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Lustig durchschnitt der Kiel die Wogen, welche sich an dem stolzen Schiff brachen.
Ja, ein stolzes Fahrzeug war es, der Ostindienfahrer, der nach beinahe zweijähriger Abwesenheit sich den heimatlichen Gestaden wieder nahte. Und je näher man der Heimat kam, ein um so regeres Leben entwickelte sich an Bord.
Nicht allein der jetzt mit doppelter Peinlichkeit und Sorgfalt versehene Dienst bot dem Auge des Beschauers ein abwechselndes, farbenreiches Bild; nein, auch so manche Privatgeschäfte wurden jetzt von den Seeleuten mit besonderer Sorgfalt erledigt, galt es doch, bei Ankunft im Hafen schmuck und adrett auszusehen. So gab es denn alle Hände voll zu thun; hier die Kleider zu reinigen, dort wieder schadhafte Stellen an denselben auszubessern; kurz, bei schönem Wetter glich das Deck oftmals einer geschäftlichen Werkstatt. Und wie peinlich wurde es täglich gereinigt, so daß es eher der sauberen Diele eines Zimmers, als dem Deck eines Fahrzeuges ähnlich sah, das durch lange Monate eine mit vielen Gefahren verbundene Reise zurückgelegt hatte.
Aber auch unter den Passagieren, die das stolze Fahrzeug an Bord barg, herrschte ein regeres Leben, ein freundschaftlicher Verkehr, der sich im Verlaufe der Monate auf der Seereise gebildet hatte.
Noch wenige Tage, und die so schnell innig Befreundeten sollten von einander scheiden, der eine hier-, der andere dorthin, ohne sich vielleicht im Leben jemals wieder zu begegnen. Da war es wohl erklärlich, daß sie sich, je näher die Scheidestunde rückt, um so mehr einander anschlossen, noch tausend Gedanken austauschten, bevor die Trennungsstunde schlug.
Schon am Abend sollten sie in Liverpool landen. Der Kapitän hatte, wie erwähnt, beschlossen, in diesem englischen Hafen, dem ersten europäischen, vor Anker zu gehen, um seiner Mannschaft einen Tag der Erholung zu gönnen und sie so mit neuem Pflichteifer für die letzte kurze Fahrt zu erfüllen.
Die Passagiere standen in einzelnen Gruppen auf dem Verdeck und weideten sich an dem Anblick der weltbekannten Hafenstadt, die bereits in Sicht war.
Die Matrosen freilich konnten sich so ruhigen Betrachtungen nicht hingeben; für sie gab es mit jeder Minute andere Verrichtungen, weil in der Nähe des Hafens doppelte Vorsicht geboten ist.
Dennoch blieb ihnen mitunter Zeit, ihre Beobachtungen anzustellen, die dann regelmäßig dem oder jenem Passagier galten.
»Soll mich doch der erste beste Haifisch lebendig verspeisen, Jack,« sprach der Hochbootsmann Larsen zu einem bereits betagten Matrosen, der eben, gemütlich seinen Tabak kauend, an dem Mast lehnte, »wenn ich aus dem Polen klug werden kann.«
Er deutete bei diesen Worten auf einen Herrn, der, von allen Passagieren, wie es schien, mit Interesse betrachtet, ohne dasselbe auch nur mit einer Miene zu erwidern, auf dem Hinterteil des Decks lustwandelte. »Seit Monaten,« fuhr Larsen fort, »ist er nun in Gesellschaft der Uebrigen, die ihn auch, wie mir scheint, nicht ungern haben, und trotzdem weicht er allen, die sich mit ihm in ein Gespräch einlassen wollen, aus.«
»Bist ein Narr, Larsen,« lachte Jack, »'s ist ein Pole, und die Polen sind einmal nicht mitteilsam. Das Unglück ihrer Nation hat es zu Wege gebracht, daß sie die Angehörigen jedes fremden Volkes für natürliche Feinde halten. Und dann bedenke doch, daß, wenn er auch sprechen wollte, sein Kauderwelsch doch kein Mensch verstehen würde. Weißt ja, daß der Kapitän und sein Schiffsschreiber am ersten Tage Not genug hatten, sich ihm verständlich zu machen.«
»Hör mal, Jack,« erwiderte der Hochbootsmann lachend, »bist zwar die älteste Theerjacke an Bord und hast Dich bereits in aller Herren Ländern umhergetrieben; aber es war Dir auch stets lieber, eine volle Flache Rum auf ihre Tiefe zu loten, als den Charakter eines Menschen.«
