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Krummhorn wird gezähmt.

Es ist früher Morgen, die Hoëlalp liegt in klarem Sonnenschein.

Im Viehgatter geht Sidsel allein und melkt die Ziegen. Es ist still und friedlich, noch ist kein Schellengeläute zu hören; bloß ein schwaches Murmeln dringt vom Flusse herauf, und ein dumpfer Stoß hie und da vom Kuhstall her, so oft eine der Kühe aufsteht und mit den Hörnern gegen die Wand rennt. Im Stalle ist die Sennerin und melkt.

Sidsel hat noch immer zu kleine Fäuste, um Kühe zu melken, deshalb haben sie die Arbeit so unter sich verteilt, daß sie die Ziegen allein zu melken hat.

Da schallt es plötzlich von der Anhöhe über der Senne: Ho – o – i – ho!

Gleich darauf antwortet es ein wenig weiter weg und fast ärgerlich: Ho – o – i – ho!

Sidsel sieht auf, horcht; dann lächelt sie stillvergnügt, geht an den Zaun hin und ruft: Ho – o – i – ho!

Jetzt kann auch sie juchheien, daß es von allen Hängen und Höhen widerhallt; nun zittert ihre Stimme nicht mehr, wenn sie den großen Burschen antwortet.

Jetzt weiß sie, sie kommen nur, sie abzuholen, und daß sie heute mit ihrer Herde bis zur Senne hinunterkommen, hat seinen guten Grund, sie haben etwas besonderes vor; sie haben es mit ihr und der Sennerin verabredet. Und Sidsel kann es am Schellenklang hören, wie sie ihr Vieh mit aller Macht antreiben, und daß der, der zuletzt kommt – es ist doch wohl der Peter – ärgerlich darüber ist, daß er nicht der erste ist.

Doch sie mögen nur warten, bis sie fertig ist; sie kommen ja auch heute furchtbar zeitig.

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Wie es nun auch zugegangen sein mochte, lange hatte es nicht gedauert, da war Sidsel der vornehmste Hirt auf der Hoëlalp geworden. Schon am nächsten Tag waren sie gleich unten am Abhang zu ihr gestoßen, Peter zuerst und dann Jon, und es war wie selbstverständlich, daß sie mit ihnen ging, dann könnte sie ihre Herden hüten, während sie badeten, meinte Jon. Ja, das meinte Peter auch, und so tat sie es denn.

An diesem Tage blieben sie aber nicht so lange weg, es war, als mache es ihnen nicht mehr das alte Vergnügen, zu baden und zu zweien allein zu sein.

Und bald war es so sicher wie der Tag selbst: kaum kam Sidsel am Morgen mit ihrer Herde über den Abhang gezogen, da kamen sie auch dorthin, zumeist aus verschiedenen Richtungen, und lauerten förmlich darauf, wer von ihnen zuerst juchheien konnte. Und wenn sie sich dann trafen, waren sie eifrig bemüht, sich anzulügen, wie sie ganz zufällig gerade hierher gekommen wären; denn noch am Abend vorher hatten sie groß getan und unter sich über dies Hirtenmädel gespöttelt, das ihnen immer nachliefe und das sie nie los werden könnten, und hatten erklärt, am nächsten Tag würden sie nach einer ganz andern Gegend ziehen und sehen, ob das nicht hülfe.

Und dann machten sie Luftsprünge um die Wette und rangen oft die ganze Frühstückspause über; denn keiner wollte sich für überwunden erklären, und mehr als einmal mußte Sidsel sie zu ihren Herden jagen, weil sie alles vergaßen und Gefahr liefen, ihr Vieh zu verlieren.

