Emile Zola
Das Gelübde einer Sterbenden
Emile Zola

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X.

Telliers Landgut, Le Mesnil-Rouge, wie man es nannte, breitete sich auf dem sanften Abhang eines Höhenzuges aus, dessen Fuß die Seine bespülte. Das Wohnhaus war eines jener großen unregelmäßigen Gebäude, dem jeder Besitzer einen neuen Anbau hinzufügt, bis das Ganze mit seinen verschiedenartigen Dächern einem kleinen Dorfe ähnlich sieht. Man mußte eine Weile suchen, bis man in diesem Wirrwarr das ursprüngliche Hauptgebäude mit seinen nach hinten zurückgezogenen Flügeln herausfand. Die langen und schmalen Fenster gingen auf einen Rasenplatz hinaus, der sich bis an den Fluß hinzog.

Hinter dem Hause lag ein großer Park, der den ganzen oberen Teil des Hügels einnahm. Die Bäume, deren dunkelgrüne Laubkronen sich von dem blauen Himmel scharf abhoben, bildeten einen ungeheuren Vorhang, der den weiten Horizont verdeckte.

Auf der andern Seite des Flusses dehnte sich eine unabsehbare Ebene aus, auf der man grau abgetönte Dörfer in dichte Massen von Grün gebettet sah. Die Aecker bildeten große mattfarbige Vierecke, die hier und da von den dunklen Reihen der Pappeln durchschnitten waren.

Zwischen der Ebene und dem Höhenzuge wand sich in großen Krümmungen die Seine hindurch, von Bäumen eingesäumt, die sie stellenweise dem Blick entzogen und neben dem Wasserlauf einen großen Laubstrom bildeten. Zu Füßen von Le Mesnil-Rouge schoß der Fluß schneller dahin zwischen seinen Ufern und den hier sehr zahlreichen Inseln, die ihn überall einengten und in eine Menge kleiner Arme spalteten. Die Vegetation gedieh hier sehr üppig, das Gras stand sehr dicht, die Bäume ragten majestätisch zu ungewöhnlicher Höhe empor. Alles war hier sich selbst überlassen, denn die Leute aus der Umgegend kamen nur einmal im Jahre her und nur um die Rabennester zu zerstören. In dieser lieblichen Einöde vernahm man nur das Geplätscher des Wassers, den Schrei des Eisvogels und das Gegirr der Holztauben. Noch schöner vielleicht als die Inseln waren die schmalen Flußarme, die sich zwischen ihnen hindurchzogen. Hier bildeten die herabhängenden Aeste der Bäume lauschige Alleen, grüne Gewölbe, durch deren hohe Decke man hier und da das Blau des Himmels schimmern sah und deren Innres ein grünliches Licht und angenehme Kühle erfüllte.

Fuhr man auf die Thore dieser Gewölbe zu, so erweiterten sie sich allmählich und gestatteten einen Ausblick auf die Ferne, die in einem zarten violetten Dunst verschwamm.

Dann sah man die breite Seine vor sich, in deren sonnenbeglänzten Fluten sich die bewaldeten Ufer dunkel abspiegelten, einen friedvollen weiten Horizont mit einfachen Umrissen, ein flaches Gelände unter einem breiten Himmelsdom, an dem sich weiße Wölkchen kräuselten. Wenn die Sonne an den heißen Junitagen höher emporstieg, erglänzte die ganze Landschaft in einem hellen goldigen Lichte. Die Pappeln allein bildeten schwarze Streifen an dem weißen Himmel.

Angesichts dieses hehren, freundlichen Bildes mußte weihevoller Friede in das Herz jedes gefühlvollen Betrachters einziehen. Auch Jeanne stiegen, als sie am Tage nach ihrer Ankunft das Fenster öffnete und den Blick über das weite Gefilde schweifen ließ, die Thränen in die Augen. Sie eilte flugs hinunter, um die Brust in der linden Luft zu baden, die ihr ein unbeschreibliches Wohlgefühl zuwehte.

