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1.
Es wußte kaum der König dieser Heiden
Durch Feste gnug die Helden zu erheben,
Um sich des Königs Freundschaft zu bereiten,
Dem unterthan so tapfre Völker leben.
Es kümmert ihn, daß in so fernen Weiten,
Nicht in Europa Herrschaft ihm gegeben,
Und nicht ihm da ein Reich sey angewiesen,
Wo durch Alcides Thor die Meere stießen.
2.
Mit Spiel und Tanz und andern Lustbarkeiten,
Wie zu Melinda Sitt' und Brauch verlangen,
Mit Fischsang, der zu Kleopatras Zeiten
Einst den Anton am Nile hintergangen,
Soll jeder Tag dahin in Festen gleiten,
Die Lusitanen herrlich zu empfangen,
Und Speisen müssen auf den Tafeln stehen,
Von Fleisch und Früchten, nimmer noch gesehen.
3.
Doch Gama, fürchtend, daß er länger weile,
Als recht sey, da ihm frische Winde wehen,
Will, daß die Flotte nun zur Abfahrt eile,
Mit Vorrath und Piloten reich versehen,
Denn, länger harren diene nicht zum Heile,
Da weite Fahrt im Meer noch zu bestehen,
Schon nimmt er Abschied von dem biedern Heiden,
Der Freundschaft wünscht auf lange ferne Zeiten.
4.
Drum bittet er, daß dieser Hafen immer
Der Christen Flotten Herberg dürfe leihen,
Denn Größeres und Beßres wünsch' er nimmer,
Als solchen Helden Reich und Staat zu weihen;
So lange nur des Lebens milder Schimmer
An Seel' und Leib ihm schenke noch Gedeihen,
Sey er bereit, mit Freuden Kron' und Leben
Für solchen König, solches Volk zu geben.
5.
Die Antwort gab mit gleicher Freundschaft Worte
Der Admiral und ließ die Segel spannen
Und floh den Landen an Aurorens Pforte,
Den langersehnten Küsten zu, von dannen.
Jetzt leiten ihn nicht Ränke aus dem Porte,
Wie früher wohl Piloten ihm ersannen,
Der Lootse hatte sichern Weg genommen
Und sichrer schieden sie, als sie gekommen.
6.
So schiffend in des Aufgangs Meeresfluthen,
Dem Indus nah, wo schon das Lager pranget,
Auf dem die Sonn' erwacht in Strahlengluthen,
Hat schon die Flotte fast ihr Ziel erlanget;
Als Bacchus, dessen Ränke nimmer ruhten,
Und, welchem hoch ob der Geschicke banget,
Die dort den Lusitanen sind verhießen,
In Zorn und Wuth beginnt sich zu ergießen.
7.
Er sieht den Rath der Himmlischen entschlossen,
Daß Lissabon ein neues Roma werde,
Und nimmer wankt, was jene Macht beschlossen,
Der unterthänig Himmel ist und Erde;
Drum scheidet er von des Olymps Genossen
Und tritt mit schier verzweifelnder Geberde,
Sich Hülfe suchend, zu dem Gott der Wogen,
Der einst zum Loos die Meere sich gezogen.
8.
In ungeheurer Tiefen tiefstem Schlunde,
Wo sich in Höhlen Meere weit verhüllen
Und, aufgepeitscht von Stürmen aus dem Grunde,
Die Wässer furchtbar tosend Antwort brüllen;
Da wohnt Neptun mit seiner Nymphen Bunde
Und andre Götter, die die Fluthen füllen,
Und Wellen haben Städten Raum gegeben,
Wo immerdar die feuchten Götter leben.
9.
In jenen Gründen, nimmer noch ergründet,
Entdecken sich des feinsten Silbers Flächen
Und hohe Thürme stehen dort gegründet
Aus Glanzkristall, durch das die Strahlen brechen.
Und Alles ist von Schimmer rings entzündet,
Das schauend sich des Auges Kräfte schwächen
Und daß es stets kann weniger bestimmen,
Ob hier Kristall', ob Diamanten glimmen.
10.
Die Pforten sind von Gold und köstlich reihen
Der Muscheln Töchter, Perlen, sich auf ihnen,
Auch prangen sie mit schönen Konterfeyen,
Die Bacchus Blick zur Augenweide dienen,
In Farben, welche höhern Glanz verleihen,
Ist ihm das alte Chaos schon erschienen,
Wo dann sich aus dem Formenlosen, Wilden
Vierfach ein Reich die Elemente bilden.
11.
Des Feuers Gluth entflieht zur höchsten Spitze,
Von nichts sich nährend, in dem Raum des Alles,
Von wo Prometheus stahl des Himmels Blitze
Und alles Leben nährt des Erdenballes.
Dann schwingt unsichtbar sich zu ihrem Sitze,
Doch nicht so hoch, die Luft, zu füllen Alles
Und leicht in jedem leeren Raum zu weben,
Ob auch ihm Kält', ob Wärme ihm gegeben.
12.
Auf Hügeln ist der Erde Bild bereitet,
Wo Kräuter schön und Baum und Blumen sprießen,
Sie, welche mannigfach Geschöpfe weidet,
Daß Nahrung die Lebendigen genießen.
Dann ist das Wasser bildlich ausgebreitet,
Deß Ströme sich durch alle Lande gießen
Und welches Fische mannigfach ernähret
Und allen Körpern Lebenskraft gewähret.
13.