Manchmal konnte es sich auch treffen, daß der eine etwas früher kam, und da wollte er durchaus, sie sollten schnell weiter ziehen; denn der andre wäre heute sicherlich nach einer andern Richtung gegangen. Und dann war es fast am lustigsten, fand Sidsel; denn dann hatten sie ihr immer so viel zu zeigen, wovon der andre angeblich nichts wußte, einen kleinen Bergsee, wo die Multbeeren gelbe Berghimbeeren. so massenweise blühten, daß der ganze Boden ringsumher wie mit Schnee bedeckt schien, und wo es zum Herbst fabelhaft viel Beeren geben würde – aber das wollten sie lieber für sich behalten, der andre brauchte nichts davon zu erfahren – oder das Nest eines Schneehuhns, in dem dreizehn große Eier lagen, oder einen abseitsliegenden Flecken, wo der Schachtelhalm unglaublich hoch und dicht stand.

Und bei solchen Gelegenheiten plauderten sie auch mehr mit ihr und prahlten und tollten nicht so, wie ihre Gewohnheit war, wenn sie beide mit ihr zusammen waren.

Sie kletterten in die Bäume hinauf und brachten ihr duftendes Harz, und sie pflückte Schachtelhalme für sie – denn um Schachtelhalme zu finden, muß man ein eigenes Geschick haben; und sie hatten nie jemand gesehen, der sich so gut darauf verstand wie sie; stand irgendwo auch nur ein einziger Halm, so konnte man darauf schwören, daß sie ihn fand, meinte Peter. Ja, Jon meinte sogar, sie fände welchen, selbst wo gar keiner wäre, er hatte nie etwas Ähnliches gesehen.

Und all den Spaß, den sie sich ausdachten! Eines Tages, als es regnete, machte ihr Jon einen großen Hut aus Birkenrinde, und am nächsten Tag brachte Peter ihr ein paar Schuhe aus Birkenrinde – die Sennerin mußte laut auflachen, als Sidsel in dem Anzuge, ihre richtigen Schuhe in der Hand, heimkam. Tags darauf gab ihr Jon ein wirkliches Taschenmesser – sie sollte auch etwas haben, womit sie schnitzen konnte, und er selbst brauchte es nicht, er hatte ja sein großes Schnitzmesser in einer Lederscheide – aber am folgenden Tag kam Peter mit einer schönen Pfeife, die er am Abend zuvor aus einem Ziegenhorn für sie gemacht hatte, und die hatte einen so feinen Ton, daß man ganze Lieder auf ihr blasen konnte.

Jon dachte lange vergeblich darüber nach, was er dagegen aufstellen sollte, aber schließlich fand er es doch.

Sie hatten schon oft Krummhorn gesehen, die immer mit den Kühen weiden ging, gerade als ob sie selber eine Kuh wäre, und Sidsel hatte ihnen erzählt, daß es ihre Ziege wäre, aber so wild, daß es ganz unmöglich sei, sie dazu zu kriegen, mit den andern Ziegen zu weiden, ja, daß es nicht einmal möglich sei, sie im Winter im Schafstall zu haben – Kjersti Hoël hatte gesagt, wenn das so weiter ginge, müßten sie sie wohl zum Herbst schlachten.

Nun erbot sich Jon, Krummhorn zu zähmen; er werde ihr schon Sitten beibringen; es gäbe keine Ziege, die er nicht untergekriegt hätte.

Ja, wenn er das fertig brächte, so wollte Sidsel ihm gerne alles geben, was sie hätte.

Nein, er wolle gar nichts dafür haben, wollte sie ihm etwas geben, dann höchstens die Hörner der Ziege, wenn sie doch einmal geschlachtet werden sollte. Denn das würde Ziegen-Pfeifen geben, wie man noch keine gesehen hätte.

Dann wollte Peter aber auch mit dabei sein; denn war die Ziege wirklich so störrisch, so wären wohl auch zwei nötig, sie zu bändigen, und dann könnte jeder ein Horn bekommen.

Jon wußte nicht recht, ob er das wollte; denn es war doch sein Einfall gewesen.

Ja, aber wie wollte er es denn eigentlich fertig bringen? Peter glaubte nicht, daß es sich überhaupt machen ließe, ohne daß sie ein stärkeres Tier hätten, an das sie Krummhorn anbänden. Aber das hatte eben Jon nicht. Dagegen hatte er, der Peter, den großen Ziegenbock, und der allein war stark genug.

Ja, das war wohl richtig. Da mochte er also mit dabei sein, vorausgesetzt, daß er seinen Bock hergab.

