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Herrn Bürgermeister Klüpfel,
ständischem Abgeordneten der Stadt Stuttgart.
Die Schlacht der Völker ward geschlagen,
Der Fremde wich von deutscher Flur,
Doch die befreiten Lande tragen
Noch manches vor'gen Dranges Spur;
Und wie man aus versunknen Städten
Erhabne Götterbilder gräbt,
So ist manch heilig Recht zu retten,
Das unter wüsten Trümmern lebt.
Zu retten gilt's und aufzubauen;
Doch das Gedeihen bleibet fern,
Wo Liebe fehlet und Vertrauen
Und Eintracht zwischen Volk und Herrn.
Der Deutsche ehrt in allen Zeiten
Der Fürsten heiligen Beruf,
Doch liebt er, frei einherzuschreiten
Und aufrecht, wie ihn Gott erschuf.
So wirkt auch ihr im festen Bunde,
Ihr guten Hüter unsres Rechts!
Ihr bauet auf dem alten Grunde
Das Wohl des künftigen Geschlechts.
Uneingedenk gemeinen Lohnes,
Seid ihr beharrlich, emsig, treu;
Des Volkes Würde wie des Thrones
Beachtet ihr mit heil'ger Scheu.
Drum, da wir heut das Fest begehen,
Dem tausend Freudenfeuer sprühn
Und, wo sie nicht von Bergen wehen,
Doch tief in allen Herzen glühn,
Was kann so edlen Schmuck gewähren
Dem Mahle, das uns hier vereint,
Als einen Mann bei uns zu ehren,
Der's so getreulich mit uns meint!
Den Mann, der, unsrer Stadt entsprossen,
Stets ihres Wohles treu gedacht,
Dem wir uns innig angeschlossen,
Der unser Teuerstes bewacht,
Der unerschüttert ausgehalten
Im Sturm der schreckensvollen Zeit
Und der auch jetzt mit kräft'gem Walten
Dem neuen Werk sein Leben weiht.
Nie kommt das Wort, ihr treuen Väter,
Dem heißen Herzensdanke gleich,
Nie spricht es aus, ihr Volksvertreter,
Wie wir so
eines sind mit euch.
Als jüngst in hehren Tempelhallen
Die Menge sich mit euch erbaut,
Da sprach das Schweigen über allen
Mehr als der hellste Jubellaut.
So laß dir's, Edler, denn gefallen
Bei unsrem fröhlichen Gelag!
Und will dich düstrer Ernst umwallen,
So denk' an künft'gen Festestag:
Wann jeder Schlacht Gewittersegen
Sichtbar auch unser Heil erneut,
Wann sich die Saaten schwellend regen,
Die ihr im Sämond ausgestreut!
Wo je bei altem, gutem Wein
Der Württemberger zecht,
Da soll der erste Trinkspruch sein
»Das alte, gute Recht«!
Das Recht, das unsres Fürsten Haus
Als starker Pfeiler stützt,
Und das im Lande ein und aus
Der Armut Hütten schützt;
Das Recht, das uns Gesetze gibt,
Die keine Willkür bricht,
Das offene Gerichte liebt
Und giltig Urteil spricht;
Das Recht, das mäßig Steuern schreibt
Und wohl zu rechnen weiß,
Das an der Kasse sitzen bleibt
Und kargt mit unsrem Schweiß;
Das unser heil'ges Kirchengut
Als Schutzpatron bewacht,
Das Wissenschaft und Geistesglut
Getreulich nährt und facht;
Das Recht, das jedem freien Mann
Die Waffen gibt zur Hand,
Damit er stets verfechten kann
Den Fürsten und das Land;
Das Recht, das jedem offen läßt
Den Zug in alle Welt,
Das uns allein durch Liebe fest
Am Mutterboden hält;
Das Recht, des wohlverdienten Ruhm
Jahrhunderte bewährt,
Das jeder wie sein Christentum
Von Herzen liebt und ehrt;
Das Recht, das eine schlimme Zeit
Lebendig uns begrub,
Das jetzt mit neuer Regsamkeit
Sich aus dem Grab erhub.