Und anderswo ist künstlich ausgehauen
Der wilde Krieg der Götter und Giganten
Und Typheus in des tiefen Aetna Grauen,
Aus welchem schon der Blitze Gluthen brannten;
Auch ist Neptun und Pallas dort zu schauen,
Mit ihren Gaben, mit den unbekannten,
Die junge Welt beschenkend mit dem Rosse
Und mit des Oelbaums friedlich-schönem Sprosse.
14.
Doch läßt der Zorn Lyäen nicht verweilen
Bey diesen Werken aus der Kunst Gebieten,
Stracks im Palaste zu Neptun zu eilen,
Dem von dem Gast schon Kundschaft war beschieden;
Und da, wo sich der Pforte Flügel theilen,
Will er dem Kommenden den Gruß entbieten,
Umringt von Nymphen, die Verwundrung zeigen,
Zu schaun den Weingott in des Wassers Reichen.
15.
Nicht magst Du, sprach er, o Neptun, erschrecken,
In Deinem Reiche Bacchus zu empfangen,
Denn Unglück will auch Mächtigen entdecken,
Weß seine Macht sich nur mag unterfangen.
Versammle aus des Meeres weiten Strecken
Die Götter Alle, wenn Du trägst Verlangen,
Noch mehr zu hören, daß es All' erfahren,
Welch Unheil Allen sich wird offenbaren.
16.
Neptunus hofft, viel Seltsames zu hören;
Drum soll zu Rathe Triton flugs bestellen
Die Götter Alle in den kalten Meeren,
Die hier und dort an den Gestaden schwellen,
Der Triton, den, als Gott einst hoch zu ehren,
Salaria gebar dem Gott der Wellen,
Ein Jüngling, schwarz und häßlich nur von Miene
Und nur bedacht, wie er dem Vater diene.
17.
Die Haare, die von Bart und Kopf sich spinnen
Und sich herab auf Brust und Schultern beugen,
Sind Binsen nur, aus welchen Tropfen rinnen,
Die nimmer von des Kammes Ordnung zeugen,
Und Muscheln nisten dick und schwarz darinnen,
Wie in des Abgrunds Tiefen sich erzeugen,
Und seinen Kopf deckt, gleich der Pickelhaube,
Der mächtigen Locusta harte Schaube.
18.
Gewand darf nirgend seinen Leib umgeben,
Im Meer den Schwimmenden nicht zu befangen,
Nur, daß um ihn, wo sonst wohl Gürtel schweben,
Viel hundert kleine Meergeschöpfe hangen,
Verhaar, Blutigel, Quallen um ihn weben
Und Andre, die von Phoebe Kraft empfangen,
Kammmuscheln, schmutzige Tellinen, Pinnen,
Die sich mit Fäden an die Küsten spinnen.
19.
Doch jetzt erklingt der krummen Schnecke Schallen,
In seines Odems Kraft sich zu entladen,
Daß ihre Töne mächtig wiederhallen
Im ganzen Meer, an brausenden Gestaden.
Der Götter Schaar beginnt einher zu wallen
Zu dem Pallast Neptuns auf feuchten Pfaden,
Der Ilium die Mauern aufgerichtet,
Die Griechenwuth einst wieder hat vernichtet.
20.
Es naht der Vater Ocean, umringet
Von Söhnen und von Töchtern zu gewahren,
Und Nereus kömmt, der Doris mit sich bringet,
Die ihm gebar der Fluthen Nymphen Schaaren
Und Proteus, welcher in die Zukunft dringet,
Daß ihm sich ferne Dinge offenbaren,
Hat auch verlassen seiner Heerden Heere,
Ob er auch weiß, was Bacchus will im Meere.
21.
Neptunus Gattin zog auf andern Wegen,
Von Coelus und der Vesta einst entsprossen,
In solcher Würde, solcher Schönheit Segen,
Daß staunend kaum die Fluthen weiter flossen.
Es ist um ihrer Glieder zartes Regen
Ein Schleyer, wie aus Lust gewebt, ergossen,
Durch welchen man den schönen Leib entdecket,
Denn solcher Reiz wird billig nicht verstecket.
22.
Und Amphitrite, schön, wie Blumen blühen,
Wie hätte nicht auch sie sich eingefunden!
Der Delphin folgt ihr, dessen treuen Mühen
Der König ist für ihre Gunst verbunden.
Von ihrem Aug', wie Sonn' und Stern' auch glühen,
Wird Jegliches im Weltall überwunden,
So gehen Hand in Hand und sonder Neide,
Die Einem Gatten angehören, Beide.
23.
Und Ino, die einst Göttin ward zum Lohne,
Als des Gemahles Wüthen sie entgangen,
Sie nahet auch mit ihrem schönen Sohne,
Der gleichfalls göttlich Wesen hat empfangen
Und munter spielt er in der nassen Zone
Mit schönen Muscheln, welche farbig prangen,
Bald vor ihr her, bald ruht er, aufgeschwungen,
In Panopäens Arm, der ihn umschlungen.
24.
Und jener Gott, der, einst ein Mensch geboren,
Durch eines Krautes Kraft und Wundergaben,
Zum Fische ward, für das, was er verloren,
Die Glorie der Göttlichkeit zu haben,
Zu Thränen nur durch Circe auserkohren,
Die die geliebte Scylla einst begraben
Im Meer, denn Beide liebten ihn, den Einen.
Was mag verschmähter Liebe grausam scheinen!
25.
Schon sind nun Alle in den weiten Hallen
Versammlet, welche herrlich sind bereitet.
Der Götter warten Sessel von Kristallen,
Den Göttinnen sind Teppiche gebreitet.
Des Ambra köstliche Gerüche wallen,
Um die Arabien das Meer beneidet,
Und Grüße will der Vater rings bescheiden
Und der Thebaner sitzet ihm zur Seiten.
