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Übertragung von Walther Petry

Girolamo Morlini

Von einem Pfeifer der zum Einzug pfiff

Ein Pfeifer, arm wie ein Kirchenmäusgen, lebte in einer Hütte mit seiner jungen, von Gott mit den erdenklichsten Reizen begnadeten Frau; in diese aber hatte sich ein schlendrianischer Mönch verliebt. An Tagen, wo der Bauer auswärts war, schlüpfte dieser würdige Dickbauch heimlich zu ihr ins Haus und trieb mit diesem vergessenen Weibe vom ersten bis zum letzten Punkt der Lust verdammte Exerzitien. War mal so, daß der Mann ruhig auf seiner Pfeife ein Stücklein herblies, als das durchgesottene Weib ihm um den Bart gehend nahlegt, daß wichtige Geschäfte, deren längere Dauer sie wohl wußte, ihn übers Land riefen. Der Mann stand denn auch schon zum Gehen fertig da, wurde aber durch ein Bedürfnis, das ihm plötzlich ankam, gehalten, sich in einem Winkel der Hütte, von seinem Weibe ungesehen, auf den Abtritt niederzusetzen. Siehe, da kam auch schon der Pfaffe zur Tür hereinstolziert, rief das zuchtvolle Weib und fragt sie: »Wollen wir den Papst nach Rom schicken?«, und sie ohn Besinnen: »Gerne.« Völlig verwundert, hält sich der Gatte gleichwohl ruhig, um denn, was dieses Rätsel bedeuten möge, zu erfahren. Und es verging ein Augenblick, so schlug der Venuspriester der Frau die Röcke auf, warf sich ihre Schenkel auf die Schulter und stieß mit seinem natürlichen Dolch ihr recht kühnlich und zu sichtbarem Ergötzen in ihre Leibesmitte. Der Mann, dieses schamlose Tun sehend, aufspringend ruft aus: »Bei Gott, das will mir zu kläglich dünken, ihr keuschen Opferer, daß ein so großer Herr seinen Einzug in die heilige Stadt ohne Musik halten sollte,« und blies den Sack auf und begann zu pfeifen. Die Sünder gleichwohl über den Zwischenfall und vor nacktem Schrecken in Ernüchterung gestürzt, mußten, da sie sich so ertappt sahen, von ihrer Begierde abgehen. Der Mann langte nach einem Knorz und fing an mit kräftigen Armen so auf das Pärchen einzudreschen, daß es die nahrhaftesten Arzneien kaum vermochten, sie in diesem Leben zu halten; so rächte er sich wie ers konnte für das zerrissene Treuband und brachte die Frau, wie es mit üppigen Tieren auch zu geschehen pflegt, mit kräftigen Hieben von der freien Weide in die Hürde wieder zurück.

Schamlosigkeit der Frauen, zeigt die Novelle, war niemals was Seltenes.

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