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Auf dies leuchtende Geschlecht,
Blüt' und Laub, vom Lenz geboren,
Haben wir besondres Recht,
Die wir zum Gesang geschworen.
Laßt uns, gönnt uns diesen Traum!
Wählt euch Güter, welche dauern!
Blüte welkt, sie glänzte kaum,
Und das Grün wird bald vertrauern.
Hat man je ein Reis gefunden,
Rebe, dir an Blüte gleich?
Ahnungsvoll und düftereich
Blühst du in den Sommerstunden.
Wann, gereift von heißer Sonne,
Längst dein edles, süßes Blut
Unterirdisch tief geruht,
Blühst du erst in Füll' und Wonne.
Blühest auf des Jünglings Wange,
Blühst in heller Augen Gruß,
Blühst im Scherze, blühst im Kuß,
Blühst im seligen Gesange.
Wie freudig sich der Tannenbaum
Vor meinem Fenster regt!
Er wogt, er rauscht im Himmelsraum,
Wann Wind und Regen schlägt.
Noch fühl' ich Kraft und Herzenslust,
Ob Flut auf Flut sich türmt;
Die Saite tönt in meiner Brust
Am vollsten, wann es stürmt.
Am Sankt Johannisabend
Ging sonst im Heiligtum,
Die Christgemeinde labend,
Der Kelch des Jüngers um;
Im stillen Abendgrauen
Ging um der Feuersaft,
Der Schönheit gab den Frauen,
Den Männern Mut und Kraft.
Kaum beugten sich, zu nippen,
Die Frauen nach dem Wein,
So brannt' auf ihren Lippen
Ein morgenroter Schein,
Auf ihren Wangen blühte
Der Maienrose Glanz,
Kein Licht am Altar glühte,
Doch schwand die Dämmrung ganz;
Der Männer Auge flammte
Von kühner Tatenlust,
Der Stolz, der angestammte,
Hob mächt'ger Haupt und Brust;
Für ihres Landes Ehre
Ward manch Gelübd' getan,
Da hob die blanke Wehre
Sich funkelnd himmelan.
Viel Altes ist versunken,
Viel Neues wuchs herein,
Und längst nicht mehr getrunken
Wird der Johanniswein;
Auf Frauenwangen brennet
Noch stets sein rosig Blut,
Ihr, deutsche Männer, kennet
Auch ihr noch seine Glut?
1849.
In diesen kampfbewegten Maientagen
Hört doch die Nachtigall nicht auf, zu schlagen,
Und mitten in dem tobenden Gedränge
Verhallen nicht unsterbliche Gesänge.
Der Busch war kahl, der Wald war stumm,
Zwei Liebende sah ich scheiden;
Sie sah ihm nach, er sah herum,
Bis der Nebel trennte die beiden.
Wenn der Busch ergrünt, wenn der Wald wird laut
Wenn die Nebel weichen und schwinden,
Da wünsch' ich dem Wanderer und der Braut
Ein fröhliches Wiederfinden.
Ein trüber Wintermorgen war's,
Als wollt' es gar nicht tagen,
Und eine dumpfe Glocke ward
Im Nebel angeschlagen.
Und als die dumpfe Glocke bald,
Die einzige, verklungen,
Da ward ein heisres Grabeslied,
Ein einz'ger Vers, gesungen.
Es war ein armer, alter Mann,
Der lang gewankt am Stabe;
Trüb, klanglos, wie sein Lebensweg,
So war sein Weg zum Grabe.
Nun höret er in lichten Höhn
Der Engel Chöre singen
Und einen schönen, vollen Klang
Durch alle Welten schwingen.
Wenn Wind' und Wogen schweren Kampf gekämpft
Die furchtbare Gewitternacht entlang
Und leuchtend neu der Gott des Tages steigt,
Da ziehen die Orkane grollend ab,
Da schäumt und murret lange noch die Flut
Und wirft unsel'ge Trümmer an den Strand;
Vom Himmel aber strahlt das goldne Licht,
Die Luft ist blau, es glättet sich die See,
Und andre Schiffe steuern auf ihr Ziel
Mit rüst'gem Ruderschlag und günst'gem Hauch.
Abends in der Maienzeit
Klang der Reigen hell und weit,
Klang zum Hügel, drunter tief,
Ach, ein junges Mädchen schlief.
Weckt im Grab die Schläferin;
Halb noch träumend, horcht sie hin,
Hebt sich, ordnet ihr Gewand,
Knüpft das weiße Schleifenband.
Nimmt die welken Blumen ab,
Bricht sich andre von dem Grab,
Weiß nicht, daß in ihrem Kranz
Stirbt der frischen Rose Glanz.
Eilt zur Linde, schwebt im Kreis,
Alle glühend, sie nur Eis,
Saite springt, und Sang wird stumm,
Tanz zerstoben um und um.
Alles stille, sie allein,
Dämmerglocke tönt herein,
Fern erlischt das Abendrot.
Armes Mädchen, tot ist tot.
An der Weichsel fernem Strande
Tobt ein Kampf mit Donnerschall,
Weithin über deutsche Lande
Rollt er seinen Widerhall.
Schwert und Sense scharfen Klanges,
Dringen her zu unsern Ohren
Und der Ruf des Schlachtgesanges
»Noch ist Polen nicht verloren.«
Und wir horchen und wir lauschen,
Stille waltet um und um,
Nur die trägen Wellen rauschen,
Und das weite Feld ist stumm;
Nur wie Sterbender Gestöhne,
Lufthauch durch gebrochne Hallen,
Hört man dumpfe Trauertöne:
»Polen, Polen ist gefallen.«
Mitten in der stillen Feier
Wird ein Saitengriff getan.
Ha, wie schwillet diese Leier
Voller stets und mächt'ger an!
Leben schaffen solche Geister,
Dann wird Totes neu geboren;
Ja, mir bürgt des Liedes Meister:
Noch ist Polen nicht verloren.
Zu stehn in frommer Eltern Pflege,
Welch schöner Segen für ein Kind!
Ihm sind gebahnt die rechten Wege,
Die vielen schwer zu finden sind.
Von aller Herrschaft, die auf Erden waltet
Und der die Völker pflichten oder frönen,
Ist eine nur, je herrischer sie schaltet,
Um so gepriesner selbst der Freiheit Söhnen:
Es ist das Königtum, das nie veraltet,
Das heil'ge Reich des Wahren, Guten, Schönen.
Vor dieser unbedingten Herrschaft beugen
Der Freiheit Kämpfer sich und Bluteszeugen.
Wenn
ein Gedanke, den die Menschheit ehrt,
Den Sieg errang, so war's der Mühe wert.
Umsonst bist du von edler Glut entbrannt,
Wenn du nicht sonnenklar dein Ziel erkannt.
Das Lied, es mag am Lebensabend schweigen,
Sieht nur der Geist dann heil'ge Sterne steigen.
Als mich hätt' ein Lob beglückt,
Selbst ein Tadel mich begeistert,
Ward mir nie ein Kranz gepflückt,
Noch ein Irrtum mir gemeistert.
Lob und Tadel wird mir jetzt,
Doch mich labt, mich schmerzet keines;
Meine Harf ist hingesetzt,
Was ich sang, ist nicht mehr meines.
*