.
70.
Denn, da in Badajoz er eingezogen,
Umzingeln ihn der Leoneser Schaaren,
Weil ihnen solcher Stadt Besitz entzogen,
Wo Herrscher sie, nie Portugiesen waren,
Und theuer wird sein Trotz ihm zugewogen,
Wie oftmal solches Sterbliche gewahren.
Sein Bein zertrümmert an der Pforte Thoren
Und Schlacht und Freiheit wird zugleich verloren.
71.
Nicht mögest Du, Pompejus! Kummer hegen,
Die Trümmer Deiner Thaten zu erblicken,
Weil Nemesis will mit gerechten Wägen
Den Schwieger mit des Sieges Lorbeer schmücken,
Da Dir Syen' und Phasis unterlegen,
Wo senkrecht her der Sonne Strahlen zücken,
Und Arcturs Eis und die verbrannte Zone
Vereint erzittert Deines Namens Tone;
72.
Da Dich! Arabien und die Abendlande
Der Colcher, die das goldne Vließ bewähret,
Der Eniocher, Kappadocer Strande,
Judäa, das nur Einen Gott verehret;
Sophenes Reich und der Cilicer Lande,
Armenien, von dem Doppel-Strom genähret,
Der aus des heil'gen Berges Quell' entsprungen
Und abwärts weiter in das Land gedrungen;
73.
Da man, wo nur des Altars Meere glänzen,
Bis, wo des Taurus steile Höhen ragen,
Dich siegen sah, darf in Thessaliens Gränzen
Der Ueberwundne nicht den Fall beklagen;
Denn auch Alphons in des Triumphes Kränzen
Erlieget nun, da All' ihm schon erlagen.
Durch seinen Eidam sollt' er nach den Schlüssen
Des Himmels, Du durch Deinen Schwieger büßen.
74.
Als nun der König wieder heimgekommen,
Und des Gerichtes herbe Zeit vergangen
Und ihn die Mohren sonder Nutz und Frommen
In Santarem belagernd hart umfangen
Und, dem geweihten Vorgebirg entnommen,
Ulysses Stadt den heil'gen Leib empfangen,
Der einst des Märtyrers Vincenz gewesen,
Der zu des Glaubens Krone ward erlesen;
75.
Wird von dem müden Greis des Sohnes Händen
Der Wünsche hohe Fördrung übertragen,
Jenseits des Tago hin den Lauf zu wenden
Und mit dem Schwert der Mohren Macht zu schlagen;
Und Sanchos Heldenmuth will es vollenden
Und vorwärts stets des Krieges Flamme tragen
Und Schaaren wilder Heiden siegreich tödten,
Sevillas Strom mit schnödem Blut zu röthen.
76.
Und, da ihn diese Siege hoch entbrennen
Und nimmer ruht des Jünglings kräftig Ringen,
Auch Jene, welche Bejas Stadt berennen,
In gleichem Kampf des Schreckens zu bezwingen;
Wie möchte Rast sich da sein Glück vergönnen,
Das Ziel zu sehn von diesen großen Dingen!
Drum kann der Mohr, den solche Wunden lähmen,
Nur noch der Rache Hoffnung mit sich nehmen.
77.
Schon sammeln sich des Berges wilde Schaaren,
Der durch Medusa einst den Leib verloren,
Und die mit Ampelus' in Tanger waren,
Das Anteus sich zur Wohnung auserkohren,
Abilas Horden wollen sich nicht sparen,
In ihren Waffen ziehn einher die Mohren,
Ein ganzes Reich, in der Trommete Tone,
Wo einst der edle Juba hielt die Krone.
78.
Mit dieses Heeres Macht, die ihn geleitet,
Bricht der Kaliph ins Land der Portugiesen,
Von dreyzehn tapfern Königen begleitet,
Die seinem Kaiserscepter Pflicht erwiesen,
Und Unheil ward von Jeglichem bereitet,
Wie Zeit und Ort ihn eben walten hießen
Und Sancho wird in Santarem umschlossen,
Ob dessen gleich die Mohren nicht genossen.
79.
