Pollio hatte von Vergil eine Nachahmung der theokritischen Zauberin gewünscht. Vergil gab ihr zum Gegenstück einen in Liebe Verzweifelnden; und, um edlere Zaubergebräuche zu erhalten, verlegte er die Szene aus Italien nach dem thessalischen Pindus, mit Beibehaltung des griechischen Wortes Pharmaceutria, wobei der Römer zuerst an Thessalien dachte.
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Zweier Hirten Gesang, des Damon und Alphesiböus,
Welche, der Weid' achtlos, anstaunete selber die Waldkuh
Während des Kampfs, auf deren Getön starr horchten die Luchse,
Und, aus eigenem Laufe gewandt, ausruhte der Bergstrom: |
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Damons Wundergesang meld' ich und Alphesiböus'.
Du, ob du schon mir die Felsen umlenkst des mächt'gen Timavus,
Ob du die Küste noch streifst der Illyrier: wird mir einmal, ach,
Nahen der Tag, der vergönnt, was du vollbracht, zu besingen?
Wird, ach, je mir vergönnt, ringsher zu verkünden dem Erdkreis |
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10 |
Dein nur würdiges Spiel für Sophokles' hohen Kothurnus?
Dir soll sein der Beginn, dir endigen. Nimm, den du selber
Fordertest, diesen Gesang und laß um die prangende Schläfe
Unter die Siegeslorbeeren dir auch hinschleichen den Efeu.
Kaum war entflohen am Himmel der Nacht kaltatmender Schatten, |
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15 |
Wann noch lieblich der Herd' auf zartem Grase der Tau ist,
Als so Damon begann, auf den Stab sich lehnend des Ölbaums. |
Damon. |
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Bringe den heiligen Tag, ihm voran, o Lucifer, strahlend!
Ich, durch wankende Treu der verlobeten Nisa getäuschet,
Jammere hier, und rufe, so fruchtlos jene dem Schwur auch |
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Zeugeten, sterbend annoch in der äußersten Stunde den Göttern.
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
Mänalus hat tonreiches Gehölz und melodische Fichten
Stets umher, stets hört er der liebenden Hirten Gesänge,
Stets den Pan, dem zuerst nicht unnütz grünte das Röhricht. |
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25 |
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
Mopsus der Nysa Gemahl! Was soll man hoffen? In Liebe
Nun gesellt sich zum Greife das Roß, und im folgenden Alter
Kommen mit Hunden zugleich die schüchternen Rehe zur Tränke.
Mopsus, auf, und Fackeln geschnitzt, dir führt man die Gattin, |
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30 |
Bräutigam, Nüsse gestreut, dir wendet sich Hesper vom Öta.
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
O dem würdigen Manne vermählt! da du alle verachtest,
Da so verhaßt dir meine Syring' und die Ziegen verhaßt sind,
Auch die struppige Brau' und des Barts abhangende Zotteln; |
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35 |
Und da du wähnst, nicht sorg' um Sterbliches einer der Götter.
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
Einst in unserm Geheg' als Kleine noch, neben der Mutter,
Sah ich, zum Führer gewählt, betauete Äpfel dich sammeln.
Eben vom elften Jahre das folgende hatt' ich erlebet, |
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Eben konnt' ich vom Boden zerbrechlichen Zweige berühren.
O wie ich sah, wie ich tobte, wie rasender Wahn mich dahinriß.
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
Kenn' ich doch Amor nunmehr: Es hat auf hartem Geklipp ihn
Tmaros, der Rhodope ihn, der äußerste Schwarm Garamanten, |
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Weder unseres Geschlechtes ein Kind, noch Blutes, geboren.
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
Amor, der Wüterich, lehrt' in dem Blut der Söhne die Mutter
Sich zu besudeln die Händ! Auch du bist grausam, o Mutter!
Ist wohl grausamer sie als Mutter? Ist schlimmer der Knabe? |
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Schlimm ist der Knabe, jedoch auch du bist grausam, o Mutter!
