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Dreizehntes Kapitel.

Das hatte einen wilden Tanz gegeben mit dem Junker und dem alten Förster. Sämtliche Kern- und Kraftflüche, so er während des ganzen glorreichen Siebenjährigen Krieges gesammelt und fleißig geübt, hatte der wütende Junker über seinen Pastor ausgeschüttet und ihn beinahe mit dem Krückstock tätlich attackieret. Und der Förster hatte gedroht, die Ehe für null und nichtig erklären zu lassen, weil seinem Sohne noch etliche Monde zur Volljährigkeit mangelten. Weil aber die vollzogene Tatsache nun einmal, durch Unterschrift zweier Zeugen bestätigt, im Kirchenbuch eingetragen und der ganzen Gemeinde bekannt war, und weil ferner der Junker gern vermeiden wollte, daß von seiner Vaterschaft öffentlich die Rede sei, so fügten sie sich schließlich doch in das Geschehene und waren obenein noch froh, daß sie aus solcher Ursache den unbequemen, widersetzlichen Pfarrer los wurden. Sie ermangelten aber nicht, ihm bis zu seinem Wegzuge jeden Tort anzutun, der nur irgend in ihrer Macht stand. Wie sie es denn auch durchsetzten, daß ihm vom Büttel seine Habe gepfändet wurde, bis daß er die Strafe für den rechtswidrig erlegten Hasen samt den Gerichtskosten bezahlt hatte.

Um solches imstande zu sein und außerdem noch die Kosten für den Auszug und die Reise nach Berlin herauszubekommen, hatte der Pfarrer in der Kreisstadt einen großen Teil seiner Habe versteigern lassen. Gegen Ende des Juni hatte ihn dann noch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes erreicht, die seine Berufung in Sachen des Bibelhasen verwarf und ihn abermals in die Kosten des Verfahrens verurteilte. Ein paar Tage später war der Aufbruch von Puhlendorp erfolgt. Und es war nur ein einziger Mensch gewesen, der herzlich und mit einiger Rührung von ihnen Abschied genommen hatte – Krischan Barnekow, der Stellmacher, Philosoph und Klarinettenbläser.

*

Weil nun nach dem Vorgefallenen nicht anzunehmen war, daß er binnen kurzem eine neue Stelle oder gar eine fettere Pfründe finden möchte, so hatte sich Erasmus Südekum mit der alten Karsunken und seinem Frau Töchterlein nach Berlin gewendet und schlug sich daselbst kümmerlich durch vermittels Nachhilfestunden an faule Lateinschüler, Korrekturenlesen und Kopialien.

Lotte konnte mit Schreib- und Nadelarbeit, trotz allen aufgewendeten Fleißes, nur ein sehr Geringes beisteuern, zumal es sich bald herausgestellt hatte, daß sie gesegneten Leibes war und ihre Kräfte von Woche zu Woche hinfälliger wurden. Es war noch ein Glück zu nennen, daß sie der Sorge um die Magd ledig wurden, indem die Karsunken mit ihrem wenigen Gesparten in einem Stift Unterkunft gefunden hatte.

Wie aber die Behörde trotz seines Unvermögens nicht nachließ, den armen Expfarrer wegen seiner schuldigen Gerichtskosten zu drangsalieren, da bäumte sich der alte Südekumsche Trotz wiederum in ihm auf, und er versteifte sich darauf, jene elende Hasenaffäre bis aufs Letzte durchzukämpfen. Er machte die Sache beim Kammergericht anhängig. Und ein als geschickt berühmter Advokat fachte seinen Mut durch die Versicherung an, daß dieser Bibelhase ein gefundenes Fressen für den juristischen Scharfsinn sei und er seine ganze Kunst daran setzen wolle, ihm zu einem glorreichen Triumphe vor dem Kammergerichte zu verhelfen. Freilich bedurfte es dazu eines erklecklichen Vorschusses, und da solchen der arme Privatpräzeptor nicht zu leisten imstande war, so mußte er wohl oder übel auf den juristischen Beistand verzichten.