Das wilde Heer braucht tausend Kriegeslisten
Und harten Angriff, um die Stadt zu zwingen;
Doch nützen nicht die furchtbaren Ballisten,
Des Sturmbocks Eisen und der Mine Schlingen;
Den Sancho weiß mit Schlauheit sich zu rüsten,
Und, was er will, mit Muthe zu vollbringen
Und sieht voraus, wornach des Feindes Streben,
Um überall ihm Widerstand zu geben.
80.
Und, als dem Vater, den, in grauen Haaren,
Des Lebens Thaten nun zu rasten zwangen,
In jener Stadt, wo in der Flur die klaren
Gewässer des Mondego lieblich prangen,
Verkündet wurden Santarems Gefahren,
Wo hart den Sohn ein Mohrenheer umfangen,
Läßt er die Stadt, um Hülfe schnell zu bringen,
Das Alter lähmt nicht seine raschen Schwingen.
81.
Und mit den Helden seiner alten Schlachten,
Die zu des Sohnes Heil mit ihm verbunden,
Und Portugiesen Muth zur Stelle brachten,
Hat er den Feind in Kurzem überwunden.
Das Schlachtfeld decken bunt die fremden Trachten,
Gewänder, Mützen, mannichfach erfunden,
Und Rosse, Panzer, nun dem Sieger eigen,
Und Mohren rings, die auf der Erd' erbleichen.
82.
Das bange Roß hat fürder kein Bemühen,
Als nach der Heimath durch die Flucht zu streben,
Nur der Kaliph will aus dem Land nicht fliehen,
Bevor ihm nicht entflöh das eigne Leben;
Dem, welcher gnädig solchen Sieg verliehen,
Wird Lob und Danken sonder Maaß gegeben,
Denn wohl kann man in solcher Fahr erwägen,
Daß mehr an Gott als Menschenmacht gelegen!
83.
Mit solchem Lorbeer siegerisch umschlungen,
Legt der erhabne Greis die Waffen nieder.
Den, welcher endlich Alles hat bezwungen,
Bezwingt die Last der vielen Jahre wieder,
Und, von der Krankheit kalten Hand durchdrungen,
Erschlaffen ihm die müden bleichen Glieder,
Und zahlen muß er bald die Schuld der Jahre
An Libitinens traurigem Altare.
84.
Ihm weinen der Gebirge hohe Zinnen
Und über Fluren, über grüne Saaten,
Der Ströme tiefe Fluthen zagend rinnen,
Mit Thränen netzend seine bangen Staaten.
Doch auch so hohen Ruhm in aller Welt gewinnen
Des großen Helden laute Siegesthaten,
Das nur Alphons! Alphons! ruft überall
Vergebens ach! im Reich des Echo Schall.
85.
Der wackre Jüngling, der mit Kron' und Reichen,
Auch seines Vaters Tapferkeit ererbet,
Und, gleichen Muthes Proben früh zu zeigen,
Mit Feindes Blut den Betis schon gefärbet,
Der Mohren Macht mit seines Schwertes Streichen
Dem Andaluser-Könige verderbet,
Und dessen Helden-Arm mehr noch die Schaaren,
Die Beja fruchtlos einst berennt, erfahren;
86.
Nachdem er nun zur Herrschaft war gediehen
Und wenig Jahre seines Reichs verflossen,
Thät er mit Heeres Macht vor Silves ziehen,
Um welches auf der Mohren Aerndten schossen.
Und Hülfe ward von Deutschen ihm verliehen,
Die, einer Flotte tapfere Genossen,
Im Kreuzzug nach Judäa sich befanden,
Es zu befreien aus der Heiden Banden.
87.
Sie wollten, unter Rothbart Friedrichs Fahnen,
Mit einer großen Heeresmacht, die eben
Ihm folgte, zu der Stadt den Weg sich bahnen,
Wo Christus litt' und endete sein Leben,
Als Guido sich mit seinen Unterthanen,
Von Durst bedrängt, dem Saladin ergeben,
Weil Wassers so bedurften dort die Christen,
Als dessen wenig die Belagrer mißten.
88.