26.
Als nun der Saal die Himmlischen empfangen
Und das Getöse sich will mählig stillen
Beginnt den Grund von seinem innern Bangen
Und seiner Sorge Bacchus zu enthüllen.
Doch ist von Schmerz sein Blick nur leicht befangen,
Ein größeres Gefühl scheint ihn zu füllen
Und, daß er Lusus Söhne sicher tödte
Durch fremde Macht, erhebt er so die Rede:
27.
Monarch! dem eigen Scepter ist und Krone;
Von Pol zu Pol das wilde Meer zu lenken
Und alles Volk, das nur auf Erden wohne,
In seiner Heimath Gränze zu beschränken!
Und, Vater Ocean! der jede Zone
Des Alls vermag mit seiner Fluth zu tränken
Und mit gerechten Schlüssen also schaltet,
Daß Jegliches in seiner Sphäre waltet.
28.
Und Ihr, Meergötter! die Ihr nie vergebet
Die kleinste Schmach in Euren großen Reichen,
Die Ihr den Arm der Rache stracks erhebet,
Wenn freche Kiele schiffend es durchstreichen.
Was ist es, daß Ihr jetzt so sorglos lebet,
Was machte jetzt die Herzen so erweichen,
Die billiger wohl ganz verhärtet wären,
Da schwache Sterbliche so viel begehren!
29.
Ihr saht es, wie den Himmel diese Frechen
Mit unerhörtem Muth zu stürmen wagten,
Saht, wie sie wüthend auf des Meeres Flächen
Mit allen Segeln in die Fluthen jagten,
Ihr saht's und seht zu ähnlichem Verbrechen
Allstets bereit und keck die Unverzagten.
So müssen sie bald unsre Götter werden
Und wir die Sclaven dieses Staubs der Erden.
30.
Schaut nur der Ohnmacht dürftige Geschlechte,
Dem meines Dieners Name ward beschieden,
Mit Uebermuth und stolzer starker Rechte,
So Euch, als mir, und aller Welt gebieten,
Und, wie dieß Volk sich höh'rer Ding' erfrechte,
Als die, womit selbst Rom einst war zufrieden,
Und wie sie Eure Reiche jetzt verheeren
Und Eure Ordnung sonder Scheu verkehren.
31.
Ich sah, wie einst, als sich in Eure Staaten
Die Mynier zuerst die Bahn erstritten,
Nordwind und Boreas sich flugs berathen,
Und Alle rasch zu Widerstande schritten.
Wenn nun so abentheuerliche Thaten
Die Winde selber ruhig nicht erlitten,
Was wollt den Ihr bey größrem Recht der Rache
Noch zaudern, hoffen, warum nicht zur Sache?
32.
Doch sollt darum Ihr nicht, o Götter! glauben,
Daß ich für Euch vom Himmel nur gestiegen;
Denn mir auch wollen sie die Ehre rauben,
Wie Ihr im Meere sollt der Schmach erliegen.
Die Kränze, welche meine Stirn' umlauben,
Seit mir gelang, den Indus zu besiegen
Im Orient, mit tausend Hindernissen,
Hat diese Schaar vom Scheitel mir gerissen.
33.
Die Mächte, die des Weltalls Zügel lenken,
Der Gott der Götter und das Fatum wollen
Mit höherm Ruhme dieses Volk beschenken,
Als irgend Eins, seit tiefe Meere rollen,
Hier könnt Ihr nun, o Götter! es bedenken,
Wie Götter selbst thun, was sie thun nicht sollen,
Und wie jetzt Keiner minder ist in Ehren,
Als welcher dessen nimmer sollt' entbehren.
34.
Drum hab' ich den Olympus auch verlassen,
Um meiner Sorge Heilung zu ersinnen,
Um meinen Ruhm, den dort die Himmel hassen,
In Euern Meeren wieder zu gewinnen.
Mehr konnte Bacchus nicht in Worte fassen,
Weil Thränen schwer aus seinen Augen rinnen,
So daß er bald die Götter dieser Fluthen
In Zorn entflammt und wilder Rache Gluthen.
35.
Der Zorn, der jetzt der Götter Herz entzündet,
Hat Alle schon so mächtiglich befangen,
Daß nicht mehr wird der beßre Rath ergründet
Und sonder Aufschub wird zu Werk gegangen.
Es wird dem großen Aeolus verkündet,
Was alle Götter mit Neptun verlangen,
Daß er die Wuth der wilden Stürm' entbinde
Und bald im Meere sich kein Schiff mehr finde.
36.
Zwar wollte Proteus noch ein Wort erheben
Und sagen, was er von der Sache halte
Und Alle müssen wohl ihm Zeugniß geben,
Daß sich dem Seher Zukunft gern entfalte;
Doch in des lärmenden Getöses Beben,
Von welchem laut der Göttersaal erschallte,
Rief donnernd Thetis mit des Ingrimms Grolle:
Neptunus wird wohl wissen, was er wolle!
37.
Und schon erlöst aus ihrer Kerker Pforten
Hypotades die Wuthberauschten Winde,
Bedacht nur, daß er sie in milden Worten
Zum Todeskampf mit dieser Schaar entzünde,
Und Nacht umzieht die Himmel aller Orten,
Die Stürme rasen durch die tiefen Gründe
Und toben stets mit neuen Kräften wieder
Und stürzen Häuser, Thürme, Berge nieder.
38.
Indeß man dieß beschloß im Meeresgrunde,
Sah man bey leiser Lüfte wildem Wehen
Die müde Flotte, bey der Lootsen Kunde,
Auf ihrem langen Wege weiter gehen.