Hier wurde sie wieder zum Kinde, hier zeigte es sich, daß der Trubel des verflossenen Winters, die fieberhaften Aufregungen des Gesellschaftslebens sie nur äußerlich gestreift, nicht aber in die innersten Schichten ihrer Seele eingedrungen waren. In der lieblichen Kühle des jungen Lenzes stellte sich die unbefangne Heiterkeit ihrer Schuljahre wieder ein. Ihr war zu Mute, als sei sie noch im Kloster, als sei die Zeit zurückgekehrt, wo sie sich frei von allen Sorgen unter den Bäumen des Schulhofs tummelte. Nur daß hier ein liebliches Gelände, Rasen und Haine und Inseln, die in dem Dunst des fernen Horizontes verschwanden, den Schulhof ersetzten.

Wenn sie sich nicht geschämt hätte, würde sie am liebsten um die Stämme der alten Eichen Zeck und Versteck gespielt haben, so vollständig verjüngt fühlte sie sich. Ihre achtzehn Jahre, deren üppigen Uebermut sie in den Salons fein manierlich zurückgehalten hatte, sangen ein Jubellied. Sie empfand eine ungekannte Lebenslust und plötzliche Anwandlungen von Mutwillen, so daß sie wie ein wilder Bube herumstrolchte, hüpfte und lachte. Dieses Ueberquellen der Jugendkraft blieb aber nur rein physischer Natur; das Herz regte sich nicht, nahm an dem neuen Leben keinen Anteil.

Frau Tellier zuckte die Achseln, wenn sie ihre Nichte sich so vergnügt tummeln sah. Für sie war Le Mesnil-Rouge ein Verbannungsort, an den die Mode sie den Sommer über fesselte. Sie langweilte sich hier aristokratisch und brachte ihre Tage damit hin zu gähnen, und auszurechnen, wieviel Wochen sie noch von dem Winter trennten. Wurde ihr das Heimweh nach Paris geradezu unerträglich, so quälte sie sich, um an dem Anblick der Bäume Gefallen zu finden, so dehnte sie ihre Spaziergänge bis an das Ufer der Seine aus und bemühte sich, das Wasser zu bewundern.

Allein diese heroischen Versuche endeten immer mit vollständiger Entmutigung. Sie konnte sich nichts Dümmeres und Unsaubreres als einen Fluß vorstellen und wunderte sich unbeschreiblich, wenn sie die Freuden des Landlebens rühmen hörte. Sie stimmte freilich, wenn in ihrer Gegentwart die schattigen Wälder und lieblichen Bäche gepriesen wurden, in das Loblied mit ein und gebärdete sich, als wolle sie vor Entzücken vergehen; aber in ihrem tiefsten Herzensgrunde hegte sie nur grimmigen Haß gegen das Gras, daß auf ihren Roben grüne Flecke hinterließ, und gegen die Sonne, die ihr den Teint verdarb.

Ihre gewöhnlichen Promenaden beschränkten sich auf langsame Umkreisungen der Rasenplätze. Sie ging dabei sehr vorsichtig zu Werke und verwandte kein Auge von dem Kiesweg, aus Furcht, es könnte ihr etwas Unangenehmes und Gefährliches zustoßen. Denn schon das dürre Laub flößte ihr Grauen ein, und eines Tages schrie sie laut auf, weil ein Brombeerzweig sie am Knöchel leicht gekratzt hatte.

Wenn sie Jeanne übermütig herumtoben sah, warf sie ihr Blicke voller Mitleid und Kummer zu. Sie hatte besseres erwartet von dem Mädchen, das den ganzen Winter hindurch so hübsch zu kokettiren verstanden hatte.

»Gott erbarme sich, was bist Du ordinär, Jeanne! Man sollte wirklich glauben, Du amüsirst Dich! — Ach Gott, hier ist ein großes Loch voll Wasser; komm und reiche mir die Hand, damit ich hinübersteigen kann.«

Das junge Mädchen bekam dann Rückfälle in ihre alten Gepflogenheiten. Sie fühlte sich wieder bewogen, sich ebenso distinguirt zu gebärden, so zu hüpfen und angstvoll zu schreien wie die Tante. Von wirklicher Angst war dabei nicht die Rede; sie richtete sich nur nach Frau Tellier, die sie sich in Sachen des wahren Chics zum Vorbild genommen hatte. Indessen kribbelte es ihr bald wieder in den Füßen; sie fing an, schneller zu trippeln, ja, in die Wassertümpel mitten hineinzutreten und sich diebisch über den Spaß zu freuen.