Und, da die schöne Flott' an diese Strande
Durch schlimmer Winde Widerstand geschwommen,
Will fechten sie mit Sancho im Verbande,
Zu seines heilgen Krieges Nutz und Frommen;
Wie einst sein Vater gleiche Hülf' erkannte,
Als er Lisboa gleicherweis genommen,
Und Silves muß der Deutschen Hülfe zeugen
Und in das Joch die tapfre Stadt sich beugen.
89.
Und wenn er so dem Mahomet Trophäen
Sieghaft entreißt, will er auch nicht den Fluren
Der Leoneser Frieden zugestehen,
Wo immer sichtbar Mavors wilde Spuren,
Und Knechtschaft soll die stolze Tui sehen,
Wie gleiches Loos der Städte viel erfuhren;
Die Jener hohen Mauern nahe lagen
Und, Sancho Du! in Fesseln hast geschlagen!
90.
Doch, als ihn solcher Palmen viel umschlungen,
Ruft ihn der Tod, gewährend seinem Sohne,
Dem Achtung zollen Aller Huldigungen,
Alphons dem zweiten, nun die dritte Krone.
Auch ward den Mohren Alcacer entrungen
In dieser Zeit, zu sehr gerechtem Lohne,
Erobert hatten sie die Stadt vormalen,
Und mußten jetzt mit viel Verlust bezahlen.
91.
Nachdem Alphons auch in das Grab gegangen,
Folgt' ihm des zweiten Sancho träges Leben,
So wenig von der Krone Pflicht befangen,
Daß Untergebnen er war untergeben;
Drum wollt' ihn, andre Herrscher zu erlangen,
Sein Reich des schweren Scepters überheben,
Da er nur herrschen mochte durch Vertraute
Und auf sein Wort ein jeder Frevel baute.
92.
Nicht zwar war Sancho so in Schmach verloren,
Als Nero, der sich Knaben auserwählet
Zum Ehebett, und der, die ihn geboren,
Mit fürchterlicher Blutschand sich vermälet;
Noch ward von ihm der Wohnung Stadt erkohren
Zu wildem Brand, noch hart sein Volk gequälet;
Noch war er schlimm, wie Heliogabalus,
Noch wie der weichliche Sardanapalus;
93.
Noch schmachtete sein Volk in Tiranneien,'
Wie einst Sicilien in alten Tagen,
Noch wollt' er, gleich dem Phalaris, erneuen
Der Martern ärgste, die die Menschheit plagen,
Doch konnt' ihn da Gehorsam nicht erfreuen,
Wo Alle, die den Herrscher-Stab getragen,
Mit Herrscherkraft gewaltet in den Reichen,
An Trefflichkeit sollt' er nicht Einem weichen.
94.
Bolognas Graf wird nun herbeigeladen,
Der Bruder Sanchos, zu des Reiches Lasten,
Und sein der Thron, als dem zerriß der Faden
Des Lebens, der nur ruhen wollt' und rasten.
Als nun Alphons beruhigt seine Staaten,
Die, ihm zu klein, den stolzen Geist nicht faßten,
Sinnt er nur auf Erweiterung der Gränzen
Und als Alphons der Tapfre will er glänzen.
95.
Algarbien, zur Mitgift ihm gegeben,
Wird völlig schier von seinem Arm bezwungen.
Abhold ist Mars der Heiden Widerstreben
Und ihnen wird das schöne Land entrungen.
Als Herrin kann sich Portugal erheben
Zu voller Freiheit mächtig hingedrungen;
Alphonsos Macht erlag der Muth der Mohren,
Im Lande, das zu Lusus Erb' erkohren.
96.
Der edle Dionys, Alphons entsprossen
Und würdig seiner, folget in den Reichen,
Die solche Tage unter ihm genossen,
Daß Alexanders Zeit ihm mußte weichen.
Denn, Glück und Flor ist überall ergossen,
Der goldne Frieden will herniedersteigen
Und auf Gesetz und Sitt' und Satzung stellen,
Das stille Land mit Strahlen zu erhellen.
97.
Er weiht zuerst Coimbra den Altären
Minervens, ihre Herrschaft zu verkünden;
Mondegos Flur kann nun die Muse ehren,
Die sonst nur auf dem Helikon zu finden.