»Oho, was soll's denn mit dem Polen?«
»Ja, siehst Du, Bruder Jack, 's ist ein eigenes Ding, was ich Dir im Vertrauen mitteilen will; denn laut darf ichs nicht sagen, weil ich mir dann vielleicht den Kapitän auf den Hals hetze, der nun einmal will, daß wir diese Landratten während der Fahrt wie Marzipanpuppen behandeln.«
»Potz Kabeljau und Haifisch! Du machst mich ordentlich neugierig!«
»Will Deine Neugier gleich befriedigen,« sprach der Hochbootsmann; »merke Dir, der Pole, der dem Kapitän und dem Schiffsschreiber mit seinem Kauderwelsch so viel zu schaffen machte, kann ebenso gut auch ein Engländer, ein Franzose oder ein Deutscher sein.«
»Das freilich,« erwiderte Jack gelassen, »ebenso gut wie wir beide bezopfte Chinesen sein könnten.«
»Jack,« rief der Hochbootsmann fast unwillig, »bist ein so alter Seebär und dabei dauert es doch ewig, ehe Du den rechten Kurs herauskennst und ins notwendige Fahrwasser kommst. Na, kurz und gut, der Pole ist entweder ein Spaßvogel, der uns alle an der Nase herumzieht, oder ein Erzgauner! Denn ich weiß, daß er nicht nur polnisch, sondern auch andere Sprachen spricht.«
»Potz Blitz! Das weißt Du?« fragte Jack, den Hochbootsmann weitaufgerissenem Munde anstarrend. »Hast Du denn schon mit ihm gesprochen?«
»Werd mich schön hüten; mir würde er ja doch nur in seinem Kauderwelsch antworten, von dem ich kein Wort verstehe. Aber beobachtet habe ich ihn und dabei entdeckt, daß er jedes Wort, was die Passagiere unter einander von ihm sprechen, genau versteht; und in der vorigen Nacht habe ich ihn, ohne daß ichs wollte, in einem Selbstgespräch überrascht. Es waren freilich nur wenige Worte; denn als er mich bemerkte, warf er mir einen giftigen Blick zu und ging in seine Kajüte. Doch denke Dir, ich traute meinen Ohren kaum, die wenigen Worte sprach er in gutem, fließendem Englisch. Nun soll mich doch der oder jener fressen, wenn ein Pole sich zum Selbstgespräch das Englische aussuchen will.«
»Weißt Du, Larsen, Du bist doch der pfiffigste Kopf, mit dem ich je zusammen das salzige Wasser durchschnitten habe. Nun möchte ich blos noch wissen, was Dir Deine Entdeckung nützt?«
»Nützen wird sie mir freilich nicht; aber jedenfalls ist es gut, wenn ich den Freund beobachte. Ich sagte Dir schon, er ist entweder ein Spaßvogel oder ein Gauner. Wenn ich aber mitunter seine finsteren, tückischen Blicke beobachte und die Vorsicht, mit der er jeder Unterhaltung aus dem Wege läuft, dann glaube ich eher das Letztere. Darum heißt es aufpassen! Wer weiß, ob es hier nicht einen Fang gilt, auf den sie in Europa schon lange warten. Prisengelder giebt's auf einem Ostindienfahrer und in Friedenszeiten überhaupt nicht; und da wäre es denn garnicht so schlecht, wenn man so unter der Hand zu ein- oder zweihundert Pfund käme.«
»Bist ein Narr!« erwiderte Jack, »der Kapitän weiß sehr gut, wen er an Bord nimmt, und außerdem beschäftigt er sich viel mit dem Polen; das würde er aber nicht thun, wenn er ihm irgendwie verdächtig wäre. Und dann, – ist es wohl vorgekommen, daß ein flüchtiger Verbrecher, namentlich, wenn er so viel Geld hat, um erster Kajüte zu reisen und schon in Asien in Sicherheit ist, nach Europa zurückkehrt, um sich da wie ein Hering einfangen zu lassen? Nein, nein, Larsen, damit ist's nichts; glaube mir, diesmal hat Dich Deine Beobachtungsgabe betrogen; Du hast das Lot an einer ganz falschen Stelle ausgeworfen.«
»Mag sein, daß ich ihm Unrecht thue; aber so leicht täusche ich mich nicht. Und nun, Jack, halte reinen Mund darüber, was ich Dir mitteilte, und überlaß mir das weitere. So viel kann ich Dir sagen, wenn alles mit dem Polen richtig ist, wie es sein soll, dann will ich in meinem Leben nur noch Wasser statt Rum trinken.«
Mit diesen Worten brach Larsen die Unterhaltung ab.