Nacht war es jetzt, und jene bange Stunde,
Wo Licht und Tag fern von der Erde stehen;
Schon will die erste Wach' auf den Verdecken
Die folgende zu gleichen Pflichten wecken.
39.
Bezwungen von dem Schlafe schier noch gähnen
Die Leute, die, nur leicht und dünn bekleidet,
Sich müde noch an Mast und Stange lehnen,
Indessen scharfer Wind die Luft durchschneidet;
Nur mühsam können sich die Augen dehnen,
Weil durch die Glieder noch der Schlummer gleitet,
Drum thun sie Alles, um ihn abzuwenden,
Erzählend Ebentheuer und Legenden.
40.
Womit, sprach Einer, können wir die Stunde,
So drückend uns, wohl leichter überstehen,
Als durch ein frohes Mährchen in der Runde,
Bey welchem Schlafgedanken bald vergehen!
Da sprach Lenardo flugs, in dessen Munde
Sich jedes Wort um Minne nur soll drehen:
Wie käm uns da wohl besseres zu Sinne
Zur Unterhaltung, als von Lieb' und Minne?
41.
Nein! sprach darauf Veloso, und mit nichten!
So leicht und scherzhaft ist nicht unser Leben,
Um unsern Sinn auf Minnespiel zu richten,
Da Fahr und Mühen uns im Meer umschweben.
Nein! lieber mag uns Einer jetzt Geschichten
Von wildem Kampf und Krieg zum Besten geben
Und in die Seele Kraft und Muth uns hauchen,
Wir werden wohl noch Kraft und Muth einst brauchen.
43.
Es stimmen Alle Beifall und verlangen,
Daß der Veloso jetzt zuerst erzähle;
Wohl! sprach er, Tadel soll mich nicht umfangen,
Als ob ich Fabeln nur zum Stoff mir wähle!
Und daß ihr Nutz auch mögt daraus empfangen
Und Euer Arm zu großer That sich stähle,
Bericht' ich Euch von Helden unsrer Staaten
Und, was die Zwölf von Engeland einst thaten.
43.
Zur Zeit, als Pedrus Sohn, Johann, vom Throne
Des Reiches, mild der Herrschaft Zügel lenkte
Und Frieden war und Rechte seiner Krone
Kein Nachbar mehr nach Willkühr ihm beschränkte;
Da war es, als in Englands kalte Zone
Erinnys sich zum Unheil niedersenkte
Und Zwietracht säte, Böses zu vollbringen,
Daß Lusus Volk dort Ehre mußt' erringen.
44.
An Englands Hofe hatte sich ein Streiten
Erhoben zwischen Herrn und edlen Frauen,
Daß, ob im Ernste? will ich nicht entscheiden,
Schon Zwist und Händel waren fast zu schauen.
Die Herrn vom Hofe, die sich herrlich weiden,
Mit Worten manchmal in die Luft zu hauen,
Behaupteten, säh' man auf Zucht und Ehre,
Daß keine werth des Frauennahmens wäre.
45.
Und, wollte irgend Jemand sich erfrechen,
Was sie gesagt, im Kampf zu widerlegen,
So wären sie bereit, mit ihm zu sprechen
Auf Schimpf und Tod, auf Lanzen oder Degen.
Wie mochten solche Schmach die Frauen brechen,
Was konnte wohl der Ohnmacht Arm dagegen!
Drum suchten sie, weil tief die Worte brannten,
Bey ihren Freunden Schutz und bey Verwandten.
46.
Doch, da die Gegner groß und mächtig waren
Im Königreich, ist Keiner aufzufinden
In ihrer Ritter und Verwandten Schaaren,
Nach Pflicht und Recht mit Jenen anzubinden.
Da wollen sie nicht Klag' und Thränen sparen
Und schön, um alle Götter zu entzünden,
Zu ihrem Schutz und, lieblich anzusehen,
Zum Herzog von Lancaster Alle gehen.
47.
Der Herzog hatte schon in frühern Tagen,
Verbündet mit dem Volk der Portugiesen,
Die Waffen in Castilien getragen,
Wo diese trefflich sich im Kampf bewiesen;
Auch weiß er aus Erfahrung wohl zu sagen,
Daß Myrthen wohl im schönen Lande sprießen,
Da seine Tochter dort den König rührte,
Daß dieser sie zum Traualtare führte.
48.
Daß Zwietracht nun entflamme nicht im Lande,
Will er die Fehde selber zwar vermeiden,
Doch spricht er: als ich einst am Ebrostrande
Mit Kampf und Schwert mir wollte Recht bereiten,
Sah ich ein Volk, zu aller Völker Schande,
Vor Allen brav und klug und herrlich streiten,
Traun! Portugiesen nur würd ich erkühren,
Mit Schwert und Flammen Euer Recht zu führen.
49.
Soll ich, bedrängte Damen! drum Euch dienen,
So senden wir flugs Bothschaft an die Helden,
In Briefen Euern Schimpf und Kummer ihnen
Mit wohlgesetzten Worten fein zu melden;
Doch müßt auch Ihr der Feder Euch bedienen,
Von Lieb' etwa ein Wörtchen lassen gelten,
Von Schmerz und Thränen, und ich sollte meinen,
Sie müßen Euch zur Hülfe bald erscheinen!
50.
So rieth der Herzog ihnen, wohl erfahren
Und konnte bald zwölf tapfre Ritter nennen,
Und durch das Loos soll, Alle zu bewahren,
Flugs ihren Ritter jede Dame kennen.
