|
Frau Katra hat viele Gäste heut,
Bauern und feine Herrenleut.
Der Bratspiess knarrt, der Kessel braust,
Manch fetter Bissen wird heut geschmaust,
Heut wird gethan manch guter Schluck
Im Wirthshaus an der Soča-Bruck.
Frau Katras Ruf reicht meilenweit,
Bis Tarvis, Tolmein und Karfreit,
So fein zu kochen niemand weiss
Den jungen Hahn mit dickem Reis,
Kein Keller in Friaul und Krain
Umhegt so vielen edlen Wein,
Drum mundet nirgends so ein Schmaus
Wie eben in Frau Katras Haus,
Geschäftig eilt sie her und hin,
Ein stattlich Weib mit rundem Kinn.
Doch wie behend sie auch mag sein,
Viel flinker noch ist ihr Töchterlein.
Bald ist sie hier, bald ist sie da,
Die schöne, blonde Jerica.
Wie neben dem Apfel ein Mandelkern,
Wie bei dem Vollmond der Morgenstern,
So nimmt sich neben der Frau vom Haus
Die schlanke, blühende Jungfrau aus.
So oft sie schreitet durch die Thür,
Jedweder Hals sich dreht nach ihr,
Und wem sie reicht die Schüssel dar,
Der isst, auch wenn er satt schon war,
Und welchem sie das Spitzglas füllt,
Der trink's, wenngleich sein Durst gestillt,
Gehorsam aus bis auf den Grund
Und leckt behaglich sich den Mund.
Die strengen Herren vom Gericht,
Die sonst so höflich eben nicht,
Benehmen sich gar zart und fein
Gegen Frau Katras Töchterlein.
Ja selbst dem würdigen Kaplan
Hat's Jungfer Jerica angethan;
Er schaut so blinzelnd freundlich drein
Als wie ein Kater im Sonnenschein.
Die Wirthin wirft den Kopf zurück
Vor Mutterstolz und Mutterglück.
Das Mittagessen ist zu End',
Schon faltet der geistliche Herr die Händ',
Da bringt noch einen Krug herein
Frau Katra voll Prosecco-Wein,
(Ein edler Trank vom Meeresstrand,
Man muss ihn trinken mit Verstand.)
Es füllen die Frauen das süsse Nass
In feines venetianisches Glas,
Sie klingen an, sie thun Bescheid,
Und aller Herzen werden weit.
Jetzt räuspert sich der Herr Kaplan
Und hebt zu sprechen also an:
»Es hat des Herren milde Hand
»Gesegnet Eures Hauses Stand.
»In Eurer Vorrathskammer ruht
»Hoch aufgehäuft viel edles Gut;
»Es dient Euch ein getreu Gesind,
»Ihr habt ein tugendreiches Kind,
»Gar hold und emsig. Eins jedoch
»Fehlt Eurem Glück, Frau Wirthin, noch.
»Es lebe – stosset Alle an –
»Frau Katras künftiger Tochtermann!«
Die Gläser klingen voll und rein,
Schön Jerica blickt züchtig d'rein.
Was ihr die Herren reden vor,
Sie hört es nur mit halbem Ohr,
Blickt einen nach dem andern an. –
Wird einer Frau Katras Tochtermann?
Schön Jerica, noch ein Kind zur Frist,
Weiss nicht, was Mannes Liebe ist.
Und sieh, da tritt vor die Gäste hin
Die alte Barba, die Schaffnerin.
Es schreitet ihr zur rechten Hand
Ein schlanker Bursch im Jagdgewand,
Und drängend schieben sich hinterdrein
Die Sennen der Komna zur Thür herein.
Der eine einen Gemsbock trägt,
Den sacht er auf den Boden legt,
Dann tritt ein zweiter noch herfür,
Der hält ein todtes Katzenthier
Mit buntem Fell und busch'gem Ohr
Am dicken, kurzen Schweif empor.
Die Gäste und die beiden Frau'n
Erwartend auf den Jäger schau'n,
Der aber steht vor Jerica
Stumm wie ein Bild von Marmor da.
Die Jungfrau senkt die Augen schnell,
In die Wang' ihr steigt des Blutes Well'.
Den Beiden ward so wohl und bang,
Die Lieb' sie zu einander zwang.
Da drängt sich aus der Hirten Chor
Der alte Schafhirt Jaka vor.
Zum Auskunftgeben stets bereit
Dem stummen Jäger die Zung er leiht
Und giebt mit wichtigem Gesicht
Von allem, was gescheh'n, Bericht.
Frau Katra mit dem Haupte nickt,
Gar gnädig auf den Waidmann blickt.
Wie wird das Rauchwerk ihr so schön
Im Winter auf dem Kirchgang steh'n!
Auch schmeichelt ihrer Eitelkeit
Des Trentajägers Schüchternheit.
Sie spricht zu ihm: »Hab' Dank, mein Sohn,
»Nun komm und nimm dir selbst den Lohn.«
Darauf erschliesst sie ein Gemach,
Und Alles drängt voll Neugier nach.
In einer Mauernische Grund
Ein schwerer Eisenkasten stund.
Der Schlüssel knarrt, der Deckel springt,
Hei, wie's von Silberstücken blinkt!
Gar vielen, die da gaffend steh'n,
Vor Gier die Augen übergeh'n,
Frau Katra aber blickt umher,
Als ob sie eine Prinzessin wär'.
Sie winkt den Jäger an die Truh'
Und spricht zu ihm: »Nun greife zu!
»Soviel ist dein, als du im Stand
»Zu heben bist mit einer Hand.«
Der Jäger lächelnd tritt zu der Truh'
Und schlägt den Deckel wieder zu,
Ergreift behend mit der rechten Hand
Den Eisenring an der Seitenwand
Und schwingt empor den Kasten schwer,
Als ob es ein Sack voll Federn wär'.
Die Gäste staunen und flüstern leis,
Frau Katras rothes Gesicht wird weiss,
Ihr schönes Kind blickt aber an
Mit leuchtenden Augen den starken Mann;
Er wäre, trüg' er eine Kron',
Wie Marko, der starke Königssohn.
Und der Jäger sich zu den Gästen kehrt:
»Der Schatz ist mein, ihr habt es gehört;
»Und wenn ich die Last von hinnen trag',
»Kein Mensch daran mich verhindern mag.
»Doch biet' ich aus freien Stücken Euch,
»Die Hand, Frau Wirthin, zum Vergleich.
»Ich lass' Euch Euere Silbertruh',
»Ich lass' Euch die Gemse, den Luchs dazu,
»Dafern Ihr mir gönnt zu beginnen den Reih'n
»Mit Eurem flachsharigen Töchterlein.«
Der Wirthin, die schon verzweifelt fast,
Vom Herzen fällt eine Zentnerlast.
»Es gilt, es gilt«, so ruft sie geschwind,
»Jetzt, Jerica, zeig' dich als folgsam' Kind!«
Schön Jerica glühte wie Abendroth,
Als ihr der Jäger die Rechte bot.
Er führte stolz sie aus dem Gemach,
Schön Jerica nicht widersprach.
Die Herrenleut' und das Gesind
Belobten der Wirthin folgsam Kind,
Im Stillen aber Jung und Alt
Den Jäger einen Thoren schalt.
Frau Katra sperrte wieder zu
Mit zitternder Hand die Silbertruh',
Der Schreck jedoch den ganzen Tag
Ihr schwer in allen Gliedern lag. |