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Die Dunkelheit brach herein, und mit ihr breitete sich eine Atmosphäre des Geheimnisvollen und Schrecklichen über Monkshall aus.
Plötzlich schrillte das Telefon in der einsamen Halle. Cotton tauchte aus einem dunklen Winkel auf und eilte ans Telefon. Als er den Hörer abhob, vernahm er Hallicks Stimme, was ihm nicht gerade angenehm war. Er konnte den Chefinspektor nicht leiden und fürchtete immer, daß der Polizeibeamter sich zu sehr für seine Vergangenheit interessieren könnte.
»Ich möchte mit Sergeant Dobie sprechen.«
»Jawohl, ich werde ihn rufen.«
Das war jedoch nicht nötig, denn als sich Cotton umdrehte, stand der Sergeant direkt hinter ihm.
»Werde ich verlangt?«
Cotton reichte ihm den Hörer.
»Jawohl.«
»Was gibt es?« fragte Dobie, drehte sich dann um und gab Cotton ein Zeichen, daß er verschwinden solle. »Machen Sie schnell, daß Sie fortkommen«, sagte er schließlich, als Cotton noch zögerte.
»Haben Sie etwas gefunden?« fragte Hallick.
»Nein, nichts Besonderes, nur noch eine zweite leere Patronenhülse – Sie selbst haben ja die andere gesehen, bevor Sie fuhren.«
Es trat eine kleine Pause ein, bevor Hallick wieder sprach.
»Ich habe das Gefühl, daß sich heute abend etwas ereignen könnte. Haben Sie meine Privattelefonnummer ...? Gut, dann rufen Sie mich sofort an, wenn etwas Außergewöhnliches geschehen sollte. Scheuen Sie sich nicht, mich nach dort zu holen, selbst wenn sich die Sache später als harmlos herausstellen sollte. Ich kann spätestens eine Stunde nach dem Anruf bei Ihnen sein.«
Als Mr. Goodman langsam in die Halle trat, legte Dobie den Hörer wieder auf. Der alte Herr trug seinen schwarzen Hausrock und hatte die Pfeife im Mund. Als Dobie zur Tür ging, rief ihm Goodman nach.
»Sie bleiben doch die Nacht hier im Haus, Mr. Dobie? ... Das ist wenigstens eine Beruhigung!«
»Sie scheinen ziemlich nervös zu sein«, meinte Dobie lächelnd.
»Ja, ich kann es ruhig zugeben, ich fühle mich ein wenig beunruhigt. Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, daß ich nervös werden könnte, hätte ich ihn ausgelacht.« Er zog seine Zigarrentasche heraus und hielt sie dem Sergeanten hin. Dobie nahm dankend eine duftende Havanna.
»Sie haben noch keinen neuen Anhaltspunkt gefunden?« fragte Goodman und machte es sich auf dem Sofa bequem.
»Nein, nicht den geringsten.«
Goodman lachte.
»Und wenn Sie irgendeine Neuigkeit wüßten, würden Sie mir die doch nicht verraten. Ich kenne die Art der Beamten von Scotland Yard, und schließlich dürfen Sie ja auch nicht Ihr Herz auf der Zunge tragen, Haben Sie eigentlich entdeckt, wer gestern durch das Fenster in die Halle schoß? Ich frage nur deshalb, weil ich den ganzen Tag in der Stadt war. Zu meiner Enttäuschung hat sich während meiner Abwesenheit allem Anschein nach hier nichts ereignet?«
»Nein, den wilden Schützen haben wir nicht finden können.«
Keiner der beiden bemerkte, daß die Tür aufging und daß Mr. Partridge in die Halle schaute.
»Ich habe heute einen Besuch in Scotland Yard gemacht«, sagte Mr. Goodman. »Dort hatte ich eine Unterredung mit Mr. Hallick. Ich muß sagen, er ist wirklich sehr liebenswürdig.«
»Da haben Sie vollkommen recht«, stimmte Dobie ihm herzlich bei.
John Hallick war einer der wenigen höheren Beamten, die keine Feinde unter ihren Untergebenen haben. Der Dienst ging ihm über alles, und er erkannte jede Leistung an.
»Die ganze Lage hier ist ziemlich ungewöhnlich«, sagte Goodman nachdenklich. »Mir ist noch nie so etwas begegnet. Wissen Sie, ich habe mir mit der Zeit eine Theorie gebildet.«
»Sie machen wohl neuerdings Mrs. Elvery Konkurrenz?« meinte Dobie gemütlich.
