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Einundzwanzigstes Kapitel.
Sie retten, oder den Kohinoor verlieren.

Während Toby und seine Gefährten Bhandara zu befreien suchten, ruhte Dhundia bequem auf den weißen Kissen des »Ruth« und fuhr nach Pannah, um dem Radscha die prächtigen Felle der beiden »Menschenfresser« zu überreichen.

Der Beschützer des Ex-Favoriten des »Guicowar« war jedoch nicht ruhig, im Gegenteil. Tobys unverhoffter Aufbruch, das Erscheinen jenes Knabens, nachts, auf dem Diamantfelde, hatte ihn Verdacht schöpfen lassen.

»Sie hatten mich entfernen wollen, um ohne mich zu handeln,« hatte er sich gesagt. »Ob sie gemerkt haben, daß ich mit dem Fakir in Verbindung stehe? Jener Toby muß ein durchtriebenerer Fuchs als ich sein, wenn er aber glaubt, daß ich seinem Geschichtchen traue, so täuscht er sich.

Ich möchte wissen, zu welcher Jagdpartie sie gegangen sind. Jenes Rhinozeros und jener Freund sind von der üppigen Phantasie des Engländers erfunden worden.«

Wenn ich nach Pannah komme, werden wir Licht in die Sache bringen.«

Hierauf machte er sich's auf den Kissen bequem und schloß die Augen. Aber er schlief nicht; er dachte darüber nach, um sich jenen plötzlichen Aufbruch Tobys und Indris zu erklären.

Der »Rhut« schwankte und knarrte unter der Bedeckung der »Schikari« weiter, die sich gegen die Felle der beiden »Menschenfresser« in Lobeserhebungen ergingen, als wenn sie es gewesen wären, die die Minen von jenen gefährlichen Tieren befreit hätten.

Glücklich kam er über die Hügel, fuhr über die steinigen Erdhaufen und Gräben der Diamantfelder und erreichte eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang die Stadt.

Dhundia, der die geräuschvollen Kundgebungen, die ihm zumal in jenem Augenblick ungelegen kamen, nicht liebte, beauftragte die »Schikari«, die beiden Felle zu verstecken und darüber zu schweigen und ließ sich direkt zum »Bengalow« fahren.

Mehr, als den Radscha zu sehen, lag ihm daran, den Haushofmeister zu sprechen, in der Hoffnung, etwas über den Aufbruch seiner Gefährten zu erfahren.

»Der Radscha wird warten,« hatte er sich gesagt. »Außerdem kommt es Toby zu, die Felle zu präsentieren und die Belohnung in Empfang zu nehmen, denn ich gelte hier nur für einen einfachen Diener des Jägers.«

Der Haushofmeister, der von seiner Ankunft sofort benachrichtigt worden war, hatte sich beeilt, ihn auf den Stufen des »Bengalow« zu empfangen.

»Schon zurück, ›Sahib‹?« fragte er.

»Wir haben die Tiger erlegt,« antwortete Dhundia salbungsvoll, »unsere Mission ist beendigt.«

»Und der weiße Jäger?«

Dhundia hieß ihn schweigen und trat in den kleinen Saal, während die »Schikari« den »Rhut« in einen Schuppen des Palastes führten

»Ist nichts während meiner Abwesenheit geschehen?« fragte er den Haushofmeister, als sie allein waren.

»Ich habe Sitama nicht wiedergesehen. Ich sandte jedoch einige seiner Leute, um sich nach dir zu erkundigen.«

»Ist Bhandara zurück?«

»Nein, ›Sahib‹. Keiner hat ihn wiedergesehen.«

Dhundia legte die Stirn in Falten.

»Ob er auf Sitamas Spuren ist?« fragte er. »Jener ›Kornak‹ ist ein verschlagener Mensch.«

»Ich weiß es nicht. Trotzdem glaube ich aber nicht daran, sonst hätte mich Sitama, oder sein Stellvertreter, der Riese Barwani, davon benachrichtigt.«

»Ist kein Engländer gekommen, um nach Toby, dem weißen Jäger, zu fragen?«

»Nein,« antwortete der Haushofmeister verblüfft. »Warum stellst du mir diese Frage, ›Sahib‹?«

Statt zu antworten, begann Dhundia erregt im Saale auf und ab zu laufen.

Plötzlich blieb er vor dem Haushofmeister stehen.

