Emile Zola
Das Gelübde einer Sterbenden
Emile Zola

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Gegen Ende des Jahres 1831 war unter der Rubrik »Vermischtes« in dem »Semaphore,« einer Marseiller Zeitung folgender Bericht zu lesen:

»Gestern Abend hat eine Feuersbrunst mehrere Häuser im Dorfe Saint-Henri zerstört. Den Widerschein der Flammen, die sich im Meere abspiegelten, konnte man von unsrer Stadt aus sehen und diejenigen Personen, die sich auf den Felsen von Endoume befanden, hatten das schreckliche und großartige Schauspiel deutlich vor Augen.

Einzelheiten fehlen noch. Im Publikum erzählt man sich mehrere mutige Rettungsthaten. Wir begnügen uns für heute eine grausige Episode des Schauerdramas zu berichten.

Ein Haus geriet von unten so schnell in Brand, daß man den Bewohnern keine Hülfe mehr bringen konnte. Das Geschrei der Unglücklichen war entsetzlich mit anzuhören.

Plötzlich erschien an einem der Fenster eine junge Frau, die ein Kind in den Armen hielt. Man konnte von unten sehen, wie ihr Kleid zu brennen anfing. Das Gesicht von Schrecken entstellt, die Haare wirr aufgelöst, starrte sie, wie vom Wahnsinn ergriffen, vor sich hin. Als dann die Flammen an ihren Kleidern höher emporleckten, schloß sie die Augen, drückte das Kind fester an ihre Brust und sprang zum Fenster hinaus.

Als man hinzukam, um sie aufzuheben, lag die Mutter mit zerschmettertem Schädel da, das Kind aber lebte noch und streckte weinend die Händchen aus, um sich der furchtbaren Umarmung der Toten zu entziehen. Es heißt, das Kind, das keinen Verwandten mehr auf der Welt habe, sei von einem jungen Mädchen adoptirt worden, deren Name uns nicht bekannt ist und die dem Adel des Landes angehört. Eine so edle That ist über alles Lob erhaben.


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