Da nun der Damen auch nur zwölfe waren,
Kann man auch Jeder wohl ein Loos vergönnen,
Und jede schreibt dem, der ihr zugefallen,
Dem König Alle und der Herzog Allen.
51.
Schon ist Bericht in Portugal erschollen,
Der ganze Hof staunt ob der neuen Kunde
Und hätt' es seine Würde leiden wollen,
So focht der König selbst im Ritterbunde.
Wenn tausend Kämpen hätten ziehen sollen,
Sie fanden sich, und zogen aus zur Stunde:
Denn glücklich werden Jene nur gepriesen,
Die durch den Herzog sind zum Kampf gewiesen.
52.
In jener Stadt, von der nach alten Sagen
Der ew'ge Name Portugal entsprossen,
Läßt nun ein Schiff, nach England sie zu tragen,
Der König rüsten diesen Kampfgenossen.
Die zwölf versehn sich in nur wenig Tagen
Mit Waffen und mit schön geschmückten Rossen,
Mit Helmen, Schwertern, Lanzen und Devisen
Und Decken, Kleidern, schöner nicht zu kiesen.
53.
Die Paladine, die der edle Britte
Zu sich berief, entbieten als Vasalen
Noch Gruß dem Könige nach alter Sitte,
Um aus dem Duro schiffend dann zu wallen.
Es gleicht ein Jeder in der Helden Mitte
An Heldenmuth und Waffenkunde Allen!
Magriço aber, Einer aus dem Kreise,
Sprach zu der Andern Schaar auf diese Weise:
54.
Gefährten kühnen Muths! seit langen Jahren
War in das Ausland immer nur mein Trachten,
Mehr Fluthen, als den Duro zu befahren,
Auf manches Volkes Sitt' und Brauch zu achten.
Jetzt will Gelegenheit sich offenbaren,
Der Erde große Dinge zu betrachten,
Drum will ich weiter noch zu Lande gehen,
Wenn Ihr wollt, und Euch dann in England sehen.
55.
Doch, sollte mich das letzte Loos der Dinge,
Eh' ich Euch wieder fände, doch erreichen!
So gilt fürwahr mein Scheiden dort geringe
Bey tapfern biedern Männern Eures gleichen!
Ihr thut dann Alle, was ich nicht vollbringe,
Doch, ist die Ahnung mir ein sichres Zeichen:
So werden Berg und Fluß und die Gewalten
Des Schicksals selbst mich nicht zurücke halten.
56.
So spricht er, küßt sie und die Segel blähen
Zur Abfahrt sich, dann zieht er in die Weite,
Leon, Castilien, wo des Siegs Trophäen
Vielfach errang der Ahnen Arm im Streite;
Navarra, wo die hohen Pyrenäen
Sich die Natur zur Scheidewand einst reihte
Und Frankreichs Wunder thät' er drauf durchwandern
Und ziehen dann ins Reichbegabte Flandern.
57.
Hier angelangt, weilt er der Tage viele,
Durch Zufall oder Vorsatz fest gehalten,
Indeß das Nordmeer mit des Fahrzeugs Kiele
Die eilf gepriesnen Paladine spalten.
Bald sind auf Englands Küste sie am Ziele,
Schon kann sich London ihrem Blick entfalten,
Der Herzog nimmt sie auf, wie sie verdienen,
Und Dienst und Eifer weihn die Damen ihnen.
58.
So Tag als Platz zum Kampf wird angewiesen
Und zwölf der Britten, solchen zu bestehen,
Da ihm der König seinen Schutz verhießen
Und Alle sind in Rüstung schon zu sehen.
Die Damen, stolz auf ihre Portugiesen,
Die hin zum Strauß, in Stahle schimmernd, gehen,
Bekleiden sich in seidenen Gewändern,
In Gold gestickt und frohen bunten Bändern.
59.
Nur Jene, der Magriço ward zu Theile
Im Loos, erscheint im traurenden Gewande,
Bekümmert, daß ihr Ritter noch verweile,
Nicht ihrer achtend in dem fernen Lande;
Ob auch die Eilf geloben ihr zum Heile,
Sie brächten, traun! das Werk auch so zu Stande
Und retteten der Dame Sieg und Ehre,
Wenn fern auch noch ein Zweiter, Dritter wäre.
60.
Schon sitzt der König auf der Bühne Bogen,
Von seines ganzen Hofes Pracht umgeben.
Zu drey und drey sind Jene angezogen,
Zu vier und vier, wie Platz und Loos gegeben.
Und von des Tago zu des Bactrus Wogen
Mag nirgendwo ein kühnrer Ritter leben,
Als sich jetzt zwölf der ersten Brittenhelden
Den Eilf aus Portugal entgegenstellten.
61.
Die Rosse stampfen in des Zügels Banden
Und nagen schäumend an den goldnen Stangen
Und, wie Kristall und harte Diamanten,
Ist in der Sonne Strahl der Waffen Prangen.
Nur Einige der Schauenden befanden,
Daß zwölf aus England in den Kampf gegangen,
Zwölf gegen Eilf, als, ringsum laut entzündet,
Ein lautes Lärmen neue Mähr verkündet.
62.
Neugierig schauen alle nach der Seite,
Von welcher her des Lärmens Töne dringen,
Und sieh! es sprengt in kriegrischem Geschmeide
Ein Ritter an, um auch den Speer zu schwingen.
Magriço wars, doch will er vor dem Streite
Dem König und den Damen Gruß noch bringen
Und dann der biedern Freunde Brust umfassen,
Die er noch nimmer in der Fahr verlassen.
63.