Ja, wenn auch wir von hinnen sind,
Besteh' es fort und fort
Und sei für Kind und Kindeskind
Des schönsten Glückes Hort!
Und wo bei altem, gutem Wein
Der Württemberger zecht,
Soll stets der erste Trinkspruch sein
»Das alte, gute Recht«!
Was kann dir aber fehlen,
Mein teures Vaterland?
Man hört ja weit erzählen
Von deinem Segensstand.
Man sagt, du seist ein Garten,
Du seist ein Paradies;
Was kannst du mehr erwarten,
Wenn man dich selig pries?
Ein Wort, das sich vererbte,
Sprach jener Ehrenmann:
Wenn man dich gern verderbte,
Daß man es doch nicht kann.
Und ist denn nicht ergossen
Dein Fruchtfeld wie ein Meer?
Kommt nicht der Most geflossen
Von tausend Hügeln her?
Und wimmeln dir nicht Fische
In jedem Strom und Teich?
Ist nicht dein Waldgebüsche
An Wild nur allzureich?
Treibt nicht die Wollenherde
Auf deiner weiten Alb?
Und nährest du nicht Pferde
Und Rinder allenthalb?
Hört man nicht fernhin preisen
Des Schwarzwalds stämmig Holz?
Hast du nicht Salz und Eisen
Und selbst ein Körnlein Golds?
Und sind nicht deine Frauen
So häuslich, fromm und treu?
Erblüht in deinen Gauen
Nicht Weinsberg ewig neu?
Und sind nicht deine Männer
Arbeitsam, redlich, schlicht,
Der Friedenswerke Kenner
Und tapfer, wenn man ficht?
Du Land des Korns und Weines,
Du segenreich Geschlecht,
Was fehlt dir? All und
eines:
Das alte, gute Recht.
Und immer nur vom alten Recht?
»Wie du so störrig bist!«
Ich bin des Alten treuer Knecht,
Weil es ein Gutes ist.
»Das Beßre, nicht das Gute nur,
»Zu rühmen, sei dir Pflicht!«
Vom Guten hab' ich sichre Spur,
Vom Beßren leider nicht.
»Wenn ich dir's aber weisen kann,
»So merk' und trau' auf mich!«
Ich schwör' auf keinen einzeln Mann,
Denn
einer bin auch ich.
»Ist weiser Rat dir kein Gewinn,
»Wo zündest du dein Licht?«
Ich halt' es mit dem schlichten Sinn,
Der aus dem Volke spricht.
»Ich sehe, daß du wenig weißt
»Von Schwung und Schöpferkraft.«
Ich lobe mir den stillen Geist,
Der mählich wirkt und schafft.
»Der echte Geist schwingt sich empor
»Und rafft die Zeit sich nach.«
Was nicht von innen keimt hervor,
Ist in der Wurzel schwach.
»Du hast das Ganze nicht erfaßt,
»Der Menschheit großen Schmerz.«
Du meinst es löblich, doch du hast
Für unser Volk kein Herz.
Schaffet fort am guten Werke
Mit Besonnenheit und Stärke!
Laßt euch nicht das Lob betören!
Laßt euch nicht den Tadel stören!
Tadeln euch die Ueberweisen,
Die um eigne Sonnen kreisen:
Haltet fester nur am Echten,
Alterprobten, einfach Rechten!
Höhnen euch die herzlos Kalten,
Die Erglühn für Torheit halten:
Brennet heißer nur und treuer
Von des edlen Eifers Feuer!
Schmähn euch jene, die zum Guten
Lautern Antrieb nie vermuten:
Zeigt in desto schönrer Klarheit
Reinen Sinn für Recht und Wahrheit!
Was ihr Treues uns erwiesen,
Sei von uns mit Dank gepriesen!
Was ihr ferner werdet bauen,
Sei erwartet mit Vertrauen!
Wenn heut ein Geist herniederstiege,
Zugleich ein Sänger und ein Held,
Ein solcher, der im heil'gen Kriege
Gefallen auf dem Siegesfeld,
Der sänge wohl auf deutscher Erde
Ein scharfes Lied wie Schwertesstreich,
Nicht so, wie ich es künden werde,
Nein, himmelskräftig, donnergleich:
»Man sprach einmal von Festgeläute,
Man sprach von einem Feuermeer;
Doch, was das große Fest bedeute,
Weiß es denn jetzt noch irgend wer?
