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III.
Kuriositäten

In einer ganz fernen Ecke ihrer Rumpelkammer hat die Weltgeschichte auch ihren Kuriositätenschrank stehen. Es lohnt schon, da auch einmal einen Blick hineinzuwerfen und unter den merkwürdigen Dingen zu stöbern, die dort vermodern und die so außerordentlich ernsthaft gemeint sind, daß die unwillkürliche Annahme, Frau Historia habe sich mit uns » Enfants terribles de la fin de siècle« ein kleines Späßchen machen wollen, gar nicht erst Raum gewinnen kann. Je weiter wir zurückschweifen durch vergangene Jahrhunderte, desto wunderlicher werden natürlich die Berichte, die fleißige und umständliche Chronisten zu unserm Staunen und Grauen im tiefsten Brusttöne der Überzeugung aufgezeichnet haben und erzählen.

Wenn man in der Lage war, nach trockenen Daten die vorhandenen historischen Chroniken zu durchforschen, so wird man für die Mühseligkeit der Arbeit, sich durch diese chinesische Mauer von unaufhaltsamen Wortschwallen, Wust und sonstigen Geduldsprüfungen durcharbeiten zu müssen, manchmal belohnt durch ein »kurioses Histörchen«, das der gewissenhafte Chronist niemals verfehlt, durch einen erstaunlichen Reichtum an Quellen und Urkunden zu erhärten. Wenn man dann so durch etliche Dutzende solcher Chronika glücklich durchgekommen ist, so hat man sich auch eine ganz nette Sammlung dieser historischen Kuriositäten, Carmina, Epithaphien und Legenden angeeignet, und darin herumzublättern, ist oft recht kurzweilig und unterhaltend. Man gestatte mir, aus meiner Sammlung ein paar Pröbchen zu geben.

Ein sehr dankbarer Boden, daraus die »curiösen Historien und sonderbahren und erschröcklichen Vorkommnüsse« der alten Chronisten üppig wuchern und blühen, sind besonders die slavischen Länder. Ich erinnere hier zunächst an Böhmen, an die wundersamen Legenden von der Herzogin Libussa, von der kriegerischen Wlasta und der wilden Drahomira, Herzog Wenzel I. christenfeindliche, grausame Mutter. Sie gehören sicher auch in den Kuriositätenschrein der Weltgeschichte, sind aber dem böhmischen Volke so zu eigen geworden in Sage und Poesie, daß von ihnen zu berichten nur wiederholen hieße. Selbstredend hat die Chronik der alten Stadt Prag eine Überfülle wunderlicher Berichte aufzuweisen, die aber nicht hierher gehören. Dagegen finden wir im Raritätenschrein der Weltgeschichte den Herzog Friedrich von Böhmen vor, der im Jahre 1187, wie öfters, in Geldnöten sich befand, und darum ein Dorf der Wischrader Probstei um dreihundert Mark an einen seiner Ritter versetzte. Da hatte er aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn der Herzog deponierte nachher urkundlich, daß in selber Nacht ihm der heilige Petrus erschienen sei und Vorwürfe gemacht habe. Daraufhin sei er von gewissen Personen seines Hofes hart ermahnt worden, das Geschäft mit dem Dorfe rückgängig zu machen, doch hat der Herzog sothane Ermahnungen völlig in den Wind geschlagen. In der nächsten Nacht erschien ihm der heilige Petrus aber wieder, schalt ihn kräftig aus, hieß ihn sich erheben und zählte ihm mit einer Hetzpeitsche eine Anzahl wohlgemessener Hiebe auf. Auf dieses schlagende Argument hin wurde die Sache mit dem Dorfe wieder rückgängig gemacht. Nun, der Herzog Friedrich von Böhmen hat die Wahrheit dieser Erscheinung höchstselbst zu Protokoll gegeben, er hat seinem Hofe sogar die Striemen auf seinem Rücken gezeigt und das Wischerader Domkapitel erhielt von ihm ein noch bis in die neueste Zeit geführtes Siegel, das die Stäupung des Herzogs durch den heiligen Petrus vorstellt, – sollte ihm aber trotzdem nie der Verdacht gekommen sein, daß dieser heilige Petrus vielleicht doch kein Geist, sondern ein recht lebendiger Mensch war, der an dem gewissen Dorfe ein besonders großes Interesse hatte? Denn daß die Heiligen und himmlischen Heerscharen herabsteigen, um die sündige Menschheit sicht- und fühlbar einfach durchzuhauen, das haben selbst unsere heutigen Spiritisten noch nicht zu behaupten gewagt.

Es existiert auch ein eigenhändiges Dokument von Kaiser Karl IV., der darin umständlich eine Poltergeistgeschichte erzählt, die er auf dem alten Prager Schlosse im alten Burggrafenhause erlebt hat. Wenn die Sache nicht vor über fünfhundert Jahren passiert wäre, könnte man sagen, es wäre eine Spukgeschichte nach Resauer Muster, nur daß auf dem Hradschin keine Schinkenknochen, sondern ein Becher herumflog, was die Aussicht, ihn an den Kopf zu bekommen, nicht gerade freundlicher macht. Man sieht aber daraus, daß wirklich vieles in der Welt »schon dagewesen ist«.