Goodman tat ein wenig beleidigt, fuhr dann aber unbeirrt fort.
»Als wir gestern morgen Connor hier tot in der Halle auffanden, mußte ich sofort an ein früheres Verbrechen denken – an die Beraubung des Goldtransports während des Krieges. Drei Leute waren in die Affäre verwickelt – O'Shea war der Führer der Bande, Marks und Connor arbeiteten mit ihm zusammen. Ich habe Mrs. Elvery absichtlich nichts darüber gesagt, sonst hätte sie mich gar nicht mehr in Ruhe gelassen. Aber ich interessiere mich auch für Verbrechen, und ich bin fest davon überzeugt, daß der ermordete Connor mit dem Goldraub etwas zu tun hatte.«
»Meinen Sie wirklich?«
Goodman lächelte.
»Sie bestärken mich nur in meiner Ansicht, weil Sie so unschuldig tun. Es war bestimmt derselbe Connor, der damals verurteilt wurde.«
»Haben Sie mit Mr. Hallick darüber gesprochen?« fragte Dobie.
Goodman verneinte.
»Nun, Scotland Yard hat ohnehin bereits die Presse informiert, darum kann ich Ihnen ruhig verraten, daß Sie mit Ihrer Vermutung recht haben.«
»Hm.« Goodman runzelte die Stirn. »Ich überlege mir nur, wie lange er im Gefängnis gesessen hat. Meiner Meinung nach kann er doch erst kürzlich entlassen worden sein?«
»Vor einem Monat. Er und Marks wurden kurz nacheinander entlassen.«
Mr. Goodman strahlte.
»Ich wußte doch, daß ich recht hatte. Für Namen und Tatsachen habe ich ein sehr gutes Gedächtnis.«
Dobie hatte eigentlich nichts mehr in der Halle zu tun, aber er blieb noch ein wenig.
»Sie werden doch wahrscheinlich nicht mehr lange hier in Monkshall wohnen?« fragte er. »Es ist doch gewöhnlich so, daß die Gäste fortziehen, wenn in einer Pension ein Mord passiert.«
Goodman schüttelte den Kopf.
»Ich wüßte nicht, warum ich fortziehen sollte. Ich bin ein alter Junggeselle und hasse jede Veränderung. Vielleicht bin ich ein wenig gefühllos, aber mich hat die Geschichte weniger beunruhigt als die anderen.«
Dann kam er wieder auf seine Theorie zurück.
»Nehmen wir einmal an, dieser Mord steht in Zusammenhang mit dem Raub des Goldtransports –«
Aber nun verhärteten sich die Züge des Sergeanten. Er zeigte sich nicht bereit, diese Angelegenheit mit Goodman zu besprechen, und er sagte das auch.
»Allerdings, Sie haben vollkommen recht«, entschuldigte sich Goodman schnell. »Es tut mir leid, daß ich nicht darauf Rücksicht nahm.«
»Nun, so schlimm ist es doch nicht«, entgegnete Dobie, und Goodman spürte, daß der Sergeant gern alles erzählt hätte, was er wußte. »Vielleicht sind Sie der Wahrheit näher, als Sie glauben.«
In diesem Augenblick wurden sie in ihrer Unterhaltung durch Mrs. Elvery und deren Tochter gestört, die in die Halle kamen. Mr. Partridge folgte ihnen und trug einen Wollknäuel.
Mrs. Elvery war nicht gerade sehr zurückhaltend. Sie zitterte vor Erregung, weil sie Goodman etwas Neues mitzuteilen hatte.
»Jetzt habe ich aber eine Überraschung für Sie!«
Goodman schloß resigniert das Buch, das er eben aufgeschlagen hatte.
»Wissen Sie auch, daß Mr. Partridge eine Autorität auf dem Gebiet des Spiritismus ist?«
»Und ich bin eine Autorität in der Zubereitung guten Kaffees«, entgegnete er mißmutig und nahm eine Tasse von dem Tablett, das Cotton eben hereinbrachte. »Wenn Sie hier guten Kaffee zu trinken bekommen, so haben Sie das nur mir zu verdanken. Ich habe das der Köchin erst mühsam beigebracht, und es hat einige Jahre gedauert, bis sie es richtig begriffen hat. Jetzt schmeckt der Kaffee wenigstens nicht mehr wie Spülwasser. Und nun kommen Sie ausgerechnet mit Spiritismus! Davon will ich nichts wissen.«
Mr. Partridge entschuldigte sich sofort.