Wohl müssen Geister niedersteigen,
Von heil'gem Eifer aufgeregt,
Und ihre Wundenmale zeigen,
Daß ihr darein die Finger legt.
»Ihr Fürsten! seid zuerst befraget:
Vergaßt ihr jenen Tag der Schlacht,
An dem ihr auf den Knieen laget
Und huldigtet der höhern Macht?
Wenn eure Schmach die Völker lösten,
Wenn ihre Treue sie erprobt,
So ist's an euch, nicht zu vertrösten,
Zu leisten jetzt, was ihr gelobt.
»Ihr Völker! die ihr viel gelitten,
Vergaßt auch ihr den schwülen Tag?
Das Herrlichste, was ihr erstritten,
Wie kommt's, daß es nicht frommen mag?
Zermalmt habt ihr die fremden Horden,
Doch innen hat sich nichts gehellt,
Und Freie seid ihr nicht geworden,
Wenn ihr das Recht nicht festgestellt.
»Ihr Weisen! muß man euch berichten,
Die ihr doch alles wissen wollt,
Wie die Einfältigen und Schlichten
Für klares Recht ihr Blut gezollt?
Meint ihr, daß in den heißen Gluten
Die Zeit, ein Phönix, sich erneut,
Nur, um die Eier auszubruten,
Die ihr geschäftig unterstreut?
»Ihr Fürstenrät' und Hofmarschälle
Mit trübem Stern auf kalter Brust,
Die ihr vom Kampf um Leipzigs Wälle
Wohl gar bis heute nichts gewußt,
Vernehmt! an diesem heut'gen Tage
Hielt Gott der Herr ein groß Gericht.
Ihr aber hört nicht, was ich sage,
Ihr glaubt an Geisterstimmen nicht.
»Was ich gesollt, hab' ich gesungen,
Und wieder schwing' ich mich empor;
Was meinem Blick sich aufgedrungen,
Verkünd' ich dort dem sel'gen Chor:
Nicht rühmen kann ich, nicht verdammen,
Untröstlich ist's noch allerwärts:
Doch sah ich manches Auge flammen,
Und klopfen hört' ich manches Herz.«
Ei, wer hat in diesem Jahre
All den Wust ins Korn gebracht,
Mutterkorn und andere Ware,
Die im Kopfe dämisch macht,
Raden, Ruß, am meisten aber
Schwindelhaber, Dippelhaber?
Was die neuen Früchte taugen,
Sah man jüngst beim Schützenfest:
Allen tanzt es vor den Augen,
Und nicht einer traf ins Nest;
In dem jungen Bier war aber
Schwindelhaber, Dippelhaber.
Worfeln soll man, beuteln, sieben,
Was der Krankheit Spuren trägt;
Tüchtig werd' es durchgetrieben,
Abgegerbt und ausgefegt!
Weg den Wust, besonders aber
Schwindelhaber, Dippelhaber!
Die ihr sorgt in unsrem Namen
Für die neue große Saat,
Sichtet aus den falschen Samen,
Der schon so viel Böses tat:
Raden, Ruß, vor allem aber
Schwindelhaber, Dippelhaber!
Tritt ein zu dieser Schwelle!
Willkommen hier zu Land!
Leg ab den Mantel, stelle
Den Stab an diese Wand!
Sitz obenan zu Tische!
Die Ehre ziemt dem Gast.
Was ich vermag, erfrische
Dich nach des Tages Last!
Wenn ungerechte Rache
Dich aus der Heimat trieb,
Nimm unter meinem Dache
Als teurer Freund vorlieb!
Nur
eins ist, was ich bitte:
Laß du mir ungeschwächt
Der Väter fromme Sitte,
Des Hauses heilig Recht!