Aus der polnischen Geschichte hat Frau Historia sich auch eine ganze Reihe von Kuriositäten gesammelt. Schon im Jahre 700 n. Chr., also noch lange bevor der Bauer Piast aus Kruszwitz zum Herzog von Polen erwählt wurde und seine mächtige Dynastie gründete, wurde der reiche Krakus zur gleichen Würde erhoben, und er erbaute sich als Residenz auf dem Felsen Vavel ein Schloß und darunter eine Stadt, die nach ihm Krakau genannt wurde. Leider aber bewohnte diesen Felsen ein fürchterlicher Drache, der natürlich mit besonderer Vorliebe Menschen fraß, und der mußte das Feld noch natürlicher vorher räumen. Herzog Krakus war aber ein weiser Mann, der es überflüssig und naßforsch fand, persönlich mit dem Drachen anzubinden, wie es eigentlich doch Sitte war. Er suchte sich also ein recht fettes, schönes Kalbfell aus, ließ es mit Schwefel, Pech und viel Salpeter füllen, zunähen und diesen Leckerbissen dann dem Drachen vorwerfen, der ihn gleich verschlang, wahrscheinlich weil er gerade nichts Besseres hatte. Die Folge dieser Gier war ein großartiger Durst, den der Chronist als einen »grausamen Brand« bezeichnet, und da der arme Drache wahrscheinlich auch nichts Besseres zu trinken hatte, so griff er in seiner Not zum nächsten, d. h. er setzte sich an das Ufer der Weichsel und soff so viel von dem schönen, gelben Weichselwasser, bis er platzte. »Leider,« fügt der Chronist in einem Atem hinzu, »mußte der gute Herzog Krakus auch den Weg aller Welt gehen und liegt auf dem Berge Lassotin begraben.« Das klingt aber beinahe, als wenn der gute Herzog Krakus auch zuviel getrunken hätte. Hoffen wir, in seinem Interesse, daß es kein Weichselwasser war!

Dramatisch bewegt ist, was die Überlieferung von eben dieses Herzogs Krakus Kindern erzählt. Da waren die zwei Söhne, die ihm in der Regierung folgten, Lechus II. und Krakus II. – Kain und Abel. Denn der böse Lechus mißgönnte dem guten Bruder das Recht der Erstgeburt und erwürgte ihn auf der Jagd, um ihn dann heuchlerisch zu betrauern. Die Sonne brachte es aber an den Tag, und die empörten Polen vertrieben den Brudermörder, und hoben seine Schwester, die ob ihrer Schönheit, Klugheit und Großmut vielbeliebte Prinzessin Wanda, auf den Thron. Um die aber warb Fürst Rüdiger von Rügen, doch wies sie ihn ab, weil sie vermeinte, ihre ganze Seele nur ihren Regentenpflichten geben zu müssen. Fürst Rüdiger aber nahm den Korb übel, betrachtete ihn als eine Schmach und zog mit seinem Heere in Polen ein. Die Herzogin Wanda, deren Erscheinung walkürenartig in der Geschichte ihres Landes emporragt, sammelte auch sogleich ihr kriegbereites Heer und zog an dessen Spitze dem erzürnten Freier entgegen, um ihn in zwei blutigen Schlachten total zu schlagen, über welche größere Schmach der Fürst Rüdiger sich in sein Schwert stürzte. Unter großem Jubel hielt die Herzogin Wanda danach ihren Einzug wieder in Krakau, doch sie fürchtete, die Götter möchten ihr das seltene Glück und den Siegeslorbeer neiden, und da kein Opfer ihr groß genug schien, es den Göttern darzubringen, so brachte sie sich selbst dar, indem sie sich im feierlichen Aufzuge dem Neptun opfernd in die Weichsel stürzte. Wandala aber heißt die Weichsel auf slavisch, und die Chronik sagt: »etliche Skribenten meinen, sie habe von der Herzogin Wanda ihren Namen erhalten«. –

