Heinrich Wölfflin
Die Kunst Albrecht Dürers
Heinrich Wölfflin

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Neuer graphischer Stil – Die kleinern Passionen

1.

Italien hatte den Anstoß gegeben, von den Dingen weiter zurückzutreten und die Form größer zu fassen. Zügige Zeichnungen gibt es schon vor 1505, aber doch nur bei flüchtiger Ausführung. Sobald auf die Form näher eingegangen wird, verliert Dürer den zusammenfassenden Blick. Die großgezeichneten und doch so inhaltsvollen Köpfe zum Heller-Altar wären ohne die italienische Schulung nicht möglich gewesen und selbst hier mag man vielleicht schon da und dort, z. B. in den Händen, eine kleine Rückbildung wahrnehmen gegenüber dem, was in Venedig selbst entstand. Geradlinig konsequente Entwicklungen gibt es überhaupt nicht bei Dürer.

Die neue Zeichnung ist groß und klar und auf das Notwendige vereinfacht. Die offene Faktur ist ein allgemeines Charakteristikum der Graphik des16. Jahrhunderts. Man soll sehen, wo der erste und wo der letzte Strich sitzt, und soll überzeugt sein, daß gerade so viele Striche nötig waren und nicht mehr oder weniger. Jener Satz von der Notwendigkeit als letzter Bestimmung der Schönheit, den L. B. Alberti formuliert hatte und den man füglich der Kunst der Hochrenaissance als Motto vorsetzen kann, hat seine Geltung bis in das Strichgefüge der einzelnen Zeichnung hinein. Daß die Linien an sich eine dekorative Schönheit besitzen sollen, ist schon gesagt worden, aber gegenüber den Anfängen dieser Art von Zeichnung führt die Entwicklung zu einer immer größern Reduktion des Linienmaterials und zu einer immer rationellern Ökonomie in der Verwendung der gegebenen Elemente.

Die Albertina bewahrt die merkwürdige Zeichnung Raffaels, die er Dürer zum Geschenk gemacht hatte: zwei männliche Akte in Rötel. Eigenhändig hat Dürer darauf notiert, daß Raffael ihm diese nackten Männer geschickt, ihm »seine Hand zu weisen«. Dabei die Jahreszahl 1515. Man darf annehmen, es habe dieses Blatt nicht den ganzen Inhalt der Sendung ausgemacht, wahrscheinlich sind auch Federzeichnungen dabei gewesen, auf jeden Fall – wenn auch die Naturauffassung der beiden Künstler eine sehr verschiedene war – in der Technik gehen sie nicht allzuweit auseinander. Es gibt eine Folge von freien Aktzeichnungen Dürers aus den Jahren 1514, 15, 16, die 162 sich in der durchsichtigen Mache, dem großen Strich, dem eigentümlichen Rhythmus der Linien und Linienintervalle ganz gut mit Federzeichnungen Raffaels vergleichen lassen. Beide sind sie eben Cinquecentisten.

Die offenkundigste Wirkung hat die neue Zeichnung auf Holzschnitt und Kupferstich gehabt. Der Stich entsagt der subtilen Behandlung der Platte aus der Zeit des »großen Glücks« oder des »ersten Menschenpaars«. Was nicht beim Anblick des Ganzen als Linie wirkt, wird ausgeschieden. In festen klaren Ringen umschließt die Zeichnung die Form. Und der Holzschnitt geht noch weiter. Aus der kleinwelligen und stellenweis punktierenden Technik des Marienlebens wird eine großzügige Manier, die in ihrer Tendenz auf das Einfache nicht nur alle komplizierten Linien und Kreuzungen tunlichst vermeidet, sondern sogar ihren Ehrgeiz darin sucht, so lange wie möglich mit der geraden Linie auszukommen.

Das ist jetzt in höherem Grade möglich als früher, weil das Bild nach fortgeschrittenem malerischen Geschmack in breiten Tonschichten sich aufbaut. Eine gerade Schraffur kann unbedenklich über eine runde Form hingeführt werden, sobald sie nicht im hohen Licht steht. Ganze Komplexe verschiedenartiger Formen werden einheitlich zusammengestrichen, anderseits aber neue Quellen malerischer Reichtümer in den Richtungsgegensätzen der Strichlagen erschlossen. Enge und Weite der Intervalle spielt eine geringere Rolle gegenüber der Wirkung dieser Richtungsdivergenzen. Man entdeckt, daß je nach der Orientierung des Striches die gleiche Linienlage heller oder dunkler erscheint.

Das Auge ist auf Tonwerte eingestellt, aber gleichzeitig handelt es sich auch um ein Sehen in großen Massen, um ein einheitlich zusammenfassendes Komponieren, das das geschlossenste Blatt der früheren Zeit zerbröckelt wirken läßt. Zu der malerischen Einheit kann noch eine tektonische Einheit treten, sobald diese graphischen Blätter nach Art der Gemälde behandelt werden mit genauer Entsprechung der Seiten, durchgeführten Kontrasten u. s. w. Jedenfalls nehmen sie teil an der allgemeinen Klärung des Bildstils, in dem Sinne, daß das Hauptmotiv auch optisch gleich als das bedeutsamste sich geltend macht und zwischen Thema und Begleitung das Verhältnis der Über- und Unterordnung bestimmt herausgebildet ist.

So sind um 1510 die Ergänzungsblätter zu den alten Folgen der großen Passion und des Marienlebens entworfen worden. Der Abstand war empfindlich und es kam zu klaffenden Gegensätzen. Wenn man die Passion aufschlägt, so steht an erster Stelle das modern gezeichnete Abendmahl und dann folgt in der Darstellung des Ölbergs gleich eines der allerunbeholfensten alten Blätter. Heutzutage würde man stilistisch zu vermitteln suchen, Dürer gibt immer das, was er zuletzt schön gefunden hat, mit derselben Naivität, mit der die alten 163 Baumeister an ihren Domen den Wandlungen des Geschmackes ohne Herzklopfen gefolgt sind.

Das Abendmahl

Ein Vergleich des Abendmahles mit der Kreuzigung oder der Beweinung (s. oben im Kapitel »Die große Passion«) wird die Unterschiede des alten und des neuen Holzschnittes ohne weiteres klarmachen. Dort liegt die Hauptwirkung in der Linie, hier im Ton. Das ganze Feld ist gedeckt und was als weiß übrig bleibt, erscheint darum als leuchtendes Licht. Nicht nur der Nimbus des Herrn ist für die malerische Haltung bezeichnend, viel mehr noch sind es die großen Noten von hell und dunkel, die im Zentrum des Bildes stehen: das Weiß auf dem Tisch, das Dunkel darunter und zwischen beiden – wunderbar leicht und schwebend – der Mittelton des Tischtuchs im Schatten. Leider ist es unmöglich, der verkleinerten Nachbildung den Reiz der originalen Wirkung zu erhalten.

