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Dreizehntes Kapitel.
Die Schlacht.

Stark eine halbe Stunde vor dem flaminischen Thore ( Porta del popolo) münden bei der milvischen Brücke ( Ponte Molle) von Norden zwei Heerstraßen ein, die cassische und die flaminische. Die letztere zieht sich, von der Villa ad gallinas her, am Rande der vielfach steil abfallenden Abhänge hin, welche bald näher an das gewundene Bett der Tiber herantreten, bald weiter zurückweichen und so kleinere und größere Ebenen den Fluß entlang begrenzen. Unweit der milvischen Brücke dehnt sich in Folge einer stärkeren Biegung des Stromes die Ebene zu einer weiten Fläche aus, welche heute nach den Ruinen eines alten Grabmals die Wiesen oder prati di Tor di Quinto heißen.

Das ist das Schlachtfeld des 28. Oktober 312.

Rufus, der Feldherr des Maxentius, hatte seine Aufstellung in einem großen Dreieck genommen: die Tiber, in welche eben hier der reißende Anio mündet, zu seiner Rechten und im Rücken, mit den beiden Brücken stromabwärts; links die Anhöhen, die von Bogenschützen und Schleuderern besetzt waren; vor sich nach Norden die flaminische Straße. [R1] Die Aufstellung war in soferne günstig gewählt, als Constantin auf dem engen Terrain zwischen der Tiber links und den Höhen zu seiner Rechten seine Streitkräfte nicht frei entwickeln konnte und durch die überall auf den Felsenvorsprüngen postierten Scharfschützen einem verderblichen Seitenangriff ausgesetzt war. Nimmt man dazu die bedeutende Uebermacht des Gegners, der nach einigen alten Angaben über eine vierfach größere Zahl verfügte, [R2] so wagte Constantin mit seinen von den Eilmärschen ermüdeten Truppen einen Kampf, der, menschlich gesprochen, mehr als kühn war, und der, wenn verloren, ihn am Ziele seiner Hoffnungen um Alles brachte.

Allein Constantin, vertrauend auf das himmlische Zeichen, das ihn so wunderbar von Sieg zu Sieg bis vor die Thore Rom's geführt, wollte auch nicht Einen Tag verlieren, stellte beim ersten Grauen des Morgens sein Heer in Schlachtordnung auf und zwang den Feind, zu den Waffen zu greifen. Er selbst, in glänzender, goldstrahlender Waffenrüstung, den prächtigen, schneeweißen Hengst tummelnd, ritt vor der Schlachtlinie auf und nieder und entflammte durch wenige, zündende Worte die Kampfeslust seiner Krieger.

Das Labarum an ihrer Spitze hatten die zahlreichen christlichen Krieger im Heere Constantin's bisher einen wahren Löwenmuth an den Tag gelegt, um so mehr, als überall, wo das Zeichen Christi im Kampfgewühl über den Streitenden leuchtete, die tödtlichen Geschosse der Feinde ihre Kraft verloren zu haben schienen. Allein der immer mehr im Heere zur Anerkennung gekommene christliche Charakter des neuen Feldzeichens hatte zur Folge gehabt, daß die zu den Göttern haltenden Anführer und Soldaten vielfach mit schiefen und finstern Blicken auf dasselbe zu schauen begannen. Selbst Constantin schwankte noch immer, und obwohl er im tiefsten Grunde der Seele an Christus glaubte und ihm seine seitherigen Erfolge zuschrieb, so hatte er es doch bis jetzt noch nicht über sich bringen können, mit der Inbrunst eines lebendigen Glaubens zu dem Gott der Christen zu beten. Zumal im Angesichte Rom's, der Hochburg des Göttercultes, regten sich wieder Zweifel in seiner Seele, und theils aus Rücksicht auf seine heidnischen Soldaten, theils in Folge der eigenen Unentschiedenheit beschloß er, die sechste Legion, welche das Labarum als Feldzeichen hatte, erst in den Kampf zu führen, wenn die Noth es erheische. Wurde dann durch sie der Sieg errungen, so sollten damit seine letzten Bedenken gegen die christliche Religion niedergeschlagen sein. Daher wies er jener Legion zwar im Centrum, jedoch im Hintertreffen ihren Platz an. An ihrer Spitze hielt auch heute der Centurio Candidus das heilige Zeichen mit seinem im Glanze der Morgensonne weithin strahlenden Namenszüge Christi, und mit Stolz und Freude schauten die Seinern auf die herrliche Gestalt des edlen Jünglings, der die Christen an den Erzengel Michael erinnerte, wie er den Dämonen des Abgrundes sein »Wer ist wie Gott?« zuruft.