»Sie haben aber auch etwas übertrieben«, wandte er sich an Mrs. Elvery. »Ich habe mich zwar mit Spiritismus beschäftigt, aber doch nur als Laie. Eine Autorität bin ich auf diesem Gebiet keineswegs.«
»Dann haben Sie also nichts dagegen, wenn es hier im Hause spukt?« fragte Goodman lächelnd.
Der Pfarrer sah ihn halb vorwurfsvoll an und nahm dann ebenfalls eine Tasse von dem Tablett, das ihm Cotton reichte.
Mary kam ins Zimmer, als Mr. Partridge gerade ausführlich über die Ermordung Connors sprach.
»Ich begreife wohl, wie schrecklich es für Sie alle gewesen sein muß, daß Sie unmittelbare Zeugen dieses furchtbaren Verbrechens waren –«
Veronika schaute aus dem Fenster, wurde blaß und sprang auf.
»Ich habe ein Gesicht am Fenster gesehen!« rief sie atemlos.
»Ziehen Sie doch die Vorhänge zu«, riet Goodman.
Ein paar Minuten später kam Fane ins Zimmer, und Mary sah, daß Regentropfen an seinem Mantel hingen.
»Sie sind ausgewesen?«
»Ja, ich habe mich im Park umhergetrieben«, entgegnete er.
Mary glaubte, daß er wieder getrunken hatte. Er sprach langsam und schleppend, und er schien auch nicht ganz sicher auf den Füßen zu stehen.
»Haben Sie den Mönch gesehen?« fragte Veronika.
Ferdie grinste.
»Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte ich Mr. Partridge gerufen, um den Geist zu beschwören.«
Der Pfarrer sah ihn vorwurfsvoll an.
»Es ist alles so entsetzlich! Natürlich habe ich auch von der Tragödie gehört, die sich in der vergangenen Nacht hier abgespielt hat.«
»Bitte, sprechen Sie nicht mehr darüber. Gibt es denn gar kein anderes Thema?« fragte Veronika.
»Aber es ist doch entsetzlich und grausam, wenn ein Mensch mitten in der Blüte seiner Jahre von hinnen muß«, predigte Partridge salbungsvoll. »Ich muß sagen, daß auch mich ein kalter Schauer überkam, als ich die Einzelheiten dieses grauenvollen Verbrechens hörte. Und soviel ich weiß, hat man noch nicht einmal den Namen des Toten feststellen können?«
Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse.
»Da irren Sie sich. Wir kennen den Namen sehr wohl«, entgegnete Fane. »Ich wundere mich nur, daß Sie ihn noch nicht wissen.«
Ihre Blicke trafen sich.
»Der Name des Toten«, sagte Fane mit besonderem Nachdruck, »war Connor – Joe Connor.«
Die Tasse entfiel der Hand des Pfarrers und zerschellte auf dem Parkettfußboden. In seinem Gesicht zeigte sich größte Bestürzung.
»Connor«, wiederholte er leise. »Joe Connor!«
Ferdie beobachtete ihn scharf, dann nickte er.
»Haben Sie den Mann gekannt?«
»Ich – ich habe schon von ihm gehört.«
Mr. Partridge fiel das Sprechen schwer.
»Joe Connor!« sagte er noch einmal. Kurz darauf verließ er das Zimmer.
Mary, die Partridge aufmerksam beobachtet hatte, war darüber erstaunt. Sie fragte sich, ob Goodman von dem Vorgefallenen überhaupt etwas gemerkt hatte. Er hatte sich die ganze Zeit angeregt mit Mrs. Elvery unterhalten. Als sie zu ihm trat, sprach er darüber mit ihr.
»Mrs. Elvery war heute abend ausnahmsweise interessant. Sie zeigte mir ihre Sammlung von Zeitungsausschnitten, die sie in ein Buch geklebt hat, besonders das Kapitel über Connor. Es besteht gar kein Zweifel, daß der Ermordete derselbe war, der damals mit dem Goldraub zu tun. hatte. Ich habe ein Bild von ihm in Mrs. Elverys Sammlung gesehen. Ich sah auch noch eine andere Aufnahme, die mich sehr interessierte. – Haben Sie Mr. Fane schon einmal getroffen, bevor er nach Monkshall kam?«
»War es etwa eine Fotografie von Mr. Fane?« fragte sie.