Diese älteste, vor-piastische Geschichte der polnischen Herzöge ist bis zum Schluß reich an dramatischen Motiven. Der letzte Herzog aus diesem Stamme, Popiel II., Chostek zubenamt, weil er häßlich von Angesicht war und verwachsen dazu, wird uns als ein recht boshafter Herr geschildert, der sich freilich auch ein seiner würdiges Ehegespons gewählt haben muß. Denn auf ihren Rat hin legte er sich zu Bett und stellte sich krank und ließ seines Vaters Brüder, die ihm im Wege standen, zu sich berufen, um ihnen seine beiden unmündigen Söhne zu empfehlen. Die beiden Prinzen kamen auch ahnungslos zum Lager ihres sonst gern gemiedenen Neffen, und dieser trank ihnen, gleichsam zur Versöhnung und zum Abschied, einen Becher zu, d.h. er that nur so, wie die Chronik berichtet. Der Becher aber war vergiftet, und die beiden Oheime, die ahnungslos daraus tranken, »verfuhren plötzlichen Todes.« Kaum waren sie hingesunken, da erhob die Herzogin ihre Stimme und schrie durch den Palast, die beiden Prinzen hätten ihrem Gemahl nach dem Leben getrachtet und wären daher vom Himmel mit plötzlichem Tode bestraft worden. Und sie ließ die Leichname sofort auf die Straße werfen. Bis hierher haben wir keinen Grund, dem Chronisten nicht zu glauben, – um dergleichen Tragödien zu finden, brauchen wir nicht in so ferne Jahrhunderte zurückgehen. Doch nun kommt der Zusatz, der diese Geschichte in den Kuriositäten-Schrein weist: »und aus denen ertöteten, unbegrabenen Körpern wuchsen eine unzehlbare Menge großer Mäuse, welche Popielum, seine Gemahlin und beede Kinder auffraßen. Solches grausame Exempel ist geschehen aufm Schloß Crußwitz in Cujavien, ohnerachtet dasselbige wohl verwahret gewesen, und gleichsam wie eine Insul, rings herum, mit der Goplensischen See umgeben ist. Das ist die klare Wahrheit.«

Der Glaube an dergleichen wunderbare Vorfälle war dazumal, als jene Chronik, der wir diese Geschichte entnehmen, also zum Ausgang des 17. Jahrhunderts, geschrieben wurde, noch vollständig verbreitet, – findet er sich doch auch heut noch vielfach in dem Volke vor. Ob die Phantasie damals eine regere war? Litten die Leute öfter an Hallucinationen? Denn mit eigenen Augen gesehen kann es doch niemand haben.

Der furchtbare Hexenglaube ist so eigentlich eine ganz logische Folge dieses Wunderglaubens, und auch der Glaube an einen Verkehr der Menschen mit übernatürlichen Wesen, Feen, Kobolden, Elfen und Zwergen lebt und webt durch unsere ganze Kulturgeschichte. So erzählt der Chronist von einem Grafen von Hoya, aus der Regentenreihe der 1582 ansgestorbenen Dynastie, deren Erbschaft an Braunschweig fiel, eine solche wundersame Geschichte, wie ihm einstmal zur Nacht ein kleines Männchen erschienen sei und ihn gebeten habe, ihm für die Hochzeit seiner Tochter etliche Säle und die Küche einzuräumen, doch dürfe niemand darum wissen, anderenfalls dem Grafen großes Leid geschehen würde. Der willigte aber gern in das seltsame Begehren, und in der nächsten Nacht ward die Hochzeit der Erdgeister unter alleiniger Zeugenschaft des Grafen mit Lustbarkeiten und Schmausereien gefeiert. Zum Dank für die erhaltene Gastfreundschaft schenkte das alte Erdmännlein dem Grafen, ehe es mit den andern verschwand, ein Schwert, einen Salamander-Lacken (?) und einen goldenen Ring, in dessen Karfunkel ein Löwe eingraviert war, und empfahl ihm, diese Gaben stets ungeteilt zu bewahren, wenn nicht Zwietracht und lauter Unglück sein Haus heimsuchen sollte. Das Schwert und der Salamander-Lacken kamen aber im Laufe der Zeit doch weg und damit großer Unfrieden in das Haus, der Ring aber blieb in der Familie als hohes Kleinod und soll nach Aussterben des Geschlechtes an das Haus Braunschweig oder an das Haus Bentheim gekommen sein.

Die Sage von der Zwergenhochzeit ist eine in vielen Familien verbreitete. Nur durch die Verschiedenheit der Gaben der Zwerge unterscheidet sie sich, – immer aber ist die Warnung die gleiche, jene Gaben nicht zu trennen bei Androhung von Unfrieden und Unheil in mancherlei Gestalt. Wir könnten noch viel solcher Beispiele anführen, doch würden wir uns dabei von dem Raritätenschrein der Weltgeschichte entfernen.

Auch der Geister- und Gespensterglaube war und ist darin ein vielvertretener Artikel, und die weißen Frauen, schwarzen Mönche und grauen Erscheinungen stehen in diesem Raritätenwinkel in so großer Zahl, begleitet und beglaubigt durch so ernsthafte Darstellungen, daß es fast ein Sacrilegium wäre, die Wahrhaftigkeit dieser Überlieferungen überhaupt zu beleuchten. Und das hätte auch, solange sie keinen Schaden thun, keinen rechten Zweck, um so mehr, als viele dieser Gestalten von einem hochpoetischen Zauber umflossen sind, den abzustreifen in unserer sowieso recht poesielosen Zeit keinen Dank verdiente.

