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Eppele begräbt seinen Rappen und setzt ihm ein Denkmal

Frau Kunigunde war nach der Mittagsvesper dieses selbigen Tages den Burgpfad von Drameysl hinab ins Wiesenttal gegangen und saß nun bei einer großen Linde am Weg, der zur Baumfurter Mühle führte. Am Weg und auf einer nahen Wiese sprangen ihre beiden ältesten Kinder, das Töchterlein Agnes und der Sohn Hermann, haschten sich jauchzend und waren ganz und gar selig in ihrem unschuldigen Spiel. Das Herz der jungen Frau von Gailing krampfte sich schmerzhaft zusammen, fast noch mehr über das kummerlose Spiel ihrer Kinder, denn über die eigenen Gedanken, von denen sie seit Eppeles Gefangennahme verfolgt und auch heute wieder aus Drameysl getrieben worden war. Sollte sie mit ihren zweiundzwanzig Lenzen wirklich schon Witwe sein, stets gemahnt an den geliebten Mann durch die fünf noch unmündigen Kinder? Die Herren vom Nürnberger Rat kannten kein Erbarmen, am wenigsten mit einem Eppele von Gailing, der ihr geschworener Feind und Widersacher stets gewesen war. Frau Kunigunde, von Natur aus nicht weichlich, konnte nicht hindern, daß sich bei diesen Gedanken ihr Blick umschleierte und sie nur durch Tränen dem Spiel ihrer Kinder zu folgen vermochte.

Eppele war schon vier Stunden durch den Reichswald gesprengt, die Kreuz und Quere, um seine Verfolger zu nasführen, und doch stets bestrebt, den nächsten Weg nach Drameysl einzuhalten. Sein Rappe ging über alles Lob und holte ganz unverlangt die letzte Kraft aus den Sehnen, mattete aber doch zusehends und zeigte Blut im Schaum und an den Nüstern, als nur noch eine Viertelstunde Ritt Eppele von Drameysl trennte. Am Rand jenes Waldstücks, das vor der Baumfurter Mühle lag, kam der Rappe ins Stolpern, torkelte ein paar Sätze noch und sank schmerzlich schnauben erst in die Knie und dann völlig von Luft auf die Seite. Mit einem Satz war Eppele vom Rücken des Pferdes und in wenigen Sprüngen am Waldrand, nur beherrscht und getrieben von dem Gedanken, wie er das treue Tier noch lebend nach Drameysl bringen könnte. Er achtete nicht der beiden Kinder, die durch sein plötzliches Auftauchen erschreckt und schreiend zu einer jungen, blonden Frau stürzten, er hörte auch den lauten, aus Bestürzung und Jubeln gemischten Aufschrei dieser Frau nicht. In langen Sätzen stürmte er nach der Baumfurter Mühle, trommelte mit den Fäusten an die kleinen Fenster und schrie den Müller an, sofort Brot und Wein sowie reines Linnen zu beschaffen, riß dem Manne die Sachen fast aus der Hand und hetzte sogleich wieder nach dem Gehölz zurück.

Frau Kunigunde faßte ihre Kinder bei der Hand und schritt mit ihnen dem Gehölze zu. Nicht tief in den Baumreihen lag langgestreckt ein schwarzer Körper und darüber die Gestalt eines Mannes, dessen Schultern krampfhaft zuckten. Eppele hatte bei der Rückkehr sein Roß tot vorgefunden, streichelte unter Tränen und ganz sinnlos den verendeten Rappen und blickte wirr und wild aus seinem Schmerz auf, da ihn nun eine weiche Hand berührte. Die Kinder drängten sich halb scheu, halb neugierig an das mütterliche Gewand und guckten aus großen Augen auf den verstörten Mann, der sich langsam von dem Pferdeleib hob, das schwarze Haar zurückstrich und nun auch Frau und Kinder erkannte und stürmisch begrüßte. Frau Kunigunde vernahm mit gefalteten Händen die Botschaft von Eppeles Rettung, betrachtete erst sinnend den toten Rappen und beugte sich dann andächtig, dem treuen Tier noch einmal den schlanken Hals zu streicheln.

Selbigen Abend noch war Eppele im Geleit seiner dreizehn Knechte bei dem Leichnam des Rappen, ließ eine große Grube ausheben, das Pferd darin beisetzen und einen mächtigen Stein auf das Grab wälzen, daraus später jahrelang zu lesen stund: »Ein treues Roß gilt in der Not dreizehn Freunde.«


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