Apollon will dort Alles nun gewähren,
Was nur Athen vermocht' einst zu ergründen,
Aus Gold und Nardus ewig schöne Kronen
Und Lorbeerkränze, dem Verdienst zu lohnen.
98.
Und edle Städte werden aufgeführet,
Mit Burgen und mit trotzenden Kastellen,
Und schier das ganze Königreich gezieret
Mit Prachtgebäuden und mit hohen Wällen,
Und als er nun, wie Greisen es gebühret,
Betreten muß der Parcen finstre Schwellen,
Besteigt Alphons der vierte seinen Thron,
Ein wackrer Fürst und doch kein guter Sohn.
99.
Den stolzen Uebermuth der Kastellanen
Vermag sein Herz mit Würde zu verachten.
Nie fürchten höhre Macht die Lusitanen,
Oh sie auch ihre wohl geringer achten.
Doch als ihm kund wird, wie die Mauritanen
Nach dem Besitz Hispaniens nur trachten
Und Heere schon in diese Lande dringen,
Will straks Alphons, der Stolze, Hülfe bringen.
100.
Nie führte über des Hydaspes Saaten
Semiramis so ungeheure Schaaren,
Noch Attila in Romuls weite Staaten,
Als Gottes Geisel furchtbar zu gewahren,
Vertrauend auf der Gothenheere Thaten,
Als zahlreich jetzt die Saracenen waren,
Die auf Tarifas Feldern ein sich finden,
Granadas hoher Macht sich zu verbinden.
101.
Und, da der große König der Hispanen
Ob solcher Heere, die ihn rings umgeben,
Mehr noch den Fall des Volks der Kastellanen,
Wie einst, befährt, als für sein eignes Leben;
Schickt er dem Könige der Lusitanen
Das theure Weib, er woll' ihm Hülfe geben,
Mit solchem Flehn zu diesem hingewendet,
Weil sie die Tochter deß, zu dem er sendet.
102.
Ein zog Maria in der Schönheit Prangen
Zu ihres Vaters hochgewölbten Thoren;
Dem milden Blick war alle Freud' entgangen,
Da Zähren nur die Augen ihr umfloren.
Um Marmorschultern ziehen sich die langen,
Die Engelschönen Haare, wie verloren,
Und als sie liebreich küßt des Vaters Sehnen,
Nimmt sie das Wort, vergießend viele Thränen:
103.
So weit das Land von Afrika sich breitet,
Ziehn wilde Horden grausend her von innen,
Vom König von Marocco hergeleitet,
Um Spanien, das edle, zu gewinnen,
Und solche Macht ward nimmer noch bereitet,
Seit um die Erde bittre Meere rinnen,
Und solcher Wuth sind Alle sie ergeben,
Daß zagt, wer lebt, und selbst die Todten beben.
104.
Der, welchem als Gemahl ich sollte leben,
Will die bedrängten Lande muthig schützen,
Bereit, mit kleiner Heeresmacht so eben
Zu fechten, wo der Mohren Schwerter blitzen;
Doch werd' ich, willst Du ihm nicht Hülfe geben,
Bald weder ihn, noch auch sein Reich besitzen,
Und trauern in der Wittwe schwarzem Leide,
Des Reichs beraubt, des Gatten und der Freude.
105.
Deshalb, o König! dessen Siegesfahnen
Molucas Strom erstarrt zu todtem Eise,
Brich alle Zögerung! daß die Hispanen
Dein schneller Zug dem Untergang entreisse!
Glänzt in den Zügen, die zur Freude mahnen,
Dir Vaterliebe nach der Väter Weise;
So eile! hilf! denn wolltest Du nicht eilen,
So kannst Du Rettung keinem mehr ertheilen!
106.
Nicht anders sprach Maria diese Rede,
Als Venus einst in des Olympus Hallen
Bey ihrem Vater für Aeneas flehte,
Da er durch Meere mußte schiffend wallen;.
Ob des Erbarmens, das im Herzen wehte,
Ließ jetzt die Hand den ernsten Scepter fallen.
Des Vaters Huld hat Alles ihr gewähret,
Bekümmert noch, daß sie nicht mehr begehret.
107.