Vergleicht man dann die Zeichnung einer Figur im einzelnen, so wird man bemerken, in was für breiten Lagen die Modellierung sich ergeht, wie oft die Linie glatt über das Gewölbte hinweggeführt ist und nur durch die Erweiterung und Verengerung der Intervalle und durch den Wechsel in der Richtung der Lagen die körperliche Rundung gewonnen ist, die der alte Stil mit seiner differenten Zeichnung jeder einzelnen Falte im Gewand umsonst zu erreichen sich bemüht hat. Für den räumlichen Gesamteindruck ist es von entscheidender Bedeutung, daß entferntere Körper überhaupt nicht mehr modelliert werden, sondern – wie in der Natur – nur noch als Flächenerscheinungen mitsprechen.

Die Linienelemente sind viel einfacher als früher und die größere Wirkung beruht allein auf der strafferen Ökonomie. Sogar der Eindruck des reflexerhellten Schattens, das zitternde Halblicht ist dieser Linienkunst zugänglich gewesen.

Das Tektonische der Figurenfügung bedarf keines besonderen Hinweises. Symmetrische Coulissen im Vordergrund, durch kontrastierende Bewegung interessant gemacht. Der weineinschenkende Wirt beugt aus keinem anderen Grunde sich uns entgegen, als weil Judas auf der anderen Seite sich ins Bild hineinbeugt. Er ist die beschattete Figur, der andere die belichtete. Das sind italienische Rezepte. Wie dann die Hauptfigur mit den Eckfiguren zusammen geht und die übrige Gesellschaft sich duckt, kommt aus derselben Quelle, und bei den Verbindungsmotiven der Jünger (unter sich) muß man direkt an Lionardo erinnert werden.

Ob bei alledem die Empfindung gewonnen habe, ist eine andere Frage. Dürer hat später (1523) ein Abendmahl entworfen, das kein günstiges Licht auf unser Stück wirft. Es erscheint etwas gleichgültig daneben. Ich würde aber auch denen recht geben, die in der ganzen Art der Zeichnung eine Abkühlung fühlen und den alten Holzschnittstil trotz aller Unscheinbarkeit als den wärmeren, innerlich lebendigeren lieber haben.

164 Was sonst noch zu dieser Gruppe ergänzender Blätter gehört, der Titel, die Gefangennahme, Christus in der Vorhölle und die im Lichteffekt besonders glanzvolle Auferstehung wird weiter unten in der vergleichenden Passionsbetrachtung besprochen werden. Im Marienleben sind es, wieder abgesehen vom Titel, nur der Tod und die Krönung Maria, die dem Jahre 1510 angehören.

Die Krönung hat ihr besonderes Interesse, weil sie im Stoff mit dem Hellerschen Altar zusammengeht und man hier gut sieht, wie Dürer unterscheidet zwischen monumental und nichtmonumental. Es ist eine Beobachtung, die schon Thausing gemacht hat, daß der Christus des Holzschnitts gebetbuchmäßig-sentimental behandelt ist in der süßlichen Haltung des Kopfes und der angelegentlichen Vorwärtsbeugung der Brust. Die vorbereitende Zeichnung in Berlin (L. 27) hat diesen Zug noch nicht, und auch die Vereinfachung in der Disposition der Arme, daß beidemal der rückwärtsliegende die Krone faßt, ist erst nachträglich als die allein holzschnittmäßige Lösung der Aufgabe empfunden worden.

Der Tod der Maria

Auch zum Tod der Maria besitzen wir noch eine Vorzeichnung (Albertina, L. 474). Sie gilt als wesentlich früher als der Schnitt, allein die tonige Schraffierung wie die Figurenordnung zeigen doch, daß sie nicht im Zusammenhang der alten Marienblätter entstanden sein kann. In der definitiven Redaktion sind dann nur die Schatten zu größeren Massen zusammengestrichen und die Lichter sprechender gemacht worden. Das Bett wurde verkleinert in der Erscheinung des Fußendes, wie namentlich im Himmel, und es ist eine besonders lehrreiche Korrektur, wie von den Bettvorhängen, die ursprünglich beide gleichmäßig aufgeknüpft waren, der eine aufgelöst und zum Rand hinübergezogen wurde, weil nur auf diese Weise der Vorgang am Lager der Sterbenden dem Beschauer gleich als der wesentliche Inhalt empfohlen werden konnte. Die zusammenfassende große Kreuzstange ist auch erst ein Motiv des reifen Stils.

Die Anbetung der Könige

Übrigens lassen sich ganz direkte Vergleichungen anstellen zwischen jetzt und ehemals: der Einzelschnitt von 1511 (B. 3), eine Anbetung der Könige, behandelt ja ein Thema, was schon im Marienleben vorkommt (vgl. Abb. oben im Kapitel »Das Marienleben«). Vielleicht ist diese Parallele mehr als jede andere geeignet, die veränderte Stimmung deutlich zu machen. Die neue Zeichnung hat einen imposanten Wurf, schon durch das Zusammengehen der Figuren mit dem großen Gefüge der Architektur, allein es fehlt das Herzliche. Die alten Motive sind herzlicher und die alten Linien sind herzlicher, gar nicht zu reden von dem Schatz der Details. Was Dürer einst als seine Poesie der Diminutive ausgebildet hatte, ist verloren gegangen, er spricht nur noch in großen Hauptworten.

Eben deswegen aber kann er, je nach dem Stoff, auch zu einer ungeahnten Großartigkeit emporsteigen. Der Gnadenstuhl in Wolken von 1511 (B. 122) 165 ist nicht nur der schönste Holzschnitt dieser Epoche, sondern auch von einer unübertroffenen Macht der Erfindung.Vgl. dazu die bedeutende, in Kopfhaltung und Gewandmotiv noch einfachere Federzeichnung in der Ambrosiana (mit der falschen Jahrzahl 1515). Wer das Motiv einmal unerwartet vor Augen bekommt – ich denke an eine Begegnung in der Marienkirche zu Lübeck, wo es in einem großen Gemälde verarbeitet worden ist –, der wird den Eindruck nicht vergessen, wie nahrhaft die Dürersche Zeichnung erscheint und wie ganz unvergleichbar ihre Sättigung mit Ausdruck ist. Gewiß, ein Baldung Grien ist hinreißender in der Wirkung, wenn er – ebenfalls in einem Holzschnitt – das Thema so aufgelöst hat, daß dem erst in ferner Höhe sichtbaren Vater der zerschlagene Leichnam des Sohnes zugetragen wird und alle Engel im Himmel bei dem Anblick in Weinen ausbrechen, allein die bildnerische Leistung bei Dürer ist von höherem Rang.

Der Alte hält den Toten mit verhüllten Händen unter den Achseln, die dadurch emporgedrückt werden, während der Kopf schmerzvoll und müde zurückfällt. Es ist nicht die triumphale Schaustellung des Allerheiligenbildes, sondern die erbarmungswürdige, die zum Herzen sprechen soll. Die Engel sind denn auch hier zur nächsten Nähe zugelassen, Arme und Hand des Leichnams sind ihnen nicht versagt. Zwei halten die Mantelenden, andere kommen mit den Marterwerkzeugen. Die Zeichnung erreicht ein Höchstes an Ton- und Bewegungsgegensätzen. Die blitzenden Glorienlichter auf dunklem Grund und das Gequirle der hellen Wolken sind bewußte Kontraste so gut wie das lebhafte Faltengeknister zu Füßen Gottes und das geheimnisvoll dumpfe Rauschen in den weiten Schattenhöhlen seines Mantels.