Aber, wie gesagt, die Chronik, diese oft etwas schalkhafte und klatschsüchtige Untersekretärin der Weltgeschichte, erzählt alle diese Dinge im Tone vollster Überzeugung, und nur selten fließt ein leises Wort des Zweifels ein, und auch das nur dann, wenn sie einer anderen Chronik, sozusagen einer Konkurrentin, etwas am Zeuge flicken will. Einzelne Sachen erzählen alle indessen mit einmütiger Treue wieder, und darunter gehört auch die seltsame Geschichte vom Grafen Isenbart von Altdorf und Ravensburg und seiner Gemahlin Irmentrud, der Erbin von Hechingen und Schwester der Kaiserin Luitgard, Kaiser Karl des Großen Gemahlin. Diese Gräfin Irmentrud habe in Abwesenheit ihres Gemahls, als derselbe sich grade am Hofe des Kaisers befand, auf einmal zwölf Söhnen das Leben gegeben und sei über diesen allerdings überreichen Segen ungemein erschrocken gewesen, weil sie fürchtete, ihr Gemahl möchte diese wunderbare Geburt für Teufelswerk ansehen. Sie habe daher eines dieser zwölf Kinder zurückbehalten und die andern elf einer Magd in die Schürze gethan mit dem Befehl, dieselben zu ersäufen. Wie die Magd aber kaum die Burg verlassen, sei ihr der heimkehrende Graf begegnet und habe sie gefragt, was sie da Lebendiges in der Schürze trage, und sie antwortete: »Junge Wölfe, Herr.« Dem Grafen aber fiel ihr Erschrecken auf, er sprang vom Pferd und schaute in ihre Schürze, in der er zu seinem Staunen elf winzige Knäblein fand. Aufs schärfste befragt, erzählte die Magd denn, wessen diese Kinder seien, und der Graf, der Magd strengstes Stillschweigen gebietend, brachte die elf Söhne zu einem Müller, dessen Weib sie aufziehen mußte. Den einen, zurückgebliebenen Sohn aber nannte er Welf. Nach sechs Jahren führte Graf Isenbart seiner Gemahlin die elf wohlgestaltenen Knaben zu und fragte sie, was wohl eine Mutter verdiene, die ihre Kinder ersäufen ließe wie junge Hunde, und ob sie diese Kinder kenne. Die Gräfin Irmentrud aber fiel vor dem Grafen auf die Knie und sagte mit so viel Demut: »Solch' eine Mutter verdiente den Tod!«, daß Graf Isenbart sie aufhob und ihr verzieh. Sie aber stiftete zur Buße und aus Dankbarkeit das Kloster zu Altdorf, und die zwölf Söhne wurden sämtlich Stammhalter großer Geschlechter. Welf, der Zurückbehaltene, wurde Ahnherr des ganzen Welfengeschlechtes zu Braunschweig, Bayern, Este und Großbritannien; den elf anderen so wunderbar erretteten Söhnen sollen nachstehende Geschlechter entsprossen sein:

???1. Rudolph wurde Bischof von Würzburg,

2. Cuno wurde Ahnherr der fränkischen Kaiser,

3. Thassilo gilt als Ahnherr der Hohenzollern,

4. Egino stiftete das Haus der Grafen von Heiligenberg,

5. Werner das der Grafen von Toggenburg,

6. Gebhard gründete das Geschlecht der Herzöge von Allemanien,

7. Eberhard ward Ahnherr der alten Grafen von Eberstein,

8. Arnold der der Grafen und jetzigen Fürsten von Dettingen,

9. Berthold gründete den Stamm der Grafen von Wölpe,

10. Adalbert den der Grafen von Calw,

11. Heinrich endlich, den der Grafen von Katzenellenbogen.

Johann Heinrich von Falkenstein, der Chronist der »Nordgauischen Altertümer«, meint, man könne über die Geburt dieser zwölf Sohne denken, wie man wolle, er aber sei der Ansicht, sie wären nicht auf einmal, sondern nach einander zur Welt gekommen und der jüngste zwölf Jahre jünger gewesen als der älteste. Diese Auffassung vom Jahre 1743 hat ja entschieden etwas Beruhigendes, aber die Sage bleibt trotzdem ganz hübsch und findet eine ganz ähnliche Wiederholung in der Legende vom »Edelfrauengrab« im badischen Schwarzwald. » Se non è vero, è den trovato«, und niemand zwingt uns, sie buchstäblich zu nehmen, ebensowenig wie an die Ahnherrenschaft der genannten elf Söhne unbedingt zu glauben, da urkundliche Beweise nicht vorliegen.