Schon haben auf Evoras Korngefilden
Des Waffenvolkes Schaaren sich ergossen;
Die Sonne strahlt von Schwertern, Lanzen, Schilden,
Und Wiehern klingt aus Stahlbedeckten Rossen;
Die schmetternde Trommete dröhnt im wilden
Getön des Friedens staunenden Genossen
Und hallt erdonnernd aus den hohlen Gründen,
Zum Waffentanz die Seelen zu entzünden.
108.
Und, wo des Reichs Paniere herrlich wallen,
Die prangend ihn und königlich umgeben,
Will hoch empor im weiten Heer vor Allen
Alphons der Mächtige das Haupt erheben,
Und jedes Herz, dem irgend Kraft entfallen,
Beseelt sein Anblick schon mit Muth und Leben,
So zieht er nach Kastiliens Landen hin
Mit seiner Tochter, die dort Königin.
109.
Als beide Fürsten endlich sich gefunden,
Harrt ihrer bey Tarifa der Barbaren
Zahllose Meng' in einen Strom verbunden,
Dem Rings Gebirg und Land zu enge waren,
Es wird kein Herz so keck und stolz erfunden,
Daß es vor Bangigkeit sich mag bewahren,
Wenn nicht der feste Glaub' es unterstützet,
Daß Christi Arm auch seine Streiter schützet.
110.
Der Hagar Enkel spotten und verhöhnen
Der Christen Häuflein und die kleine Macht,
Die Reiche theilt das Heer der Hagarenen
Als Siegesbeute schon vor Kampf und Schlacht;
Wie sie den Namen einst der Saracenen
Zu eigen widerrechtlich sich gemacht,
So nennen sie auch sonder Scham und Schande
Jetzt Eigenthum die schönen fremden Lande.
111.
Wie des Giganten riesenhaftes Walten,
Vor welchem Saul der König mußt' erbeben,
Den Hirten wehrlos Widerpart sieht halten,
Dem Muth und Steine nur zum Kampf gegeben;
Wie stolz und höhnisch da die Worte schallten,
Des nackten Knaben sich zu überheben,
Der doch ihn bald, die Schleuder schwingend, lehret,
Daß mehr der Glaub' als Menschenkraft gewähret;
112.
So spottet auch der Mohr der Christen Sache,
Wie möchte wohl der blinde Sinn erreichen,
Daß sie ein hoher Kämpe wohl bewache,
Dem selbst der Hölle Pforten mußten weichen!
Mit diesem Hort wählt des Hispanen Rache
Maroccos König seines Schwertes Streichen;
Der Portugies' ohn' etwas zu befahren,
Macht furchtbar sich Grenadas Waffenschaaren.
113.
Die Panzer im Gewühl der Schlacht erklingen,
An welche Schwert und Lanzen mächtig prallen;
Wie Jedes Satzungen es mit sich bringen,
Hier Mahoms, dort Sanct Jagos Namen schallen!
Die Klagen der Halbtodten aufwärts dringen
Und ganze Ströme grausen Blutes wallen,
In deren Pfuhl die Sterbenden sich stürzen,
Wenn nicht das Schwert ihr Leben will verkürzen.
114.
Mit solchem Kampf und solchem wilden Wagen
Hat Lusus Sohn Grenada bald bezwungen
Und dieses Reiches hohe Macht zerschlagen,
Da ihr so schlecht Vertheidigung gelungen.
So wohlfeil aber diesen Kranz zu tragen
Erfüllt den Helden mit Bekümmerungen.
Drum eilt er, noch zu helfen dem Hispanen,
Der im Gefecht ist mit den Mauritanen.
115.
Die Sonne nahet schon der Thetis Reichen,
Es will des Westens rothe Pforten eben
Der Abend jenes großen Tags erreichen,
Der ewig wird in Aller Seelen leben,
Als völlig muß die Macht der Mohren weichen,
Den Königen Triumph und Heil zu geben,
Und so viel Krieger mußten untergehen,
Daß gleichen Sieg niemals die Welt gesehen.
116.