»Sag' einmal, ist ein Knabe gekommen, um sich nach uns zu erkundigen?«

»Ein Knabe? – –« rief der Haushofmeister. Allerdings – – zusammen mit einem birdschijarischen Brahmanen – –«

»Was für ein Brahmane?« fragte Dhundia.

»Jener, der nachfragte, ob ihr schon von den Minen zurück wäret,« antwortete der »Kitmudgar«.

»Das hast du mir aber früher nicht gesagt.«

»Du sprachst von einem Engländer, ›Sahib‹.«

»Und wer war jener Brahmane?«

»Das weiß ich nicht.«

»Und er kam mit einem Knaben?«

»Ja, ich kann mich genau auf ihn besinnen.«

»Klein, mager, mit zwei tiefschwarzen Augen – –«

»Und einem roten Turban und blauem ›Linguti‹, Sahib.«

»Das ist derselbe, der uns in den Minen aufsuchte!« rief Dhundia zornig.

»Bei Siwa und Wischnu! – – Toby und Indri haben mich zum Narren gehalten. – –«

In ohnmächtiger Wut lief er wieder im Saale auf und ab.

»Wer war jener Brahmane?« fragte er sich, indem er sich auf die Lippen biß.

»Warum haben sie mich von Toby entfernt? Und jener Knabe? Wo werden sie jetzt sein? Das muß ich wissen.«

»Ah! – – – Wenn sie aber glauben, ohne mich in den Besitz des ›Lichtbergs‹ zu kommen, so täuschen sie sich.«

Wieder blieb er vor dem »Kitmudgar« stehen, der ihn verblüfft anschaute, ohne den plötzlichen Zornesausbruch jenes Mannes zu begreifen, der sonst so ruhig schien.

»Wo werde ich Sitama finden können?« fragte er.

»Ich weiß es nicht, ›Sahib‹. Gestern abend hat er seine Hütte verlassen, aber wir können es trotzdem erfahren.

Die ›Sâpwallah‹ und Gaukler haben ihre Zelte in der Umgebung des heiligen Sees aufgeschlagen.«

»Lass' jemanden rufen.«

»Ja, ›Sahib‹.«

Er ließ sich das Frühstück auftragen und legte sich dann in sein Zimmer schlafen, um die während der Jagd durchwachten Nächte nachzuholen.

Seit fünf Stunden schlief er, als er gegen Mittag vom Haushofmeister geweckt wurde.

»Sahib,« sagte dieser. »Ein Offizier des Radscha erwartet dich.«

»Hast du vielleicht laut werden lassen, daß wir die ›Menschenfresser‹ getötet haben?« fragte Dhundia, der sehr schlecht gelaunt schien.

»Die ›Schikari‹ werden nicht geschwiegen haben, trotz deines Verbotes, und der Radscha muß von dem glücklichen Ausgang eurer Jagd erfahren haben.«

»Das wird wieder meine ganzen Pläne durchkreuzen,« brummte Dhundia. »Ist der Mann zurück, der Sitama suchen sollte?«

»Nein, Herr. Wahrscheinlich haben die ›Sâpwallah‹ und Gaukler ihre Zelte abgebrochen und müssen erst gesucht werden. Dazu gehört Zeit.«

Dhundia kleidete sich schnell an und stieg in den Saal hinunter, wo ihn der Offizier des Radscha erwartete, der ein prunkvolles Scheikkostüm trug.

»Du warst mit dem berühmten weißen Jäger auf der Jagd, nicht wahr?« fragte ihn der Gesandte des Radscha.

»Ja,« antwortete Dhundia.

»Wo sind deine Gefährten?«

»Sie befinden sich auf einer Rhinozerosjagd.«

»Mein Herr wünscht sie zu sehen.«

»Ich weiß nicht, wann sie zurückkehren werden.«

»Morgen müßten sie hier sein, denn der Radscha will ihnen zu Ehren ein Fest veranstalten.«

»Und wenn sie nicht zur Zeit kommen könnten?«

»Jeder Wunsch meines Herrn ist ein Befehl, und alle müssen ihm gehorchen. Mittags werden Sie im Krönungssaal empfangen werden.«

»Wo soll ich sie finden?« fragte sich Dhundia, als er allein war. »Gehorchen sie nicht, so ist der Radscha fähig, sie aus seinem Lande auszuweisen, und dann ist der ›Lichtberg‹ für sie und auch für mich verloren, besonders für mich. Die ganze Geschichte scheint mißlingen zu wollen.«

Eben wollte er wieder in sein Zimmer gehen, als der »Kitmudgar« mit einem »Sâpwallah« eintrat.