Da beschloß er denn gegen Ende Septembris, das letzte Mittel zu versuchen und sich an des Königs Gnade zu wenden. Er schrieb an seinen Schwiegersohn nach Eberswalde und hieß ihn an einem bestimmten Tage sich in Berlin einzufinden, um mit ihm und Lotten zusammen die Reise nach Potsdam zu tun. Daselbst wollten sie gemeinsam unter der Bittschriftenlinde des Augenblickes harren, wo das Auge des großen Königs ihrer etwa ansichtig werden möchte.

Und so geschah es. Fritz Jasmund traf pünktlich ein und ward von seinem jungen Weibe mit einem stillen Jubel begrüßt, der aber einen deutlichen Ausdruck fand in der plötzlichen Veränderung, die mit ihrem ganzen Wesen vorging. War sie vordem langsam hingewelkt wie ein verdurstendes Pflänzlein auf dürrem Sandboden, so schossen ihr über der Freude des Wiedersehens urplötzlich die starken Säfte freudiger Jugend bis in das letzte Fingerglied, also daß sie miteins wieder jung und stolz und schön neben ihrem Herzenserwählten einherschritt. Und auch der Fritz hatte sich zu seinem Vorteil verändert, wie sein Schwiegervater alsbald mit herzlicher Freude erkannte. Er hatte ein ernstes, männliches Wesen angenommen und doch an Freimut nichts eingebüßt. Er hatte fleißig seinen Dienst getan und gelernt, was irgend es zu lernen gab bei seinem Forstmeister. Dieser hatte ihm auf sein Verlangen auch ein gar günstiges Zeugnis über seine Fähigkeiten und bisherigen Fortschritte ausgestellt. Da Fritz zudem sich besser ausdrücken gelernt hatte und keine Scheu vor dem gestrengen Hochwürdigen ihn mehr fesselte, so ließ sich im Ernst wie im Scherz wohl mit ihm plaudern und diskurieren. Es ward also den drei armen Leuten ihr Bittgang nach Potsdam nicht nur dadurch angenehm verkürzt, daß sie unterwegs einen gefälligen Hauderer fanden, der sie gegen ein Trinkgeld aufsitzen ließ, sondern auch dadurch, daß sie sich die Zeit durch angenehme Gespräche vertreiben konnten.

Da sie sehr früh morgens von Berlin aufgebrochen waren, gelangten sie noch vor Mittag nach Potsdam und konnten, nachdem sie sich im Wirtshaus ein wenig gestärkt und ihre Kleider vom Straßenstaub gereinigt hatten, alsbald ihren Platz unter der berühmten Bittschriftenlinde einnehmen, die unter einem Fenster des königlichen Stadtschlosses sich befand. Wohl hatten sie durch einen Lakaien vernommen, daß der König wieder einmal von einem Gichtanfall hart gepeinigt und daher schwerlich selbst ans Fenster kommen werde. Da sie aber doch einmal da waren, so harrten sie dennoch geduldig auf ihrem Posten aus, in der Hoffnung, daß sich vielleicht ein glücklicher Zufall ihrer Not erbarmen werde.

Es war ein rauher Tag und wehte ein feuchtkalter Wind, also daß es kein Leichtes war, ohne warme Überkleider und ohne Sitzgelegenheit stundenlang auszuharren, insonderheit für die junge Frau; aber sie waren noch kaum eine halbe Stunde unter der Linde gestanden, sehnsüchtig, auch wohl in dringendem Gebete hinaufschauend zu dem Fenster des großen Königs, als sie hinter den Scheiben eine Mannsgestalt gewahrten. Erasmus Südekum hob sogleich die bereit gehaltene Bittschrift in die Höhe, das Lottchen reckte bittend die gefalteten Hände empor, und der Fritz grüßte vorschriftsmäßig mit dem Hute.

Gleich darauf erschien ein Lakai mit der Mitteilung, daß der Geheimsekretarius sie vom Fenster aus gesehen und ihre Anwesenheit Seiner Majestät berichtet habe. Er sei beauftragt, die Bittschrift Seiner Majestät zu überbringen.

Mit zitternden Händen legte der Expfarrer sein Elaborat in die Hände des Lakaien und bat ihn auszurichten, daß er wohl noch mancherlei mündlich hinzuzusetzen wüßte und es Seiner Majestät untertänigst Dank wissen werde, so sie ihn und die Seinigen in persona zu empfangen geruhen wollte.

