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Es bestand ein wunderbares Verhältnis zwischen Konsul Mörch und Zollkontrolleur Knagsted. Sie konnten nicht ohne einander fertig werden. Das heißt, Knagsted suchte Mörch auf. Denn der Konsul haßte den Zöllner wohl im Grunde und sah und hörte am liebsten nichts von ihm.

Und doch sah man sie immer zusammen.

Mörch hatte vor einer Reihe von Jahren einen Anfall von Gehirnapoplexie gehabt und ging am Stock und mit schweren, schleppenden Schritten. Sein Gesicht war schlaff und stumpfsinnig, seine Stimme lallend. Es klang, als sei seine Zunge zu dick.

Aber er rauchte mit Leidenschaft. Es war das ungefähr die einzige Freude, die ihm geblieben war.

Der Tabak umschleierte seine Gedanken so angenehm. Er lebte nämlich in einer ewig zitternden Angst vor dem Tode. Er hatte weder Tag noch Nacht Ruhe vor diesem Schreckbild. Nicht einmal, wenn er seinen Mittagsschlaf abhielt.

Und das schlimmste war, daß Knagsted immer vom Sterben sprach. Nie von etwas anderem als vom Tode und dessen Attributen, von Krankheit und schlechtem Befinden, Medizin, heiligem Abendmahl, Glockengeläute und Begräbnis.

Mörch hatte ein Gefühl, als kröchen Würmer in ihm, sobald der Zöllner anfing. Am liebsten hätte er ihn weggejagt, ihn mit seinem Stock vertrieben. Und doch fuhr er fort, ihm mit einer Art von schauderndem Interesse zuzuhören. Er wurde förmlich hypnotisiert von den Worten des Freundes, hatte ungefähr die Empfindungen eines Kindes, das mit zu Berge stehenden Haaren einer Gespenstergeschichte lauscht.

Sie gingen zusammen spazieren. Fast jeden Tag um die Dämmerstunde kam Knagsted und holte den Konsul ab.

Eines Abends zwischen sechs und sieben Uhr krabbelten die beiden Freunde wieder die Treppe von Mörchs Wohnung hinab.

Als sie endlich unten auf der Straße standen, fragte der Zöllner:

»Nun, lieber Mörch, wohin wollen wir denn heute gehen?«

»Das überlasse ich dir!« lallte Mörch.

»Dann wollen wir den Prinzessinnensteig entlanggehen.«

Ein paar Würmer fingen an, sich in dem Konsul zu regen. Dies war nämlich der Weg nach dem Friedhof.

»Wollen wir nicht lieber auf die Landstraße gehen, Knagsted?«

»Du sagst ja selber, ich sollte bestimmen.«

»Nun ja, wie du willst.«

»Es steht wohl heute schlecht mit deinem Befinden, Mörch?«

»Gott bewahre! Es geht mir sehr gut!«

»Du hast über Nacht gewiß nicht geschlafen?«

»Nicht viel!«

»Nein, man schläft schlecht, wenn man alt wird.«

Knagsted hatte den Konsul unter den Arm gefaßt, und nun trippelten sie die Südstraße hinab.

»Du solltest nicht soviel rauchen, Mörch«, begann der Zöllner.

»Ach was, die paar Pfeifen.«

»Hast du heute die Morgenzeitung gelesen?«

»Ja!«

»Hast du es beachtet?«

»Was soll ich beachtet haben?«

»Den Artikel aus Nästved.«

»Was stand denn darin?«

Den Konsul durchschauerte es.

»Von diesem Mann.«

»Was war es mit ihm?«

»Er starb!«

»Nun ja, sterben müssen wir alle.«

»An Nikotinvergiftung. Ich dachte, ich wollte dich doch aufmerksam darauf machen.«

»Danke schön!« sagte der Konsul wütend. »Du bist immer so fürsorglich!«

Knagsteds Haarbüschel bewegten sich schadenfroh. Aber er sagte nichts.

»Es waren wohl Zigarren«, fuhr Mörch nach einer Weile fort.

»Da stand ausdrücklich Tabak.«

Schweigen. – –

Sie gingen Schritt für Schritt mitten auf der Straße. Der Konsul ging vornübergebeugt und stützte sich schwer auf seinen Stock und auf seines Freundes Arm. Knagsteds kleine vierschrötige Gestalt hingegen hielt sich gerade wie ein Meilenzeiger, unangefochten und unberührt von den Jahren und den Ereignissen.

Bei dem Hotel bogen sie um die Ecke und gingen die Maren Schmiedts-Gasse hinab, die in den Prinzessinnensteig mündet:

»Du kannst mir glauben, wir haben uns neulich abends im Verein ganz köstlich amüsiert!« sagte der Zöllner, zeigte auf die Fenster des Lokals, in dem die Freßsäcke tagten.

»Hm!« brummte der Konsul und sah nach der anderen Seite hinüber.

»Du solltest dich wirklich einschreiben lassen, Mörch!«

»Unsinn!« entgegnete Mörch, und seine matten Augen blitzten.

»Hi, hi!«



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