Die Jahre 1510 und 1511 sind für den Holzschnitt ganz ungemein ergiebig gewesen. Der Geißler (B. 119) mit dem Datum 1510, die Enthauptung Johannes des Täufers (B. 125) aus demselben Jahr, und dann aus dem folgenden die Übergabe seines Hauptes (B. 126), die Messe des Gregor (B. 123), der Christophorus (B. 103), der Hieronymus in der Zelle (B. 114), zwei heilige Familien (B. 96 und 97), es sind lauter Prachtholzschnitte, von denen wir höchstens den letztgenannten (B. 97) als eine flüchtige Arbeit auszunehmen hätten. Der Kupferstich hat keine analoge Produktion aufzuweisen. Es fallen nur wenige Blätter in diese Jahre, und diese wenigen bezeichnen nicht das Beste der Gattung. Die Manier »tiefeingeschnittener, regelmäßiger Strichlagen«, die die alte subtilere Technik ablöste, frommte nicht für den Kupferstich. »Bei allem Glanz der Durchführung, und gerade wegen der Reinheit und Schärfe des Linienzuges führt diese Art der Behandlung leicht zu kalter, metallischer Wirkung«, bemerkt F. Lippmann und führt als charakteristisches Beispiel die Maria mit der 166 Birne von 1511 an (B. 41).F. Lippmann, Der Kupferstich. Dritte Aufl., S. 53. Erst die folgenden Jahre bringen der Stichelarbeit ihre Blüte.

Einstweilen aber messen sich die zwei Ausdrucksweisen in einer parallelen Folge von Passionsdarstellungen kleinen Formats. 1511 erschien neben allem anderen noch die sogenannte kleine Holzschnittpassion, eine umfängliche Sammlung von Schnitten, wo der Augustiner Schwalbe wieder für begleitende lateinische Verse gesorgt hatte. Zwei Blätter tragen die Zahl 1509, und zwei 1510, die anderen sind undatiert, in der Hauptsache aber von übereinstimmendem Charakter.Daß die Anbetung der Hirten (B. 20) nicht ganz in den Stil paßt, ist dagegen wohl zuzugeben. Neben dieser Holzschnittfolge lag schon länger eine gestochene Passionsschichte im Plan, die aber erst im Jahre 1512 ernstlich aufgenommen wurde. Alle Blätter hier sind datiert, eines 1507, zwei 1508, wieder je eines 1509 und 1511, und zehn 1512. Gewöhnlich nimmt man auch noch die Heilung des Lahmen durch Petrus und Johannes von 1513 (B. 18) mit der Passion zusammen. Eine Buchausgabe ist nie veranstaltet worden.

 

2.

Die Holzschnittpassion in 37 Blättern, die man zur Unterscheidung von der ältern die kleine nennt, ist die volkstümlichste Dürers. Er erzählt die Geschichte umständlich, fängt an beim Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies und führt den Betrachter bis zu den Ereignissen nach der Himmelfahrt Christi. Der Anfang ist mit Behagen und fast mit Humor gezeichnet: Adam und Eva, die in traulicher Umarmung vor dem Baume stehen und sich anblicken, währenddem sie den Apfel bereits gefaßt hält; er, der Bedenkliche, mit altväterisch zierlichem Tritt, sie in einer leichtfertigern Art den einen Fuß auf den andern setzend,Eine große Zeichnung gleichen Inhalts in der Albertina (L. 518, 1510). – dann aber wechselt der Ton vollständig und die Szenen sind durchweg nach der ergreifenden Seite hin durchgebildet, mit unverkennbarer Tendenz auf populäre WirkungWas, wie es scheint, mit dem lateinischen Text nicht im Widerspruch stand. Daß Dürer selbst lateinische Texte nicht lesen konnte, ersieht man aus dem Brief an Spalatin, wo er um Zustellung dessen bittet, was Luther deutsch erscheinen lasse.: Christus am Kreuze z. B. ist wieder in der erbarmungswürdigen alten Weise mit geknickten Knieen dargestellt. Aber doch ist es keine Rührseligkeit bei Dürer, der durchgeführte Charakter ist der der Ergebung, wie ihn der Titel anzeigt. Als ein stiller Dulder voll Hoheit geht der Held durch die Folge der Geschichten hindurch und nur 167 einmal steigert sich der Ausdruck zum lauten Aufschrei, in der Kreuztragung. Man bemerkt, wie alle fremdartigen Elemente möglichst ausgeschaltet sind, in Bewegung und Kostüm: der Engel der Verkündigung hat nicht mehr das antike Gewand wie im Marienleben, sondern erscheint in seinem bekannten Diakonenkleid, und der Engel des Sündenfalls ebenso. Die Absicht geht nicht auf das Außerordentliche in der geistigen Formung der Situationen, manches ist sogar oberflächlich, der Abschied von der Mutter nicht zu vergleichen mit der entsprechenden Darstellung im Marienleben, aber in den meisten Fällen ist doch bei aller Schlichtheit eine schöne Feierlichkeit erreicht.

Der Vortrag soll ganz einfach sein. Keine Verkürzungen, keine komplizierten Stellungen und Schiebungen, in allem nur das Notwendige, d. h. das Deutlichste, wobei allerdings dem Holzschnitt in seiner Armut prinzipiell eine krausere Bewegung der Linie, ein paar Schnörkel mehr zugestanden werden als es dem ernsthaftern feinen Kupferstich erlaubt wäre.

Die Fußwaschung

Der Wert dieser Zeichnungen liegt in der ganz klaren Fassung der Hauptmotive und das will sehr viel sagen. Wie man eine Situation mit wenigen Zügen erklären könne, hat Dürer zeigen wollen, und es gibt eine Anzahl von Motiven, denen er hier überhaupt die letzte und abschließende Form verliehen hat. Die Fußwaschung (»– nicht die Füße allein!«), das Gebet am Ölberg, die 168 Kreuztragung, die Abnahme vom Kreuz, die Beweinung und die Grablegung sind solche Muster der einfachen und ausdrucksvollen Darstellung.

Die Kreuztragung

Abschätzig werden über diese Dinge nur diejenigen urteilen, die überall Bewegung fordern. Das ist wahr, der Charakter des momentanen Geschehens fehlt, manches wirkt direkt »komponiert« und zieht seine Wirkung nur aus der tektonisch feierlichen Anordnung. Man braucht nicht an Holbein zu denken, der in der Darstellung des Geschehens ein Meister gewesen ist: auch neben Altdorfer, dem er doch im Ernst so weit überlegen ist, wirkt Dürer oft steif und schulmeisterlich. Damit berühren wir aber eine allgemeine Schranke seiner Kunst und es ist kein Anlaß, gerade hier im besondern davon zu reden.