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
Jetzo flieh' auch die Schafe der Raubwolf; goldene Äpfel
Trage die knorrige Eich'; es blüh' um die Erde Narzissus;
Schwitze wie Fett aus der Rinde die Sumpftamariske den Bernstein; |
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55 |
Eifere selbst mit Schwänen die Eule; sei Tityrus Orpheus,
Orpheus unter Gehölz, bei Meerdelphinen Arion!
Hebe mit mir, o Flöte, mänalische Hirtengesäng' an.
Nun werd' offenes Meer ringsum! Lebt wohl, o ihr Wälder!
Jählings hinab von der Warte des luftigen Bergs in die Fluten |
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60 |
Stürz' ich mich! Dieses Geschenk sei dir des Sterbenden letztes!
Endige nun, o Flöte, mänalische Hirtengesänge.
Damon dies: was darauf antwortet Alphesiböus,
Sagt, Pieriden, ihr selbst; nicht alles ja können wir alle. |
Alphesiböus. |
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Wasser herbei und umbinde mit wolliger Binde den Altar! |
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65 |
Zünd' auch heiliges Grün voll Saft und männlichen Weihrauch,
Daß ich dem Buhlen verrücke durch Kraft des magischen Zaubers
Seien gesunden Verstand; an nichts denn Beschwörungen fehlt es.
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis!
Kann doch Zaubergesang auch den Mond abziehen vom Himmel; |
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70 |
Circe durch Zaubergesang hat Ulixes' Freunde verwandelt;
Selbst auf Wiesen zerplatzt die frostige Schlange dem Zauber.
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis!
Dies dreifache Gefäde von drei abstechenden Farben
Wind' ich zuerst dir herum, und dreimal um den Altar her |
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Führ' ich dieses Gebild': es freut Ungrades die Gottheit.
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis!
Dreimal knüpf', Amaryllis, die dreierlei Farben in Knoten;
Knüpf', Amaryllis, und sprich: Der Venus Bande verknüpf' ich.
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis! |
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80 |
Wie sich der Ton hart schließet, und weich das Wachs sich ergießet,
Beid' in derselbigen Glut, so Daphnis in unserer Liebe.
Streue nun Schrot und zünde die Lorbeerreiser mit Erdharz.
Daphnis brennt mir das Herz: ich brenn' auf Daphnis den Lorbeer.
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis! |
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85 |
Solch ein Gelüst soll Daphnis, wie wenn die ermattete Starke,
Die durch Gehölze den Stier und steilere Forste erspähet,
Neben dem rinnenden Bach hinsinkt im grünenden Schilfe,
Sinnlos, kaum auch der Späte der Nacht zu entweichen gedenket:
Solch ein Gelüst ihn durchglühn, und gar nichts kümmre mich Heilung. |
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90 |
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis!
Dies trug jener am Leib', und ließ mir's einst, der Verräter:
Teuere Pfänder von sich. Doch nun selbst unter der Schwell' hier,
Erde, vertrau' ich sie dir. Für Daphnis bürgen die Pfänder.
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis! |
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95 |
Dieses Kraut, und dies mir in Pontus gesammelte Banngift,
Hat selbst Möris geschenkt; am reichlichsten wächst es in Pontus.
Oft, wie hierdurch Möris als Wolf in die Waldungen eindrang,
Hab' ich gesehn, und wie oft er Gestorbene tief aus den Gräbern
Aufrief, oder die Saat wegführt auf andere Felder. |
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100 |
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis!
Trage die Asch', Amaryllis, hinaus; und fließendes Wasser
Schütte sie über das Haupt. Nicht umsehn! So will ich Daphnis
Bändigen, der nicht Götter und nicht Beschwörungen achtet.
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Beschwörungen, ziehet den Daphnis! |
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105 |
Schaue doch, eben ergriff mit zitternden Flammen den Altar
Frei, als zu nehmen ich säume, noch selbst die Asche. O Heil uns!
Etwas bedeutet es, traun. Horch, Hylax bellt an der Schwelle!
Glaub' ich's? oder betört sich der Liebende selber mit Träumen?
Still, er kommt aus der Stadt, o Beschwörungen, still, es ist Daphnis. |