Die größte Freude herrschte, wenn sich Besuch einstellte. An solchen Tagen strahlte Frau Tellier. Sie ließ dann die Gardinen zuziehen, um nicht mehr die Bäume vor Augen zu haben, und fühlte sich dann gewissermaßen nach Paris versetzt, wenn sie sich in dem seichten Geplauder der Weltdamen erging und sich an den Erinnerungen der Wintersaion berauschte. Bisweilen, — wenn sie vergessen hatte, die Fenstergardinen vorzuziehen, und mitten im Gespräch einen Blick nach dem fernen Horizont hinübergleiten ließ, — bekam sie eine wahre Angst, so klein kam sie sich Angesichts des unermeßlichen Raumes vor und so tief kränkte dieser Anblick ihren Frauenhochmut.

Jeanne selber verhielt sich nicht gleichgültig gegen dergleichen Erinnerungen, die ihr Paris wieder vor die Seele zauberten. Sie blieb dann in dem großen Saal der Villa sitzen, fragte den Gast aus, kehrte auch ihre skeptisch satirische Laune wieder hervor und vergaß den Tag über die Lindigkeit der Luft, die heitere Himmelsbläue, die Lieblichkeit der Gewässer. Kurz, sie streifte dann den Wildfang ab und wurde wieder die hochmütige Schönheit, die Daniel so viel Sorge machte.

Daniel flüchtete sich an solchen Tagen in das kleine Zimmer, das er sich im ersten Stock, über einer Art Taubenschlag, ausgewählt hatte. Hier arbeitete er, um seinen Kummer zu betäuben, an dem Buch des Abgeordneten oder er ruderte nach einer Insel hinüber und wartete dort, im hohen Grase gelagert, bis der Besuch ihm wieder seine liebe Tochter wiedergeben würde. Für den sanften, schlichten Mann war es eine unsägliche Lust, so in der freien Natur zu leben. Er hatte hier in Le Mesnil-Rouge die Umgebung gefunden, die ihm zusagte, und verlebte jetzt zum ersten Mal köstliche Stunden. Sein bisheriges Dasein hatte er in Kerkern verbracht und so war es ihm nie zum Bewußsein gekommen, daß er für ein freies Leben geschaffen war. Jetzt zog eine solche Ruhe in sein Herz ein, daß er einer ungeahnten Hoffnungsfreudigkeit Raum gab.

An den Tagen der Langenweile, wenn sich in Le Mesnil-Rouge kein Besuch sehen ließ, gehörte Jeanne ihm.

Zwischen den Beiden war allmählich eine größere Vertraulichkeit entstanden. Das junge Mädchen nämlich sehnte sich schon in den ersten Tagen nach den Inseln hinüber. Sie beschäftigten ihre Phantasie und für ihr Leben gern hätte sie gewußt, was hinter jenen dichten Laubwänden vorging.

Aber der Onkel war ein viel zu steifer Herr, als daß er sich zwischen Dornengestrüpp hätte herumbewegen mögen, und der Tante graute vor den Gebüschen da drüben im Wasser, in denen es gewiß von Schlangen und anderm abscheulichen Getier wimmelte.

Unter diesen Umständen erschien ihr Daniel als ein braver Mann, der ihr einen großen Gefallen erweisen könnte. Sie sah ihn ja Tag für Tag in den Kahn steigen, um in das Dunkel der Laubgewölbe hinüber zu rudern, und so bat sie ihn denn eines Tages ihn begleiten zu dürfen. Dies that sie in aller Unschuld, bloß um ihre Neugierde befriedigen zu können, ohne einen Augenblick daran zu denken, daß Daniel ein Mann war.

Bei ihm dagegen erregte ihre Bitte einen starken Gemütsaufruhr. Aber diese Unruhe deutete er sich als Freude, und so kam es, daß Jeanne ihn von nun an oft auf seinen Spaziergängen und Wasserfahrten begleitete.

