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Brünnhilde, Wotan
Brünnhilde
Schlimm, fürcht ich, schloss der Streit,
lachte Fricka dem Lose.
Vater, was soll dein Kind erfahren?
Trübe scheinst du und traurig!
Wotan
In eigner Fessel fing ich mich,
ich Unfreiester aller!
Brünnhilde
So sah ich dich nie! Was nagt dir das Herz?
Wotan
O heilige Schmach! O schmählicher Harm!
Götternot! Götternot!
Endloser Grimm! Ewiger Gram!
Der Traurigste bin ich von allen!
Brünnhilde
Vater! Vater! Sage, was ist dir?
Was erschreckst du mit Sorge dein Kind?
Vertraue mir! Ich bin dir treu:
sieh, Brünnhilde bittet!
Wotan
Lass ich's verlauten,
lös ich dann nicht meines Willens haltenden Haft?
Brünnhilde
Zu Wotans Willen sprichst du,
sagst du mir, was du willst;
wer bin ich, wär' ich dein Wille nicht?
Wotan
Was keinem in Worten ich künde,
unausgesprochen bleib es denn ewig:
mit mir nur rat ich, red ich zu dir.
Als junger Liebe Lust mir verblich,
verlangte nach Macht mein Mut:
von jäher Wünsche Wüten gejagt,
gewann ich mir die Welt.
Unwissend trugvoll, Untreue übt' ich,
band durch Verträge, was Unheil barg:
Listig verlockte mich Loge,
der schweifend nun verschwand.
Von der Liebe doch mocht' ich nicht lassen,
in der Macht verlangt' ich nach Minne.
Den Nacht gebar, der bange Nibelung,
Alberich, brach ihren Bund;
er fluchte der Lieb' und gewann durch den Fluch
des Rheines glänzendes Gold
und mit ihm masslose Macht.
Den Ring, den er schuf,
entriss ich ihm listig;
doch nicht dem Rhein gab ich ihn zurück:
mit ihm bezahlt' ich Walhalls Zinnen,
der Burg, die Riesen mir bauten,
aus der ich der Welt nun gebot.
Die alles weiss, was einstens war,
Erda, die weihlich weiseste Wala,
riet mir ab von dem Ring,
warnte vor ewigem Ende.
Von dem Ende wollt' ich mehr noch wissen;
doch schweigend entschwand mir das Weib.
Da verlor ich den leichten Mut,
zu wissen begehrt' es den Gott:
in den Schoss der Welt schwang ich mich hinab,
mit Liebeszauber zwang ich die Wala,
stört' ihres Wissens Stolz, dass sie Rede nun mir stand.
Kunde empfing ich von ihr;
von mir doch barg sie ein Pfand:
der Welt weisestes Weib
gebar mir, Brünnhilde, dich.
Mit acht Schwestern zog ich dich auf;
durch euch Walküren wollt ich wenden,
was mir die Wala zu fürchten schuf:
ein schmähliches Ende der Ew'gen.
Dass stark zum Streit uns fände der Feind,
hiess ich euch Helden mir schaffen:
die herrisch wir sonst
in Gesetzen hielten,
die Männer, denen den Mut wir gewehrt,
die durch trüber Verträge trügende Bande
zu blindem Gehorsam wir uns gebunden,
die solltet zu Sturm
und Streit ihr nun stacheln,
ihre Kraft reizen zu rauhem Krieg,
dass kühner Kämpfer Scharen
ich sammle in Walhalls Saal!
Brünnhilde
Deinen Saal füllten wir weidlich:
viele schon führt' ich dir zu.
Was macht dir nun Sorge, da nie wir gesäumt?
Wotan
Ein andres ist's:
achte es wohl, wes mich die Wala gewarnt!
Durch Alberichs Heer
droht uns das Ende:
mit neidischem Grimm grollt mir der Niblung:
doch scheu ich nun nicht seine mächtigen Scharen,
meine Helden schüfen mir Sieg.
Nur wenn je den Ring
zurück er gewänne,
dann wäre Walhall verloren:
der der Liebe fluchte, er allein
nützte neidisch des Ringes Runen
zu aller Edlen endloser Schmach;
der Helden Mut entwendet' er mir;
die Kühnen selber
zwäng' er zum Kampf;
mit ihrer Kraft bekriegte er mich.
Sorgend sann ich nun selbst,
den Ring dem Feind zu entreissen.
Der Riesen einer, denen ich einst
mit verfluchtem Gold den Fleiss vergalt:
Fafner hütet den Hort,
um den er den Bruder gefällt.
Ihm müsst' ich den Reif entringen,
den selbst als Zoll ich ihm zahlte.
Doch mit dem ich vertrug,
ihn darf ich nicht treffen;
machtlos vor ihm erläge mein Mut:
das sind die Bande, die mich binden:
der durch Verträge ich Herr,
den Verträgen bin ich nun Knecht.