Gordianus hatte mit seinen Priestern den Göttern reiche Schlachtopfer dargebracht und erklärte sich überglücklich, dem göttlichen Kaiser verkündigen zu können, daß die Opferschau günstige Zeichen ergeben habe.

Als nunmehr Alles zum Kampfe bereit war, gab Constantin das Zeichen zum Angriff. Die Signale ertönten, und unter dem frohen, wilden Schmettern der Trompeten und dem wie Donnerrollen erschallenden Schlachtrufe rückten die Legionen in den Kampf.

Constantin selbst hatte sich an die Spitze der gallischen Reiterei gestellt, und ob auch von einem Hagel von Pfeilen und Geschossen umschwirrt, stürmte er mit solchem Ungestüm auf die feindliche Reiterei, daß diese dem Anprall nicht Stand zu halten vermochte und in wilder Flucht sich auflöste. Allein wie eine eherne Mauer stand das schwerbewaffnete Fußvolk der Legionen des Maxentius, Mann an Mann, Schild an Schild, – und an dem Walde der weit vorgestreckten Lanzen prallte der erste Stoß ab. Wohl ließ Constantin alsbald auch die Heersäulen seiner Fußsoldaten in den Kampf rücken; jedoch jetzt traten auch die alten, narbenbedeckten Prätorianer in's Treffen, – und an ihrer Tapferkeit brach sich abermals die Macht der Anstürmenden.

Und nun ging der Feind von der Abwehr zum Angriff über. Rufus selbst führte seine Veteranen, mit denen er so manchen Sieg errungen hatte, auf den Feind; auf dem andern Flügel rückten die Herkulier vor, 6000 Riesengestalten, einen Löwenkopf als Helmzier, statt der Schwerter mächtige Keulen von Stahl, flatternde Löwenfelle um die Schultern. Unter dem dröhnenden Schritt der schwerbewaffneten Colonnen bebte die Erde; der Zusammenstoß war ein furchtbarer.

»Beim Wodan!« brüllte König Eroc voll Wuth und Ingrimm seinen Germanen zu, »habe ich denn alte Weiber vom Spinnrocken her nach Rom geführt? Thor schleudere seinen Hammer Jedem in den Rücken, der einen Schritt zurückweicht!«

Es kam den Legionen des Rufus zu Statten, daß die Sonne ihnen im Rücken stand, während sie die Augen der Gegner blendete; zudem trieb der Ostwind undurchdringliche Staubwolken den Truppen Constantin's entgegen.

Rufus sandte seinen ersten Eilboten ab, dem Maxentius die günstige Entwicklung des Kampfes zu melden.

Die Nachricht traf gerade in dem Augenblicke ein, als die Hülle von der Statue des Romulus fiel: konnte es für den Tyrannen ein glücklicheres Zusammentreffen geben? Dennoch that er sich Gewalt an, dem versammelten Volke sofort durch den Herold die frohe Kunde mitzutheilen; so gewiß der Sieg war, so mußte doch die Wirkung eine großartigere sein, wenn er den Römern die völlige Vernichtung des Gegners verkündigen konnte.

Unterdessen schwankte der Kampf unentschieden hin und her. Die Soldaten Constantin's, eingedenk der Siege, die sie bisher errungen, Rom, das Ziel ihrer Wünsche, vor Augen, fochten wie die Löwen; allein die alten Kerntruppen des Maxentius hatten den Vortheil größerer Kaltblütigkeit, günstigerer Stellung und bedeutender Uebermacht.

