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Vorwort

Von der Küchenkultur der ältesten Völker wissen wir nur, was etwaige Abbildungen an Opferspeisen verewigen, was die Bibel erwähnt oder die indischen Sagen erzählen. Auch griechische Kost kennen wir nur aus der schönen Literatur. Erst mit den Römern setzt eine Fachliteratur ein, die im »Apicius« ihren Höhepunkt erreicht. Nach dem Zerfall Roms stürzen auch die Batterien gepflegter Kochtöpfe zusammen. Keine feine Sauce wird mehr im Wasserbade gerührt, keine Muräne gemästet. Selbst der große Braten verschwindet von der Tafel, bis auf gewisse Prunkstücke vom Wild, am Spieß im Ganzen. Das Ragoût herrschte vor, und im Bereiten solcher Fleisch- und Fischmuse wird Frankreich vorbildlich. Die frühen englischen Rezepte – man merkt es schon an der korrumpierten französischen Bezeichnung der Gerichte – sind französischer Herkunft, meist durch ausgemietete oder abgefangene französische Köche ins Inselreich geraten.

Inzwischen steigt in Italien die Renaissance herauf und fügt zu Glanz und Schimmer Wohlgeruch und Wohlgeschmack. Die Zeit der phantastischen Pasteten bricht an, der reichverzierten Torten, der komplizierten Tunken. In Deutschland hat sich die Feinschmeckerei in die behäbigen Mönchsklöster gerettet. Gut essen hieß dort soviel wie fett essen. Gemüse waren weniger beliebt. Man lebte von Eierspeisen, Fisch und Fleisch: Gerichte, die nach der Einführung der Spezereien mit Mandeln, Safran, Zimmet und Pfeffer wahllos überwürzt waren. Die Handelsstädte entwickelten sich und bildeten ihren eigenen Stil in der feinen Küche aus. Ihre »königlichen Kaufleute« brachten gelegentlich ihrer Reisen nach Italien und Frankreich Anregungen von dort mit, dennoch behielten die früh erschienenen Kochbücher ihr originelles Gepräge. Im Dreißigjährigen Kriege verwilderte auch der Geschmack in Deutschland, wie die ewigen Städtefehden Italiens zerstörend auf seine Gaumenkultur wirkten. Überdies war der Austausch von Waren von Land zu Land sehr erschwert. In dieser Zeit bildete sich Frankreich zum Chef aller Gaumenletzen aus und hat diese Vorherrschaft bis heute unbestritten behalten. Das Merkwürdigste aber ist, daß, nachdem zu Beginn des 19. Jahrhunderts die höchste Höhe aller Künsteleien erreicht worden war, grade Frankreich zur natürlichen und einfachen Speisenbereitung umzulenken verstand, ohne dabei seine leitende Rolle einzubüßen. Unser Zeitalter des Verkehrs hat Europa auch mit fremden Kochkünsten bekannt gemacht. Rußland hat sich bei starkem französischem Einschlag seine Individualität zu erhalten gewußt. Die Türkei und Indien haben sogar die englische Küche zu beeinflussen begonnen. Nordamerika hat seine eigenen Produkte dem englisch-französischen Küchenzettel untergeschoben. Das lateinische Südamerika aber schließt sich ganz an die spanische Heimat an. Nichts ist verschiedener als spanische und italienische Kochkunst. Rasse, Produkte, Klima sind sich ähnlich, doch der Geschmack ist grundverschieden. Mag der maurische Einschlag vielleicht mitsprechen – das fast Gewaltsame, das den allzu süßen, allzu scharfen, allzu fetten spanischen Gerichten anhaftet, macht sie dem mitteleuropäischen Gaumen unsympathisch, wie etwa die fremdartigen Genüsse des fernen Ostens. Gemeinsam sind allen Völkern gewisse deutliche Richtlinien: die Suppe zu Beginn, das große Fleischstück in der Mitte, das leichtere, z.&nbsp;B. Geflügel, danach, Süßspeisen am Schluß. Und immer und überall hat es neben den ausgesprochenen Nährgerichten gleichsam neutrale Magenfüllgerichte gegeben, sei es nun Hirsebrei, Reis, Buchweizen oder unsere alleinseligmachende Kartoffel. Immer und überall hat der Mensch, bald feiner, bald gröber, durch abweichend gewürzte und pikante Tunken neue Beize in die Alltagskost zu bringen gesucht. Immer und überall haben Feste, auch die abstraktesten, metaphysischen, ihren kulinarischen Ausdruck gefunden.

Ich habe versucht, in der folgenden Auswahl von seltsamen und oft bildhaften Kochvorschriften eine Art von kulturhistorischer Profilierung der Vorgänge am häuslichen Herd zu geben. Manches Rezept wird sich wohl heut noch in seiner ursprünglichen Fassung mit Erfolg verwenden lassen. Anderes muß der Zeit und dem Geschmack entsprechend umgedeutet werden. Jedes aber ist charakteristisch für die Epoche und das Land, daraus es hervorging.

M. v. Z.

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Gereimtes Scherzrezept

Wilt du machen ein gut Beigericht
So nimm gesudelten Schweiß
Der macht den Magen gar heiß.
Und nimm aus Kieseln das Fett,
Das ist gut fürs Mädel, so das Hüftweh hätt.
Und nimm Brombeer und was sonst gering,
Das ist das allerbeste Ding
Und bist du nicht dumm und taub
So nimm dazu grünes Weinlaub.
Dann mußt du nehmen Binsen,
Liebstöckelein und Minzen.
Das sind gute Würze
Für die großen F...e
Die Fersen vom Stieglitz, von der Mücke die Füße,
Das giebt dem Essen die nötige Süße.
Das ist gut, man nennt es genau
Ein überaus leckeres Allerleirauh
Ach und versaltz nur nicht
Dies köstliche Gericht.

Das ist ein gut lere von guter spise übertragen von v. d. Heyl, 14. Jahrhundert

Scherzrezept

Ein gut lecker köstlin

So mache zum jüngesten ein klein lecker köstelin. von stichelinges magin und mucken füezze und lovinke zungen, meysenbeyn und frösche an der keln so mahtu lange ohne sorgen leben.

dis buch sagt von guter spise, 14. Jahrhundert

Feinkost

Endlich bereite solche Feinkost von Stichlingsmagen und Mückenfüßen, von Laubfinkenzünglein und Meisenbein und Froschkehlen dazu. So lebst du lang ohne Sorgen in Ruh.


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