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Was sollen aber die Juden tun? Diese Frage ist schwieriger zu beantworten. Das Thema in seiner Unerschöpflichkeit spottet jeder Bemühung.

Opfer sind nicht zureichend. Werbung wird mißdeutet. Vermittlung stößt auf Kälte, wenn nicht auf Hohn. Überläufertum verbietet sich dem, der sich achtet, von selbst. Anpassung in Heimlichkeit führt zu einem Ergebnis nur für die, die zur Anpassung geeignet sind, also für die schwächsten Individuen. Beharrung in alter Form bedingt Erstarrung.

Was bleibt? Selbstvernichtung? Ein Leben in Dämmerung, Beklommenheit und Unfreude, zu schleppen nur für jene, die es auf pure Existenz und deren äußerliche Verbrämungen abgesehen haben, unfaßlich für die Erleuchteten oder Seelenhaften, die nur zu wählen haben zwischen grenzenloser Einsamkeit und aussichtslosem Kampf –?

Es ist besser, nicht daran zu denken.

Vielleicht aber gibt es doch eine Zukunft. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit zu hoffen. Vielleicht gibt es einen Retter, Mensch oder Geist, hüben oder drüben, oder auf der Brücke dazwischen. Vielleicht hat er seine Wegbereiter schon vorausgesandt. Vielleicht darf ich mich als einen von ihnen betrachten.

Ich stehe, am Abstieg des fünften Jahrzehnts meines Lebens, in einem Ring von Gestalten, und sie wollen mich versichern, daß das Getane nicht umsonst getan sei. Ich bin Deutscher, und ich bin Jude, eines so sehr und so völlig wie das andere, keines ist vom anderen zu lösen. Ich spüre, daß dies in gewissem Sinn, wahrscheinlich durch das vollkommene Bewußtsein davon und die vollkommene Durchdringung mit den Elementen beider Sphären, orientalischer und abendländischer, ahnenhafter und wahlhafter, blutmäßiger und durch die Erde bedingter, ein neuer Vorgang ist. Dieses Neue hat mich in früherer Zeit oft beunruhigt, wohl deshalb, weil ich es nicht zu erkennen vermochte. Es ging ja nicht vom Willen aus; es ging vom Sein und Werden aus. Beunruhigend auch deshalb, weil beständig hüben und drüben Arme zu halten, zu wehren, Stimmen zu rufen, zu warnen da waren. Ich bin kein Mensch der steten Rechenschaftsablegung. Obgleich den einzelnen Menschen um mich her zu jeder Zeit verhaftet, ja ihnen verfallen, kann ich doch nur treiben, wozu es mich treibt. Und da ich allmählich vertrauen gelernt habe, daß es das Rechte war, wozu es mich trieb, ist auch einige Ruhe in mich eingekehrt.

In dem Bereich, in dem ich wirke, hängt alles davon ab, ob man die Menschen eröffnen, ergreifen und erhöhen kann. Nicht als ob ich selbst auf einer Höhe stünde, um nach Götterweise die Verlorenen heraufzuziehen. So ist es nicht. Der Eröffner und Ergreifer wird miterhöht um der Liebe willen. Daher glaube ich, daß im Abstand von den niedrigen Dingen das Geschwätz und der Geifer des Hasses und Unrechts ohnmächtig werden und die Missetaten sogar, die sie begehen, ihre Sühne finden.

 


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