Sidsel meinte auch, es wäre wohl das beste, wenn sie alle drei dabei wären; sonst könnte überhaupt keine Rede davon sein. Und so geschah es denn auch.

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Heute sollte nun die Sache vorsichgehen; deshalb waren Jon und Peter so zeitig unterwegs.

Das Vieh kam in schnellem Lauf über die Höhe gezogen, und da die klugen Tiere begriffen, daß sie heute bis zur Senne hinunter sollten, begannen sie in vollem Lauf hinabzueilen – es war immer so fein, nach einem fremden Platz zu kommen, da gab es stets Neues zu sehen und zu beschnuppern; vielleicht war auch etwas übriggebliebener Mehlbrei im Schweinetrog oder ein bißchen Salz zu lecken oder ein Loch im Zaune, wo man unbemerkt hindurchkriechen konnte.

Die Schellen tingelten, die Burschen liefen und schrieen und juchheiten, um Ordnung in der Herde zu halten – wenn auch vielleicht ein bißchen lauter, als gerade notwendig.

Auf der Senne, wo es kurz vorher ganz still gewesen, wurde nun auf einmal Leben und Lärm – die Sennerin mußte wirklich zur Stalltür herausgucken, und Sidsel hätte sicher vergessen, die letzte Ziege zu melken, wenn diese sich nicht von selbst gemeldet und sich ihr mitten in den Weg gestellt hätte, als sie aus dem Gatter heraus wollte.

Als Jon die Sennerin in der Stalltür zu Gesicht bekam, rief er: Wollt ihr denn nicht bald auf die Weide?

Jawohl, nun bin ich fertig. Bist du auch fertig, Sidsel?

Ich bin bei der letzten Ziege.

Bald waren sie fertig, und das Vieh sollte herausgelassen werden.

Jon hatte ein starkes Weidenband mit einer Schlinge an beiden Enden mitgebracht; die eine war für den Bock, die andre für Krummhorn bestimmt. Er meinte, das wär solides Riemenzeug.

Wo ist sie denn?

Im Kuhstall natürlich!

Da ist es das beste, ich gehe selbst hinein und hole sie. Komm mit deinem Bock, Peter, und halt ihn bereit!

Peter lockte den großen Ziegenbock zu sich hin, der auf seinen Namen hörte und sofort kam.

Zeig mir, wie stark du bist.

Er packte ihn bei den Hörnern, um die Kräfte mit ihm zu messen. Der Bock stemmte dagegen, sie begannen zu ringen, wie sie oft zu tun pflegten, und der Bock drückte Peter gegen das Viehgatter.

O ja, ich denke, das ist ein Bock, der eine Ziege mit fortziehen kann, und wäre sie doppelt so groß. Der Stolz strahlte Peter förmlich aus den Augen

Jon wollte auch einmal probieren.

Ja, das Tier war bärenmäßig stark.

Dann ging er in den Kuhstall und kam bald, Krummhorn am Weidenband führend, wieder heraus. Nun nahmen sie den Bock und hängten ihm die andre Schlinge über den Hals, so daß beide zusammengekoppelt waren; es sah aber so aus, als hätten die Tiere das gar nicht bemerkt.

Alle blieben erwartungsvoll stehen; aber der Bock wollte sich nicht vom Flecke rühren, solange sie dort standen und die Weiden dicht dabei hielten; er stand da und wollte bloß gehätschelt werden.

Da sagte Jon: Laß dein Vieh heraus, Sidsel, und du, Peter, laß unsres auf die Höhe ziehen, dann sollt ihr ein feines Doppelgespann sehen!

Sidsel öffnete das Gatter, das Vieh ging im Zuge heraus und schlug den gewohnten Weg die Halde hinauf ein.

Peter trieb die andern nach.

Da dachte der Ziegenbock, es wäre die höchste Zeit nachzukommen, und tat einen Schritt vorwärts. Er mußte sich wirklich umsehen. Was war das für ein Jux, daß er hinten festgehalten wurde? Krummhorn stand, alle viere fest in den Boden gepflanzt, und streckte bloß den Hals.

