Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Eines Tages hielt Seine Majestät der Kalif Mutawakkil ein Trinkgelage mit seinen Günstlingen im Schlosse Barkuwärä. Zu den Jahresfesten, welche seine Vorfahren aus dem persischen Osten entlehnt hatten, gehörte das Rosenfest, genannt Schâdkulâh, d. h. Die glückselige Krone, womit die Krone der ältesten Könige Persiens, der Kajaniden gemeint war. Ihrem Andenken und ihrer Verherrlichung war das Rosenfest gewidmet, an dem Rosen in ungeheuren Massen verbraucht wurden. Alles und jedes wurde mit Rosen bekränzt, Rosen wurden in alle Richtungen verstreut, und Rosenblätter wirbelten umher mit den Winden.
In einer Cäsarenlaune sprach Seine Majestät zu seinen Zechbrüdern: »Meint ihr, daß wir das Rosenfest feiern können zu einer Zeit, wo es keine Rosen gibt?«
Die Hofleute: »O Fürst der Gläubigen, Rosenfest ohne Rosen, das gibt's nicht.«
Der Kalif: »Das wollen wir doch mal sehen.«
Er ließ darauf den Münzmeister Ubaidallah Ibn Jachja rufen und sprach zu ihm: »Präge mir Dirhems vom feinsten Silber, vom allergeringsten Gewicht und in Form von Blättchen so dünn wie Papier.«
Der Münzmeister: »In welchem Betrage, o Fürst der Gläubigen, sollen diese Dirhems ausgeprägt werden?«
Der Kalif: »Fünf Millionen.«
Ubaidallah machte sich nun an die Arbeit. Als er Seiner Majestät melden konnte, daß die Prägung vollendet sei, befahlen ihm dieselben: »Färbe einige davon rot, andere gelb, andere schwarz, und laß andre wie sie sind.« Das geschah.
Ferner befahlen Majestät den sämtlichen Hofbeamten und Lakaien, siebenhundert an der Zahl, daß sie sich alle herrliche neue Hofgewänder und Turbane anschaffen sollten, alle möglichst verschieden in der Farbe. Es sollte dem Fest ein möglichst farbenbuntes Aussehen verliehen werden. Und auch das geschah. Nun wählten Seine Majestät einen Tag, an dem ein außerordentlich heftiger Wind wehte. Dann ließen sie ein sehr geräumiges Zelt aufstellen, in dem vierzig Türöffnungen vorhanden waren, so daß der Wind überall frei aus und einpassieren konnte. Hier hielt Majestät sein Gelage ab, umgeben von seinen Hofleuten und bedient von den Dienern in den vorgeschriebenen neuen Uniformen. Alsdann gab er einen Wink, und nun wurden Tausende und Tausende von Dirhems ausgestreut und vom Winde hin und her gewirbelt, wie sonst, wenn das Fest in der Rosenzeit gefeiert wurde, Rosen ausgestreut zu werden und Rosenblätter im Winde umherzuwirbeln pflegten. Die dünnblätterigen bunten Dirhems flogen vor dem Winde weithin zwischen Himmel und Erde einher, bunt glitzernd im Sonnenlicht und leicht, als wären es Rosenblätter.
Majestät waren über ihre geistreiche Erfindung hoch erfreut, außerordentlich gnädig und heiter. Es war wohl einer der vergnügtesten Tage in ihrer Cäsarenherrlichkeit.