»Das ist der Mann, den dir Barwani sendet,« sagte der Haushofmeister.

»Ich habe dir sehr Wichtiges mitzuteilen, was dich interessieren wird, ›Sahib‹,« sagte der Schlangenbändiger. »Der ›Kornak‹ Bhandara ist in unsere Hand gefallen.«

»Bhandara! – – –« rief Dhundia.

»Ja, der Mann, der deinen Elefanten führte.«

»Habt ihr ihn getötet?«

»Er lebt, aber wie lange wird es dauern?« sagte der Schlangenbändiger mit niederträchtigem Lächeln. »Der Hunger wird ihn schnell umbringen.«

»Wer hat ihn dazu verdammt?«

»Sitama, denn der ›Kornak‹ hatte unsere Geheimnisse entdeckt.«

Dhundia war blaß geworden.

»Ob er alles herausbekommen hat? – – – Und ob der beschleunigte Aufbruch Tobys und Indris mit Bhandaras Gefangenschaft zusammenhängt? Mir wird es Angst.«

»Was soll ich Sitama sagen?« fragte der Bändiger. »Er erwartet deine Befehle.«

»Ich werde ihn selbst aufsuchen, wo wohnt er jetzt?«

»In der alten Wischnupagode, in der Nähe des Diamantfeldes.«

»Wann werde ich ihn sehen können, ohne daß mich jemand bemerkt?«

»Nach Mitternacht, da ich erst alle Dakoiten des nahen Waldes versammeln muß.«

»Du wirst mich um elf Uhr abholen.«

»Ich werde hier sein, ›Sahib‹. Und was sollen wir mit Bhandara tun? Ihn leben lassen, oder töten?«

Dhundia schaute einen Augenblick den Schlangenbändiger schweigsam an, dann sagte er kalt:

»Mag er sterben. Jener Mensch wird gefährlich; wenn er leben bleibt, könnte er unser Vorhaben zunichte machen.«

»Du hast dieselbe Ansicht wie Sitama,« antwortete der Schlangenbändiger. »Jener ›Kornak‹ kann sich für verloren erklären.«

»Wenn ihn niemand rettet,« sagte Dhundia mit einem Tone, daß der Schlangenbändiger zusammenzuckte.

»Wer, ›Sahib‹?« fragte dieser. »Niemand hat dem Ringen beigewohnt und außer Sitama und Barwani weiß niemand, wo der ›Kornak‹ eingeschlossen ist.«

»Ich weiß nicht; wir werden sehen, was geschieht.«

Er verabschiedete ihn mit einer Gebärde, zog das »Doote« an und ging mit dem Haushofmeister fort.

Er war überzeugt, daß Toby und Indri nicht auf der Rhinozerosjagd waren, sondern daß er sie in der Stadt finden würde, und dieser Verdacht wurde noch dadurch bestärkt, daß die beiden Diener des Jägers verschwunden und noch nicht wieder zum »Bengalow« zurückgekehrt waren.

Seine Nachforschungen waren jedoch ohne jeden Erfolg. Als er nach Sonnenuntergang den »Bengalow« wieder betrat, war er unruhiger als zuvor.

»Wenn sie bis morgen nicht wiederkommen, verderben wir es mit dem Radscha. Wo soll ich sie suchen? Ich werde Sitamas Leute auf ihre Spuren setzen.«

Um elf, pünktlich wie ein Chronometer, erschien der »Sâpwallah« an der Tür des »Bengalow«, indem er zwei Pferde am Zügel führte.

»Sahib,« sagte er, »wir werden Sitama zu günstiger Gelegenheit antreffen.«

»Bist du bewaffnet?«

»Ich habe mein Messer.«

»Nimm diesen Revolver; man kann nicht wissen, was geschieht.«

»Danke, ›Sahib‹. Wenn es nötig sein wird, werde ich ihn zu gebrauchen wissen.«

Sie stiegen aufs Pferd und sprengten davon, durch die Straßen und Plätze Pannahs, die zu jener vorgerückten Stunde verlassen waren.

Außerhalb der Mauern jagten sie über die Felder und erreichten in weniger als einer halben Stunde den Wald.

»Wird Sitama in der Pagode sein?« fragte Dhundia.