Nun verging abermals eine lange, bange halbe Stunde, und dann kehrte der Lakai zurück, mit dem Bescheide, daß Seine Majestät die Bittschrift gelesen habe und den Verfasser nebst seinen Leuten sofort zu sehen wünsche. Über die prächtige Treppe, durch weite Korridore und glanzvolle Vorräume wurden sie in ein kleines, einfenstriges Zimmer geführt.

Da fanden sie sich nun dem großen Könige gegenüber. Friedrich saß mitten im Zimmer mit dem Rücken gegen den Kamin, worin ein leichtes Feuer brannte. Er hatte einen schlechten Hut auf der unfrisierten Perücke, einen alten Dreispitz von der Form der Predigerhüte, einen Überrock von Mordoréwolle, schwarze Beinkleider und Stiefel, die bis über die Kniee hochgezogen waren. Drei kleine Bänke, mit grünem Tuche beschlagen, standen vor ihm, worauf er die Füße liegen hatte. Die linke Hand, woran er große Schmerzen zu leiden schien, hatte er in einer Art Muffe auf seinem Schoße liegen, in der Rechten hielt er die Südekumsche Bittschrift. So lag er auf seinem vergoldeten Lehnstuhl. Zu seiner Linken stand ein kleiner Tisch, worauf verschiedene Papiere lagen und zwei goldene Dosen, reich mit Brillanten garniert, aus welchen er von Zeit zu Zeit Tabak herausnahm, von dem ein gutes Teil über sein zerknittertes Jabot verstreut war. Unter dem Stuhle lag sein Lieblingswindspiel, Alkmene geheißen, das nach dem Tode der berühmten Biche die erste Stelle in des Königs Herzen einnahm. Außer dem Könige war nur noch ein Kabinettssekretär anwesend, der am Schreibtisch vor einem offenen Buche saß, worein er eben noch nach des Königs Diktate schrieb.

Beim Eintritt der drei Bittsteller fuhr das Windspiel unter dem Stuhle des Königs hervor und kläffend auf die Fremden los. Das Lottchen aber, anstatt sich aus seiner tiefen Verbeugung aufzurichten, blieb vielmehr in seiner Stellung und streckte ihre Hand nach dem zierlichen Tiere aus, das erst ein wenig zurückwich, dann aber schnuppernd den Kopf vorstreckte und sich alsbald gerne streicheln ließ. Ebenso merkte es nach flüchtiger Beriechung auch dem jungen Jäger seine Hundefreundschaft wohl an, erhob sich auf den Hinterbeinen und legte seine feinen Pfötchen gegen Lottens Kniee. So stand es zwischen den beiden Eheleuten und ließ sich von ihnen abwechselnd ums spitze Köpfchen schön tun.

Der König blickte lächelnd auf das junge Paar, dann nickte er freundlich und sprach: »Die kleine Madame scheinet mir eine besondere Confidence zu meritieren. Die Mene läßt sich sonst nicht leicht zu derlei Vertraulichkeit herbei. Nun, das ist mir eine gute Rekommandation für euch. Tret Er nur näher, Herr Pastor. Ich habe Sein Exposé gelesen. Er kommt mir gerade recht damit und liefert mir Wasser auf meine Mühle. Die ganze Justiz ist nicht einen Schuß Pulver wert – darin bin ich völlig Seiner Meinung. Das Federzeug versteht nichts als seine Advokatenstreiche. Eine üble Sache verbessern und durch Hyperbeln vergrößern oder verkleinern, wie man es à propos findet, das ist ihre ganze Kunst. Lasse mir aber nichts weismachen. – Er hat wohl in den Gasetten gelesen von dem Müller-Arnoldschen Prozeß und wie ich den Herren in das Konzept gefahren bin, weilen die Kanaillen von meinen Namen auch cruel Mißbrauch getrieben haben, um unerhörte Ungerechtigkeiten auszuüben. – Nun, ich lese da, daß man Ihn um eines elenden Hasen willen in dreien Instanzen kondemnieret und aus Amt und Brot hinausschikanieret hat. Was hat Er noch zur Sache vorzubringen?«