Die Kupferstichpassion hat nicht ganz den einheitlichen Charakter wie die Folge der Holzschnitte. Die Entstehung verteilt sich über einen längeren Zeitraum. Von Anfang an aber dient der Kupferstich mehr den intimern künstlerischen Interessen; er ist der empfindlichste Registrator künstlerischer Wandlungen und so finden wir unter dem frühesten Datum 1507 eine Beweinung im Sinne einer italienisch-plastischen Komposition, während die letzten Daten 1512 vollkommen malerisch konzipierte Blätter bezeichnen. Abgesehen davon, sucht der Kupferstich seiner Natur nach die schwierigeren Probleme aus, hier bringt Dürer die Verkürzungen, die er im Holzschnitt vermeidet, hier operiert er mit den reichen Figurenzusammenstellungen, hier ist er raffiniert in der Detaillierung der Köpfe und Körper, hier gibt er Kostümeffekte, hier ist er Maler, der Licht und Schatten auch in ihren feineren Verhältnissen fixiert. Der Kupferstich, wie schon öfter bemerkt, denkt an ein anderes Publikum, er arbeitet für Kenner. Es ist natürlich, daß die Folge dieser Passionsstiche nicht die Frische haben kann wie die Holzschnitte sie haben, wo Dürer nur darauf ausging, den einfachsten und schlagendsten Ausdruck für die Sache zu finden; manches streift ans Gekünstelte und doch fehlen auch hier nicht die Szenen von lapidarer Wucht, ich nenne nur das Ecce homo.

Wir versuchen nun Einzelnes zu analysieren, unter Beiziehung der andern Redaktionen, wie sie in der alten Holzschnittpassion und in den Zeichnungen der grünen Passion vorliegen.

Christus am Ölberg

Das Gebet am Ölberg. – Große HP., KP. 1508, kleine HP.Die Abkürzungen sind folgendermaßen aufzulösen: HP. = Holzschnittpassion, KP. – Kupferstichpassion. Die Anordnung der Verweisungen bezeichnet die zeitliche Folge der Blätter. Was die kleine Holzschnittpassion gibt, ist vielleicht das vollkommenste der ganzen Folge. Die alte Anordnung, wie wir sie von der großen Holzschnittpassion kennen. Christus in der Mitte, der Fels als Hintergrund, vorn die Jünger, 169 Petrus links, die zwei andern zusammengenommen rechts. Aber alles ist jetzt klarer und stärker im Ausdruck. Das erste: wie Christus als Hauptperson vortritt. Die Figuren sind nicht mehr zerstreut im Raum, nicht mehr gleichwertige Potenzen, wo man den Helden erst suchen muß: es ist die entschiedene Über- und Unterordnung eingetreten. Christus als helle Masse vor schwarzem Grunde zieht gleich den Blick auf sich, und die Jünger wirken nur als Begleitung. Eigentlich sieht man nur zwei und von den zweien entzieht uns einer das Gesicht. Es ist Johannes, der die Stirn auf das Knie gelegt hat: als Jüngster genießt er das Recht des tiefen Schlafes. Petrus aber ist unvergleichlich im Ausdruck des kummervollen unruhigen Halbschlafes. Früher sind es nur Leute, die die Augen zugemacht haben, jetzt sieht man, daß sie schlafen. Und so ist dann in Christus zunächst das Mechanische der Bewegung, das Knieen, umgebildet zu derjenigen Deutlichkeit, daß die Vorstellung sofort die entscheidenden Punkte fassen kann, und der Ausdruck ist so gegeben, daß das Wesentliche der Stimmung schon für den Anblick aus aller Ferne fühlbar wird. Die Gebärde ist die der Ergebung, welche sagt: »nicht mein Wille geschehe, sondern der deinige«. Vom Gesicht sieht man fast nichts, aber es liegt etwas unendlich Rührendes in der Neigung des Hauptes und in den Linien des langfallenden schlichten Gewandes.

Christus am Ölberg

Der Kupferstich, der 1508, also etwas früher, entstanden ist, kann neben dem 170 Holzschnitt nicht gut aufkommen, doch gilt die Stilcharakteristik im allgemeinen auch für ihn. Christus wirft vor dem Engel, der ihm das Kreuz zeigt, mit lautem Schrei die Arme in die Luft: weiß stehen sie vor dem dunkeln Nachthimmel und ein großes breites Licht hebt die Figur aus der ganzen Umgebung heraus; die Jünger sind alle mit dem feinen Strich des Stichels durchgebildet, aber doch als Einzelwerte unschädlich gemacht. Petrus etwas mühsam als Sitzfigur mit ausgestreckten Beinen dem Rand entlang entwickelt.Ein Ölberg mit gleichem Hauptmotiv, aber die Jünger alle auf einer Seite, in einer Zeichnung der Ambrosiana.

Das Problem von Gethsemane hat Dürer noch lange beschäftigt. Wiederholt erscheint es in Zeichnungen, von denen wenigstens eine zur Vervielfältigung kam: die große Eisenätzung von 1515 (B. 19, die Vorzeichnung in der Albertina, L. 536.) Mit aufgerichtetem Profilkopf sieht man Christus den Becher anstarren, die Hände geöffnet, nicht abwehrend, sondern bereit zu empfangen. Tiefe Erregung, aber der Kampf ist vorüber. Höchst feierlicher Faltenwurf. Die Jünger ganz im Hintergrunde.Zu dieser Komposition ist eine Vorstufe die Zeichnung im Louvre L. 320. Ungefähr gleichzeitig Albertina, L. 535 (das flehende Emporsehen). Schon mehr im Sinn der letzten Passion L. 321 (Louvre) mit den Jüngern am Rand, von 1518.

Bei dem Typus des platt am Boden liegenden Christus, der in geringwertigem 171 Ausschnitt in den Zusammenhang der kleinen Holzschnittpassion eingeschoben worden ist (B. 54), möchte man fragen, ob das nicht doch erst ein Gedanke der letzten Jahre gewesen sei. In gesicherter Zeichnung erscheint er erst 1521 (Frankfurt, L. 199).Schlechter auf einer undatierten Zeichnung in Berlin, L. 26. Es stimmt zu dem großen Ernst jener Zeit, daß die Schönheit der Erscheinung ganz beiseite gesetzt wird. »Er warf sein Angesicht auf die Erde.« Für das zweite Jahrzehnt hätte das Motiv zum mindesten etwas Auffälliges.

Die Gefangennehmung. – Grüne P. 1504,Vorzeichnungen in der Ambrosiana und in Turin (L. 409). KP. 1508, große HP. 1510, kleine HP. Die Szene enthält als Hauptmotiv den Judaskuß; Judas und Christus, beides Stehfiguren, eingeklemmt in einen Haufen von Menschen, die gleichzeitig mit Stangen und Stricken, zerrend und stoßend, die Gefangennahme vollziehen. Außerdem muß die Episode zwischen Petrus und dem Knecht Malchus mitdargestellt werden. Die Gefahr liegt nahe, daß die Hauptfigur versinkt. Auch Dürer verfällt in der grünen Passion noch in den alten Fehler (vgl. Abb. oben, Kapitel »Die große Passion«). Es soll alles dargestellt werden: wie Christus umfaßt und geküßt wird und wie man ihm die Schlinge überwirft, ihn an den Haaren reißt, in den Rücken stößt und am Rocke zerrt. Erst allmählich löst sich seine Erscheinung heraus und gleichzeitig erwacht ein Gefühl, daß man ihn als Figur schonen müsse, wenn er groß wirken solle, daß er nicht so beliebig überschnitten und durch das Zerren am Rock in eine lächerliche Lage gebracht werden dürfe.