Anders ist es schon mit jener verwandten Geschichte der Gräfin von Henneberg, deren in Stein gehauenes Epithaphium heute noch der Welt verkündet, was kein Mensch glauben wird, und diese Verkündigung von der ernsten Stätte eines Grabsteines aus thut. –

Auch hier hat später die Sage ihr Werk gethan, und was der Grabstein verschweigt, das hat sie, die unermüdlich spinnende, darum gewoben. Graf Hermann der Jüngere von Henneberg bereiste im Jahre 1249 Brabant, Flandern und Holland, und lernte in letzterem Lande ein holdseliges Fürstenkind kennen, Margaretha, Tochter des Grafen Florentin IV. von Holland und der Gräfin Mechtild, einer Prinzessin von Brabant. Graf Hermann verlor sein Herz sogleich an die schöne Margaretha, die des deutschen Kaisers Wilhelm von Holland Schwester war, und er war so glücklich, daß seine Werbung von der verwitweten Gräfin, die für ihren Sohn die Regentschaft führte, angenommen wurde, und stolz führte er die fünfzehnjährige Braut heim. Das Glück zog auch mit ihm, und die Ehe war eine glückliche, gesegnete und zufriedene. Im Jahre 1271 geschah es nun, daß eine Bauernfrau die Mutter von Drillingen wurde, und die Gräfin Margaretha, die von einem ähnlichen Spiele der Natur noch nie zuvor gehört haben muß, war entsetzt, und erklärte das arme Weib für eine Hexe. Damit nicht genug, ließ sie die Ärmste ausstäupen und dann, in einen Sack gebunden, ins Wasser werfen, doch ehe sie starb, soll das arme Weib die Gräfin verwünscht und ihr zugerufen haben: sie würde auf einmal so viel Kinder zur Welt bringen, als das Jahr Tage hätte. Soweit die Sage. Die Geschichte aber berichtet, die Gräfin Margaretha von Henneberg habe am Charfreitag des Jahres 1272 um neun Uhr vormittags 364, sage dreihundertvierundsechzig lebende Kinder zur Welt gebracht. Diese Kinder sollen klein gewesen sein wie Krabben, und der Bruder der Gräfin, Bischof Otto von Utrecht habe sie alsbald durch seinen Weihbischof taufen lassen, – die Knaben alle auf den Namen Johannes, die Mädchen auf den Namen Elisabeth. Nach der Taufe wären sie bald darauf gestorben und die Mutter ihnen sodann in das Grab gefolgt.

Nach Herrn Johann Heinrich von Falkensteins Rezept kann ja natürlich auch darüber jeder denken wie er will, es kann aber auch ein jeder nach Losdin reisen und sich in der Klosterkirche den Grabstein zeigen lassen, auf welchem deutlich folgendes Epithaphium zu lesen steht:

»En tibi monstrosum nimis et memorabile factum,
Quale nec a mundi conditione datum.
Haec lege, mox animo stupefactus lector abilis:

Illustris Domina Margaretha, Hermanni Comites de Henneberg, Conjux: Illustris Domini Florentii Comitis Hollandiae filia, cujus Mater fuit Mathildis, F. Henrici Ducis Brabantiae, fratrem quoque habuit Wilhelmus Alemaniae Regem: Anno Salutis MCCLXXII aetatis suae XLII ipso die Parasceves, liora IX ante meridiem, peperit infantes vivos promiscui sexus, numero trecentos sexaginta quatuor: qui postquam per Venerabilem Episcopum Dominum Guidonem Suffraganeum praesentibus multis Proceribus et Magnatibus, in pelviquadam, Baptismi Sacramentum percepissent, et Masculis Joannis: Femellis vero, nomen Helisabethae impositum fuisset, ipsorum omnium simul cum Matris, animae ad Deum aeternaliter victurae redierunt, corpora autem sub hoc saxo requiescunt.«

Zu Losdin in der Klosterkirche zeigt man neben diesem Grabstein auch noch das eherne Taufbecken, in welchem die 364 Kinder der Gräfin Margaretha von Henneberg getauft worden sind.

Wer findet da eine befriedigende Erklärung?