An unsrer Väter Taten
Mit Liebe sich erbaun,
Fortpflanzen ihre Saaten,
Dem alten Grund vertraun;
In solchem Angedenken
Des Landes Heil erneun;
Um unsre Schmach sich kränken,
Sich unsrer Ehre freun;
Sein eignes Ich vergessen
In aller Lust und Schmerz:
Das nennt man wohl ermessen,
Für unser Volk ein Herz.
Was unsre Väter schufen,
Zertrümmern ohne Scheu,
Um dann hervorzurufen
Das eigne Luftgebäu;
Fühllos die Männer lästern,
Die wir uns ausgewählt,
Weil sie dem Plan von gestern
Zu huldigen verfehlt;
Die alten Namen nennen
Nicht anders, als zum Scherz:
Das heißt, ich darf's bekennen,
Für unser Volk kein Herz.
Jetzt, da von neuem Lichte
Die Hoffnung sich belebt,
Und da die Volksgeschichte
Den Griffel wartend hebt:
O Fürst, für dessen Ahnen
Der Unsern Brust gepocht,
Und unter dessen Fahnen
Die Jugend Ruhm erfocht,
Jetzt, unvermittelt, neige
Du dich zu unsrem Schmerz!
Ja, du vor allen zeige
Für unser Volk ein Herz!
Wer redlich hält zu seinem Volke,
Der wünsch' ihm ein gesegnet Jahr!
Vor Mißwachs, Frost und Hagelwolke
Behüt' uns aller Engel Schar!
Und mit dem bang ersehnten Korne
Und mit dem lang entbehrten Wein
Bring uns dies Jahr in seinem Horne
Das alte, gute Recht herein!
Man kann in Wünschen sich vergessen,
Man wünschet leicht zum Ueberfluß,
Wir aber wünschen nicht vermessen,
Wir wünschen, was man wünschen muß;
Denn soll der Mensch im Leibe leben,
So brauchet er sein täglich Brot,
Und soll er sich zum Geist erheben,
So ist ihm seine Freiheit not.
zum Christophstag 1817.
Und wieder schwankt die ernste Wage,
Der alte Kampf belebt sich neu;
Jetzt kommen erst die rechten Tage,
Wo Korn sich sondern wird von Spreu,
Wo man den Falschen von dem Treuen
Gehörig unterscheiden kann,
Den Unerschrocknen von dem Scheuen,
Den halben von dem ganzen Mann.
Den wird man für
erlaucht erkennen,
Der von dem Recht erleuchtet ist,
Den wird man einen
Ritter nennen,
Der nie sein Ritterwort vergißt,
Den
Geistlichen wird man verehren,
In dem sich regt der freie Geist,
Der wird als
Bürger sich bewähren,
Der seine Burg zu schirmen weißt.
Jetzt wahret,
Männer, eure Würde,
Steht auf zu männlichem Entscheid!
Damit ihr nicht dem Land zur Bürde,
Dem Ausland zum Gelächter seid.
Es ist so viel schon unterhandelt,
Es ist gesprochen fort und fort,
Es ist geschrieben und gesandelt –
So sprecht nun euer
letztes Wort!
Und kann es nicht sein Ziel erstreben,
So tretet in das Volk zurück!
Daß ihr vom Rechte nichts vergeben,
Sei euch ein lohnend stolzes Glück!
Erharret ruhig und bedenket:
Der Freiheit Morgen steigt herauf,
Ein Gott ist's, der die Sonne lenket,
Und unaufhaltsam ist ihr Lauf.
Der du von deinem ew'gen Thron
Die Völker hütest, groß' und kleine,
Gewiß, du blickst auch auf das meine,
Du siehst das Leiden, siehst den Hohn.
Zu unsrem König, deinem Knecht,
Kann nicht des Volkes Stimme kommen;
Hätt' er sie, wie er will, vernommen,
Wir hätten längst das teure Recht.
Doch dir ist offen jeglich Tor,
Dir keine Scheidwand vorgeschoben,
Dein Wort ist Donnerhall von oben;
Sprich du an unsres Königs Ohr!
