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Vergil, mit dem Gedichte über den Landbau beschäftigt, schrieb diese letzte der Idyllen auf den Wunsch seines Gallus, dessen schöne Lykoris einen anderen Liebhaber in einem Feldzuge über die Alpen bis an den Rhein begleitete, während er selbst in Italien gegen einheimische Feinde kämpfte.
Der Dichter als Geißhirt singt, der verlassene Gallus sei von mitleidigem Gesange auf hohen und niedrigen Fluren, und selbst in Arkadien, wohin ihn der Schmerz getrieben, von Hirten und Feldgöttern beklagt worden. Durch Teilnahme gerührt, habe er mit ihnen des Landlebens friedliche Zärtlichkeit sich gewünscht, statt jetzt von der Härte der Liebe zugleich und des Krieges gequält zu sein; aber auch durch arkadische Zerstreuungen, und sogar, wenn er zu den äußersten Enden des Bewohnbaren auswanderte, den Schmerz der unglücklichen Leidenschaft zu mäßigen verzweifelt. Bildlicher Schmuck, nicht wirkliche Begebenheit.
Noch dies letzte Geschäft vergönne du mir, ArethusaArethusa war eine Quelle auf der Insel Nasos oder Ortygia (einem Teile der Stadt Syrakus), der Sage nach eine Quellnymphe in Elis, welche von dem elischen Flußgott Alpheus geliebt und verfolgt unter dem Meere nach Sizilien strömte. Sie ist auch eifrige Jägerin. Nach altem Volksglauben, nach dem auch die Musen ursprünglich Quellnymphen waren, wurde sie besonders von den Hirten als Göttin mit begeisternder und weihender Kraft verehrt. Heute ist die Quelle versumpft. Es gab übrigens mehrere Quellen dieses Namens, z. B. bei Chalkis auf Euböa, in Böotien in der Nähe von Theben, bei Scyllacium im Bruttischen, bei Smyrna in Kleinasien. . Wenig begehrt mein Gallus, doch was selbst lese Lykoris, Kurz nur ein Liedchen von mir. Wer versagt wohl Lieder dem Gallus? O daß, während du unter sikanischen Fluten dahinquillst, |
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5 | Nicht die bittere DorisTochter des Oceanus und der Thethys, Gattin des Nereus und Mutter der Nereiden; sie bezeichnet hier das Meer, und ebenso werden Tethys und Amphitrite metonymisch für das Meer gesetzt. dir einmisch' ihres Gewoges! Angestimmt; wir singen die schmachtende Liebe des Gallus, Während das zarte Gesträuch stumpfnasige Ziegen umnaschen. Nicht tönt Tauben das Lied; Antwort gibt immer der Bergwald. Welche Gehölz', o welche gewundenen Täler, Najaden, |
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10 | Hielten euch, als unwürdig vor Lieb' hinschmachtete Gallus? Nicht ja des hohen Parnasus Umwaldungen, nicht ja des Pindus, Gaben euch irgend Verzug, noch Aonias Quell AganippeDie den Musen geheiligte Quelle Aganippe fließt vom böotischen Berge Helikon in den Permessus. . Ihn hat sogar Lorbeer und sogar Tamariske betrauert; Fichtenbekränzt hat ihn, der in einsamer Grotte gestreckt lag, |
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15 | MänalusVgl. 8, 21. – Das arkadische Gebirge Lycäus war ein Hauptsitz des Pan. , ihn auch beweint das Geklipp des kalten Lycäus. Ringsum stehn auch die Schaf', und nicht mißfallen wir jenen; Dir auch nicht mißfalle die Herd', o göttlicher Sänger. Selbst ja der schöne Adonis hat Schaf' an Bächen geweidet. Nahe kam auch der Schäfer, es kam schwerwandelnd der Kuhhirt, |
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20 | Wohldurchnetzt dann kam von der Wintereichel Menalkas. Jeder fragt: Woher doch die Liebe dir? Selber Apollo Kam: Was rasest du, Gallus? beginnet er: deine Lykoris Ist durch Schnee dem andern, durch schaurige Lager gefolget. Auch Silvanus kam mit ländlichem Schmucke des Hauptes, |
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25 | Blühende Ferulstauden und mächtige Lilien schüttelnd. Pan, Arkadiens Gott, kam auch: wir sahen ihn selber, Rot von Mennig die Wang' und blutigen Beeren des AttichsDer Zwergflieder, Zwergholunder oder Attich (sambucus ebulus), in Italien ebbio oder sambuco erbale genannt. Die Beeren dieses Strauches, welche gereift tiefrot sind, dienten zum Färben der Hände und des Kopfes. . Ist kein Maß? so ruft er. Was kümmert sich Amor um solches. Nicht wird Amor der Tränen ja satt, noch des Wassers die Kräuter, |