Es war auch Zeit; denn der Fremde, für den er sich so eifrig interessierte, schritt eben an beiden vorüber, nicht ohne dem Hochbootsmann einen finstern, durchbohrenden Blick zuzuwerfen, worauf sich Larsen von Jack trennte, beide dem Befehl des Kapitäns nachzukommen, der angesichts des Hafens für jeden seiner Leute eine Dienstverrichtung bereit hatte.
Wenige Stunden später lief der Ostindienfahrer Liverpool an, um nach weiteren vierundzwanzig Stunden, die der Ruhe und Erholung der Mannschaft vergönnt waren, die Reise fortzusetzen. Einen Tag später befand sich das Schiff auf hoher See. – – – – – – – – – – – – – – – –
Nacht war es, unheimlich rauschten die Wogen, die sich an dem stolzen Fahrzeug brachen, unheimlich, trotzdem ein sternenklarer Himmel über der Wasserfläche thronte. Es ist ja eine bekannte Thatsache, daß die Passagiere und wohl auch die Mannschaft eines Schiffes nach einer langen Fahrt um so ängstlicher werden, je näher sie dem Ziele rücken, und in dem unbedeutendsten, elementaren Ereignis eine Gefahr erblicken.
Die meisten Passagiere hatten sich der Ruhe hingegeben. Sie lagen in ihren Hängematten, und obzwar auch bei manchem die lebhafte, sehnende Unruhe den Schlaf nicht aufkommen ließ, äußerlich wenigstens herrschte vollkommene Ruhe auf dem Schiff, hin und wieder nur unterbrochen durch das Kommando beim Ablösen der Wachen oder vom Steuer her.
Jansen, der sich gleichfalls auf dem Schiff befand, gehörte zu denen, die keine Ruhe finden konnten. Seine Hängematte war noch unberührt; denn hundert wirre Gedanken scheuchten jede Spur von Müdigkeit von seinen Augen.
Ein unglücklicher Zufall ließ ihn Reinhold begegnen, dem Menschen, der es gewagt hatte, seinen Namen an den Pranger zu stellen. In dem Bestreben, ihm auszuweichen und durch Unruhe gepeinigt, zog er sich von jedem Verkehr auch mit andern Menschen zurück und blieb in dem ihm angewiesenen Raum allein.
War es ihm doch, als trüge er das Brandmal der Schande an der Stirn; alle Erinnerungen an die erfahrene Unbill tauchten, je näher er der Heimat kam, wieder in ihm auf.
Auch der Gedanke an Ellas Wahl beunruhigte ihn aufs neue lebhaft.
Jansen saß noch lange, das sorgenvolle Haupt in die Hand gestützt, bei dem matten Lichtschimmer, der ihn umgab und kaum ausreichte, die in der Kabine untergebrachten Gegenstände deutlich von einander zu unterscheiden.
Endlich wollte er sich erheben; die Natur machte auch bei ihm ihre Rechte geltend. Er fühlte sich so ermattet, daß er das Lager suchen mußte.
Eben im Begriff, sich seines Rockes zu entledigen, wurde er plötzlich durch ein Geräusch gestört, das von der Thür her zu ihm drang.
Jansen fuhr zusammen, während sich sein ohnehin bleiches Gesicht vollständig entfärbte. Aengstlich lauschte er; hatte er sich nicht verhört? Leise Schritte näherten sich der Thür der Kabine, leise vorsichtige Schritte, wie sie nur der Verbrecher schleicht.
Unwillkürlich faßte Jansen nach der inneren Brusttasche seines Oberrockes, in welchem er in einem gefüllten Portefeuille sein ganzes Barvermögen barg, um sich zu überzeugen, ob dasselbe noch an seinem Platz und wohl verwahrt sei.