Frau Tellier, für die Daniel nur ein Bedienter war, fand nichts Böses darin, daß Jeanne sich von ihm spazieren fahren ließ. Sie wunderte sich bloß, daß Jeanne so ordinär war, sich drüben auf den Inseln Ihre Unterröcke schmutzig zu machen. Was aber den Abgeordneten betraf, so hatte er großen Respekt vor seinem Sekretär.

Die Beiden überließen sich dem neuen Vergnügen rückhaltslos und ohne an die Folgen zu denken. Sie brachen gewöhnlich gegen Abend auf, etwa eine Stunde vor der Dämmerung. Sobald sie in einen der Flußarme eingefahren waren, hob Daniel die Ruder in die Höhe und ließ den Kahn langsam stromabwärts treiben. Gesprochen wurde nicht. Jeanne lag halb rückwärts gelehnt und träumte oder hörte auf das leise Gemurmel des Wassers, in das sie ihre Fingerspitzen tauchte. So fuhren sie in dem grünen Dämmerlicht der stillen Laubdome dahin. Dann landeten sie auf einer Insel, wo sie vergnügt wie Kinder umherrannten und lärmten. Entdeckten sie eine Lichtung im Gestrüpp, so wurde Halt gemacht, um Atem zu schöpfen und kameradschaftlich zu plauschen. Bei diesen Streifereien setzte sich Daniel niemals hin, sondern blieb immer stehen, wenn seine Begleiterin sich niederließ, um auszuruhen. Er hatte sich im Klettern geübt und holte oft Nester herunter. Wenn aber Jeanne Mitleid über die armen Vögelchen kund gab, stieg er wieder auf den Baum und brachte sie auf den höchsten Zweigen in Sicherheit.

Besonders angenehm war immer die Rückkehr. Sie hielten sich so lange wie möglich unter den Laubgewölben auf, wo es inzwischen dunkel geworden war. Die Kühle wurde durchdringend, die Weidenzweige rauschten, indem sie ihre Kleider streiften. Der Fluß glich einem brünirten Stahlspiegel.

Endlich, wenn er die Fahrt nicht noch mehr in die Länge ziehen konnte, bequemte sich Daniel dazu, über die Inseln hinaus zu rudern. Dann sahen sie die Silberfluten der Seine vor sich ausgebreitet. Hier herrschte noch das Tageslicht, ein mattes, schwermütig zartes Licht. Jeanne saß hinten im Kahn und ließ den Blick über die Wasserfläche hingleiten. Der Fluß kam ihr wie ein zweiter Himmel vor, in dem die Bäume mit schärfer umrissenem Schatten eintauchten. Ein erhabner Friede waltete über dem Gefilde; in die tiefe Stille klang, man wußte nicht woher, ein gedämpfter Gesang; der ferne Horizont erweiterte sich, leicht und schwebend wie eine Vision, die sich im Dunkel verflüchtigte.

Das ruhige Leben fand bald in Daniels Gemüt einen Widerhall. Der Friede kehrte auch bei ihm ein und er sah ein, daß er zum Moralprediger nicht taugte, daß er weiter nichts verstand, als Liebe zu empfinden. Erinnerte er sich jetzt des verwünschten Winters, wo er eine so lächerliche Rolle gespielt hatte, so ergriff ihn eine wahre Beklemmung. Wie glücklich war er doch, seitdem er sich der Zuneigung, die er für Jeanne hegte, voller Hoffnungsfreudigkeit und Seelenruhe hingegeben hatte!

So kam es, daß er weder an die Vergangenheit, noch an die Zukunft dachte. Es genügte ihm, wenn er Jeanne im Walde herumtrippeln sah, wenn sie Gefallen fand an der lieblichen Einsamkeit der Inseln, wenn sie ihm Freundschaft bezeigte. Seiner Ansicht nach war alles in Ordnung, namentlich lebte er des Glaubens, daß das junge Mädchen das frivole aufregende Gesellschaftsleben vergessen habe. Hatte doch der Aufenthalt in der freien Natur ihn selber verjüngt und lebte er doch gleichsam in einer Umgebung, wo er nur Raum sah für seine Entfaltung aller sanfteren, zarteren Gefühle.