Nicht ward der Menge vierter Theil erschlagen
Von Marius, als dieser Sieg entrissen,
Da seine Heere, die dem Durst erlagen,
Die Blutgefärbten Ströme trinken müssen;
Noch von dem Punier in andern Tagen,
Dem Römerfeind, aus Grundsatz und Gewissen,
Da er so viel der Ritter hat verdorben,
Daß er drei Maaße goldner Ring' erworben.
117.
Und wenn Dir, edler Titus! einst gelungen
So viele Seelen zum Cocyt zu senden,
Als in die heilge Stadt Du eingedrungen,
Des Judenvolkes alten Dienst zu enden;
So hat Dein tapfrer Arm es nur errungen,
Des Himmels Fluch als Rächer auszuspenden,
Wie frühe Seher solches prophezeiet
Und Jesus dessen selbst die Stadt bedräuet.
118.
Und, als Alphons zur Heimath sich gewendet,
Begleitet von des Sieges Heil und Segen,
Um, wie der harte Krieg ihm Ruhm gespendet,
Gleich ruhmvoll auch des Friedens Flor zu hegen;
Da ward die ewig grause That vollendet,
Die Todte möcht' in ihrer Gruft bewegen.
Der Liebe ward schmachvoller Tod zum Lohne,
Und in der Gruft trägt sie die Königskrone!
119.
Du, Liebe! nur, in jede Brust gegossen,
Die jedes Herz mit wilder Macht umwindet,
Hast ihren Blick dem Tageslicht verschlossen,
Als ob sie Dir sich treulos je verkündet;
Wenn alle Thränen, welche Dir geflossen,
Nur höher stets noch Deinen Durst entzündet;
So kann an Deinen furchtbaren Altären
Nur Menschenblut Dir Opfer noch gewähren!
120.
Von Ruhe, holde Ines! mild umfangen,
Brach Deine Hand der Jahre schöne Blüte
Und frohe heitre Täuschungen umschlangen,
Bald dem Geschick zu weichen, das Gemüthe;
Den Bergen nur vertrauend das Verlangen
Nach ihm, deß Name Dir im Herzen glühte,
In des Mondego blumenreichen Auen,
Wo noch die Augen nicht von Thränen thauen.
121.
Dort suchen Dich die steten Phantasien,
Die mild um Deines Fürsten Seele schweben,
Daß Deiner Züge Schatten zu ihm fliehen,
Wenn fern er muß den schönen Augen leben,
Und Träume Nachts ihm sanft vorüber ziehen,
Gedanken ihn am Tage froh umweben,
Denn, was er sinnt und seine Blicke schauen,
Wird ihm Erinnerung und ihm Vertrauen.
122.
Er flieht der Fürstentöchter hohes Prangen
Und schöner Frauen vielbegehrte Hand,
Denn treue Liebe will ja nichts verlangen,
Wenn sie der Einen lieblich Antlitz fand.
Doch zürnend solchem kühnen Unterfangen,
Bereitet schon der Vater Widerstand,
Der klug und alt des Volkes Murren achtet,
Weil noch der Sohn nach keiner Gattin trachtet.
123.
Drum will er Ines nun der Erde rauben
Und ihr den Sohn, dem liebend sie verbunden,
Mit ihrem Blut, deß hat er festen Glauben,
Sey auch der Liebe Flamme bald verschwunden!
O! welche Wuth mag Männern es erlauben,
Das scharfe Schwert, das Mohren überwunden.
Nun gegen eines zarten Weibes Leben
Und gegen ihre Thränen aufzuheben!
124.
Und als sie nun die rauhen Knechte bringen
Und schon der König fühlt des Mitleids Regen,
Wird lauter auch des wilden Volkes Dringen,
Mit Gründen ihn zum Blutspruch zu bewegen;
Es will ihr Busen fast vor Weh zerspringen,
Doch ihre Brust weiß Schmerzen nur zu hegen
Um ihres Fürsten, ihrer Söhne willen;
Der eigne Tod kann nicht mit Graun sie füllen.
125.
Dem reinen Himmel ist sie zugekehret,
Mit Thränen in den wehmuthsvollen Blicken,
Denn Fesseln haben ihre Hand beschweret,
In die sie rauh die wilden Knechte drücken;
Und, da sie zu den Kleinen sich gekehret,
Die Lieblichen noch einmal anzublicken, –
Ach! bald als arme Waisen zu beklagen,
Muß sie dem harten Ahnherrn dieses sagen:
126.