Das einst so mächtige Haus Henneberg hat aber nicht nur diese einzige Kuriosität in den Schrein der Weltgeschichte geliefert. In der Chronik dieses erloschenen Geschlechtes ist manches Histörchen verzeichnet, das erwähnt zu werden verdiente, nur ist dazu mehr Raum nötig, als ich hier habe. Genau hundert Jahre nach jener eben erwähnten Geschichte, als die gefürsteten Grafen schon den Reichsfürstentitel führten, begab sich wiederum eine nicht ganz gewöhnliche Begebenheit, die freilich schon mehr in das Fach der Komödie schlägt. Anno domini 1344 begab sich nämlich Fürst Heinrich XII. von Henneberg nach Eisenach, um daselbst mit Friedrich II., dem Ernsthaften, Landgrafen von Thüringen und Markgrafen von Meißen, den Ehekontrakt zu bereden, den des Landgrafen Sohn und Erbe, Prinz Friedrich, als Landgraf später »der Strenge« genannt, mit des Fürsten von Henneberg Tochter, der Prinzessin Katharina, einzugehen gewillt war. Denn die Gräfinnen und Prinzessinnen von Henneberg waren allzeit gern und eifrig gesuchte gute Partien unter den regierenden Häusern. Seine älteste Tochter hatte Fürst Heinrich XII. schon vor vier Jahren Graf Eberhard III. von Württemberg, dem Greiner, vermählt, die jüngste war schon halb und halb dem Burggrafen Albrecht von Nürnberg versprochen, und für die mittelste bot sich die Werbung des Landgrafen von Thüringen auch in einem recht vorteilhaften Lichte, denn die Thüringer Dynastie war mächtig genug, um im europäischen Konzerte mitreden zu dürfen. Insoweit war ja nun freilich alles recht schön, aber bei jener Konferenz zu Eisenach forderte der Landgraf einen so großen Brautschatz von dem Fürsten als Mitgift für seine Tochter, daß dem Fürsten die Augen übergingen und er unverrichteter Sache wieder abreiste. Nachträglich aber hat er sich dann über die unmäßigen Forderungen – man erzählt von ganzen Provinzen – noch so schwer geärgert, daß er sich mit dem Herzoge von Weimar und dem Fürsten von Schwarzburg, die mit dem Landgrafen ein kleines Sträußchen auszufechten hatten, verband, und mit ihnen gegen denselben zog. Der aber schien trotzdem nicht gewillt, die gute Partie so ohne weiteres fahren zu lassen. Er drückte über die Parteinahme seines Gegenschwiegers in spe alle beide Augen zu und lud ihn nochmals zu einer »gütlichen Unterredung« nach Schloß Wassenberg ein. Dort wurde dem Fürsten auch richtig Koburg und »etliche andere Städte« als Mitgift abdisputiert, unter die Fehde wurde ein Strich gemacht, und alles schien eitel Freundschaft und Zufriedenheit, nur nicht im tiefsten Herzensgrunde des Fürsten Heinrich XII., dem die hohen Ansprüche des Landgrafen Friedrich die ganze Galle in Aufruhr brachten. Was er fühlte, muß er jedenfalls damals wohl verborgen gehalten haben, denn im Jahre 1346 fand zu Eisenach die feierliche Vermählung des noch sehr jungen Paares statt, unter großer Prachtentfaltung und Pomp. Wovon dabei nur nicht die Rede war, das war der Brautschatz, und besonders war es Koburg, das der Fürst von Henneberg absolut nicht herauszurücken willens war. Er sagte nicht, wie Pilatus: »Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben,« sondern er dementierte seine Einwilligung, und soll das nicht gerade mit besonders lieblichen Worten gethan haben. Da aber machte der Landgraf kurzen Prozeß, – er lud die junge Frau in eine Sänfte und schickte sie ihrem Vater mit dem Bemerken zurück: Bräute ohne Mitgift sei er nicht in der Lage für seinen Sohn zu acceptieren. – Über diesen Affront geriet Fürst Heinrich natürlich außer sich, – das war eine Blamage, wie sie unerhört dastand für eine Fürstentochter. Nur mit den Waffen konnte diese Beleidigung gesühnt werden. Fürst Heinrich belagerte zunächst Kreuzburg an der Werra, doch ohne Erfolg, dafür aber machte er dem Landgrafen sonstig im Lande manche Unannehmlichkeit, doch schließlich gelang es den auftretenden zahlreichen Vermittlern, einen Vergleich herbeizuführen, wonach der Landgraf die zurückgeschickte Braut wieder feierlich einzuholen hatte und der Brautschatz, die Feste Koburg nebst Sonnenberg, Neustadt, Umstadt und dem Vogtlande, nach Fürst Heinrichs Tode an Thüringen fiel. Lange hat der Landgraf auf die ersehnte Mitgift nicht zu warten brauchen, denn schon im kommenden Jahre starb der Fürst von Henneberg, und nach weiteren zwei Jahren folgte ihm der Landgraf in das allen Hader schlichtende Grab. Landgraf Friedrich der Dritte gehört der Geschichte an, aber in ihrem Kuriositätenschrein hat sie die arme zurückgeschickte Braut aufbewahrt und den unblutigen thüringisch-hennebergischen Krieg um den Brautschatz.

Überhaupt hat die Geschichte eine große Reihe origineller Gestalten in ihrer Rumpelkammer, Gestalten, über die sie heute kühl hinweggeht, die nichts zu thun haben mit der Entwickelung der Geschichte, sozusagen Statisten der Weltgeschichte, die ihr nichtsdestoweniger doch aber angehören.