Die große Holzschnittpassion gibt als Gesamtdarstellung die beste Lösung. 172 Christus, im Kuß zurückgehalten und gleichzeitig vorwärtsgezerrt, erscheint als große weiße Figur, die als Diagonale das ganze Bild beherrscht; er behält seine Würde und doch wird der Beschauer sofort in die Situation eingeführt, daß es sich hier um eine Vergewaltigung handle. Die eine Schräglinie ist zudem durch gegensätzliche Richtung der begleitenden Linien zu schärfster Wirkung gebracht. In diesem Sinn arbeitet die Figur des jungen Axtträgers im Vordergrunde links. Die rechte Ecke ist dann mit der Petrusepisode gefüllt.Die Berliner Zeichnung, L. 33, die Lippmann in die Zeit der großen Holzschnittpassion setzt, scheint mir zum mindesten an dieser Stelle unmöglich zu sein.

Die kleinen Formate der Kupferstichpassion und der zweiten Holzschnittpassion nehmen diese Episode fast als Hauptsache auf, die letztere noch mehr als die erstere. Und sie ist künstlerisch sehr dankbar und für die Darstellungsentwicklung bei Dürer gibt es kaum eine lehrreichere Parallele als die Vergleichung dessen, was die grüne Passion hier gibt (vgl. Abb. im Kapitel »Die große Passion«) und was in der kleinen Holzschnittpassion geleistet ist.

Die Gefangennahme

Dort die Szene ganz in einer Ebene gehalten, die Figuren weit auseinander gezogen, das Einhauen archaisch-deutlich wie in der Apokalypse, aber maßlos und uninteressant, weil der Widerstand fehlt, der Knecht am Boden ohne Kraft in seiner aktiven Bewegung und ohne Schwere im Aufliegen, die Zeichnung versagt an den entscheidenden Punkten, – hier dagegen ein reicher und eng zusammengeschlossener Bewegungsknäuel, nicht mehr Profil und Flächendarstellung, sondern Verkürzung und Drehung, der Knecht, auf dem Rücken liegend, sucht den Hieb mit der Laterne zu parieren und stößt dabei mit dem Fuß den Angreifer vor die Brust, indem er gleichzeitig am Mantel ihn näher heranzieht, damit der Stoß mehr Wucht bekomme. Petrus aber in seiner unsicheren Bewegung ist hier wirklich der alte Mann, der er sein soll, und nicht ein Engel vom Euphrat.

Die Vorführungen. – Grüne P. (2) 1504Vorzeichnungen im Berliner Cabinet (L. 377, Christus vor Kaiphas) und in der Albertina (L. 479, Christus vor Pilatus). Die Skizze im Dresdner Skizzenbuch (Bruck 49) gehört erst in die Zeit um 1510 und darf nicht als erster Entwurf genannt werden., kleine HP. (4)Die vierte Vorführung (Herodes) datiert 1509., KP. (2) 1512. Während man sich sonst begnügte nur die Vorführung Christi vor den Hohenpriester und vor Pilatus darzustellen, gibt die kleine Holzschnittpassion mit ihren einfachen Mitteln auch noch die Begegnung mit Hannas und mit Herodes. Der psychologische Inhalt der verschiedenen Begegnungen ist nun zwar nicht derselbe, aber wenn die redende Kunst hier unterscheiden konnte, so reduzierte sich für die bildliche Darstellung der Inhalt doch wesentlich auf das eine Problem: der Gefangene vor der Autoritätsperson. Es sind Variationen über ein einfaches Thema, wesentlich formale Exerzitien, die Dürer hier macht.

173 Er versucht verschiedene Möglichkeiten der räumlichen Stellung. Neben der normalen Begegnung im Profil, die die grüne Passion allein kennt, gibt er die Begegnung unter einem Winkel, mit Höhendifferenzen an Stufen empor, ja mit Christus im tiefgelegten Mittelgrund wie beim Pilatus der kleinen Holzschnittpassion, wo zudem eine Zickzackbewegung in die Komposition hineingebracht ist.

Die Behandlung des architektonischen Hintergrundes, bei der grünen Passion noch ausschließlich eine Bereicherung ohne Rücksicht auf die Figurenwirkung, wird mehr und mehr ökonomisch. Der Christus vor Herodes in der kleinen Holzschnittpassion würde nicht so groß aussehn ohne die Unterstützung des Schildbogens über seinem Haupte.

Im Kupferstich sind es dann die malerischen Motive, mit denen dem Thema neue Effekte abgewonnen werden: die Szene vor Kaiphas wirkt wie ein Nachtstück; die ganze Gruppe Christi und seiner Begleiter ist unter einen dunklen Ton gesetzt, Kaiphas hat allein ein großes Licht. In der andern Vorführung der Kupferstichpassion (Pilatus) hat Dürer sich selbst wiederholt und einen Gedanken der grünen Passion nicht nur zu malerisch toniger Wirkung gebracht, sondern zugleich jene Korrektur im Sinne des Klärens, Verstärkens, Zusammendrängens vorgenommen, wie sie in der Konsequenz seiner künstlerischen Entwicklung liegt.

174 Auch an eine andere Beobachtung, die früher gelegentlich schon gemacht wurde, muß hier nochmals erinnert werden: daß die Gestalt des Helden geschont bleibt. Was die grüne Passion sich noch erlaubt, Christus am Rock zerren zu lassen, daß der Erscheinung alle Würde genommen ist, kommt nun nirgends mehr vor.

Verspottung und Dornenkrönung. – Grüne P. 1504Vorzeichnung in der Albertina, L. 482., kleine HP., KP. 1512. Der Sitzende unter den umdrängenden Gesellen, ein Thema, was ganz besonders die reiche Bewegung der Einzelfigur im Knieen, Sich-Vorbeugen usw. begünstigt, den inhaltsvollen Figurenknäuel herausfordert, anderseits aber die größte künstlerische Besonnenheit verlangt, wenn Klarheit und Würde bewahrt werden sollen.

Die Verspottung ist nur in der kleinen Holzschnittpassion dargestellt: voll, ein bißchen kraus, aber das Gewirr doch siegreich durchtönt von dem höchst ausdrucksvollen Christus, der als zentrale Frontfigur hineingesetzt ist. Die Dornenkrönung dagegen, als Aufgabe ganz gleichartig, nimmt ihn im Profil und er kommt an den Rand zu sitzen. Die kleine Holzschnittpassion sucht nun die allerschlichtesten Ansichten, stellt Profil gegen Profil im ersten Glied der Gruppe und gibt in paralleler Schichtung ein zweites Glied. Der Kupferstich behält das Profil für Christus, weicht aber im übrigen seiner Natur nach der einfachen Ansicht aus und bildet die Gruppe reicher und malerischer.Wobei aber nicht überall volle Klarheit erreicht worden ist. Der knieende Jüngling (in Anlehnung an italienische Tarockkarten gezeichnet?) verliert sich mit seiner Bewegung: er reicht das Rohr, aber die Hand ist vom Körper ganz getrennt. Das größte Licht liegt auf einer Nebenfigur, aber die bedeutend durchgebildete Profilgestalt Christi gibt doch den dominierenden Ton. Ein Vergleich mit dem unsichern Reichtum der grünen Passion wird die Monumentalität dieser Christusgestalt am deutlichsten beweisen.

