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Vorwort des Autors.

Ich will darstellen, wie eine Familie, eine kleine Gruppe von Wesen in einer Gesellschaft sich verhält, indem sie sich entwickelt und zehn, zwanzig Menschen das Leben gibt, die auf den ersten Blick sehr verschieden scheinen, die uns aber eine genaue Prüfung innig miteinander verbunden zeigt. Die Vererbung hat ihre Gesetze wie die Schwere.

Die zwiefache Frage der Naturanlage und der Umgebung lösend, werde ich bemüht sein, jenen Faden zu finden und ihm zu folgen, der folgerichtig von einem Menschen zum anderen führt. Wenn ich einmal alle Fäden festhalte, wenn ich eine ganze Gruppe in Händen habe, werde ich sie am Werke zeigen, mittätig, als handelnde Personen eines geschichtlichen Zeitraumes; ich werde diese Gruppe vorführen, wie sie tätig ist in dem Ganzen ihres Strebens; ich werde zugleich die Summe an Willenskraft in jedem einzelnen Mitgliede der Gruppe und das allgemeine Vorwärtsdringen ihrer Gesamtheit darlegen.

Die Rougon-Macquart, die Gruppe, die Familie, die ich zum Gegenstande meines Studiums machen will, hat als kennzeichnendes Merkmal jenes Überströmen der Begierden, jenes wilde Stürmen in unserer Zeit, das sich auf die Genüsse wirft. In körperlicher Hinsicht verkörpern sie die langsame Erbschaft der Nerven- und Blutkrankheiten, die infolge einer ersten organischen Erkrankung in einem Geschlechte sich offenbaren und je nach der verschiedenen Umgebung bei jedem Einzelwesen dieses Geschlechtes die Gefühle, die Begierden, alle menschlichen Leidenschaften – natürliche, wie triebartige – bestimmen, deren Äußerungen die herkömmlichen Namen der Tugenden und Laster tragen. In geschichtlicher Hinsicht gehen sie aus dem Volke hervor, strahlen in die ganze zeitgenössische Gesellschaft aus, schwingen sich zu allen Stellungen empor, immer vermöge jenes wesentlich modernen Antriebes, den die niederen Klassen auf ihrem Zuge durch den gesellschaftlichen Körper empfangen; so geben sie die Geschichte des zweiten Kaiserreiches auf Grund ihrer besonderen Dramen, angefangen bei der Mausefalle des Staatsstreiches bis zum Verrat bei Sedan.

Seit drei Jahren sammelte ich die Belege zu diesem großen Werke, und der vorliegende Band war schon geschrieben, als der Sturz der Bonaparte, dessen ich aus künstlerischem Gesichtspunkte bedurfte und den ich wie ein Verhängnis immer am Ende des Dramas fand, ohne ihn so nahe zu wähnen, mir den schrecklichen, aber notwendigen Abschluß meines Werkes an die Hand gab. Es ist nunmehr fertig, es bewegt sich in einem geschlossenen Kreise; es wird zum Bilde einer vergangenen Herrschaft, einer seltsamen Zeit der Schmach und des Wahnsinns.

Dieses Werk, das mehrere Abschnitte bilden wird, ist demnach – wie ich mir es denke – die natürliche und soziale Geschichte einer Familie unter dem zweiten Kaiserreich. Und der erste Abschnitt: » Das Glück der Familie Rougon« müßte wissenschaftlich »der Ursprung« heißen.

Paris, 1. Juli 1871.
Emile Zola


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