Um die Anhöhen von den feindlichen Bogenschützen und Schleuderern zu säubern, hatte Constantin den Tribunen Artemius mit einigen Cohorten entsendet, ihnen in den Rücken zu fallen; allein derselbe mußte auf unüberwindlichen Widerstand gestoßen sein, und die mörderischen Geschosse von der Höhe wirkten verheerend auf den rechten Flügel.

Eroc, der greise Alemannenkönig, hatte seine Germanen zu neuem Angriffe auf dem linken Flügel gesammelt und, um sie mehr anzufeuern, das Feldzeichen seinem einzigen Sohne, dem Abgott seiner Soldaten, anvertraut. Mit ungebrochenem Muthe stürmten die tapferen Recken in den Kampf; der erste, welcher, von einem Pfeile in's Herz getroffen, zu Boden sank, war der herrliche Jüngling. Eroc sah's; er zerdrückte die Thräne, die ihm in's Auge trat. Allein seine Krieger konnten eine vorübergehende Entmuthigung nicht überwinden. Diesen Augenblick der Bestürzung nutzten die gegenüberstehenden Herkulier sofort aus und drangen mit unwiderstehlichem Ungestüm vor. Unter den wuchtigen Schlägen ihrer Stahlkeulen zersplitterten in Scherben, als wären sie aus Thon gebrannt, die Helme und Panzer der Feinde; allen vorauf, ein Königslöwe, wüthete Martialis, aus mehr denn Einer Wunde blutend und durch die Wunden noch grimmiger gereizt, und häufte rings um sich Leichen auf Leichen. Die Germannen wichen und ihre Reihen begannen sich aufzulösen.

Rufus entsandte seinen zweiten Eilboten.

Constantin sieht seine besten Helden in den Tod sinken, Cohorten, die nie gewankt, entmuthigt zurückweichen, den Feind mit dem frohlockenden Ungestüm des schon gewissen Sieges unwiderstehlich in seine Legionen einbrechen; vor sich Rom, hinter sich Tod und Schande, rings um sich die gethürmten Haufen seiner Erschlagenen: in diesem entscheidenden Augenblicke wendet er sich an den Gott der Christen.

»Jesus Christus,« ruft er, Hand und Auge zum Himmel erhebend, »ist es wahrhaft Dein Zeichen gewesen, das mir über der Sonne erschien und mir den Sieg verhieß, o halte denn dein Versprechen! Dann glaub' ich an dich, und mit mir wird das ganze Reich dich als den Einen, wahren Gott anbeten.«

»Die sechste Legion soll in den Kampf rücken!«

Ihren Candidus mit dem Labarum an der Spitze, unter dem Schlachtrufe » Christus vincit, Christus siegt,« [R3] drangen die Helden auf den Feind.

Und wunderbar! Gleichsam wie mit Einem Schlage wendete sich das Treffen. Wie die Fluthen des Stromes sich vor dem Felsen stauen, an den sie anprallen und von dem sie zurückgeschleudert werden, so standen, so wichen die Reihen der Gegner. Es war, als ob ein übernatürliches Licht von dem in der Sonne leuchtenden Namenszuge Christi ausströme und seine Strahlen wie himmlische Zornesgluth auf die Feinde schleudere. Zu gleicher Zeit erschienen auf den Felsenspitzen die Soldaten des Artemius; ringsumher sah man die Feinde von den steilen Wänden hinunterstürzen; bald waren die Höhen gesäubert, und durch das breite Thal, welches heute von dem Maler Poussin seinen Namen trägt, fielen die Cohorten des Artemius dem Feinde in die Flanke.

» Christus vincit, Christus vincit!« erscholl es von Neuem; ermuntert durch das Vordringen des Mitteltreffens rückten auch die Flügel wieder vor, und immer lauter erhob sich auf der ganzen Schlachtlinie, von den heidnischen wie von den christlichen Soldaten der Ruf: » Christus vincit, Christus vincit!«

Rufus knirschte vor Wuth mit den Zähnen, als das Zauberzeichen, das ihm schon viermal den Sieg aus den Händen gewunden und den Lorbeerkranz seines Feldherrnruhmes zerrissen hatte, an der Spitze der feindlichen Legionen erschien, als seine Soldaten, aufgehalten und zurückgeworfen, sich vergebens in den Tod stürzten, als die Prätorianer, selbst die Herkulier zu weichen begannen.