Wenn wilde Thiere selbst, von der Natur
Zum rohen Trieb der Grausamkeit geboren,
Wenn Vögel hoher Lüfte, grimmig nur
In ihrer Beute matten Raub verloren,
Mitleidig folgend zarter Liebe Spur,
Sich Säuglinge zur Pflegung auserkoren,
Wie man von Ninus Mutter hat verkündet
Und von den Brüdern, welche Rom gegründet;
127.
So nimm Du! dem ein menschlich Herz gegeben,
Wenn menschlich heißt, die Schwache zu verderben,
Weil ihr in Liebe sich ein Herz ergeben,
Das liebend wußte Herrschaft zu erwerben;
So nimm in Schutz die zarten jungen Reben,
Da sonder Mitleid' ich bestimmt zu sterben!
Erbarme Dich, um ihrer – meiner willen,
Kann Deinen Zorn auch nicht die Unschuld stillen!
128.
Und, wenn Dein Wort, die Mohren zu bezwingen,
Mit Schwert und Flammen bittern Tod verbreitet,
So mag es der auch gnädig Leben bringen,
Die nie zu Schand' und Frevel ausgegleitet;
Und, soll der Unschuld Alles nicht gelingen,
So sey mir der Verbannung Qual bereitet,
Ob Scythiens Eis, ob Lybien mich umfange,
In Thränen nur zu leben, trüb und bange!
129.
Verbanne mich weit in die öden Gründe
Der Leu'n und Tiger, und ich werde sehen,
Ob ich bey ihnen irgend Mitleid finde,
Das Menschen mir nicht wollten zugestehen;
Daß dort ich meiner Liebe Glut verkünde,
Für die ich soll zu herbem Tode gehen,
Und, mir zum Trost auf meinem rauhen Wege,
Als Mutter seine Sprossen liebend pflege.
130.
Es will den König schon die That gereuen,
Gerührt von ihren Worten, ihrem Bangen,
Und dennoch soll sie Rettung nicht erfreuen,
Da Volk und Schicksal ihren Tod verlangen.
Die Schwerter blitzen, wild sie zu bedräuen,
Als wären sie in guter That befangen.
Ihr wollt ein Weib, ihr Henkerseelen quälen,
Und Ritterhände gegen Frauen stählen?
131.
Wie gegen Polyxena's schöne Blüte,'
Die einzig noch der Mutter Trost gewährte,
Mit scharfem Schwerte Pyrrhus Wuth entglühte,
Weil sie Achill im Schattenreich begehrte
Und sie zum Himmel sah mit sanfter Güte,
Ein duldend Lamm der zahmen schwachen Heerde,
Und noch einmal ins Mutterantlitz blickte
Und dann sich an zum Opfertode schickte;
133.
So gegen Ines auch der Mörder Bande,
Die frech und grimmig schon die Schwerter schwangen,
Und, achtlos aller Strafen solcher Schande,
Den Marmorhals mit kaltem Stahl durchdrangen.
Die weiße Blüte welket hin zum Sande,
An welcher noch der Augen Thränen hangen,
Die Blüte, die den Königssohn bezwungen,
Und noch im Tod das Diadem errungen!
133.
Wohl mochtest Du mit Deiner Augen Strahle
O Sonne! Dich, von solchem Anblick wenden,
Wie von der Söhne blutbeflecktem Mahle,
Thyesten einst gereicht von Bruderhänden;
Ihr höret noch, o schattenreiche Thale!
Das letzte Wort die kalten Lippen spenden,
Den Namen ihres Pedro hört ihr wallen,
Daß lang ihn noch die Felsen wiederhallen.
134.
Wie eine zarte Blum' in frohen Lenzen,
Die holde Farben rein und köstlich schmücken,
Mit solchem Schmelz die Haare zu bekränzen,
Vor ihrer Zeit des Mädchens Hände pflücken,
Verschwunden ist der Farben prangend Glänzen!