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30 | Oder des Zytisus satt Bienlein, und Geiße des Laubes. Traurig jener darauf: Dennoch, ihr Arkader, singet, Dingt dies eurem Gebirg', ihr allein des Gesanges erfahrne Arkader. Oh, wie ich dann sanft ruht' in der Stille des Grabes, Würd' einst eure Syringe von meiner Liebe begeistert. |
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35 | Wär' ich doch einer von euch, oh, nur Mithüter gewesen Eurer Trift, nur Winzer der reifabhangenden Traube. Wenigstens, möchte nun Phyllis mein Herz, und möcht' es Amyntas, Oder was immer durchglühn, (was mehr, ob auch bräunlich Amyntas? Dunkel ja sind die Violen, es sind die Vaccinien dunkel.) |
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40 | Ruht' ich umarmt im Weidicht, umarmt im Geflechte des Weinstocks. Blumen pflückte mir Phyllis zum Kranz, mir sänge Amyntas. Hier Kühlung des Quells, hier schwellende Wiesen, Lykoris; Hier ein Gehölz; hier möcht' ich mit dir mein Leben beschließen. Nun hält rasende Liebe mich hier in des schrecklichen Mavors |
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45 | Rüstungen unter Geschoß und bestürmenden Feinden gefesselt. Du, von der Heimat fern, (dürft' ich's nicht glauben!) so weithin! Alpen, o Grausame, schaust du im Schnee und im Froste den Rheinstrom, Ohne mich du allein. Ach daß nicht Frost dich verletze! Ach daß nicht schneide das Eis dir in die zärtlichen Füßlein! |
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50 | Gehn will ich, und, was im chalcidischenGallus hatte sich den chalcidischen Dichter Euphorion zum Muster genommen. Dieser (geb. um 256 v. Chr.) war längere Zeit Bibliothekar des syrischen Königs Antiochus d. Gr. In seinen Gedichten hatte er eine gesuchte Ausdrucksweise und dunkle Sprache; von seinen Elegien und Epigrammen sind nur wenige Verse erhalten. Die Römer stellten ihn hoch. Maß ich geordnet, Meine Gesäng' einhauchen dem Rohr des sikulischen Hirten. Fest bleibt's: dort in den Wäldern, umdroht von Höhlen des Wildes, Duld' ich vielmehr, und kerb' in zartgerindete Bäume Meine Lieb'; auf wachsen die Bäum', und wachse die Liebe. |
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55 | Schwärmerisch oft mit den Nymphen am Mänalus üb' ich den Reigen, Oder auf mutige Keiler die Jagd. Nie hemme mich irgend Winternder Frost, Hetzhund' um parthenischeEin Gebirge an der Grenze von Argolis und Arkadien (heute Roino), in dessen Nähe eine Statue des Pan aufgefunden worden ist. Berge zu stellen. Schon durch Felsabhänge, mich deucht's, und ertönende Forste, Geh' ich einher; mich erfreut der cydonische PfeilDie Parther und Kreter waren als Bogenschützen berühmt. – Dydona alte Stadt auf Kreta. von des Parthers |
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60 | Bogen geschnellt. – Als ob dies Linderung schaffte dem Wahnsinn, Oder der Gott je lernte des Menschenwehs sich erbarmen! – Schon sind weder mir lieb die Hamadryaden noch selbst mir Lieb der Gesang. Ihr selbst, fahrt hin von neuem, ihr Wälder! Nein, nicht jenen vermag zu besänftigen unsere Mühsal: |
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65 | Weder ob mitten im Frost den starrenden HebrusEin Fluß in Thrazien, heute Marizza. Thrazien und die Landschaft Sithonien dachten sich die Dichter zu Vergils Zeiten nördlicher, als es wirklich liegt, während die nomadischen Äthiopier am äußersten Rand des südlichen Ozeans wohnen sollten. wir tränken, Von Sithonierflocken umstürmt des regnichten Winters; Noch ob, wann einschrumpfet der Bast an dem ragenden Ulmbaum, Schafe der Äthiopen wir weideten unter dem Krebse. Liebe besinget die Welt; auch uns laßt weichen der Liebe! |
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70 |
Dies sei genug, ihr Musen, von euerem Dichter gesungen, |
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75 | Stehn wir auf; leicht fühlet ein Singender Schwere des Schattens; Schattend beschwert Wacholder; dem Korn auch schadet Beschattung. Heim nun, Hesperus kommt, geht heim, ihr gesättigten Ziegen. |