Ein dritter Eilbote ging an Maxentius ab.

Aber kaum hatte der Kaiser unter finsterem Stirnrunzeln die Meldung desselben vernommen, da traf schon eine neue Botschaft ein: »Das verfluchte Christuszeichen wirft Alles nieder; wo ist deine Verheißung? Einzig deine Gegenwart kann die Schlacht noch wenden.«

Maxentius stieß bei dieser Nachricht einen fürchterlichen Fluch aus. Allein er mußte ja siegen: das stand außer Zweifel, und wenn es ihn verdroß, die Kampfspiele verlassen zu sollen, so war auch wiederum sein Ruhm doppelt groß, wenn der Sieg seine persönliche Sache gewesen war.

»Wohl,« sprach er, »so will ich selbst den constantinischen Stecken vor's Knie nehmen, wenn Rufus ihn nicht zu brechen vermag. Nazarener!« setzte er höhnisch hinzu, »wir wollen sehen, wer von uns beiden der Stärkere ist!«

Nach einem Ritte von nicht ganz einer Stunde traf er auf dem Schlachtfelde ein.

Rufus hatte unterdessen bei der großen Ueberzahl seiner Streitkräfte die frischen Legionen aus der Reserve in den Kampf führen können, um durch einen Massenangriff das wankende Glück des Tages zu retten, und vor dem Walle der geschlossenen Colonnen war der vordringende Feind für einen Augenblick zum Stehen gebracht worden. Allein es war, als ob über Constantin's Legionen himmlische Heerschaaren in den Lüften für das Zeichen des Kreuzes kämpften, als ob unsichtbare Hände die Geschosse des Gegners auffingen und auf ihn selbst zurückschleuderten.

Als Maxentius auf dem Kampfplatze erschien, wogte, soweit das Ange reichte, wildestes Schlachtgetümmel. Eingedenk ihrer glänzenden Vergangenheit bewährten die Cohorten der Prätorianer ihre alte Tapferkeit; sie, die so oft Kaiser auf den Thron gehoben und Kaiser gestürzt hatten, starben jetzt den Heldentod für einen Herrscher, der dieses Opfers so gar nicht Werth war. Mit nicht geringerer Tapferkeit fochten die Legionen aus Sicilien und Afrika, indem sie jede Handbreit Boden mit dem Muth der Verzweiflung vertheidigten, um so verzweifelter, als der Fluß in ihrem Rücken, auf den sie immer mehr zurückgedrängt wurden, ihnen nur die Wahl ließ, in ehrenvollem Kampfe zu fallen, oder von den Wogen verschlungen zu werden.

Das Erscheinen des Maxentius wurde von seinen Getreuen mit Jubel begrüßt. Das goldene Strahlendiadem um die Stirne, um die Schultern den flatternden Purpurmantel, ohne Wehr und Waffe, einzig dem Eindrucke seiner Erscheinung vertrauend, stellte er sich an die Spitze der Herkulier.

»Beim Herkules, mir nach!« brüllte er seiner Kaisergarde zu, indem er seinem Roß die Sporen in die Weichen stieß, daß es, wild sich bäumend, mitten in das Gedränge der Feinde sprang.

Ihm nach setzte Rufus, ihm nach drangen die Herkulier mit geschwungener Keule in die anstürmenden Gegner; – was vermag Waffenkraft gegen himmlische Gewalten?

Neben Maxentius sank sein tapferer Feldherr, von einem Speer tödtlich getroffen, zu Boden; vor dem unwiderstehlich vordringenden Labarum wichen die Reihen der Herkulier.

Damit war das Schicksal des Tages entschieden.