Als Jene hört, das sey der Ritter eben,
Der da sey, um auch für ihr Recht zu streiten,
Muß stracks auch sie ein goldnes Kleid umgeben,
Das Thoren mehr als Tugend oft beneiden.
Und der Drommete Zeichen wird gegeben,
Daß in die Adern Muth und Kampflust gleiten,
Die Sporen blinken, Zügel sind gesunken,
Die Lanzen tief, der Boden stiebt in Funken.
64.
Die Rosse rennen, als die Töne schallen,
Daß donnernd Grund und Schranken rings erzittern
Und bang und staunend alle Herzen wallen,
Als müsse jedes Kämpen Brust zersplittern.
Hier ist ein Roß mit seinem Herrn gefallen,
Dort fliegt vom Sattel Einer aus den Rittern,
Dem färbt das Blut den Panzer und zum Rücken
Des Gaules muß sich dort ein Helmbusch bücken.
65.
Der Eine, welchen Todesnacht umsponnen,
Ist aus dem Leben eilig fortgeschritten,
Hier ist ein Roß der Ritterhand entronnen,
Dort liegt ein wackrer Ritter unberitten.
Was hat das stolze England nun gewonnen!
Schon fliehen aus den Schranken von den Britten
Und denen, die etwa das Schwert noch regen,
Steht mehr als Schild und Panzerrock entgegen.
66.
Mit vieler Worte Rühmen die Geschichten
Von jedem Rennen, jedem Hiebe geben,
Das mögen jene Herrn, die, wenn sie dichten,
Die Zeit nur tödten, und in Mährchen leben.
Drum will ich Euch nur kürzlich noch berichten,
Daß durch der Ritter muth'ges hohes Streben
Die Unsern sich des Sieges Palme nahmen
Und Ruhm und Sieg erwarben ihren Damen.
67.
Der Herzog lädt die Zwölf im Siegesschimmer
Nun ein zum Mahl in herrliche Palläste,
Und Diener, Köche, Jäger rasten nimmer
Und schaffen nur für ihrer Damen Gäste.
Die Ritter sollen täglich, stündlich immer
Banquett' erfreun und hundert neue Feste,
So lange sie in England sich verweilen,
Bis sie zur süßen lieben Heimath eilen.
68.
Doch von Magriço sagen noch die Kunden,
Er hab' auf seiner Fahrt nach großen Dingen,
Sich auch in Flandern wieder eingefunden
Um dort der Gräfin Hülf und Heil zu bringen
Und einen edlen Franzmann überwunden,
Wie solchem Ritter mußte leicht gelingen
Und einer goldnen Kette Dank empfangen,
Wie sie Torquat einst und Corvin umfangen.
69.
So hat ein Andrer von den zwölf Genossen
In Deutschland auch noch Sieg davon getragen,
Als ränkevoll ein Deutscher dort beschlossen,
Es mit dem Helden mal durch List zu wagen.
So sprach Veloso, aber unverdrossen
Und pünktlich soll er, was er weiß, noch sagen,
Ruft Jeder und vom Deutschen Strauß berichten
Und von Magriços Sieg noch und Geschichten.
70.
Da aber schon die Mähr soll weiter gehen,
Läßt flugs der Steuermann die Pfeif' erklingen
Und wach sind die Matrosen stracks zu sehen
Und Alles will herbey zur Arbeit springen
Und, weil die Winde stürmischer schon wehen,
Läßt er das Segelwerk in Ordnung bringen
Und ruft: Frisch an! die Stürme zu bezwingen,
Die dort die schwarzen Wolken mit sich bringen.
71.
Doch, ehe noch die Arbeit kann gedeihen,
Senkt sich das Wetter schon auf Meer und Wogen.
Das Segel ein! erschallt des Steurers Schreien:
Frisch an! das große Segel eingezogen!
Nicht harrt darauf der Stürme wildes Dräuen,
Denn Alle stürzen auf des Segels Bogen
Und reißen es in Stücken flugs und krachen
Als sollten sie der Welt ein Ende machen.
72.
Dem Himmel will der Mannschaft Schreyn verkünden,
Wie Angst und Zagen Alle hat beklommen.
Es hat das Schiff, sich neigend, als den Winden
Das Segel riß, viel Wasser eingenommen.
Werft über Bord, was irgend nur zu finden!
Ruft nun der Steurer: ob es möge frommen,
Und an die Pumpen Jene, an die Pumpen!
Wir schöpfen Wasser, wenn wir nicht stark plumpen!
73.
Schon eilen bey der Stürme Wuth und Tosen
Sie zu den Pumpen, muthig sich zu regen,
Als neue Fluthen auf das Fahrzeug stoßen
Und stracks es auf die andre Seite legen.
Und drei der stärksten, kräftigsten Matrosen
Vermögen nicht, das Steuer zu bewegen,
Ob sie es auch mit Thauen rings umschlingen,
Der Menschen Kunst und Arm kann es nicht zwingen.
74.
Nicht schrecklicher war je der Winde Grollen,
Furchtbarer nie, denn jetzt, der Stürm' Erschwellen,
Als hätten Babels Thürme stürzen sollen,
Beginnt der Windsbraut Wuthgeheul zu gellen
Und immer größre Wasserberge rollen
Und mit dem Schiffe spielt die Wuth der Wellen,
Als wär ein Boot es, daß man nicht befindet,
Wie es der Wogen Macht noch überwindet.
75.
Auf Paul von Gamas Schiff war in der Mitten
Der große Mast in Sturm entzwei gebrochen;
Schon halb im Meer' erschallt der Mannschaft Bitten
Zu dem, der Heil einst aller Welt versprochen.
