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Fünfzehntes Kapitel.

Blutgericht der Alpen-Bauern am Adel zu Schladming.

Als auf allen Seiten die Sache des Volkes niederlag und die Herren jubelten, da kam aus den Hochalpen hervor dem Volke ein Trost und den Großen der Welt ein Urtheil Gottes, das laut genug sprach. Siegmund Dietrichstein hatte, nachdem sich die Bauern der Steyermark in's Salzburgische zurückgezogen, nach Wien um Sold für seine deutschen und böhmischen Knechte geschrieben. Die Kriegsräthe schrieben zurück, er solle die Rädelsführer hart strafen, die Andern aufs Mark brandschatzen, Alle ohne Unterschied, wo Aufruhr entstanden sei, dann habe er Geld. Dietrichstein befolgte den Befehl; er brandschatzte Gehorsame und Ungehorsame: die Bauern sahen ihn mit Entsetzen ihre besten Brüder spießen, schinden, viertheilen. Seine Ratzen (Husaren), ärger als Türken, »schnitten den Weibern die Brüste ab, den schwangeren Frauen die Kinder aus dem Leib.« Bericht der erzherzoglichen Räthe. Eigene Zugeständnisse Dietrichsteins und des Niklas von Salm. Das stillte die Steyrer Bauern nicht, es reizte sie 545zur Rache, zum Zusammenlauf auf der salzburgischen Gränze. Das Städtchen Schladming hatte sich auch Dietrichstein unterworfen. Die Knappen aus Schladming entwichen an die Maindling und begehrten an ihre dort versammelten steyrischen und salzburgischen Brüder, Schladming einen Feindesbrief zu schicken, wenn es sich nicht in den christlichen Bund begebe. Aus den Feindesbrief hin eilten 7 Bürger von Schladming zu Dietrichstein nach Jerding und baten ihn um Bescheid. Dietrichstein zog nach Schladming und lagerte sich im Städtchen und vor demselben. Er wollte, bevor er heimzöge, auch diese Bauern stillen.

Schladming lag hart an der Salzburger Grenze. Die Fähnlein der Bauern, welche die Grenzhut bildeten, lagen unter dem salzburgischen Hauptmann Michael Gruber zu Radstatt. Dietrichstein schrieb ihm, er sei Willens, abzuziehen, wenn Gruber des Erzherzogs ungehorsame Unterthanen von sich thue, und dessen gehorsame nicht beleidige. Gruber antwortete, darauf könne nur aus dem Hauptquartier der Bauern von der Landschaft zu Salzburg Bescheid gegeben werden. Nach einigen Tagen kam ein Bote der Ausschüsse zu Salzburg und ein Schreiben der erzherzoglichen Räthe: Beide trugen auf einen achttägigen Stillstand an. Dietrichstein beschloß, den Stillstand anzunehmen, mit der Klausel, »so fern er da bleibe und vom Erzherzog Macht habe.«

Er hatte aber gewisse Botschaft, daß Niclas von Salm, sein Nachfolger im Oberbefehl, täglich ankommen, und dann kraft eigener Vollmacht auf die sorglosen Bauern fallen könne.

Am andern Morgen wollte Dietrichstein seine schriftliche Antwort wegen des Stillstands fertig schreiben. Den Abend durch zechten die Ritter ungewöhnlich viel und lang, es war die Nacht vom 2. auf den 3. Juli. 5 Uhr Morgens sagte man dem Feldherrn, ein gefangener Knabe habe ausgesagt, im Bauernlager sei man Nachts spät auf gewesen. Da rief er: So wollen die Schelmen ein böses Stück an uns brauchen und uns überfallen. Siegmundel, entgegnete ihm Königsfelder, laß deinen kranken Fuß ruhen; sie können uns nicht überfallen. Dem Ritter schwebten ihre guten Wachen vor, und die Unmöglichkeit eines Seitenzuges übers wilde, hohe Gebirg.

Dietrichstein raffte sich doch auf. Da scholl's: Der Feind ist 546da! Er warf den Harnisch über und rief seinem Buben, zu schauen, ob man Lärm schlage. Wie der das Fenster öffnet, trifft ihn ein Stich durch den Hals. Dietrichstein kam doch auf sein Pferd und zu 200 Knechten auf den Platz, die im Handgemenge waren. Sein Hengst erhielt 5 Stiche, er selbst einen harten Hieb über den Kopf, Kuendorf wurde neben ihm erschossen, Christoph Welser gestochen, daß er vom Sattel hing. Viele Knechte gingen zu den Bauern über. Die Ritter, bei dem Lärm meist noch in den Betten, wollten zum obern Thor reiten; sie fanden, daß auch hier die Knechte schon sich an die Bauern ergeben hatten, das Geschütz genommen, die Reiterei entritten, die Böhmen theils gefangen, theils entwichen waren. Ruprecht Weiser stürzte von einem Schuß. Gruber schrie den Herren zu, sich in die Kirche zu flüchten; sie thaten's. Dietrichstein ergab sich den zu den Bauern übergetretenen Landsknechten auf ritterlich Gefängniß.