Bald war die Flucht allgemein. In völliger Auflösung, die Waffen von sich werfend, von der gallischen Reiterei verfolgt, eilte Alles den beiden Brücken zu. Unter der Last der Flüchtigen wich die Schiffsbrücke auseinander, begrab die Einen in den Fluthen, schnitt den Andern den Weg der Rettung ab; nur Wenigen gelang es, auf den umherschwimmenden Brettern und Kähnen das gegenüberliegende steile Ufer zu erreichen. Von der zerstörten Schiffsbrücke stürzten sich die Massen nach der milvischen Brücke, hart auf dem Fuße verfolgt von den mörderischen Schwertern und Geschossen der Feinde. Die steinerne Brustwehr auf beiden Seiten der Brücke vermochte dem unermeßlichen Gedränge nicht länger Widerstand zu leisten; sie brach, und Fußsoldaten und Reiter stürzten in die Tiefe und wälzten sich in grausem Gemisch, mit dem Tode ringend, in den sich wild aufbäumenden Fluthen. Selbst Diejenigen, welche schwimmen konnten, wurden von Andern, die sich in der Verzweiflung an sie anklammerten, in das nasse Grab hinabgezogen, – unter ihnen auch Sabinus, der Sohn des Kanzleipräfekten.

Maxentius, umgeben und gedeckt von seinen Herkuliern und dem letzten Reste der Prätorianer, war, langsam zurückweichend, bis in die Nähe der Brücke gelangt; allein hier staute sich die Masse der Flüchtigen derart zusammen, daß jeder weitere Schritt unmöglich war. In diesem Augenblicke erschien, an der Spitze der sechsten Legion, Constantin hoch zu Roß, um durch einen letzten Stoß dem blutigen Kampfe ein rasches Ende zu machen. Indem er nunmehr auch selbst in den Ruf seiner Soldaten einstimmte » Christus vincit!«, drang er, das Labarum an seiner Seite, mit überwältigender Wucht auf die Feinde ein.

Hinter sich die tosenden Fluthen, vor sich das rasende Schwert des anstürmenden Feindes, den Tod vor Augen, den Tod im Rücken, kämpfte die Kaisergarde ihren letzten Kampf.

Als Maxentius Alles verloren sah, gab er seinem Rosse die Sporen und setzte über das jäh abschüssige Ufer in den Fluß. Allein der angeschwollene Strom riß Roß und Reiter fort; in der Verzweiflung klammerte sich der Tyrann an den Hals seines Pferdes, und versank in den über ihn zusammenschlagenden Fluthen; vor den Augen Constantin's verschlangen ihn die Wogen.

Sofort ließ der Sieger das Signal geben, den Kampf und die Verfolgung einzustellen. Dann stieg Constantin von seinem Rosse, kniete auf der Erde nieder, und dankte, entblößten Hauptes, dem Himmel für den glorreichen Sieg.

Die Schlacht Constantin's des Großen gegen Maxentius an der Milvischen Brücke bei Rom.

Und neben dem Kaiser sank Candidus, sanken die Hunderte christlicher Soldaten, sanken, von dem überwältigenden Eindruck des Augenblicks hingerissen, auch die Schaaren der heidnischen Krieger auf die Kniee; Thränen der Rührung rollten über die gebräunten Wangen; das fühlte Jeder: eine höhere Hand hatte des Feindes Uebermacht vernichtet und den glorreichsten Siegeskranz um die Feldzeichen Constantin's geschlungen. [R4]

Kurz nach Mittag war die große und entscheidende Schlacht gewonnen.

Erst jetzt dachte König Eroc an seinen Sohn. Er fand die Leiche, das Feldzeichen auch im Tode noch fest in der Hand, in der Nähe des Ufers. Stumm hob der Greis den Jüngling auf seine Arme; seine Krieger wollten ihn: die Last abnehmen; er wehrte es ihnen.

»Der Vater,« sprach er, »trug ihn in das Leben: so sollen ihn auch die Vaterarme in die Grube tragen. Fern der Heimat senk' ich ihn in fremde Erde; doch sein Geist fand seinen Weg zum Mahl der Helden in Walhalla.« –

Am Fuße einer mächtigen Cypresse auf der Höhe des Tiberufers, in voller Rüstung, das Gesicht gegen Osten gewendet, ward die Leiche in die Gruft gesenkt. Ihr zu Häupten stellte Eroc den Schild des Helden, und in die Rinde des Baumes schnitten seine Krieger des Jünglings Namen.