Von gleichem Schrey ward auch die Luftdurchschnitten,
Weil krachend schon in allen seinen Jochen
Coelhos Schiff kaum noch bekämpft die Wogen,
Ob es auch längst das Segel eingezogen.
76.
Bald muß die Flotte zu den Wellen steigen,
Auf des Neptunus Zornentbrannten Wellen,
Bald wieder in der Tiefen Abgrund weichen,
Wo sich des Meeres Eingeweide spellen.
Denn Süd- und Ost- und West- und Nordwind streichen,
Als wollten sie den Weltbau nur zerschellen
Und durch die Nacht der schwarzen Wolken winden
Sich Blitze hin, den Pol rings zu entzünden.
77.
Vom nahen Ufer schallt in dumpfen Klängen
Der laute Schmerz der schönen Halcyonen,
Erinnernd sich in traurigen Gesängen,
Was sie verlohren in des Meeres Zonen.
Der zärtlichen Delphinen Heerden drängen
Sich in die Grotten, sicherer zu wohnen
Und so des Sturmes Wettern zu entweichen,
Die furchtbar wüthen in des Abgrunds Reichen.
78.
Nie schmiedete so wilde Donnerkeile,
Zum Kampf mit der Giganten wilden Rotte
Der schwarze Gott, der, zu des Sohnes Heile,
Einst Waffen schuf in seiner Schmiede Grotte.
Nie stammten solcher Blitze große Pfeile,
Als es gefiel der Donner großem Gotte,
Durch jene Fluth die Erde zu verderben,
Wo Alle außer Zween einst mußten sterben.
79.
Wie viele Berge, weit auf Meeres Stranden,
Versenkt es nun bey lauter Donner Schallen!
Wie viele Bäume, rings in allen Landen,
Zerknickt der Sturm, daß sie zu Boden fallen!
Die Wurzeln, die sich durch die Tiefen wanden,
Begreifen nicht, wie sie zum Himmel wallen
Und nicht der Sand, was aus des Abgrunds Grüften,
Ihn schleudre zu des Tages Glanz und Lüften.
80.
Als Gama nun der Reise Ziel und Hoffen,
So nah schon sieht und doch nicht zu erreichen,
Weil bald der Meere tiefe Kluft ihm offen,
Bald auf zum Himmel seine Schiffe steigen,
Wird sein Herz auch von banger Furcht betroffen
Und, da sich Rath ihm nirgend mehr will zeigen,
Nimmt er den heilgen Rath, dem aller Orten
Stets möglich das Unmögliche geworden.
81.
Und spricht: o Gott der hohen Engelheere,
Dem Erd' und Meer und Himmel untergeben,
Der Israel geführt im rothen Meere
Und Heil ihm hat vor Pharaon gegeben!
Der Du geschützt den Boten Deiner Lehre,
Im Schiffbruch einst gerettet Paulus Leben
Und den erhalten in der Arche Borden,
Der aller Menschen zweiter Vater worden;
82.
Wenn wir wohl neue größere Gefahren,
Als Scylla und Charybdis überwunden
Und Syrten oft, Untiefen oft befahren
Und ein Aeroceraunium gefunden;
Warum nicht jetzt die Deinen auch bewahren,
So nah am Ziel in solcher Drangsal Stunden,
Da Du bisher uns gnädig doch gewesen
Und wir zu Deinem Dienst nur sind erlesen.
83.
O glücklich Jene, die den scharfen Speeren
Der Africaner früher schon erlagen,
Als sie, des Glaubens Herrschaft zu vermehren,
Die Waffen einst in Mohrenland getragen,
Die niemals Ihrer Thaten Ruhm entbehren,
Von denen spät die Nachwelt noch wird sagen
Und, die im Sterben Leben sich erwarben
Und gern den Tod des süßen Nachruhms starben.
84.
So Gama! doch der Winde lautes Brüllen,
Wie Stiere, die zum Kampfplatz wüthend schreiten,
Will Alles mehr in Wetter noch verhüllen
Und pfeifend durch das hohle Tauwerk schneiden
Und Blitze, schwül und ungeheuer, füllen
Und Donner rings des Meeres ferne Weiten
Und aus den Axen stürzt der Himmel nieder,
Als wallte Kampf der Elemente wieder.
85.
Doch siehe! schon empor am Himmel gleitet
Der Liebe Stern, von Strahlenlicht entzündet,
Der jeden Morgen auf die Welt begleitet
Und Erd' und Meer den frohen Tag verkündet.
Die Göttin, die der Himmel Reigen leitet,
Vor der Orions Flammenschwert verschwindet,
Erblickt das Meer, wo ihre Schiffe wallen
Und wird von Furcht und Zorn zugleich befallen.
86.
Sie sprach: Das sind nur Bacchus arge Tücken!
Doch nimmer soll es dem verwegnen Gotte,
Zum Ziele seinen Plan zu führen, glücken:
Ich deck' ihn auf und mach' ihn so zu Spotte!
So sprechend ist sie schnell, wie Pfeile zücken,
Im Meer auch schon, zu schützen ihre Flotte
Und Rosen müssen flugs mit frischen Ranken,
Um ihrer Nymphen schöne Stirnen schwanken.
87.
Wetteifernd ist der Farben Schmelz zu sehen,
Die mannigfach durch blondes Haar sich winden.
Aus Golde scheinen Blumen aufzustehen,
Die Amors Hände zart in Kränze binden.
Die Göttin will der Winde grauses Wehen
Durch Liebe nur und Anmuth überwinden
Und ihre schönsten Nymphen ihnen zeigen,
Die schöner sind, als aller Sterne Reigen.
88.