Nur einer könnte, was ich nicht darf:
ein Held, dem helfend nie ich mich neigte;
der fremd dem Gotte, frei seiner Gunst,
unbewusst, ohne Geheiss,
aus eignet Not, mit der eignen Wehr
schüfe die Tat, die ich scheuen muss,
die nie mein Rat ihm riet,
wünscht sie auch einzig mein Wunsch!
Der, entgegen dem Gott, für mich föchte,
den freundlichen Feind, wie fände ich ihn?
Wie schüf, ich den Freien, den nie ich schirmte,
der im eignen Trotze der Trauteste mir?
Wie macht' ich den andren, der nicht mehr ich,
und aus sich wirkte, was ich nur will?
O göttliche Not! Grässliche Schmach!
Zum Ekel find ich ewig nur mich
in allem, was ich erwirke!
Das andre, das ich ersehne,
das andre erseh ich nie:
denn selbst muss der Freie sich schaffen;
Knechte erknet ich mir nur!
Brünnhilde
Doch der Wälsung, Siegmund, wirkt er nicht selbst?
Wotan
Wild durchschweift' ich mit ihm die Wälder;
gegen der Götter Rat reizte kühn ich ihn auf:
gegen der Götter Rache
schützt ihn nun einzig das Schwert,
das eines Gottes Gunst ihm beschied.
Wie wollt' ich listig selbst mich belügen?
So leicht ja entfrug mir Fricka den Trug:
zu tiefster Scham durchschaute sie mich!
Ihrem Willen muss ich gewähren.
Brünnhilde
So nimmst du von Siegmund den Sieg?
Wotan
Ich berührte Alberichs Ring,
gierig hielt ich das Gold!
Der Fluch, den ich floh, nicht flieht er nun mich:
Was ich liebe, muss ich verlassen,
morden, wen je ich minne,
trügend verraten, wer mir traut!
Fahre denn hin, herrische Pracht,
göttlichen Prunkes prahlende Schmach!
Zusammenbreche, was ich gebaut!
Auf geb ich mein Werk; nur eines will ich noch:
das Ende, das Ende!
Und für das Ende sorgt Alberich!
Jetzt versteh ich den stummen Sinn
des wilden Wortes der Wala:
»Wenn der Liebe finstrer Feind
zürnend zeugt einen Sohn,
der Sel'gen Ende säumt dann nicht!«
Vom Niblung jüngst vernahm ich die Mär,
dass ein Weib der Zwerg bewältigt,
des Gunst Gold ihm erzwang:
des Hasses Frucht hegt eine Frau,
des Neides Kraft kreisst ihr im Schoss:
das Wunder gelang dem Liebelosen;
doch der in Lieb' ich freite,
den Freien erlang ich mir nicht.
So nimm meinen Segen, Niblungen-Sohn!
Was tief mich ekelt, dir geb ich's zum Erbe,
der Gottheit nichtigen Glanz:
zernage ihn gierig dein Neid!
Brünnhilde
O sag, künde, was soll nun dein Kind?
Wotan
Fromm streite für Fricka; hüte ihr Eh' und Eid!
Was sie erkor, das kiese auch ich:
was frommte mir eigner Wille?
Einen Freien kann ich nicht wollen:
für Frickas Knechte kämpfe nun du!
Brünnhilde
Weh! Nimm reuig zurück das Wort!
Du liebst Siegmund;
dir zulieb, ich weiss es, schütz ich den Wälsung.
Wotan
Fällen sollst du Siegmund,
für Hunding erfechten den Sieg!
Hüte dich wohl und halte dich stark,
all deiner Kühnheit entbiete im Kampf:
ein Siegschwert schwingt Siegmund;
schwerlich fällt er dir feig!
Brünnhilde
Den du zu lieben stets mich gelehrt,
der in hehrer Tugend dem Herzen dir teuer
gegen ihn zwingt mich nimmer dein zwiespältig Wort!
Wotan
Ha, Freche du! Frevelst du mir?
Wer bist du, als meines Willens
blind wählende Kür?
Da mit dir ich tagte, sank ich so tief,
dass zum Schimpf der eignen
Geschöpfe ich ward?
Kennst du, Kind, meinen Zorn? Verzage dein Mut,
wenn je zermalmend
auf dich stürzte sein Strahl!
In meinem Busen berg ich den Grimm,
der in Graun und Wust wirft eine Welt,
die einst zur Lust mir gelacht:
wehe dem, den er trifft!
Trauer schüf' ihm sein Trotz!
Drum rat ich dir, reize mich nicht!
Besorge, was ich befahl:
Siegmund falle!
Dies sei der Walküre Werk!
Brünnhilde
So sah ich Siegvater nie;
erzürnt' ihn sonst wohl auch ein Zank!
Schwer wiegt mir der Waffen Wucht.
Wenn nach Lust ich focht,
wie waren sie leicht!
Zu böser Schlacht schleich ich heut so bang.
Weh, mein Wälsung!
Im höchsten Leid
muss dich treulos die Treue verlassen!