So sind z.B. Herzog Bogislaus X. von Pommern und seine Mutter die Herzogin Sophie, Bogislaus IX. Tochter, zwei ganz merkwürdige Erscheinungen. Die Herzogin zunächst ist das verkörperte Urbild einer Rabenmutter, eine Frau ohne die Spur jenes Instinktes, der selbst die Hyäne mit Mutterliebe erfüllt. Mit ihrem Gemahl hatte sie eine recht stürmische Ehe geführt, ihm aber acht Kinder geschenkt, die sie in einer Weise vernachlässigte, in der von den Frauen der Weltgeschichte vielleicht nur die Königin Isabeau von Frankreich ihr ebenbürtig ist. Der Volksmund klagte die Herzogin Sophie offen der furchtbarsten Dinge an, und als Herzog Kasimir, ihr ältester Sohn, kurz nach seinem Vater im zarten Alter urplötzlich starb, wies man mit Fingern auf die Herzogin als die Thäterin. In der That war der arme junge Fürst nach dem Genuß eines Butterbrotes, das er von seiner Mutter erhalten, gestorben, doch wer beweist die grausige Anklage? Der Chronist will, sie hätte ihre Höllentränke gern an ihrem Hauskaplan ausprobiert, und derselbe, ein Herr Matthias von Puttkamer, habe einmal nach Genuß des Meßweines 13 Tage lang ohne Unterbrechung geschlafen, sei aber dann doch wieder aufgewacht. Ihre verbrecherische Hand soll diese unnatürliche Mutter auch öfter nach ihrem Sohne Bogislaus ansgestreckt haben, – fragt man sich nach dem Motiv zu dieser Anklage, so kann doch nur eigene Herrschsucht dasselbe gewesen sein, eine Leidenschaft, so mächtig, daß sie ihr eigen Fleisch und Blut nicht schonte. Infolge dieser Vernachlässigungen, die vollständig an Verwahrlosung streifen, wuchs auch der Herzog Bogislaus X. zu dem rauhen, widerborstigen Original heran, das er zweifellos war. Als Kind von seiner Mutter in die Rügenwalder Stadtschule geschickt, prügelte er sich in zerrissenen Kleidern und baarfuß mit den Kindern herum und schloß später Freundschaft mit einem Bauern, Hans Lange, der es wenigstens ehrlich mit dem einsamen Fürsten meinte. Man hat letzterem später den Namen »der Große« gegeben, doch ist dies keine Folge seiner Großthaten als Fürst, Feldherr oder Staatsmann, sondern weil er körperlich riesenhaft gewachsen war. Zwar hat man seine 1496 erfolgte Reise in das heilige Land sorgsam und umständlich geschildert, doch lieber noch weilt die Chronik bei der Schilderung seiner Kräfte, seines Appetites und – seines Durstes. Ein ganzer Schinken und eine gebratene Gans auf ein Niedersitzen zu verzehren, soll ihm garnichts Besonderes gewesen sein und was er dabei zum Herunterspülen trank, das ist so achtunggebietend, daß eine Wiederholung dieser Angabe kaum anzudeuten ist.

Eine eigentümliche Erscheinung, ein seltsam hin- und hergeschleudertes Dasein, vielbegehrt und ebenso oft verworfen, muß Jacobea von Bayern gewesen sein, Herzog Wilhelm IV. von Holland Tochter und Erbin, die ihm sechzehn Jahre alt, 1417 als Herzogin von Holland, Gräfin von Hennegau, Seeland und Friesland in der Regierung folgte. Von Kindesbeinen an wurde die reiche Erbin so vieler, begehrenswerter Länder von Freiern belagert und auch wirklich schon 1415 mit dem Dauphin von Frankreich, Johann, vermählt, dessen Mutter, die Königin Ysabeau, ja auch eine bayrische Prinzessin und ihres Vaters Base war, die dem Sohne das reiche Erbe sichern wollte. Doch der Dauphin starb schon zwei Jahre später, ohne seine junge, durch Prokuration vermählte Gemahlin je gesehen zu haben. Einen Monat darauf starb auch Herzog Wilhelm, und Jacobea mit den vielen Titeln trat ihr Erbe an. Ihre Mutter, eine Tochter Herzog Philipp des Kühnen von Burgund, vermählte Jacobea ein Jahr später mit ihrem rechten Vetter, Johann von Burgund, Herzog von Brabant, der erst 15 Jahre alt war, aber gleich eine sehr heftige Abneigung gegen seine Gemahlin faßte. Zunächst erklärte er sie für zu dumm, um mit ihr leben zu können, da das aber wohl kein Scheidungsgrund ist, so mußte das alte Mittel zu naher Blutsverwandtschaft herhalten – als ob man nicht schon vor der Hochzeit wüßte, wie nahe man mit einander verwandt ist! Indes erst 1422 wurde die unglückliche Ehe geschieden, doch sicher nicht von der Kirche, denn sonst bliebe das Folgende ja unverständlich. Im selben Jahre nämlich vermählte sich die Herzogin Jacobea zum drittenmale und zwar mit einem Sohne König Heinrich IV. von England, dem Herzoge Humphried von Gloucester, der, wie der Chronist sagt, große Händel stiftete und sich in den Erbländern seiner Gemahlin zum Herren aufwarf. Doch auch diese Ehe war unglücklich, und wieder wurden Klagen laut über Jacobeas geringe geistige Fähigkeiten. Der Grund zur Scheidung war hier aber viel klarer: der Herzog entdeckte, daß seine Gemahlin sich mit ihm vermählt, ohne daß die Kirche ihre vorige Ehe für Null und nichtig erklärt hatte, und auf Grund dieser Thatsache erlangte er, daß seine eigne Ehe für ungültig erklärt wurde, – nachdem er nämlich von Herzog Philipp von Burgund geschlagen worden und seines Bleibens in den Erblanden Jacobeas nicht mehr war. Zum drittenmal verstoßen und verlassen, scheint die Herzogin doch nicht mehr in den gewöhnlichen Bahnen gewandelt zu sein, denn der Chronist meint: »es seien nachhero mit selbiger Jacobea noch soviel sonderbare Merkwürdigkeiten passieret, daß er sie mit Fleiß übergehen müsse.« Vielleicht meint er mit diesen mysteriösen Andeutungen die Ehe, die diese vielbegehrte, aber nie geliebte Frau 1432 heimlich mit einem holländischen Edelmanne, Franz von Borselen von St. Martinsdyk schloß? Ein heißer Durst nach Liebe mag das verlassene Herz wohl einmal ergriffen und sie zu dem thörichtesten Streich ihres thörichten Daseins getrieben haben. Natürlich wurde die Sache ruchbar. Die heimliche Ehe war einem Vertrage mit dem Herzoge von Burgund zuwider geschlossen worden, und dieser zwang seine Nichte darum auch, zu seinen Gunsten abzudanken. Dies geschah am 12. April 1433, und im folgenden Jahre wurde die vierte Ehe der Herzogin Jacobea veröffentlicht, indem ihr Gemahl zum Grafen von Ostrevant und Voorne erhoben wurde. Das gesuchte Glück ließ die Glücklose aber auch hier im Stich, und am 9. Oktober 1436 starb sie auf Schloß Deilingen am Rhein am gebrochenen Herzen.