Draußen vor der Kajüte war es wieder still geworden; Jansen hatte sich wohl getäuscht. Wer sollte es auch wagen, während der Nacht auf dem Schiff ein Verbrechen zu begehen, so zu sagen, unter den Augen der strafenden Gerechtigkeit? Es war ja undenkbar.
Beruhigt wollte er das Geschäft des Auskleidens wieder beginnen, da vernahm er von neuem wieder die verhängnisvollen Schritte, leise, scheu und vorsichtig; näher und näher kamen sie der Thür.
Der reiche Kaufherr empfand eine nie gekannte Angst, seine Brust schnürte sich ihm zusammen, sein Atem stockte; er wollte um Hilfe rufen, aber die Furcht schnürte ihm die Kehle zusammen.
War es auf seine Beraubung abgesehen? Es schien so. Kaum noch vermochte er sich aufrecht zu erhalten. Und dennoch, er durfte nicht sterben, sein Vermögen durfte ihm nicht entrissen werden; denn es gehörte ja seinem Kinde.
Er nahm allen Mut zusammen. Gewaltsam raffte er sich auf. Er eilte zur Thür; er mußte Hilfe herbeirufen. Er wollte die Thür öffnen. Schon hatte er die Hand danach ausgestreckt; doch im nächsten Augenblick taumelte er, von unendlichem Schrecken ergriffen, zurück.
Ein Fremder hatte mit Blitzesschnelle die Thür geöffnet und hinter sich wieder geschlossen.
Nur einen scheuen Blick warf er auf den Zudringlichen; derselbe genügte, ihn trotz des Halbdunkels, das in der Kajüte herrschte, zu erkennen.
Es war der Passagier, den man auf dem Schiff nur unter dem Namen »der Pole« kannte, und der ihm während der Fahrt, so oft er zufällig mit ihm zusammentraf, stets absichtlich ausgewichen war.
»Was wollen Sie von mir?« wollte Jansen ihm zurufen, während er ihm gleichzeitig abwehrend die Hand entgegenstreckte.
»Schweigen Sie!« brachte der Fremde leise, fast zischend hervor, »denn unser Geschäft ist kurz und verträgt keine Zeugen.«
Er war bei diesen Worten dicht zu dem alten Herrn getreten und hielt demselben ein Dolchmesser entgegen, bei dessen unheimlichem Blinken das Herzblut des unglücklichen Opfers fast stockte.
»Was wollen Sie von mir armen Mann?« brachte Jansen nur mühsam hervor, kaum verständlich, denn das Geräusch der an die Schiffswand schlagenden Wogen war ohnehin dazu angethan, das Gehör zu erschweren.
»Sie sind kein armer Mann,« erwiderte der Fremde mit eisiger Ruhe, »doch da Sie mich fragen, was ich von Ihnen will, so werde ich mein Verlangen in wenigen Worten ausdrücken: Ihr Geld!«
»Elender!« rief Jansen, während sein Körper unter dem Eindruck der unmittelbaren Gefahr heftig bebte, »vergessen Sie, wo Sie sich befinden? Wissen Sie nicht, daß ein Ruf von mir die Mannschaft herbeilocken würde?«
»Das weiß ich,« erwiderte jener, »doch ich weiß ebenso gut, daß Sie diesen Ruf nicht ausstoßen werden; denn er würde der letzte Laut sein, den Sie in Ihrem Leben von sich geben.«
Und als wolle er seinen Worten Nachdruck verleihen, liebäugelte er mit der blinkenden Waffe in ferner Hand.
Jansen sah ein, daß jeder Widerstand vergeblich und war entschlossen, sich durch ein, wenn auch namhaftes Geldopfer zu befreien.
