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Maurertugend.

Wie heißt die Schöne, die man bald
Als eine runzlichte Matrone,
Bald schön bekränzt mit Rosen malt,
Und bald mit einer Dornenkrone?

Sie selbst bleibt immer jung und schön,
Wird nie dem Zahn der Zeit zur Beute,
So schön sie Adam hat geseh'n,
So schön erscheint sie uns noch heute.

Ihr ganzer Reiz ist bloß Natur,
Nie darf die Kunst sich beigesellen;
Die feinste Schminke würde nur,
Statt zu verschönern, sie entstellen.

Nett ist der Anzug, den sie trägt,
Doch ohne Pracht und ohne Schimmer,
Und ihren schönen Busen deckt
Ein Straus bescheid'ner Veilchen immer.

Trotz ihrer Jugend zeigt sie nie
Aufrichtigliebenden sich blöde,
Trotz ihrer Klugheit findet sie
Auch keiner ihrer Freier spröde.

Sie will von Jedermann geliebt,
Von Jedermann gesuchet werden,
Und jedem, der sich ihr ergibt,
Ist sie ein Himmelreich auf Erden.

Sie ist nicht mürrisch von Natur,
Die Sanftmuth ist ihr angeboren:
Sie poltert nie, sie flüstert nur
Dem Ungetreuen in die Ohren.

Sie ist nicht unstät, und vergißt
Deß, der sie liebt, zu keiner Stunde,
Sie führt ihn bis an's Grab, und küßt
Den letzten Seufzer ihm vom Munde.

Sie ist nicht eitel, spricht nicht viel,
Läßt nur im Stillen sich umarmen,
Und wer zur Schau sie führen will,
Dem windet sie sich aus den Armen.

Auch hegt sie keinen Stolz, und freit
Nicht nach Geburt und Ehrentitel:
Sie liebt den Mann im Purpurkleid
Nicht mehr, als den im Bauernkittel.

Kein Eigensinn lenkt ihre Wahl,
Sie liebt den Christen wie den Heiden,
Und weiß den Menschen überall
Von seiner Liverei zu scheiden.

Sie macht stets froh und nie betrübt,
Drum zählt sie auch ein Heer von Freunden;
Sie wird in Ost und West geliebt,
Geliebt sogar von ihren Feinden.

Hat wer dies Mädchen je gekannt,
So wird er auch die Tugend kennen;
Dem Maurer ist sie wohl bekannt, –
Sie läßt von ihm sich Schwester nennen.

*


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