So ist die bleiche Todte zu erblicken,
Es sind die Lilien der zarten Wangen,
Die Rosen mit des Odems Hauch vergangen!
135.
Noch lange werden, trüb' in bangem Sehnen,
Mondegos Töchter Ines Tod beklagen,
Es muß ein Quell, zum Zeugniß ihrer Thränen,
Von Ines Liebe seinen Namen tragen,
Von ihrem Glück und ihrem frohen Wähnen,
Das er vernommen, Kunde stets zu sagen,
Und frische Blumen werden ringsum schwellen,
Sein Nam' ist Lieb' und Thränen sind die Wellen.
136.
Und kurze Zeit ist in dem Reich verflossen,
Als Pedro kann sich auf den Thron erheben
Und dieses Mords geflüchteten Genossen
Die Strafe will für ihre Unthat geben.
Mit Spaniens Pedro wird Vertrag geschlossen,
Der Feindlich war, wie er, der Menschen Leben,
Aus seiner Hand die Mörder zu erhalten,
Wie einst in Rom war der Triumvirn Walten.
137.
Er war ein strenger Richter böser Thaten,
Wenn Ehebruch und Raub und Mord begangen,
Und, Qualen auf ein schuldig Haupt zu laden,
Ihm hohe Lust und inniges Verlangen;
Die Städte blühten, hoch durch ihn berathen,
Von keines Stärkern Uebermuth befangen,
Und mehr Verbrecher hat sein Arm gerichtet,
Als Theseus einst und Herkules vernichtet.
138.
Nicht streng und hart, nach Pedros Ebenbilde,
(So wenig will Natur sich immer gleichen)
Folgt ihm Fernando, dessen träger Milde
Und Lässigkeit des Landes Wohl muß weichen;
Verheert erliegen schirmlos die Gefilde
Dem König der Hispanen in den Reichen,
Die kaum noch sind vor Untergang zu wahren,
Ein schwacher König schwächt der Tapfern Schaaren.
139.
Ob diese Strafe muß den König drücken,
Weil dem Gemahl er raubte Leonoren
Und sich vom Sinnentaumel ließ berücken,
Daß er zur eignen Gattin sie erkohren;
Ob, weil bezwungen von des Lasters Tücken,
Er Muth und Kraft und Tapferkeit verloren,
Zu einem weichen Schwächling umgeschaffen,
Da niedre Lieb' auch Tapfre macht erschlaffen.
140.
Denn, welche Gott der Rache wollte sparen,
Kann nur die Strafe wiederum versöhnen,
Wie dies Tarquin und Appius erfahren,
Und Jene, die geraubet einst Helenen,
Und dieses mußte David selbst gewahren
Und jener Stamm, der mächtig in den Söhnen
Von Benjamin; wie Pharao einst müssen
Um Sara, wie um Dina Sichem büßen.
141.
Und, daß auch Helden Kraft und Muth entweichen,
Wenn schnöder Liebe Lust der Sieg gelungen,
Deß ist Alkmenens Sohn ein warnend Zeichen,
Als ihn, zu spinnen, Omphale gezwungen.
Nichts Herrliches kann Marc Anton erreichen,
Nachdem ihn Kleopatras Arm umschlungen,
Und der Carthager selbst, mit seinen Siegen,
Muß in Apulien einer Dirn' erliegen.
142.
Doch wer ist je der Banden Fahr entronnen,'
Die Amor mit den Rosen schöner Wangen
Und mit der Glieder reinem Schnee versponnen,
Die hell wie Gold und Alabaster prangen;
Wer hat noch vor Medusen Heil ersonnen
Und ist der Macht der Schönheit wohl entgangen,
Daß nicht sein Herz verwandelt ward durch Liebe,
In Felsen nicht, in Glut und Flammentriebe!
143.
Wer mag den stolzen Blick, das sanfte Walten
Die Engelschönheit einer Hehren sehen,
Die Jeglichen in sich kann umgestalten,
Und dieser Hohen dennoch widerstehen!
Der kann entschuldigt wohl Fernando halten,
Der Amors Macht im eignen Fall' ersehen;
Wer aber sicher blieb vor solchen Flammen,
Wird strenger auch den Schuldigen verdammen. |