»Meine Gefährten müssen die Stadt schon erreicht haben,« antwortete der »Sâpwallah«.

»Wird Sitama allein sein?«

»Mit Barwani.«

»Und warum wohnt er jetzt hier?«

»Die Pagode ist verlassen und von den Einwohnern Pannahs wenig bekannt, also ein sicheres Obdach. Dann kennt auch Barwani alle geheimen Eingänge und auch die unterirdischen Gewölbe; so kann er bei Gefahr dem Fakir zur Flucht verhelfen, ohne daß jemand etwas merkt.«

»Jener Mensch ist vorsichtig.«

»Und verschlagen, ›Sahib‹. Sitama konnte keinen besseren Vertreter wählen.«

Sie hatten den Wald schon durchquert und umritten eben den See, der sich vor der Pagode ausdehnte, als plötzlich ein ferner Schuß zu ihnen drang.

Der »Sâpwallah« hatte sein Pferd angehalten.

»Ein Schuß!« rief er.

»Er kam aus der Pagode,« bemerkte Dhundia, »ob Sitama angegriffen worden ist?«

»Von wem?«

»Ich weiß nicht, aber ich bin unruhig. Da! – – Wieder ein Schuß! – – Das ist sicher ein Pistolen- oder ein Revolverschuß.«

»Komm, ›Sahib‹!« sagte der Schlangenbändiger erregt. »Vielleicht ist Sitama in Gefahr.«

Er spornte sein Pferd an, ritt um die Pagode und machte vor einer moosigen Mauer Halt, die sich pyramidenförmig erhob.

Er band sein Pferd an einen Stein und begab sich rasch in einen dunkeln, klaffenden Felsriß, indem er Dhundia ein Zeichen gab, ihm zu folgen.

Es war kein einfacher Spalt, sondern eine Galerie, die in die Wand gehauen zu sein schien.

Der »Sâpwallah«, der jenen geheimen Durchgang genau kennen mußte, nahm aus einer kleinen Vertiefung eine Lampe, die Sitama oder Barwani dort hingestellt haben mochte, zündete sie an und stieg rasch eine Wendeltreppe hinauf.

Die Schüsse waren nicht verstummt. Von Zeit zu Zeit hallte ein Schuß wieder und weckte die Echos im ganzen Gebäude.

Der »Sâpwallah«, der fast bis an die Spitze der Pyramide gestiegen war, bog in eine zweite, so enge Galerie, daß höchstens ein Mann hindurch konnte, und öffnete eine Tür, indem er auf einen Druckknopf drückte.

Beide befanden sich in einem großen, von zwei eisernen Fackeln erleuchteten Zimmer, wo einige Betten, Musikinstrumente und Körbe standen, wie sie die »Sâpwallah« haben, um ihre Schlangen und verschiedenen Waffen einzuschließen.

Der »Schlangenjäger« bemerkte sofort, daß es leer war.

»Wenn Sitama und Barwani nicht hier sind, müssen ernste Sachen in der Pagode vorgehen.«

»Ist das ihr Zimmer?« fragte Dhundia.

»Ja, und – – was hat denn das zu bedeuten? –

Alle Körbe sind leer! – – Ob unsere ganzen Schlangen geflohen sind!« –

»Was für Schlangen?« fragte Dhundia erstaunt.

»Die wir zu den Schauspielen während der Feste von Pannah brauchten. Es waren wenigstens zweihundert und von allen Arten!«

»Wer kann sie freigelassen haben?«

»Ich weiß nicht, ›Sahib‹,« sagte der Schlangenjäger betroffen.

»Ob sie sich irgendwo versteckt haben?« fragte Dhundia, der ängstlich umherblickte.

»Ich habe absolut kein Verlangen, mich von ihnen beißen zu lassen.«

»Ich kann sie beruhigen, ›Sahib‹,« antwortete der Indier, indem er eine Flöte von der Wand nahm. »Komm, steigen wir zur Pagode hinab.«

Er nahm die Lampe und stieg eine Treppe hinab, die ebenfalls in Windungen ging.

»Hörst du?« fragte er plötzlich.

»Ja,« antwortete Dhundia. »Jemand spielt in der Pagods Flöte.«

»Ob es Sitama ist? Er ist dafür bekannt und kann die Schlangen beruhigen und wütend machen.«

Vorsichtig stieg er ab, schritt durch einen Gang und befand sich plötzlich dicht vor der Bronzetür in der Pagode.