Die Geißelung. –Große HP., grüne P. 1504Vorzeichnung in der Ambrosiana., kleine HP., KP. 1512. Von dem Wohlgefälligen der Schaustellung eines schönen Körpers, wie er als Prinzip die beiden älteren Darstellungen bedingt, geht der männliche Dürer über zu Charakter und Ausdruck. Der kleine Holzschnitt ist allerdings lahm geraten, der feingezeichnete Kupferstich aber macht Eindruck mit dem vordringenden Profil und der zuckenden Bewegung des gequälten Körpers, den ein starker Wille in Schranken hält. Beidemal sind es jetzt Profilstellungen. Die Bewegung der Schlagenden gedämpft, damit sie die Hauptfigur nicht übertönen.

Ecce homo. – Große HP., grüne P. 1504, kleine HP., KP. 1512. Neben dem Kupferstich versinkt alles andere. Mit grandioser Ökonomie und Beschränkung 175 sind hier die zwei Gegensätze sich gegenübergestellt: der Leidende und der Mitleidlose. Der Ausdruck des Leidens gehalten und doch sehr sprechend; der geschlossene Umriß des unbewegten Zuschauers ebenso charakteristisch an sich wie wirksam als Kontrast. Pilatus soll nicht mitsprechen. Klein in der Erscheinung entzieht er sich noch mehr dem Blick durch den aufgehobenen Mantel Christi. Von weiterm Publikum wenig mehr als eine Andeutung. Es ist nicht das »Kreuzige ihn« gegeben, kein Geschehn, sondern bloßes Sein.

Der Versuch der kleinen Holzschnittpassion, einen Volksauflauf darzustellen, ist vollkommen mißglückt.

Die Händewaschung

Die Händewaschung. – Kleine HP., KP. 1512. Wenig Psychologie ist dieser interessanten Situation abgewonnen worden. Mag man den Holzschnitt preisgeben, so erwartet man doch wenigstens im Kupferstich etwas von dem Leben zu finden, das Holbein gestaltet hat: wie Pilatus in hastiger Bewegung die Hände über das Becken hält, dem Drängen weichend, aber alle Verantwortung von sich weisend. Hier bei Dürer vollzieht sich die Händewaschung mit einer Bedächtigkeit, daß sie nicht mehr als symbolische Handlung wirkt: man glaubt einen Arzt zu sehen, der sich vor der Operation gelassen die Hände desinfiziert. Ja, die Aufmerksamkeit ist überhaupt viel mehr in Beschlag genommen durch die Figur des Jünglings mit der Kanne, der mit einer MohrenphysiognomieSie stammt aus dem Kreise der lionardesken Profilstudien, von denen das Dresdner Skizzenbuch wichtige Proben enthält (Bruck, Taf. 122 ff.). 176 und in höchst merkwürdigem Kostüm das Knie beugt, in der Mitte des Bildes und allein hell.

Kreuztragung. – Große HP., grüne P. 1504, kleine HP. 1509, KP. 1512. Hier feiert der kleine Holzschnitt seinen Triumph: der »Fall« ist zu einer Ausdrucksstärke hinaufgesteigert, die nicht mehr zu überbieten ist. Der Stützarm, als der wichtigere, ist nun vorgenommen. In seiner Funktion als Träger ist er um so eindrücklicher, als der Körper eigentlich an ihm aufgehängt erscheint, der Kopf steht ganz tief. Und indem nun Christus sich nach Veronika hin umblickt, bedarf es für ihn einer großen Anstrengung, das Auge dahin zu heben und die Wendung gewinnt für den Beschauer eine nachdrückliche und schmerzliche Bedeutung. Die Raffaelische Kreuztragung überbietet den Gehalt dieser Darstellung dann nur insofern, als das Auge Christi mit dem Auge der Mutter zusammentrifft.

Der Kupferstich macht keinen Versuch, mit dem Holzschnitt im Hauptmotiv zu konkurrieren: er gibt Christus stehend, schreitend, vorwärtsgezerrt; mit einer allgemeinen Wendung gegen die Frauen.

Die Kreuzanheftung. – Grüne P. 1504, kleine HP. Die Komposition der grünen Passion, die viel interessante Einzelbewegung enthält, bedurfte einer Neuredaktion namentlich im Sinne des Zusammennehmens, des Beruhigens, des Dämpfens aufdringlicher Nebenmotive. Es erscheint die Randfigur, stehend und vom Rücken gesehen, die schließend und sammelnd wirkt. Die Beine Christi kommen uns nicht mehr so strack entgegen. Der Blick und die Empfindung 177 sammelt sich auf die obern Partien und es ist ein schöner Gedanke gewesen, nicht den schon vollständig festgehefteten Körper zu geben, sondern die Erwartung der letzten Nägel: nur so konnte die rührende Gebärde der noch freibewegten Hand gewonnen werden und nur so wird das stille Liegen auf dem Kreuzbalken zum Ausdrucksmotiv.

Die Kreuzigung. – Große HP., grüne P 1504, KP. 1511, kleine HP. Wie dann die Holzschnitterzählung den Gekreuzigten im populären, ergreifenden Sinne recht jämmerlich am Stamm hängen läßt, während der Kupferstich auf diese Mittel verzichtet, ist schon erwähnt worden. Es handelt sich aber auch im Kupferstich nicht mehr um die bloße Schaustellung eines vollkommenen Körpers (so wenig wie in der Geißelung), sondern es ist die Absicht auf eine bestimmte seelische Situation gerichtet: die enge Beziehung, in die hier Christus und Johannes gebracht sind, läßt kaum daran zweifeln, daß der Moment gemeint sei, wo die Mutter dem Jünger empfohlen wird. Beide sind statuarisch ruhig durchgebildet, es ist keine passionierte Szene.

Christus am Kreuz

Aus dem Jahre 1508 aber gibt es einen andern Kupferstich, der voll ist von leidenschaftlich starkem Ausdruck. Johannes stehend mit emporgerungenen Händen, Maria am Boden wie in Krämpfen sich windend und Christus selbst, zwar straff in den Beinen, aber mit den hoch hinausgenagelten Armen ein Martermotiv aufnehmend, das sehr stark wirkt. Die älteren Dürerischen Kreuzigungen geben die Arme einfach horizontal ausgebreitet, erst die gemalte Kreuzigung 178 von 1506 bringt diese emporgerichteten Arme. Ebenda erscheint auch der dunkle Nachthimmel als Hintergrund zum erstenmal, später fehlt er nie mehr. Die Diagonalbewegung nach der Tiefe geht gut mit dem leidenschaftlichen Charakter dieses einzigartigen Blattes zusammen.Die Beziehung des Johannes zu Mantegna ist unverkennbar. Das Lendentuch Christi ausnahmsweise einmal ruhig gehalten.