Die Bauern hatten nur mit geringem Volk, an 4000, das Heer Dietrichstein's, was da vor der Stadt lag, überfallen wollen, dieser Ueberfall war aber so sehr gelungen, daß in einem Nu nicht nur das ganze österreichische Geschütz genommen, Alles vor der Stadt, was nicht entrann, erschlagen oder in die Enns gesprengt, sondern die Stadt selbst erobert war; auf Dietrichstein's Befehl war früh 4 Uhr die Reiterei aus der Stadt und über die Ennsbrücke gezogen und hatte das Thor offen gelassen. Alles, was nicht deutsch konnte, wurde erstochen; doch entkamen Viele über die Mauer hinaus. An 3000 wurden unter dem Ueberfall erschlagen, darunter ein großer Theil des kärnthischen und steyrischen Adels; 18 Adelige wurden allein in der Kirche gefangen. Sie wurden mit den andern Gefangenen mit Trommeln und Pfeifen in's Quartier der Obersten der Bauern gebracht. Gruber kam, fragte nach dem Keutschach und Prank. Die waren nicht da. »Hätt' ich den Pranken, sagte er, er müßt' sterben, ob er tausend Menschen werth wäre.«

Es ward zu einer Gemeinde umgeschlagen und der Profos holte mit Trommeln und Pfeifen den gefangenen Landeshauptmann in den Ring. Ein Knappe trat auf als Kläger: »Dieser gegenwärtige Dietrichstein, sprach er, das schielende Hurenkind, hat im vorigen Bauernbund uns Brüder am Meisten verfolgt, vertreiben, spießen und mit Rossen zerreißen lassen; ist auch an des Wölfel an 547der Heft Tod, daß er gespießt wurde, Ursache gewesen. So hat er auch jetzt unserer Brüder und Hauptleute zween zu Irming spießen lassen, und war der Meinung, uns Alle auch zu spießen; er hat dazu Wagen voll Spieße mitgebracht; seine Ratzen unsere Schwestern, unsere Frauen zerhauen, zerstickeln lassen. Wir müssen bedenken, wo er so, als wir ihn haben, uns in seiner Gewalt hätte, wie er mit uns umgehen würde. Ist Einer im ganzen Ring, der hierum anders weiß, der trete hervor.« – Keiner trat vor, keiner sprach. – »So habe ich, rief der Kläger, meine Klage genugsam bewiesen, und spreche zu Recht, daß er auch gespießt werde; und welcher dieser Meinung ist, reck' eine Hand auf!« –

Und gegen 4000 Hände waren aufgereckt. Dietrichstein vertheidigte sich, und ermahnte die Landsknechte ihrer Zusage ritterlicher Gefängniß. Diese und Gruber bestanden darauf. Es kam zu blutigem Zwist zwischen Landsknechten und Bauern: man kam überein, in Salzburg anzufragen. Die Ausschüsse zu Salzburg schrieben, sie sollen die gefangenen Herren redlich halten: der gemeine Haufe schrieb, sie sollen sie Alle umbringen. Das letztere Schreiben wurde von Weitmooser unterschlagen.

Am dritten Tage wurden die gefangenen Böhmen und Ratzen, Edle und Unedle, gerade so viele, als Dietrichstein früher Bauern hatte enthaupten lassen, 32 an der Zahl, auf dem Markte enthauptet. Die deutschen Edeln mußten zusehen, und wußte keiner, wann es an ihn käme. Die Gemeinde schrie wieder, man müsse Dietrichstein zuerst richten: Gruber und die Landsknechte retteten ihn auch jetzt. Doch mußten die Herren alle erdenkliche Schmach und Spott in ihrer Gefangenschaft erleiden und wurden dann zu 19 in Bauernröcken und Bauernhüten auf Ackergäulen in das von den Bauern besetzte Schloß Werfen abgeführt. In Schladming fanden die Bauern alle Gelder, die Dietrichstein zuvor durch Brandschatzung erpreßt hatte, und viel Gut des Adels und des Heeres.

Mit goldenen Ritterketten und glänzenden Helmen geschmückt, sah man Bauern auf den erbeuteten prachtvollen Streitrossen der Ritter hinwegreiten.

Solches Maß hielten die Bauern solchen Herren gegenüber. Einfach war Grubers Schlachtbericht: »Um 5 Uhr hab' ich 548Schladming angefallen und erobert. Gott dem Herrn sei Lob, Ehr und Dank gesagt. Als ich die deutschen Knechte aus ihrem Gefängniß ließ, zeigten mir diese und auch etliche Bürger an, daß ich eine große Gnade von Gott gehabt; denn die Edelleute seien der Meinung gewesen, uns zu überfallen und Alle zu erwürgen.«

Zu Rottenmann begegnete Graf Salm den flüchtigen Reisigen und Knechten, einigen hunderten; er sammelte die Trümmer, erhielt Verstärkung von einigen Tausend, und hielt sich den August über hinter den Mauern von Leoben und Bruck, während die Knappen von Schladming aus das Ennsthal hinaufzogen und den Aufstand aufs Neue in Steyermark verbreiteten. Der Erzherzog eilte, die Anträge der Stände der fünf Herzogthümer zu genehmigen. Nur drang er zugleich darauf, daß die Kriegsmacht derselben vereint, nicht einzeln in jedem Land gegen die Bauern wirke. In Kärnthen, in Oberösterreich waren die Bauern um Bartholomäi wieder ganz ruhig, die Landherren hatten sich mit ihnen durch Abstellung der Beschwerden vertragen. Ueberall in den Herzogthümern hatten die Herren und Städte selbst darauf gedrungen, die Lasten des gemeinen Mannes zu mäßigen, und durch genaue Gesetze ihren Rahmen zu bestimmen. Brandschatzen ließen sie ihre Bauern nicht, trotz aller Einsprache des Erzherzogs: sie hätten sogleich ihr Dienstvolk vom Heer zurückgerufen. Die Rädelsführer waren ausgeschlossen; sie flohen in's Salzburgische. Berichte aus dem österreichischen Staatsarchiv bei Bucholz. Steyrische und Salzburgische Chroniken.



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