Bah! Nichts weiter? Er tat ein paar Schritte; Krummhorn mußte mit, den Kopf zurückgelegt, stemmte sie dagegen. Da zog der Bock an, setzte die Hörner hoch in die Luft und legte sich ordentlich in die Riemen. Er wollte ihr schon zeigen, daß er sich nicht von so einer Närrin aufhalten ließe!

Krummhorn mußte wohl oder übel mit; aber sie sträubte sich und wehrte sich aus Leibeskräften; schließlich fiel sie auf die Kniee, doch der Bock ging unbeirrt vorwärts, als wenn gar nichts los wäre, und Krummhorn mußte den ganzen flachen Abhang hinauf auf den Knieen nachrutschen.

Sidsel und die Burschen kreischten vor Vergnügen, und selbst die Sennerin mußte mitlachen.

Als das Gespann an den Fuß der Anhöhe kam, wo es mehr und mehr unwegsam wurde, fand Krummhorn es doch ratsamer aufzustehen und auf allen vieren nachzukleppern, aber sie ließ sich noch immer mitziehen.

Sie zogen ihren gewöhnlichen Weg hinauf ins Gebirge.

Nach und nach schien Krummhorn sich in das Unvermeidliche zu finden. Anfangs ging sie zwar immer noch verdrossen und widerwillig und ließ sich ziehen, mit der Zeit fühlte sie aber wohl ihren leeren Magen, und nun begann sie ruhig mitzulaufen und zu fressen, wie die andern Ziegen, sah bloß ab und zu einmal auf, wenn sie in weiter Ferne die grobe, tiefe Kuhschelle hörte.

Nun war der Spaß nicht mehr so unterhaltend, und da begannen Jon und Peter wie gewöhnlich zu raufen und Rundsprünge zu machen, und damit vertrieben sie sich die Zeit, bis sie zur Mittagspause wieder heim sollten.

Da sagte Jon: Nun wollen wir Krummhorn einmal zur Probe losspannen. Ich denke, sie ist nun kuriert.

Ja, dem stimmten die andern bei.

Sie lockten den Bock heran; er kam, die mächtigen Hörner stolz in der Luft, und Krummhorn klepperte hinterdrein. Jon nahm dem Bock die Schlinge ab, kniete dann vor der Ziege nieder und zupfte sie am Barte.

Krummhorn scharrte mit dem Fuße, wie Ziegen zu tun pflegen, wenn sie gern von dem Zupfen befreit sein wollen, aber Jon ließ sie nicht los – er wollte ihr erst eine Vermahnungsrede halten: Nun hätte sie wohl die Übermacht gefühlt, sie sollte sich nicht einbilden, sie wäre eine Kuh. Von nun an müßte sie sich wie eine vernünftige Ziege aufführen, sonst würde sie es mit ihm zu tun kriegen. Bei jedem Worte zauste er sie am Barte, um der Ermahnung Nachdruck zu geben. Das tat weh, Krummhorn machte einen Satz geradeaus, so daß Jon auf den Rücken fiel, setzte glatt über ihn weg, das Weidenband nach sich schleifend, und trabte über das Moor in der Richtung auf die Kuhschelle zu.

Jon sprang auf, trampelte vor Wut mit den Füßen und lief ihr nach. Sidsel und Peter waren ihr bereits nachgesetzt. Sie riefen und schrieen, versprachen Krummhorn entsetzliche Prügel, wenn sie nicht stehen bliebe; aber Krummhorn tat, als hörte sie nicht. Unbekümmert lief sie davon. Die drei ihr nach. Die Burschen wurden immer wütender; das war ihnen doch noch nicht vorgekommen, daß sie so eine alberne Ziege nicht fangen konnten; und außerdem wollte jeder gern der erste sein. Schneller und schneller ging das Rennen, und obwohl Sidsel leichtfüßig war, besonders, da sie die leichten Rindenschuhe anhatte, blieb sie doch allmählich zurück – sie mußte ja auch in diesem langen Rock herumwaten und hatte obendrein heute morgen in der Eile vergessen, ihn aufzuschürzen.