Er verlebte also die ganze schöne Jahreszeit in einer unerschütterlichen Sorglosigkeit. Kein Wort des Vorwurfs, kein strafender Blick! Alles, was Jeanne that, war wohl gethan, und hatte sie einmal böse Anwandlungen, so gebrach es ihm nicht an Entschuldigungsgründen. Ja, das bloße Erscheinen des jungen Mädchens versetzte ihn in Ekstasen, die ihm allen Sinn für die Wirklichkeit nahmen.

Wenn sie in seinem Kahn mit ihm dahin fuhr, durchdrang ein süßes Wohlgefühl sein ganzes Sein. Er freute sich jeden Tag mehr auf die Wasserfahrt und unternahm immer weitere Ausflüge, um länger in ihrer Nähe zu weilen. Jetzt fand er sie so schön und so gut, daß er bitter bereute, sie gequält zu haben. In Zukunft wollte er sie nie wieder schelten.

So verging ihm der Sommer in ungetrübter Hoffnungsseligkeit. Er war nicht ein einziges Mal aus seiner Rolle als unermüdlicher und vorsichtiger Führer gefallen, und sie hatte ihn sich als Spielkameraden gefallen lassen; dessen Gutmütigkeit sie mit der Tyrannei eines Kindes mißbrauchte.

Am vorletzten Tage vor der Abreise nach Paris fühlten Daniel und Jeanne sich gedrungen, den Inseln Lebewohl zu sagen. Sie fuhren zusammen hinüber und verweilten lange auf dem Wasser. Der Herbst war ins Land gekommen, gelbe Blätter trieben langsam den Strom hinab, und der Wind rauschte wehmütig in den Baumkronen.

Die Fahrt verlief monoton. Es war beinah kalt. Das junge Mädchen hüllte sich dicht in ihr Umschlagetuch; sie redete nicht, sah das entfärbte Laub an und fand es unschön. Der immer vertrauensselige Daniel dagegen überließ sich dem Reiz dieses letzten Ausflugs und dachte nicht ein einziges Mal an die Gefahren, die Paris für ihn bereit hielt.

Als sie aus dem Insellabyrinth herausruderten, bemerkten sie von ferne drei Personen am Ufer, die sie erwarteten. Eine von ihnen erkannten sie an dem ungeheuren Umfang des Fleckes, den sie auf dem grünen Rasen bezeichnete, als Herrn Tellier. Die beiden Andern mußten Gäste sein, deren Identität sie vergebens zu erraten versuchten.

Während er aber auf sie zusteuerte, überkam Daniel eine große Unruhe. Er erkannte die fremden Herren und konnte nicht begreifen, weswegen sie sich nach Le Mesnil-Rouge verirrt hatten.

»Ei der Tausend!« rief jetzt auch Jeanne, »das ist ja Herr Lorin und mein Vater!«

Am Ufer angelangt, hüpfte sie hurtig aus dem Kahn, umarmte von Rionne und lenkte ihre Schritte auf die Villa zu, in Begleitung Lorin’s der ihr von Paris so viel Amüsantes zu berichten wußte, daß sie aus dem Lachen nicht herauskam.

Daniel blieb allein am Ufer zurück. Er war tief betrübt, da er sah, daß es mit seinem Glück vorbei war.

Nach dem Abendessen trat Lorin vor ihn hin und bemerkte mit höhnischer Ueberlegenheit: »Wie Sie zu rudern verstehen, lieber Freund! Alle Wetter! Solche Kraft in den Armen hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Uebrigens danke ich Ihnen, daß Sie Jeanne die ganze Zeit über spazieren gefahren haben.«

Daniel sah ihn verwundert an und schien nicht übel Lust zu haben, den Dank abzulehnen.

»Nämlich,« fuhr Lorin erklärend fort, »ich begehe wirklich die Thorheit, von der ich damals mit Ihnen sprach.«

»Welche Thorheit?« fragte Daniel gepreßt.

»Eine ganz gehörige, gar nicht zu rechtfertigende Thorheit! Sie besitzt keinen Heller und wird auf mein Vermögen verteufelt anbeißen ... Ich heirate Jeanne.«

Daniel sah ihn wie entgeistert an und begab sich, ohne ein Wort der Erwiederung gefunden zu haben, auf sein Zimmer.


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