Noch ist kein Fürst so hochgefürstet,
So auserwählt kein ird'scher Mann,
Daß, wenn die Welt nach Freiheit dürstet,
Er sie mit Freiheit tränken kann,
Daß er allein in seinen Händen
Den Reichtum alles Rechtes hält,
Um an die Völker auszuspenden
So viel, so wenig ihm gefällt.
Die
Gnade fließet aus vom Throne,
Das
Recht ist ein gemeines Gut,
Es liegt in jedem Erdensohne,
Es quillt in uns wie Herzensblut;
Und wenn sich Männer frei erheben
Und treulich schlagen Hand in Hand,
Dann tritt das innre Recht ins Leben,
Und der
Vertrag gibt ihm Bestand.
Vertrag! es ging auch hierzulande
Von ihm der Rechte Satzung aus,
Es knüpfen seine heil'gen Bande
Den Volksstamm an das Fürstenhaus.
Ob einer im Palast geboren,
In Fürstenwiege sei gewiegt,
Als Herrscher wird ihm erst geschworen,
Wenn der Vertrag besiegelt liegt.
Solch teure Wahrheit ward verfochten,
Und überwunden ist sie nicht.
Euch, Kämpfer, ist kein Kranz geflochten,
Wie der beglückte Sieg ihn flicht;
Nein, wie ein Fähnrich wund und blutig
Sein Banner rettet im Gefecht,
So blickt ihr tief gekränkt, doch mutig
Und stolz auf das gewahrte Recht.
Kein Herold wird's den Völkern künden
Mit Pauken- und Trommetenschall,
Und dennoch wird es Wurzel gründen
In deutschen Gauen überall:
Daß Weisheit nicht das Recht begraben,
Noch Wohlfahrt es ersetzen mag,
Daß bei dem biedern Volk in Schwaben
Das
Recht besteht und der
Vertrag!
(Zur Feier der württembergischen Verfassung wurde am 29. Oktober 1819 auf dem Hof- und Nationaltheater zu Stuttgart das genannte Trauerspiel des Verfassers dieser Gedichte mit dem hier abgedruckten Prolog aufgeführt.)
Ein ernstes Spiel wird euch vorübergehn,
Der Vorhang hebt sich über einer Welt,
Die längst hinab ist in der Zeiten Strom,
Und Kämpfe, längst schon ausgekämpfte, werden
Vor euern Augen stürmisch sich erneun.
Zween Männer, edel, bieder, fromm und kühn,
Zween Freunde, treu und fest bis in den Tod,
Preiswerte Namen deutscher Heldenzeit,
Ihr werdet sehn, wie sie geächtet irren
Und, in Verzweiflung fechtend, untergehn.
Das ist der Fluch des unglücksel'gen Landes,
Wo Freiheit und Gesetz darniederliegt,
Daß sich die Besten und die Edelsten
Verzehren müssen in fruchtlosem Harm,
Daß, die fürs Vaterland am reinsten glühn,
Gebrandmarkt werden als des Lands Verräter
Und, die noch jüngst des Landes Retter hießen,
Sich flüchten müssen an des Fremden Herd.
Und während so die beste Kraft verdirbt,
Erblühen, wuchernd in der Hölle Segen,
Gewalttat, Hochmut, Feigheit, Schergendienst.
Wie anders, wenn aus sturmbewegter Zeit
Gesetz und Ordnung, Freiheit sich und Recht
Emporgerungen und sich festgepflanzt!
Da drängen die, so grollend ferne standen,
Sich fröhlich wieder in der Bürger Reihn,
Da wirket jeder Geist und jede Hand
Belebend, fördernd für des Ganzen Wohl,
Da glänzt der Thron, da lebt die Stadt, da grünt
Das Feld, da blicken Männer frei und stolz;
Des Fürsten und des Volkes Rechte sind
Verwoben, wie sich Ulm' und Reb' umschlingen,
Und für des Heiligtums Verteidigung
Steht jeder freudig ein mit Gut und Blut.
Man rettet gern aus trüber Gegenwart
Sich in das heitere Gebiet der Kunst,
Und für die Kränkungen der Wirklichkeit
Sucht man sich Heilung in des Dichters Träumen.