Bald sah sie den letzten Schimmer von ihnen über den Hügel jenseits des Moors verschwinden – ja, wirklich hatte der Peter Jon überholt; er war doch der schnellste von den beiden – sie selber war nur bis zur Mitte des Moors gekommen.

Sie blieb stehen. Es war wohl das beste, sie ging wieder zurück und sammelte das Vieh, sonst konnte es passieren, daß sie alle drei ohne Herde nach Hause kamen.

Sie schlug die Richtung ein, aus der sie gekommen waren. Als sie sich dem Abhang näherte, hörte sie ein gewaltiges Dröhnen, das immer stärker und stärker wurde, sie fühlte förmlich den Boden unter ihren Füßen erbeben. Und dort die Halde entlang kam ein mächtiger Troß Pferde. Es waren eine ganze Masse, Fohlen, junge und alte Pferde, braune und scheckige, schwarze und weiße, und alle waren sie so glänzend blank, fett und dick und ausgelassen wild.

Sie liefen im Trab durcheinander, warfen die Köpfe zurück, und es dröhnte unter ihren Hufen wie schwacher Donner.

Halb ängstlich blieb Sidsel stehen; einen so großen Haufen Pferde hatte sie noch nie gesehen. Aber sie gaben acht, liefen im Bogen um sie herum, bloß ein paar blieben stehen und spitzten die Ohren und guckten, was das für ein kleines Ding sein mochte.

Dann liefen sie weiter, und einen Augenblick darauf waren sie vorüber – bloß das Dröhnen ihrer Hufe konnte sie noch hören, als sie den Weg nach der Senne hinunter einschlugen.

Aber das Vieh hatten sie freilich erschreckt; denn Sidsel konnte es nirgendswo finden. Sie lief von Hügel zu Hügel, horchte, lockte und lief weiter.

Als alles nichts nutzte, hielt sie es schließlich für das beste, nach Hause zu gehen.

Das war das erste und letzte Mal, daß Sidsel ohne Herde heimkam.

Aber daheim auf der Alp lag das Vieh bereits friedlich im Viehgatter und blökte und meckerte – die klugen Tiere waren von selber heimgelaufen. Der Pferdeschwarm war auch dort, weidete und leckte das Salz, das die Sennerin gestreut hatte.

Am späten Nachmittag kamen auch die Sennerinnen von den Nachbarsennen und fragten nach ihren Hirten; deren Herden waren auch dort schon lange allein nach Hause gekommen.

Endlich kamen denn auch Jon und Peter mit Krummhorn angezogen.

Als die Sennerinnen sie tüchtig auslachten, schämten sie sich auch etwas; daß sie ihre Herden verloren hatten, konnten sie ja nicht leugnen; aber niemand konnte deshalb sagen, sie kämen ohne Vieh nach Hause, selbst wenn es vielleicht etwas komisch aussehen mochte, daß zwei lange Hirtenbuben mit einer einzigen Ziege angezogen kamen, so groß und stark die auch war.

Ja, heute hätten sie wirklich Pech gehabt, meinte Jon, aber sie sollte nicht so leichten Kaufs davon kommen. Morgen wollten sie das Vieh wieder vornehmen – und da sollte sie was erleben!

Daraus wurde jedoch nichts. Krummhorn war klüger als sie. Als sie sie losgelassen hatten, blieb sie mit weit vorgestrecktem Hals stehen und sah nach dem Pferdeschwarm hinüber, der gerade davontrabte. So stand sie eine Weile. Dann schlug sie plötzlich mit den Hinterbeinen aus, wie ein richtiger Gaul, und weg war sie.

Die Sennerinnen und die Hirten blieben mit offenem Munde stehen, als sie sahen, daß Krummhorn sich den Pferden anschloß.

Bildete sich das Tier nun gar noch ein, ein Pferd zu sein!

Lange standen sie sprachlos da und sahen ihr nach.

Da sagte Jon in seiner trockenen komischen Art: Gäb's hier Elephanten, sie hätte sich wahrhaftig eingebildet, ein Elephant zu sein.

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