Die Kreuzabnahme

Kreuzabnahme. – Grüne P. 1504,Vorzeichnung in den Uffizien (Florenz). kleine HP. Die Darstellung dieser Szene in der grünen Passion bedeutet wohl den stärksten Anlauf, den Dürer in jenem Werk genommen hat. Der schwebend gehaltene Leichnam mit der Drehung in den Hüften und den frei fallenden Armen ist an sich eine bedeutende Erfindung und gewinnt noch an Wert durch das reiche System von Bewegungen, die zusammengreifend das Zentralmotiv in jeder Richtung fortleiten. Nichtsdestoweniger ist das Blatt noch mit empfindlichen Unklarheiten behaftet und auch in der Christusfigur ist es eine peinliche Halbheit, daß der Kopf nicht hängt. Hier setzt die Umarbeitung ein. Der Holzschnitt gibt fast nichts als den mechanischen Prozeß des Abnehmens, aber eben die Logik der mechanischen Tatsachen ist klarer. Und die Empfindung kommt nicht zu kurz dabei: wie der Tote dem umfassenden Manne sich auf die Schulter legt, wie ein Kind, kann gar nicht ergreifender gedacht werden.

Die Beweinung

Die Beweinung. – Große HP., grüne P. 1504, KP. 1507, kleine HP. Die Entwicklung in den Beweinungsbildern ist inhaltlich ein Steigern des Ausdrucks vom Bilde des bloß Kranken und Müden zu dem des Toten, dem man 179 ansieht, daß er unter Martern gestorben ist, formal ein Fortschreiten von der unverkürzten zur verkürzten Ansicht, wobei zugleich die Nebenpersonen immer konsequenter von der Hauptperson oder der Hauptgruppe abhängig gemacht werden.

Die Beweinung

Das bedeutendste an Ausdruck gibt die kleine Holzschnittpassion in ihrer kurzen, schlagenden Art; hier spricht nicht nur der Schmerzenskopf, sondern Arme und Beine sind gleichmäßig zum Ausdruck herangezogen. Der frühere Kupferstich leidet noch unter der Absicht, die Glieder in plastisch-interessante Gegensätze zu bringen und auch im Licht zu differenzieren; er ist unmittelbar nach der italienischen Reise entstanden, die Beine sind denen des Christuskindes im Rosenkranzbild analog. Die älteren Darstellungen aber können gar nicht mit in Betracht kommen: der flach liegende Leichnam, der unter den Armen emporgenommen wird, wirkt, wie gesagt, kaum als toter Körper, und der Ausdruck des großen Schmerzes ist noch nicht gefunden, in der grünen Passion noch weniger als vorher. Beidemal hier ist der Körper in ganzer Längsrichtung gegeben, parallel zum Bildrand und ganz vorn an der Bühne. Es ist die allgemeine Entwicklung, die sich hier sehr klar beobachten läßt, wie der Körper nun in den Raum hineingenommen wird und die verkürzten Ansichten eintreten. Im allgemeinen überläßt der Holzschnitt diese künstlicheren Probleme der Zeichnung dem Kupferstich, hier ist er der Verkürzung, in einer einfachen Anwendung wenigstens, nicht aus dem Wege gegangen, um das ganz 180 Zerbrochene des Körpers vorzustellen. Mit der Schräglinie der emporgenommenen Schenkel und den zwei Winkeln der Arme beherrscht er denn auch die Gesamtheit des Bildes wie nie vorher.In Bremen (L. 117) die große Kohlezeichnung einer Beweinung, mit einer Jahreszahl, die vielleicht 1513 zu lesen ist. Wirkungsvoll, aber in der Verkürzung noch nicht unterscheidend zwischen edler und unedler Ansicht. Wie die Verkürzung der Beine Christi in dem Zug der Stufen vorbereitet ist, beweist dagegen wieder den sicheren Meister. Die Zeichnung ist vielfach überarbeitet und sieht fast baldungisch aus.

Die Grablegung

Die Grablegung. – Große HP., kleine HP, KP. 1512. Hier tritt Holzschnitt und Kupferstich in dem typischen Gegensatz ihrer Stile ganz klar auseinander. Zeitlich kaum unterschieden, haben die zwei Bilder ein vollkommen anderes Gepräge, indem dort die komplizierteste und hier die einfachste Ansicht gesucht ist. Wo mehr Empfindung dabei ist, kann kaum fraglich sein. Gerade nach dem zerbrochenen Christus der Beweinung wirkt der zum Frieden gelangte Christus der Grablegung im Holzschnitt sehr schön. Der Kupferstich arbeitet mit Überschneidungen, denen die Würde des Körpers zum Opfer gebracht ist. (Die alte, große Holzschnittdarstellung muß als unvergleichbar übergangen werden.)

Die Grablegung

Niederstieg zur Hölle. – Große HP. 1510, kleine HP., KP. 1512. Der gleiche Gegensatz wiederholt sich in den verwandten Bildern der Höllenfahrt, wo der sich niederbeugende Christus einmal als Profil, und dann als Frontfigur 181 gegeben ist, dem Beschauer entgegengeneigt. Der kleine Holzschnitt ist übrigens nur eine Wiederholung des gleichzeitig entstandenen großen. Er erreicht ihn natürlich nicht in der gerade hier sehr brillanten Wirkung von hell und dunkel, allein er korrigiert nicht nur einige häßliche Unklarheiten (linke Hand und rechtes Bein), sondern ist auch die einzige Darstellung, wo das Motiv des gebückten Herabsteigens schlicht und ausdrucksvoll gedacht ist.

Die Auferstehung. – Große HP. 1510, kleine HP., KP. 1512. Die drei Bilder sind in der Hauptfigur fast gleich: Christus als Triumphator, mit dem idealen Schritt der Italiener, kontrastiert durch die zusammengeknäuelten Figuren der schaffenden Wächter. Der große Holzschnitt hebt dann den Vorgang nochmal um eine Stufe empor, indem er Christus auf Wolken wandeln läßt. Die nüchterne Gesinnung der Altvordern hatte sich mit dem bloßen Heraussteigen aus dem Sarkophag begnügt und dabei auf das Dekorum keinen besonderen Wert gelegt.

In diesem Augenblick versuchte Dürer aber einen noch höheren Schwung zu nehmen: es gibt eine sorgfältig durchgeführte Zeichnung in Weißhöhung von 1510, wo nicht mehr das Gehen, sondern das Fliegen dargestellt ist (Albertina, L. 520)Das Vorstudium zur Auferstehung in Braunschweig (Sammlung Blasius, L. 140) hat noch den alten ruhigen Typus mit Stand- und Spielbein an Stelle des Fliegens. Im untern Teil der Komposition ist eine liegende Grabfigur angebracht, worüber Rob. Vischer Aufschluß gegeben hat (Studien zur Kunstgeschichte, S. 583 ff.): nach Dürers Entwürfen sind die Gräber in der Fuggerschen Kapelle der Annakirche in Augsburg hergestellt worden., ein heftiges Abstoßen mit etwas Untensicht. Das Gegenstück dazu war ein Simson unter den Philistern mit dem Eselskinnbacken – die 182 alttestamentliche Parallele zur Auferstehung – jetzt in Berlin (L. 24).Entwurf in der Ambrosiana in Mailand. Ephrussi S. 167. Beide Darstellungen zusammen bildeten ein kleines Zweiflügelaltärchen.

Der Schmerzensmann. – KP. 1509, große HP., kleine HP. Die Empfindung der Christenheit befriedigte sich nicht bei der Gestalt des Ecce homo und den anderen Situationen der Passion, sie wollte noch eine Leidensfigur außerhalb der historischen Szenen haben, in der die Summe aller Schmerzen zusammengezogen und der Andacht vor Augen gestellt wäre: die drei gedruckten Passionen haben als Titelbild den »Schmerzensmann«.