Zwei Männer, von denen der eine einer Flöte gellende Töne entlockte, standen vor der Tür.

Der »Sâpwallah« erkannte sie sofort.

»Sitama und Barwani!« rief er.

Als sie der Riese kommen sah, hatte er schnell eine lange Pistole gezogen und sie gegen sie angelegt.

siehe Bildunterschrift

Halt, oder Ihr seid des Todes! –

»Halt, oder ihr seid des Todes!« hatte er gerufen.

»Ich bringe dir Dhundia,« sagte der Schlangenbändiger.

»Dhundia!« riefen Sitama und Barwani wie aus einem Munde.

»Was tut ihr?« fragte Indris Beschützer. »Was bedeuten diese Schüsse?«

Der Fakir nahm die Flöte vom Munde und näherte sich rasch Dhundia.

»›Sahib‹,« sagte er. »Wo sind der weiße Jäger und der Ex-Favorit des ›Guicowar‹?«

»Ich weiß nicht; seit 24 Stunden sind sie nicht mehr in Pannah.« Dem Fakir entschlüpfte ein Schrei der Überraschung.

»Sie sind nicht im ›Bengalow‹!« rief er.

»Nein.«

»Ob es – –«

»Sprich, Sitama.«

»Leute sind hier eingedrungen und haben Bhandara befreit.«

»Wer ist es? – – Vielleicht Toby und Indri?« –

»Nein – – es ist kein Europäer darunter, oder –«

»Fahr fort.«

»Oder der Jäger müßte sich als Indier verkleidet haben.«

»Wieviele waren es?«

»Vier Mann und ein Knabe.«

»Ein Knabe!« – – rief Dhundia. »Hast du ihn genau betrachtet?«

»Ja,« sagte Barwani.

»Er hatte einen roten Turban und einen blauen ›Linguti‹, nicht wahr?« fragte Dhundia.

»Ja, ›Sahib‹.«

»Das ist er!« –

»Wer, drücke dich deutlicher aus, ›Sahib‹,« sagte Sitama.

»Der Junge, der uns auf dem Diamantfeld aufsuchte, nach der Erlegung der beiden ›Menschenfresser‹, und der lange mit Toby gesprochen hat. Wo befinden sich jene Männer?«

»Sie sind in einem Saale belagert, neben Bhandaras Gefängnis.«

»Haben sie den ›Kornak‹ schon befreit?«

»Es gelang ihnen, die Wand seiner Zelle zu zertrümmern.«

»Glaubst du, Sitama, daß Bhandara alles weiß? – Ob er gewußt hat, daß ihr meine Verbündeten seid?«

»Das ist unmöglich, ›Sahib‹.«

»Dann, wenn euch am ›Lichtberg‹ etwas liegt, laßt jene Leute sofort frei. Wenn sie bis Mittag nicht in Pannah sind, ist alles verloren.«

»Werden sie noch am Leben sein?« fragte der Fakir, indem er Barwani anschaute. »Die Schlangen müssen bereits im Saale sein.«

»Vor kurzem hörte ich einen Schuß,« antwortete der Riese. »Außer den Revolvern scheinen sie auch Messer zu haben.«

»Kannst du die Schlangen zurückrufen?« fragte Dhundia.

»Ja, ›Sahib‹,« antwortete der Fakir. »Erst werde ich sie beruhigen, denn sie werden wütend sein, dann rufe ich sie hierher zurück.«

»Werde ich jene Menschen sehen können, ohne daß ich bemerkt werde?« fragte Dhundia. »Ich möchte mich erst vergewissern, ob es wirklich meine Gefährten sind.«

»Ja, – – und wenn sie es nicht wären?«

»Dann töte sie, wenn es dir Spaß macht,« antwortete Dhundia. »Es wäre mir lieber, wenn Bhandara nicht wieder zu meinem Herrn käme.«

»Wir heben ihn für später auf,« sagte Barwani, mit grausamem Lächeln.

»Führe den ›Sahib‹ an einen Ort, wo er jene Menschen sehen kann,« sagte der Fakir.

Während Barwani, Dhundia und der »Sâpwallah« sich entfernten, drückte er auf einen Knopf, der zwischen den Skulpturen des Türpfostens versteckt war, öffnete die Bronzetür und begann zu spielen, indem er dem Instrumente sanfte Töne entlockte, die zum Schlafen einzuladen schienen.


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