Und so geschah's denn, als sie die erblicken,
Will stracks sich auch die Wuth der Winde legen,
Zu schönern Kämpfen nun sich anzuschicken
Und huldigend Gehorsam nur zu hegen.
Der Nymphen Haar scheint alle zu umstricken,
Als könne nicht sich Hand und Fuß mehr regen
Und Euritia thät das Wort erheben,
Dem Boreas, dem sie in Lieb' ergehen.
89.
Vermeine nicht, Du Wilder! daß ich glaube,
Du werdest treue Liebe mir behalten!
Denn Lieb' ist sanft und milde wie die Taube
Und mag nicht mit der Wuth des Geyers walten,
Giebst Du Dich wildem Toben nur zum Raube,
Wie kann sich zärtliches Gefühl entfalten!
Nur fürchten kann ich dann Dich, niemals lieben,
Denn Liebe wird von Furcht gar bald vertrieben.
90.
Bey gleichen Worten muß auch Galatheen
Der finstre Zorn von Notus Stirne schwinden.
Denn er ist glücklich schon, sie nur zu sehen,
Drum hofft sie auch, nicht grausam ihn zu finden,
Der Muthige kann kaum sein Glück verstehen,
So leicht sich die Geliebte zu verbinden
Und froh, daß sie ihm einen Wunsch enthülle,
Wie könnt' er zögern, daß er ihn erfülle.
91.
Mit gleichen Schmeichelworten überwanden
Die andern Nymphen auch der Andern Herzen,
Und wilder Zorn und rohes Wüthen fanden
Sich bald besiegt von Venus süßen Scherzen
Und sie versprach, daß dieser Liebe Banden
Die Glücklichen fortan nie sollten schmerzen.
Worauf in Cypris Hand die Winde schwören,
Bey dieser Fahrt nur künftig sie zu hören.
92.
Doch schon umstrahlt der Tag der Berge Höhen,
Durch die der Ganges rauschend fort sich windet,
Vom hohen Mastkorb aus wird Land gesehen
Und Land flugs aller Mannschaft froh verkündet.
Nicht mehr ist Meer und Windsbraut zu bestehen,
Da selbst die Furcht aus allen Seelen schwindet
Und jubelnd ruft der Lotsen von Melinde:
Das ist Calcutta, wenn ich recht mich finde.
93.
Das ist gewiß das Land, nach dem Ihr trachtet,
Das wahre Indien, was dort sich zeiget;
Und, wenn Ihr nicht auf andres Ziel noch achtet,
So ist dort Eurer Reise Zweck erreichet.
Und Gama, der so nach dem Lande schmachtet,
Daß, es zu sehn, ihm Brust und Herz erweichet,
Wirft auf die Knie sich und hebt seine Hände.
Daß er auch Gott nun Preis und Danken spende.
94.
Er dankt und betet! und sollt' er nicht danken,
Deß Blicke nun das Land so nahe schauen,
Das er, ob oft auch Muth und Hoffnung sanken,
Doch stets gesucht in Drangsal und Vertrauen,
Und der gerettet, schneller als Gedanken,
Vom Tode ward und aus des Meeres Grauen,
Das eben noch mit Stürmen um ihn krachte,
Als wenn er auf aus schweren Träumen wachte.
95.
O! nur durch Noth und Drangsal und Beschwerden,
Auf Wegen nur, die Fahren rings umblitzen,
Kann großer Ruhm und Preis errungen werden,
Kann hoher Sinn das Herrlichste besitzen.
Es frommt da nicht, an väterlichen Herden,
Nur auf der Ahnen Stammbaum sich zu stützen,
Und nicht, im goldnen Bett auf Zobeldecken
Die Glieder matt und weichlich auszustrecken.
96.
Nicht bey des Gaumens Schwelgen und Gelagen,
Mit Hin- und Hergehn nicht, der Trägheit Zeugen,
Durch Lüfte nicht und stetes Wohlbehagen,
Die auch der Edeln starken Nacken beugen;
Nicht, wenn auf Wünsche stets nur Wünsche jagen
Und weit von uns die kleinste Unlust scheuchen,
Daß ja nicht Einer seine Schritte wende
Und etwas Großes, Herrliches vollende.
97.
Nein! nur durch unsrer Arme starkes Ringen
Nach Lob und Preis, das Tapfre stets begehren,
Durch Wachen nur und, wenn das Schwert wir schwingen,
Durch Dulden nur im Sturm auf wilden Meeren,
Ausdauernd, wo uns Kält' und Frost umringen
Und jedes Schirms der Südpol muß entbehren,
Wo nur verdorbne Nahrung noch uns speiset,
Der Würze kaum die ärgste Noth verheißet;
98.
Und wenn die Miene nimmer will erbleichen,
Nie Angst verräth, ob rings auch Schwerter blinken,
Und ob im Schlachtfeld heiße Kugeln streichen
Und uns zur Seite viele Helden sinken.
So nur kann unser Herz den Sinn erreichen,
Dem Stand und Reichthum arm und kleinlich dünken,
Wenn Stand und Reichthum Zufall nur gegeben,
Nicht das Verdienst, nicht schwerer Arbeit Leben.
99.
So nur kann unsern Geist das Licht verklären,
Das mit Erfahrung auch den Frieden einet,
Daß still er schaut, als wie aus höhern Sphären,
Was unten niedrer Sinn noch will und meinet.
Und, wo nur irgend Pflicht und Recht gewähren
Und nicht die Willkühr auf dem Thron erscheinet,
Da wird ihn bald, auch gegen sein Verlangen,
Ein hoher Platz, wie billig ist, empfangen. |