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Heut Abend geht es auf der Komna-Alm
Gar lustig zu. Ein Gast ist angekommen,
Ein Gemsenjäger aus dem Thal der Trenta,
Und nicht mit leerer Hand. Der starke Gemsbock
Der dort am Haken hängt, ist seine Beute.
Und in dem russgeschwärzten Kupferkessel,
An dem mit rothen Zungen leckt die Gluth,
Die wohlgenährte, brodelt das Gescheide.
Die braunen Hirten lagern in der Runde
Und lecken lüstern sich die bärt'gen Lippen.
Des Jägers Augen glänzen siegesfreudig,
Denn noch ein ander Wild kam ihm zum Schuss,
Ein Wild, das mit des Fuchses List vereint
Des Wolfes Gier, der wilden Katze Spannkraft,
Auf einem Aste lag's bereit zum Sprung,
Verborgen unter'm Laub, die Lichter aber
Zwei Kohlen gleich verriethen es dem Jäger.
Da flog in's Hirn, just zwischen beide Lichter
Die heisse Kugel des behenden Schützen,
Und todt am Boden lag der wilde Bergluchs.
»Das war ein Meisterschuss, ich muss Euch loben.
»Nur Einen kenn' ich, der's Euch gleich gethan
»Vor dreissig Jahren, und der bin ich selber.
»Jetzt bin ich alt, ein Spott dem flücht'gen Wild.
»Vor meinen Augen äst die scheue Gemse,
»Vor meinen Augen macht der Has sein Männchen,
»Und langsam trottet vor mir her der Fuchs.
»Gefährlich bin ich nur der Drossel und
»Dem fetten Bilch, dem Weidevieh des Teufels.«
Ein alter Graukopf spricht's und schürt das Feuer
Und wirft Wachholderbeeren in den Kessel.
Sonst schafft am Herd die braungezöpfte Špela,
Doch heute sitzt sie müssig auf der Bank
Und lauscht den Reden, die die Männer führen.
Des Kessels waltet heut an ihrer Statt
Der alte Jaka, der die Schafe hütet.
Er hat sich dies als eine Gunst erbeten,
Denn niemand weiss, so glaubt der alte Jaka,
So gut wie er ein Wildbrät herzurichten.
Jetzt fährt er mit der Gabel in den Kessel
Und fischt ein Stück, zerschneidet's mit dem Messer
Und kostet, nickt befriedigt dann und spricht:
»Gesegn' es Gott! Langt zu, es wird euch schmecken.«
Das lassen sich die hungerigen Hirten
Nicht zweimal sagen; jeder nimmt sein Theil
Und schlingt den langentbehrten Leckerbissen.
Der alte Jaka aber geht bei Seite
Und kramt in seiner Truhe; schmunzelnd kehrt er
Zurück an's Feuer, in der Hand den Krug
Gefüllt mit würzigem Wachholdergeist.
Der Alte ist sonst karg mit seinem Labsal,
Allein das Wildbrät hat ihn weich gestimmt,
Drum thut er das, was morgen ihn gereut,
Von Mund zu Munde geht der Krug, und Alle
Beloben das Getränk, noch mehr den Spender.
»Nun höret mich,« beginnt der Alte wieder,
»Nun hört mich, junger Jäger aus der Trenta,
»Was ich Euch rathe. Seht, wir ziehen morgen,
»Ich selber, Špela und noch sieben andre
»Vor Sonnenaufgang in das Thal hinunter,
»Denn, wie Ihr sicher wisst, ist morgen Kirchtag,
»Und Jungfer Špela darf bei'm Tanz nicht fehlen.
»Dann kommt das junge Volk aus allen Dörfern,
»Von allen Weilern, von den fernsten Almen
»Zusammen in dem Hause unsrer Herrin,
»Der reichen Frau Kathrina. Ihr gehört
»Die grosse Herberg' an der Soča-Brücke,
»Viel Ackerland und Kühe mehr als hundert.
»Die hat für morgen Abend uns geladen
»Zu Schmaus und Tanz. Geht mit, es reut Euch nicht.
»Der feiste Gemsbock kommt ihr grad gelegen,
»Und wenn Frau Katra erst den Luchsbalg sieht,
»Den rothen Pelz mit schwarzen Tigerflecken,
»Dann, Jäger, glaubt mir, giebt's ein gutes Schussgeld.
»Kommt mit, Ihr werdet's sicher nicht bereuen.«
Der Jäger nickt und spricht: »Ich geh' mit Euch.
»Die Herberg' kenn' ich wohl am Soča-Ufer
»Und bin vor Jahren oftmals dort gewesen,
»Denn meine Pathin ist die alte Barba,
»Die waltet in dem Haus als Schaffnerin.
»Ich hab' Frau Barba lange nicht gesehen,
»Dieweil ich diente einem Herrn für Sold
»Im Kärnthnerland. Sie ist doch nicht gestorben?«
Der alte Jaka schüttelt mit dem Kopf:
»Der geht es gut, Ihr werdet's morgen sehen
»Mit eignen Augen. Also abgemacht,
»Ihr kommt mit uns.« Und grinsend fährt er fort:
»Es giebt noch andres dort als alte Weiber
»Zu schau'n. Das Sprichwort sagt: ›Um altes Recht,
»Um alte Leute und um altes Geld
»Sollst Du dich allzeit kümmern!‹ Doch ich meine,
»Das junge ist zuweilen auch nicht übel.
»Der Wirthin Kind, die blonde Jerica
»Ist aus dem Kloster wieder heimgekommen
»Und hilft der Mutter bei den Hausgeschäften.
»Die sollt ihr seh'n, das ist ein Kind wie Zucker,
»Und« – fährt er fort bedächtig, denn er sieht,
Wie Špelas schwarze Augen zornig funkeln
Und wie sie presst die nelkenrothen Lippen –
»Und wäre nicht ihr Haar so fahl und flachsen,
»So wär' die schönste unter allen Dirnen
»Frau Katras Kind – so ist sie erst die zweite.«
Der Alte spricht's, sein Auge listig zwinkert
Die braune Špela an, und hocherröthend
Zu Boden senkt den Blick die eitle Dirne.
»Hör' Špela«, hebt der Alte wieder an,
»Es geht dein Mundwerk sonst wie eine Mühle,
»Und heute sitzt du stumm und still am Feuer,
»Lass unsren Gast eins deiner Lieder hören.
»Sing' uns die Märe von der schönen Vida,
»Die über's Meer mit einem Mohren fuhr
»Zu Spaniens Königin. – Die kennst der Lieder
»So viele – von dem Marko Kraljevič,
»Vom Peter Klepec und vom Kralj Matjaš,
»Der fern im Ungerlande schlafend sitzt
»Am Steintisch in der Höhle. – Munter Špela!«
Die schöne Sennrin weigert sich im Anfang
Nach Mädchenart, doch als der fremde Jäger
Sie freundlich bittet, lässt sie sich erweichen.
Sie springt empor und wirft die braunen Zöpfe,
Mit deren Seidenbändern sie gespielt,
Zurück, und von den nelkenrothen Lippen
Erschallt es glockenhell wie Amselsang: |