Er zögerte ein wenig, dann sagte er: »Ja, ich glaube, – Ich habe ein paar Nachforschungen angestellt, und ich bin ziemlich sicher, daß Mr. Fane nicht das ist, was er hier vorgibt. – Aber ich bitte Sie, ihm das unter keinen Umständen zu erzählen.«
Sie war erstaunt über die Eindringlichkeit, mit der er sprach, und lachte.
»Selbstverständlich werde ich das nicht tun.«
»Mary!« Er sah über die Schulter und überzeugte sich, daß die anderen nicht zu ihnen herübersahen. »Mary, mein liebes Kind, warum wollen Sie diesen Platz nicht verlassen und nach London gehen?«
»Es ist merkwürdig, daß Sie die Frage an mich stellen«, entgegnete sie lächelnd. »Genau dasselbe hat Mr. Fane mich gefragt.«
»Der hat es aus einem anderen Grund getan«, fuhr er fort, und seine sonst so milde Stimme klang ungewöhnlich hart und rauh. »Ich sage es Ihnen, weil – nun ja, weil ich Sie gern habe. Glauben Sie nicht, daß ich sentimental werde. Trotz des Altersunterschieds liebe ich Sie, wie ich noch nie eine Frau geliebt habe.«
Sie war auf diese plötzliche Liebeserklärung nicht gefaßt und sah ihn erstaunt an.
»Überlegen Sie sich gut, was ich Ihnen gesagt habe. Und wenn Sie ›nein‹ sagen sollten – nun, dann kann ich es schließlich verstehen.«
Sie war froh, daß Cotton hereinkam und ihr sagte, daß ihr Vater sie in seinem Arbeitszimmer sprechen wolle. Und sie ging auch nicht wieder in die Halle zurück, bis Cotton im Zimmer ihres Vaters erschien und fragte, ob er das Haus abschließen solle.
»Bis auf Mr. Fane haben sich alle Gäste zurückgezogen«, sagte er. »Ich habe den Eindruck, daß er noch auf Sie wartet, Miss Mary.«
»Warum tut er das?« fragte Redmayne unangenehm berührt.
Cotton wußte es nicht.
Er hatte aber richtig vermutet. Ferdie Fane saß auf dem Sofa und hoffte, daß Mary zurückkehren würde. Er wollte ihr etwas Bestimmtes sagen, wollte sie dringend warnen. Als er hörte, daß sich die Tür öffnete, wandte er sich schnell um. Aber nicht Mary trat ein, sondern Mr. Partridge.
»Ach, verzeihen Sie«, sagte der Pfarrer, der sich wieder gefaßt hätte, »ich habe hier ein Buch liegenlassen.«
Fane erwiderte nichts, bis sich der Pfarrer anschickte, die Halle wieder zu verlassen.
»Die Geschichte mit Connor hat Ihnen einen kleinen Schock versetzt, nicht wahr, Mr. Partridge?«
»Wieso?« Partridge runzelte die Stirn. »Natürlich war ich traurig, als ich von dem Tod dieses armen Mannes hörte.«
Fane grinste.
»Cotton war noch trauriger darüber, denn er mußte die Scherben Ihrer Tasse vom Boden aufsammeln. Würden Sie nicht einen Augenblick Platz nehmen?«
Der Pfarrer setzte sich neben Ferdie auf das Sofa.
»Welch schreckliches Schicksal doch den armen Connor ereilt hat«, sagte er halb zu sich selbst.
»Connor war eben ziemlich verrückt«, entgegnete Fane kühl. »Er war nicht so klug wie sein Kumpan.«
»Wen meinen Sie denn?« fragte Mr. Partridge erstaunt.
»Ich meine Marks – haben Sie nie etwas von dem gehört? Er war der beste Mann O'Sheas. Kennen Sie den vielleicht auch nicht? Ich möchte wetten, daß Sie ihn nicht nur vom Hörensagen kennen, und wenn Sie ihn noch nicht wiedererkannt haben sollten, dann werden Sie sehr bald erfahren, wer er ist.«
Der Pfarrer schüttelte den Kopf.
»Von dem, was Sie da sagen, verstehe ich kein Wort. Wen sollte ich wiedererkennen?«
»Marks war ein ziemlich kluger Kopf«, fuhr Fane fort, »und ich möchte ihm wenigstens eine Chance geben.«
Plötzlich packte er den Pfarrer an seinen weißen Haaren, zerrte daran und hatte im nächsten Augenblick die Perücke in der Hand.
»Sie sind Marks!«
Der andere sprang auf. »Was, zum Teufel –«
Fane sah ihn unbarmherzig an.