»Ich bin ja nicht reich,« sprach er in fast flehendem Tone; »ich bin kein reicher Mann. Das wenige, was ich erworben –«
»Ha, ha,« unterbrach ihn der Räuber lächelnd, »kein reicher Mann? Da möchte ich wohl wissen, was Sie sich unter Reichtum denken. Führen Sie doch über eine halbe Million bei sich! Und das nennen Sie nicht Reichtum?«
»Wer sind Sie?« fragte Jansen zitternd und seinen Peiniger wie ein Gespenst anstarrend; »woher wissen Sie –«
»Wer ich bin?« fragte dieser höhnisch zurück. »Nun denn, ich will Ihre Neugier befriedigen. Ich bin einer jener armen Teufel, denen das ungerechte Schicksal keine Reichtümer in die Wiege legte, und die deshalb gezwungen sind, das Schicksal zu korrigieren. Und woher ich weiß, wer Sie sind und was Sie besitzen? – Nun es freut mich. Ihnen mitteilen zu können, daß die Quelle, aus welcher ich in der Beziehung schöpfe. Ihnen nur zum Nutzen gereicht.«
»Was soll das heißen?« fragte Jansen mit dem Ausdruck eines Menschen, der an dem Verstand dessen, der ihm gegenüber stand, zweifelte.
»Es soll heißen,« erwiderte sein Feind mit eisiger Ironie, »daß die Firma Jansen & Sohn sich eines so vortrefflichen Rufes erfreut, daß jeder über den Vermögensbestand ihres Chefs vollkommen im klaren ist.«
»Sie irren,« erwiderte Jansen mit ängstlich lauernden Blicken, »wenn Sie bei mir im Augenblick Reichtümer vermuten. Gewiß bin ich nicht unvermögend; doch bedenken Sie, daß kein vernünftiger Mann und am wenigsten ein Kaufmann sein Vermögen auf Reisen bei sich führt.«
Jansen hatte diese Worte ruhig und mit einer der schrecklichen Situation wenig entsprechenden Ueberlegung hervorgebracht.
Trotz der ihm so nahen Gefahr war in ihm, wenn auch nur auf wenige Minuten, die kaufmännische Routine zurückgekehrt; und es schien fast, während er sprach, als ob es sich für ihn um ein alltägliches Geschäft handelte und nicht um ein solches, bei dem sein Vermögen, ja sein Leben auf dem Spiele stand.
»Geben Sie sich keine Mühe, Herr Jansen, mich zu täuschen,« erwiderte sein Gegner, kalt lächelnd, »denn wenn nicht Ihr Renommee mich auch über Ihren Besitz belehrte, so hätte ich an jenem Morgen, als Sie bei dem Kapitän eine Kassenanweisung tauschten, bemerken können, daß Sie viel Geld bei sich führen; fast zu viel, um nicht die Habsucht eines armen Teufels, wie ich es bin, zu erregen.«
Der Räuber spielte bei diesen Worten wieder mit dem blitzenden Messer.
Einen Moment stierte Jansen mit dem Ausdruck eines tätlichen Schreckens auf die Waffe.
Er beschloß zu schweigen, sich wenigstens für den Augenblick der Gewalt zu beugen.
Diesen Augenblick benutzte der Räuber; mit Blitzesschnelle hatte er nach der Tasche Jansens gegriffen.
Im nächsten Augenblick war das ängstlich gehütete Portefeuille in seinem Besitz.
Jansen schien erstarrt. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den Schatz, der ihm soeben entrissen; er vermochte es nicht, sich von demselben ohne Widerstand zu trennen.
Mit einer für sein Alter erstaunlichen Schnelle stürzte er sich auf den Räuber, mit beiden Händen dessen Kehle umspannend. Nur wenige Sekunden währte der ungleiche Kampf des Alters mit der Jugendkraft.
»Zurück!« zischte der Fremde; »zurück!«
Doch vergeblich. Der Kaufherr wollte den Kampf um den Besitz seines Vermögens nicht so leicht aufgeben. Wie mit Eisenklammern hatte er den Hals des Räubers umschlossen.
»Zurück!« stieß dieser noch einmal fast zischend hervor. Dann ein dumpfer Fall. Gleich darauf trat tiefe Ruhe ein, welche nur durch das Brausen der Meereswogen unterbrochen wurde.
Der Räuber verließ die Kabine und schlich seiner am Ende des Schiffsganges gelegenen Kajüte zu.
Keiner der vielen an Bord befindlichen Personen hatte ihn bemerkt.
Und doch; als sich die Thür seiner Kajüte schloß, vernahm er deutlich und in unmittelbarer Nähe die Worte: »Der Pole!«
Der Räuber fuhr erschreckt zusammen. – – – – –