Der große Kampf, der die Geschicke Rom's und der Kirche entschied, fand seine würdige Darstellung in einem jener Gemälde, mit welchen Raphael's unsterbliche Meisterhand den Vatikan geschmückt hat: vor uns Maxentius, wie er in den Wogen versinkt, über ihm, auf dem Ufer heransprengend, Constantin, das Zeichen des Kreuzes zu seiner Seite; rechts auf der milvischen Brücke wie auf den Kähnen im Flusse die Flüchtlinge; links ein Krieger, der die Leiche seines Sohnes findet. –


Anmerkungen zum XIII. Kapitel.

F1: Nazarius beschreibt uns die Aufstellung des Rufus also: »Bei der Menge der Truppen, die ihm zur Verfügung standen, dehnte sich seine Schlachtlinie aus, soweit das Auge reichte; allein die Länge der Fronte schwächte dieselbe nicht nur nicht, sondern durch die Stärke der Hilfstruppen und der Legionen stand sie wie eine gewaltige Mauer da.

F2: Zosimus gibt die Streitkräfte Constantin's mit 90,000 Fußsoldaten und 8000 Reitern an, während er die Truppen des Maxentius auf 170,000 Fußsoldaten und 18,000 Reiter schätzt. – Im Heere Constantin's bildeten gerade die germanischen und britannischen Hilfstruppen ein starkes Contingent; seine Verluste in den vorhergegangenen Schlachten waren sehr gering gewesen; Nazarius, in seiner Lobrede auf den Kaiser, hebt dies ausdrücklich hervor ( tuis integris … sine tuorum vulneribus).

F3: Der Ruf: » Christus vincit« ist später in die Liturgie übergegangen. In den Litaneien des Mittelalters sangen zwei Sänger abwechselnd mit dem Chor: »König der Könige!« – Christus siegt; »Du, unser König!« – Christus siegt; »Du, unsere Hoffnung!« – Christus siegt; – »Du, unsere Hilfe!« Christus siegt; u. s. w. Daran schloß sich in weiterer Ausführung der Ruf: » Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat, Christus ist unser Sieger, unser König, unser Kaiser.« (Vgl. Höfler, deutsche Päpste, I, S. 285.) Im erhabensten Ausdruck des Triumphes, den das Christenthum über das Heidenthum feierte, setzte Papst Sixtus V. auf die Spitze des Obelisken, den er aus dem Circus des Nero nach dem Petersplatze verpflanzt hatte, das Kreuz, und ließ auf den Fuß des Obelisken jenen Ruf als Inschrift einmeißeln: » Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat,« indem er die Bitte hinzufügte: » Christus ab omni malo plebem suam defendat, Christus schirme sein Volk vor allem Uebel.«

F4: Daß der Sieg das Werk Gottes gewesen, war bei den Zeitgenossen allgemeine Ueberzeugung; der heidnische Redner Nazarius gibt derselben Ausdruck in folgenden Worten: »Die Gottheit war es, welche deine Frömmigkeit schützte; sie war es, die den Hochmuth des Tyrannen brach; sie hat dein Heer mit solcher Macht unterstützt, wie nur ein Gott sie verleihen konnte.« Constantin selbst aber erklärte später in einer Ansprache ( ad sanctum Coetum, Cap. 22): »Ich meinerseits schreibe mein Glück und alle meine Erfolge der Hilfe von oben zu. Und mit mir weiß Das und lobt dafür Gott die erlauchte Stadt Rom.« Daher berichtet Eusebius in seiner Lebensbeschreibung Constantin's (I, 33): »Auf das lebhafteste überzeugt, daß Gott ihm geholfen, dankte sofort der Kaiser in inbrünstigen Gebeten dem Spender des Sieges.« Er erzählt dann, Constantin habe seiner Statue zu Rom eine Nachbildung des Labarum's in die Hand geben und auf das Postament die Inschrift setzen lassen: »Durch dieses heilbringende Zeichen, den wahrhaftigen Spender der Stärke, habe ich euere Stadt vom Joche der Tyrannei befreit, dem Volke und Senate von Rom die Freiheit zurückgegeben und ihre frühere Größe und Herrlichkeit wieder hergestellt.«


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