Doch heute – wen vielleicht der Bühne Spiel
Verwundet, der gedenke, sich zum Troste,
Welch Fest wir wahr und wirklich heut begehn!
Da mag er sehn, für was die Männer sterben.
Noch steigen Götter auf die Erde nieder,
Noch treten die Gedanken, die der Mensch
Die höchsten achtet, in das Leben ein;
Ja, mitten in der wildverworrnen Zeit
Ersteht ein Fürst, vom eignen Geist bewegt,
Und reicht hochherzig seinem Volk die Hand
Zum freien Bund der Ordnung und des Rechts.
Ihr habt's gesehen, Zeugen seid ihr alle;
In ihre Tafeln grab' es die Geschichte!
Heil diesem König, diesem Volke Heil!
Ich nahm den Stab, zu wandern,
Durch Deutschland ging die Fahrt;
Man pries mir ja vor andern
Der Deutschen Sinn und Art.
Dem Lande blieb ich ferne,
Wo die Orangen glühn;
Erst kennt' ich jenes gerne,
Wo die Kartoffeln blühn.
Ich kam zum Fürstenhofe,
Wo man die Künste kränzt,
Wo Prunksaal und Alkove
Von Götterbildern glänzt;
Ein Baum, der nicht im groben
Volksboden sich genährt,
Nein, einer, der nach oben
Sogar die Wurzeln kehrt.
Ich ging zur Hohenschule,
Da schöpft' ich reines Licht,
Wo vom Prophetenstuhle
Die wahre Freiheit spricht;
Wo uns der Meister täglich
Den innern Sinn befreit,
Indes ihm selbst erträglich
Der ird'sche Leib gedeiht.
Ich schritt zum Sängerwalde,
Da sucht' ich Lebenshauch;
Da saß ein edler Skalde
Und pflückt' am Lorbeerstrauch;
Nicht hatt' er Zeit, zu achten
Auf eines Volkes Schmerz,
Er konnte nur betrachten
Sein groß, zerrissen Herz.
Ich ging zur Tempelhalle,
Da hört' ich christlich Recht:
»Hier innen Brüder alle,
Da draußen Herr und Knecht.«
Der Festesrede Giebel
War: »Duck' dich! schweig dabei!«
Als ob die ganze Bibel
Ein Buch der Kön'ge sei.
Ich kam zum Bürgerhause;
Gern denk' ich dran zurück.
Fern vom Parteigebrause
Blüht Tugend hier und Glück.
Lebt häuslich fort wie heute!
Bald wird vom Belt zum Rhein
Ein Haus voll guter Leute,
Ja,
ein Gutleuthaus sein.
Ich ging zum Hospitale,
Da fand ich alles nett,
Viel Grütz' und Kraut zum Mahle
Und reinlich Krankenbett;
Auch sorgt ein schön Erbarmen
Für manch verwahrlost Kind.
Wer denkt des Volks von Armen,
Die altverwahrlost sind?
Ich saß im Ständesaale,
Da schlief ich ein und träumt',
Ich sei noch im Spitale,
Den ich doch längst geräumt.
Ein Mann, der dort im Fieber,
Im kalten Fieber lag,
Er rief: »Nur nichts, mein Lieber,
Nur nichts vom Bundestag!«
Ich mischte mich zum Volke,
Das nach dem Festplatz zog,
Wo durch die Staubeswolke
Manch dürrer Renner flog;
Da lernt es, daß die Eile
Den Reiter überstürzt,
Und daß man gut die Weile
Mit Wurst und Bier sich kürzt.
Ein Adler flügelstrebend
War Reichspanier hievor;
Ich sah ihn noch wie lebend
Zu Nürnberg an dem Tor.
Jetzt fliegt man nicht zum Zwecke,
Der Wahlspruch ist: »Gott geb's!«
Das Wappen ist die Schnecke,
Schildhalter ist der Krebs.
Als ich mir das entnommen,
Kehrt' ich den Stab nach Haus.
Wann einst das Heil gekommen,
Dann reis' ich wieder aus:
Wohl werd' ich's nicht erleben,
Doch an der Sehnsucht Hand
Als Schatten noch durchschweben
Mein freies Vaterland.
*