Die kräftigen Worte des Königs über die Justiz hatten dem zitternden Pfarrer seinen ganzen Mannesmut wiedergegeben, also daß er nach wenigen gestotterten Eingangsworten wieder im Besitze seiner natürlichen Beredsamkeit war und seine Sache just so frei und eindringlich vor des Königs Majestät, wie einstmals vor dem grimmigen Junker von Fersen, der durchaus ein Voltairianer sein wollte, zu führen vermochte. Und nicht nur seinen Rechtshandel wegen des Bibelhasen legte er dem gnädigen Monarchen ausführlich dar, sondern auch die besonderen Folgen, die sein Zerwürfnis mit den kleinen Machthabern von Puhlendorp in Ansehung der Liebesaffäre seines geliebten Töchterleins mit dem natürlichen Sohne des Junkers gehabt hatte, nebst der eigenmächtigen und ungewöhnlichen Lösung, die er für diese traurige Verwirrung der Dinge gefunden, und die ihm gleichfalls von seiner geistlichen Behörde für eine schwere Schuld angerechnet und zum Vorwand für die Vorenthaltung eines neuen Amtes und gebührender Versorgung genommen worden war.

Der König hörte ihm aufmerksam zu, und seine großen, durchdringenden Augen, die durch die seitlich überhangenden Lider eine fast dreieckige Gestalt angenommen hatten, so wie man das Auge Gottes in den Kirchen malt, schweiften nur selten auf wenige Sekunden von dem eifrigen Sprecher ab, um mit deutlichem Wohlgefallen auf dem kleinen gesegneten Weibe und ihrem überaus stattlichen Ehegatten zu verweilen.

Als nun Erasmus Südekum feine lange Relation beendet hatte, nahm Seine Majestät eine Prise, lehnte sich eine kurze Weile nachdenklich in seinen Sessel zurück und schüttelte dann mit einem leisen Lachen den Kopf. »Er ist ein Sakramenter, mein Lieber. Er will mit dem Kopfe durch die Wand und verlangt, daß seiner gekränkten Person halber die Justiz gebeugt werde, vor der doch alle Leute gleich sein sollen. Ich bin allerdings die höchste Instanz vor alle die Fälle, in denen die Justizkollegia den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üblen Passiones auszuführen und die natürliche Billigkeit beiseite setzen, um ihrer Gevatterschaft gefällig zu sein. In seinem Falle aber haben die Kollegia nach dem Buchstaben des Gesetzes richtig erkannt: das Wild gehört dem Junker. Er hat den Hasen des Junkers mit seiner Bibel zu Tode geworfen und darum auch die Strafe verwirkt. Dabei muß es ein vor allemal sein Bewenden haben. Ich kann Ihm nicht helfen. – Weil ich aber wohl einsehe, daß der Junker von Fersen ein meschanter alter Narr ist und die ganze Kompagnie der kleinen Puissancen in seinem Dorfe diesen miserablen Hasen nur vorgeschützt habe, um ihr Mütchen an Ihm zu kühlen, so will ich Gnade vor Recht ergehen lassen. Zieh Er Seine Klage beim Kammergericht zurück, so will ich befehlen, daß Ihme die Kosten erlassen werden. Daraus, daß Er sich lieber aus seinem Hause und Amte vertreiben lassen, als denn erdulden wollte, ein Wilddieb genannt zu werden, daraus ersehe ich, daß Er ein Mann ist, der Ehre im Leibe hat. Und wie Er in Ansehung Seiner Tochter und ihres Liebeshandels verfahren ist, das zeigt mir auch, daß Er ein Mann seie, der die gesunde Räson und die Humanität über seinen frommen Eifer zu stellen weiß. Ich habe ein Penchant für solche Leute. Ich würde Ihn zum Feldprediger machen, wenn ich noch Kampagnen vor hätte. So aber will ich dafür sorgen, daß Er bald tunlichst auf einer der königlichen Domänen eine nahrhafte Stelle erhalten soll. Was Er da predigt, ist mir einerlei. Ich lasse mich ebensowenig durch das theologische Gezänk schikanieren, wie ich meine Subjekten in ihrem Glauben schikanieren will. Ich sehe, daß Er selber bei Seinem Glauben ein ehrlicher Mann geblieben ist, also muß Sein Glaube auch wohl für andre etwas nutz sein. Und wenn Er künftig wiederum gegen den Voltaire und Seines Königs Freigeisterei zu predigen gedenkt, so mag Er das ungescheut tun; ich meine aber, Er hat sich bei Seiner Waldpredigt selber als einen Freigeist deklarieret. Außerdem ist es meine Meinung, daß der Name eines Freigeistes ein Ehrentitul seie, welchen die Noblesse der Gesinnung und die Kraft des Räsonnements der wenigen Auserwählten im Unterschied vom großen Haufen meritieren. – Na, das mag Er halten, wie Er will. – Aber dem Junker von Fersen will ich für seine cruellen Schikanen noch expré etwas ins Stammbuch schreiben.« Er wendete sich an den Geheimsekretär: »Mein lieber Stellter, Er kann mir sofort ein Reskript anfertigen und zur Unterschrift vorlegen, des Inhaltes, daß von nun an, solange Pommern zur preußischen Krone gehört, der jeweilige Pfarrer von Puhlendorp das Recht haben solle, jeden Hasen für sich zu behalten, zu braten und zu verspeisen, den er auf dem Gottesacker mit seinem Bibelbuche zu Tode zu schmeißen imstande sei. Haha! Ihm, mein lieber Pfarrer, kann das freilich nicht mehr helfen, aber die Kerle wird es doch ärgern, und wir haben beide unser Pläsier davon« Eine Kabinettsordre dieses Inhalts existiert tatsächlich in den Kirchenakten des v. Puttkamerschen Gutes Glowitz, Kreis Stolp in Hinterpommern. Für die Mitteilung dieser Tatsache, die mir die Anregung zur Gestaltung der im übrigen frei erfundenen Geschichte gab, bin ich dem gegenwärtigen Herrn Oberpräsidenten von Pommern, Freiherrn Helmut v. Maltzahn-Gültz, zu besonderem Danke verpflichtet..

