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[Vorwort]

Diese schöne und spannende Geschichte spielt nicht in der heroischen Zeit der roten Rasse, es ist Frieden eingekehrt in den Wäldern Kanadas – soweit es sich wenigstens um den Krieg der Waffen zwischen Mensch und Mensch handelt.

Aber die tragische Zeit der Rothäute ist noch nicht vorbei. Hat man früher die indianischen Menschen ausgerottet, so vernichtet Unverstand und Geldgier heute die Waldgebiete des Nordens und damit die Pelztiere, die den weißen und den roten Jägern, den Nachfahren der stolzen Häuptlinge der Wildnis und ihrer weißen Gegner, mit Fleisch und Pelz die Mittel zum Leben liefern.

Wie einst in wenigen Jahren die Millionenherden der Bisons vernichtet wurden, so sind neuerdings in gleich kurzer Zeit die Biber Kanadas fast ausgerottet worden. Waldbrände haben ungeheure Gebiete kahlgefressen, andere Riesenstrecken fielen der Axt der Holzfäller und damit den Rotationsmaschinen der Zeitungen Amerikas zum Opfer, und dort, wo noch Wälder stehen, sammeln sich die aus den übrigen Gebieten vertriebenen Scharen der Pelzjäger und schießen und töten – nicht aus Gewinnsucht oder Mordlust, sondern aus bitterer Not –, denn wer keine Pelze zu verkaufen hat, dem liefert der Händler kein Mehl, keinen Tee, keine Milch, kein Schießpulver, und er kann auswandern oder verhungern.

Der Indianer Wäscha-kwonnesin hat das alles mit angesehen. Er kehrte aus dem Weltkrieg verwundet in die verödeten Wälder seiner Heimat zurück. Er suchte die Biber, deren Pelze ihm früher das Leben fristen halfen, und fand sie nicht mehr. Mehr zufällig als gewollt nahm er sich kleiner Biberkinder an, um sie vor dem Tod zu retten, und er ahnte nicht, zu welchem Ende das führen sollte. Denn nun geschah eine Wandlung in ihm: Im ständigen Verkehr mit den jungen Tieren wurden die alten Sagen seines Volkes in ihm wach. Er begann sich zu erinnern, daß die Biber in der Sprache der roten Männer »Kleine Brüder«, »Kleine Menschen« und ähnliche seltsame Namen haben, daß die indianischen Mütter, wenn sie ihre Kinder verloren hatten, junge Biber aufzogen und sich mit ihnen trösteten. Er begann vor allem zu begreifen, warum gerade diese Tiere eine so große Rolle in der Sagen- und Märchenwelt seines Volkes spielen, der rote Mann Wäscha-kwonnesin kehrte zurück in die seelische Heimat seines Volkes und wurde Indianer auch wieder mit dem Herzen.

Und nun erzählt er uns die Geschichte von Sajo und ihren beiden Bibern Großklein und Ganzklein. Es ist eine sehr spannende, eine geradezu aufregende Geschichte, sie fängt ganz ruhig, ganz so an, als sei das alles nichts Besonderes, was dort oben am Fluß der Gelben Birken vor sich geht – es wird ohne jeden Aufwand an künstlichen Mitteln erzählt, und wir lesen das alles in uns hinein ..., bis wir auf einmal merken, wie sehr uns Sajo und Schapian ans Herz gewachsen sind – vor allem Sajo, die Schwester, und noch mehr fast die beiden drolligen, unglücklichen, tapferen und am Schluß so mordsfrohen Biberburschen, die vor Freude einen Ringkampf ausfechten, als sie – – ja, aber das wird nicht verraten.

Und der stille, einfache rote Mann, der uns das alles erzählt, Wäscha-kwonnesin, Die Graue Eule – er hat uns wieder einmal ein Bild von dem noblen, schlichten Volke der Wälder und Seen des Nordens gegeben, das unverwischbar gerade in den Herzen der deutschen Knaben und Mädchen ruht. Denn nirgends wurde und wird das rote Volk der Prärien und Wälder so geliebt, wie in der Jugend, die die deutsche Sprache spricht. Das Leben in der heroischen Wildnis, in dem sich nicht der bewährt, der die besten Zeugnisse, den reichsten Vater oder das größte Mundwerk hat, sondern nur, wer ein tapferes Herz, ein scharfes Auge und eine sichere Hand hat – dieses Leben wird immer seinen unauslöschlichen Reiz auf junge Menschen ausüben.

Darum wird die tapfere kleine Sajo und ihr heldenhafter Bruder sich für immer dem Gedächtnis aller derer einprägen, die von ihnen gelesen haben.

So sei es. Ich habe gesprochen.

Fritz Steuben


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