Der Kupferstich von 1509, der die Reihe eröffnet, zeigt den entkleideten Christus stehend, mit zitternden Knieen und wie fröstelnd die Arme zusammennehmend; Geißel und Rute sind ihm in die zwei Hände gegeben; die Seitenwunde blutet; im Rücken steht die Martersäule. Dürer hatte diesen Typus schon früher einmal in einem Stich behandelt (B. 20), der allem Anschein nach in die Zeit der grünen Passion gehört und eigentlich wenig mehr gibt als einen schönen Körper in einer schönen Bewegung der Beine. Jetzt erst ist es die Sache, die spricht. Und alsbald verschwindet auch das Stehen aus der Darstellung und Dürer überzeugt sich, daß im Sitzen die Situation zu einem vollkommneren Ausdruck gebracht werden könnte.Den stehenden Christus bringt Dürer nur in einer unbedeutenden Radierung von 1512 (B. 21) noch einmal. Auch der radierte sitzende Christus von 1515 (B. 22) ist auffallend gering, eine bloße Nadelprobe. Sitzend, mit gerungenen Händen und flehentlich zur Seite gewandtem Antlitz erscheint der Schmerzensmann in der großen Passion, noch verbunden mit dem Knecht, der ihm das Rohr als Szepter reicht, aber doch überhistorisch gedacht, denn die Szene spielt in Wolken. Indessen ist gerade diese Komposition gar zu flott und zu schwungvoll geraten, um eigentlich tragisch zu wirken, und so wird die kleine Passion den Preis davontragen, mit der zusammengekauften Figur des einsamen Dulders, dessen Gesicht man kaum sieht, wo aber das müde Stützen des Hauptes unendlich viel mehr sagt als der angelegentlichste Augenaufschlag.

 

3.

Man kann von einer neuen Christusidee sprechen, die Dürer gebracht hat, insofern er das Leiden und die Ergebung, worin die alte Zeit den wesentlichen Inhalt der Gestalt sah, mit Stärke und Männlichkeit durchsetzte. An der Folge der Passionsgeschichten läßt sich das im einzelnen – wenn auch nicht überall gleich deutlich – nachweisen, zusammengefaßt besitzen wir Dürers Auffassung 183 vom Wesen des Heilands in seinem neuen Typus des Christuskopfes und dieser erscheint nirgends reiner als in dem Schmerzensantlitz des Schweißtuches der Veronika, einem Stich aus dem Jahre 1513 (B. 25). Ob man es aus besondern Lebenserfahrungen erklären muß, daß Dürer hier auf einmal eine neue Tiefe und Innerlichkeit verspüren läßt, weiß ich nicht; man sieht ja auch an andern Menschen, daß sie in den vierziger Jahren des Lebens anfangen, die Pflugschar tiefer zu führen: jedenfalls ist dieses Schweißtuch die Krönung aller Passionszeichnungen und wenn Dürer irgendwo eine volkstümliche Wirkung ausgeübt hat, so ist es hier geschehen. Der Typus hat bis auf den heutigen Tag seine Geltung nicht verloren.

Das Schweißtuch der Veronika

Seit Schongauers Christus der großen Kreuztragung hat die deutsche Graphik keine Augen mehr gezeichnet, die uns so ergreifend ansehen. Aber der Sinn des Blickes ist ein ganz anderer hier als dort. Schongauer will den Christuskopf so fein und mild, den Ausdruck so leidend und herzbewegend als möglich geben, Dürer gibt den Schmerz wohl auch, aber daneben noch etwas anderes: den Willen, Herr darüber zu bleiben. Und dieser Unterschied ist ein typischer. Schon dem Bau nach ist der Kopf anders, mehr ins Breite und Kräftige entwickelt. Was physiognomisch den Eindruck bestimmt, liegt wesentlich in den Partien über den Augen. Durch den Gegensatz der weiblichen Natur in den wehleidig-mitleidigen Engeln ist dann dafür gesorgt, daß der Charakter des Kopfes mit höchster Entschiedenheit sprechen.Die Radierung eines Schweißtuches von 1510 (B. 64) hat die charakteristischen Accente noch nicht, so wenig wie der Holzschnitt in der kleinen Passion (B. 38). Selbst die Federzeichnung der Albertina (L. 530), die gewöhnlich als Vorstudium zum Stich zitiert wird, bleibt so weit im Ausdruck zurück, daß sie diesen Namen kaum verdient. Leidenschaftlicher und jedenfalls später der kleine Schmerzenskopf in der Florentiner Sammlung von Handzeichnungen.

Auch technisch ist der Stich von einer neuen Art, die ihn mit den Meisterstichen auf eine Linie bringt. Die Zeichnung einfach und doch biegsam, ohne das spröd-metallische Aussehen. Wie weich das Gefieder sich anfühlt und wie vollkommen durchsichtig die Mittel anderseits jetzt sind gegenüber dem Aufwand, den Dürer bei dem Frühstich des großen Glückes noch für notwendig hielt. In den Kleidern der Engel schimmert und rauscht es wie von Seide. Die ganze Erscheinung auf nächtlich-dunklem Grund.

Man hat gefunden, Dürer habe seine eigenen Züge in diesen Christuskopf hineingebildet, und sich dabei auf das Münchner Selbstporträt berufen. Allein seitdem die Autorität dieses Selbstporträts als Zeugnis für das wirkliche Aussehen Dürers erschüttert ist, wird man auch das Urteil über das Persönlich-Dürerische in seinem Christustypus nur ganz allgemein fassen dürfen: es sind 184 beides Köpfe, die im Sinne einer neuen Vorstellung vom Menschen entwickelt sind, wobei es dann allerdings zu einem gewissen Gleichklang in der Stimmung des Porträts und der Idealbildung gekommen ist.

Kälter, fast gorgonenhaft schreckend, aber außerordentlich großartig wirkt der kolossale Holzschnitt des dornengekrönten Hauptes, der unter Dürers Namen geht und immer gehen wird, auch wenn man jetzt darüber einig ist, daß er dem jungen H. S. Beham näher steht als Dürer. Bartsch nennt ihn nur im Anhang der unechten Holzschnitte (Appendix, 26); schon im 17. Jahrhundert gab es Kenner, die die Hand des Beham erkannten, und neuerdings hat ihn Pauli ohne Diskussion in seinen Katalog dieses Meisters eingereiht (Pauli, 829). Wenn Passavant in seinen Nachträgen zu Bartsch meinte, kein anderer als Dürer hätte dem Blatt diese Größe geben können,Passavant, Le peintre-graveur III, 183 (Nr. 192). so wird man aber auch das gelten lassen müssen, wenigstens insofern, als Erfindung und Zeichnung durchaus von Dürer bedingt sind.

Es ist bezeichnend für die deutsche Kunst, daß sie in einem einzelnen Kopf ihr letztes Wort gesagt hat. Denkt man an die Passionskunst der großen Italiener, so sind es Figuren, Gruppen, die der Erinnerung sich darstellen, und erst mit Guido Reni wird der bloße Schmerzenskopf populär, im Norden ist er es längst gewesen. Im Grunde wollen wir ja doch nur die Züge des Antlitzes bei einem Menschen sehen. 185

 

 


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