In seines Herzens überströmender Freude konnte sich Erasmus Südekum nicht enthalten, vor seinem gnädigen Könige in die Kniee zu sinken und die feine Greisenhand, die so oft den Degen zum Siege und die Feder in Reim und Prosa als ein Meister geführt hatte, ehrfürchtig an seine Lippen zu drücken.

»Schon gut, schon gut, mein Lieber,« rief der König ein wenig ungeduldig. »Er ist mir als ein aufrechter Mann wert – ich mag Ihn nicht knieen sehen. – Sein Eidam gefällt mir übrigens gar wohl. Ich habe ein Penchant für die Bastarde der Noblesse. Seind viele Helle Köpfe und teuflische Temperamenter darunter. Er soll seinen Kursum durchmachen, alsdann will ich ihn in meine persönlichen Dienste ziehen. Und Seiner hübschen Frau Eheliebsten will ich aufgeben, daß sie mir oder meinem königlichen Nachfolger eine ganze Sektion solch strammer Kerls in die Armee liefere, wie ihr Mann einer ist. Merke Sie sich das wohl, kleine Madame, das ist ein königlicher Befehl – wonach sich zu achten – haha! Und Sie soll mir's sagen lassen, wenn Ihr Stündlein gekommen ist, damit ich mich bei der Freundin meiner Mene mit einem hübschen Taufgeschenk revanchieren kann.«

Der König winkte gnädig mit der Hand, Lottchen stotterte ihren Dank, während der Pfarrer einen tiefen Bückling und der Fritz das militärische Honneur ausführte. – – – –

Nun standen sie draußen vor der Tür in dem hohen glänzenden Audienzsaale. Und da breitete Erasmus Südekum seine Arme aus und zog seine Kinder an seine Brust. »Daß ich diesen Tag noch erleben durfte!« flüsterte er tief bewegt. »Habt ihr ihn wohl bemerkt, diesen hellen Glanz seiner königlichen Augen? Ich meine, vor diesen Strahlen müßte sich alle menschliche Bosheit und Feigheit in Angst verkriechen gleich dem Getier der Nacht. Es ist der befreite Menschengeist, der aus solchem gewaltigen Herrscherauge strahlt. – Ehmals durfte mich Krischan Barnekow auslachen, als ich von der Freiheit des Christenmenschen predigte; jetzt aber weiß ich, was es mit dem Geiste der Freiheit und denen freien Geistern auf sich habe: Gerechtigkeit wohnt nur bei der Freiheit, und nur ein großer Freigeist kann ein großer König sein.«

 

Ende.

 


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