Und so giebt's noch unzählige sonderbare Gestalten im Kuriositätenschrein der Weltgeschichte. Z. B. jene Prinzessin Elisabeth Magdalena von Pommern, eine Tochter des Herzogs Ernst Ludwig und der Herzogin Sophie Hedwig, geborenen Prinzessin von Braunschweig, die bis in ihr jungfräuliches Alter »besessen« gewesen sein soll, so daß »alle verständigen Medici vergeblich ihre Kunst an ihr erprobet, bis ein Geistlicher den Satan aus ihr trieb.« Sie vermählte sich später mit dem Herzog Friedrich von Kurland, als dessen Gemahlin sich bei ihr von »sothanem Satanas noch ein erkleckliches gezeiget haben soll« und starb ohne Kinder 1610. Es ist daraus aber zu ersehen, daß man damals sehr vorsichtig war in der Charakterisierung einer Veranlagung, die man heute kurzweg »Böse Sieben« oder »Drache« nennt.

Der »besessenen« Prinzessin steht die Hünenfigur des letzten Grafen von Kirchberg, Philipp, gegenüber, gegen dessen Kraft die berühmte Augusts des Starken von Sachsen in ein Nichts zerfließt. Denn der Graf von Kirchberg konnte einen Ochsen auf seiner Schulter davontragen und mit einem Finger einen Nagel in die Wand schlagen und – doch nein, wenn ich mehr davon erzähle, erblassen alle Athleten der Gegenwart vor Neid. Freundlich mag dieser Streifzug in den Nebenetat der Geschichte daher schließen mit dem Hinblick auf eine so wunderbare Schönheit, daß kein Chronist sie genügsam zu rühmen weiß, trotzdem es doch in der Geschichte schöne Frauen genugsam gegeben hat von der schönen Helena aufwärts. Für sie, die ich da vor mir sehe, ist kein Krieg entbrannt, kein Zweikampf ausgefochten worden, kein Tröpflein Blut geflossen, – sie muß so eine Art von einer Märchenfee gewesen sein, wenn die Chronisten nicht übertreiben.

Wie eine Blume blühte sie auf, die ob ihrer Schönheit damals berühmte Gräfin Sophia von Schwarzburg, Tochter des Grafen Günther VII. und der Gräfin Sophie von Orlamünde, und der Glückliche, der sie heimführen durfte, war Graf Berthold VIII. von Henneberg. Ein stilles Idyll lebte sie ihre Ehe dahin durch kurze 11 Jahre und starb 13. Februar 1279 beklagt vou diesem Epithaphium:

Wo Schönheit und Verstund
Einander sind verwandt
Zu einem Frauenbild,
Dies ist ein schöne Kron,
Und zieret einen Thron,
Ein solche Schönheit gilt.
Des Bertholdi Gemahl,
Vergleicht sich dem Opal,
Der schön von Farben gleist.
Wohl, wenn ein Grafen-Kind
An dieser Gleichheit find,
Die recht Sophia heißt.

Mit diesem längst verklungenen »Poem« eines unbekannten Poeten verzeihe man uns die Abschweifung auf jene lichte Figur, die vielleicht nicht einmal interessant, sondern »nichts als schön« war.


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