»Machen Sie sich aus dem Staub, solange Sie noch können«, sagte er hart. »Ich warne Sie, wie ich Connor gewarnt habe. Sie fordern das Schicksal heraus, und Sie werden ihm nicht entrinnen können!« »Das ist meine Sache. Ich lasse mich nicht von Ihnen beeinflussen.«
Ferdie Fane nickte.
»Ich dachte mir schon, daß Sie meine Warnung in den Wind schlagen würden. Sie sind immer noch so selbstbewußt wie früher!«
»Mich können Sie nicht erschrecken«, entgegnete Marks und atmete schwer. »Sie wissen, warum ich hergekommen bin. Ich will meinen Anteil an der Beute, und ich gehe nicht eher, als bis ich ihn habe!«
»Gut, dann werden Sie eben als Toter hier hinausgetragen werden«, erwiderte Fane düster.
»Glauben Sie? Sie scheinen ja in die Zukunft sehen zu können. Aber ich will Ihnen etwas sagen. Ich erkannte Sie im selben Augenblick, als Sie mir gegenüber Connors Namen erwähnten. Es ist auch noch jemand anders hier im Haus, der Sie erkannt hat – der alte Goodman. Glauben Sie mir, der läßt nicht mit sich spaßen, dazu ist er zu weit in der Welt herumgekommen. Ich habe einen Blick aufgefangen, den er Ihnen zuwarf.« Fane war überrascht.
»Was sagen Sie da von Goodman? Sie sind ja glatt verrückt.«
»So, verrückt bin ich auch noch? Ich war heute nachmittag im Dorf und habe ihn beobachtet, wie er vom Postamt aus nach London telefonierte. Er hat sich nach Ihnen erkundigt. Übrigens war Miss Redmayne auch dort. Da staunen Sie wohl? Was werden Sie jetzt machen? Wollen Sie Goodman aus dem Weg räumen? Ich kenne Ihre Methoden – und ich weiß auch, daß Sie den Trick, als Betrunkener in der Gegend herumzulungern, schon früher angewandt haben.«
Fane hatte sich von seinem ersten Schrecken erholt.
»Ob er weiß, wer ich bin oder nicht, ist im Augenblick gleich. Auf jeden Fall habe ich Sie gewarnt«, sagte er streng. »Und wenn Sie meinen Rat nicht befolgen, geht es Ihnen genau wie Connor.«
Marks ging zur Tür.
»Sie haben mich allerdings deutlich genug gewarnt«, sagte er. »Aber der Mann, der mich schnappen will, muß sich beeilen.«
Im nächsten Augenblick trat er hinter die Portiere, öffnete die Glastür zum Park und trat in die Nacht hinaus.
Fane wartete einige Zeit. Dann hörte er Schritte in der Halle und ging durch eine andere Tür hinaus, die ebenfalls auf den Rasen führte.
Er sah, wie sich die Tür langsam öffnete. Mr. Goodman trat herein. Er sprach mit sich selbst, während seine Blicke von einem Tisch zum anderen wanderten. Er suchte seine Pfeife. Nach einer Weile fand er sie, steckte sie in die Tasche und ging langsam zur Tür zurück. Ais er etwas am Boden liegen sah, bückte er sich und hob es auf; es war die Perücke, die Marks hatte fallen lassen. Lange sah er darauf, dann spürte er plötzlich den kalten Luftzug, der durch die offene Glastür hereinströmte, und er trat auf die Portiere vor der Tür.
Er wollte die Portiere gerade zurückziehen, als er plötzlich von zwei Händen an der Kehle gepackt und in die Nische gezogen wurde.
Mary hatte sich bereits halb entkleidet, als sie auf den Kampf aufmerksam wurde, der unten ausgefochten wurde. Plötzlich hörte sie einen Schrei, schlüpfte in ihren Morgenrock und eilte die Treppe hinunter. Als sie die Tür aufstieß, lag der Raum in Dunkelheit wie vorher.
»All right«, sagte eine Stimme, dann leuchtete plötzlich das Licht auf.
Ferdie Fane stand neben dem Fenster. Seine Kleider und sein Haar waren zerzaust.
»Wo ist Mr. Goodman?« fragte sie atemlos. »Ich hörte seine Stimme – wo ist er geblieben?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, entgegnete Fane.
Sie entdeckte eine Blutspur auf seinem weißen Frackhemd ... Als sie bewußtlos zu Boden sank, fing er sie in seinen Armen auf, und auch ihr Kimono wurde von Blut befleckt.