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Lisette: Wer sind Sie eigentlich, mein Freund?
Narr: Aufzuwarten, ein Narr.
Lisette: Das heißt, ein Mann. Aber dies weiß ich schon; ich fragte nur nach Ihrem eigentlichen Stande.
Narr: Ich bleibe leider in allen Positionen ein Narr, und wenn Sie mich auch so oft umwenden, als einen gut gebratnen Krammetsvogel.
Lisette: Haben Sie sich auf sonst nichts gelegt?
Narr: Das ist genug, mein schönes Kind, und mehr als genug. O man hat sein ganzes Leben zu studieren, um es darin zu einer gewissen Vollkommenheit zu bringen.
Lisette: Es ist doch schade um Ihre hübsche Person.
Narr: Ich war schon vor meiner Geburt ein Narr, sonst hätte sich meine unsterbliche Seele gewiß nicht bereden lassen, in diesen sterblichen Körper zu kriechen, und darin ein so kauderwelsches Leben zu führen.
Lisette: Sie drücken sich sehr angenehm aus.
Narr: Ich schüttle die Worte zwischen den Zähnen herum, und werfe sie dann dreist und gleichgültig wie Würfel heraus. Glauben Sie mir, es gerät dem Menschen selten, alle sechse zu werfen, er mag nun besonnen oder unbesonnen spielen.
Lisette: Sie sprechen klüger, als Ihr Herr.
Narr: Und Sie gefallen mir mehr als Ihre Gebieterin.
Lisette: Ich glaube, Sie müßten sich noch bessern können.
Narr: Ich glaube, ich würde Sie lieben lernen.
Lisette: Sie sind schon auf dem bessern Wege.
Narr: Und doch fang ich nur an, ein noch größerer Narr zu werden; o wenn Sie mich in meiner allerhöchsten Raserei sehen sollten, Sie würden entzückt sein.
Lisette: Ich möchte es schon darauf wagen.
Narr: Was meinen Sie, zum Exempel, von der Anbetung?
Lisette: Wen wollen Sie anbeten?
Narr: Sie, meine Göttin.
Lisette: O mein Herr, für eine Göttin bin ich wohl etwas zu schlecht.
Narr: Im Gegenteil, Allerglorreichste, viel zu gut; man kann in unsern Tagen fast nichts Erbärmlicheres sein, als eine Göttin.
Lisette: Wie ist das gekommen?
Narr: Das müssen Sie die weisen Leute fragen, ich darf das Geheimnis nicht verraten; Weise und Toren, törichte Weise, und weise Narren haben die Weiber mit vieler Mühe zu Göttinnen erhoben, um sie recht bequem schlechtzumachen, denn seitdem sind sie keine taube Nuß mehr wert.
Lisette: Sie lieben mich also vielleicht?
Narr: O dies himmlische Vielleicht läßt mir noch einige Hoffnung übrig, daß Sie noch nicht so ganz in mich vernarrt sind –
Lisette: Und wenn ich es nun wäre?
Narr: So säh ich mich ja genötigt vor Entzücken zu Ihren Füßen zu sterben.
Lisette: Das will ich mir verbitten.
Narr: Welches Opfer befehlen Sie denn also, das ich Ihnen zum Zeichen meiner aufrichtigen Liebe bringen soll?
Lisette: Heiraten Sie mich.
Narr: Heiraten! – Ich weiß nicht, ob ich recht gehört habe. Heiraten, sagten Sie?
Lisette: Nun freilich, kein andres Wort, wenn ich bei Verstande bin.
Narr: Sie wollten also einen Ehemann aus mir machen? – Das ist schrecklich!
Lisette: Wie denn so?
Narr: Weil Sie mich dann in eine Art von Narrheit einweihen, gegen die meine jetzige kaum für einen Anfangsgrund zu rechnen ist.
Lisette: Kommen Sie hinein.
Narr: Ich bin der Ihrige.
Lisette: Ich halte Sie beim Wort.
Sie gehn.
Skaramuz: Ist das Zeug da witzig?
Schatzmeister: Es wird wenigstens dafür ausgegeben, und man muß also den guten Willen schätzen.
Skaramuz: Es ist von einem Untertanen, das Stück da?
Schatzmeister: Allerdings.
Skaramuz: So ist es doch wenigstens keine Kontrebande, sondern ein einheimisches Fabrikat.
Saal mit einem kleinen Privat-Theater.
Der Vater und die Gäste kommen.
Vater: Setzen Sie sich allerseits; man hat uns hier ein kleines Schauspiel veranstaltet; ich denke, daß der Vorhang sogleich aufgehen wird.
Flöten, der Vorhang des Theaters hebt sich, das einen schönen Garten darstellt.
Ein Schäfer und eine Schäferin.
Schäfer:
Willst du nimmer mich erhören?
Schäferin:
Nein, du willst mein Herz betören.
Schäfer:
Nein, ich will dich lieben lehren.
Schäferin:
Lieb ist Torheit, will ich schwören.
Schäfer:
O Liebe,
Die Triebe,
Dies Sinnen,
Dies Trachten,
Mit zärtlichem Schmachten
Das Herz zu gewinnen –
Nein glaub wie ich schwöre,
Wenn ich dich betöre,
So strafen die Götter
Im rächenden Wetter
Den frevelnden Schwur.
Schäferin:
Ich höre
Die Lehre
Und schwöre,
Bei jeglichem Sterne
In bläulicher Ferne,
Beim schimmernden Licht:
Ich liebte seit lange,
Die Brust klopfte bange,
Du liebtest mich nicht;
Kommt rächende Wetter
Und straft mich, ihr Götter,
Ist falsch dieser Schwur.
Beide:
Im Frühlingsglanze schimmert
Wald und Flur,
Und Liebe leuchtet und flimmert
Und wartet beseelend in der ganzen Natur.
Sie gehn ab.
Sternheim: Das war wenig, aber gut, und so lieb ich's.
Fuchsheim: Nicht zu viel und nicht zu wenig, das ist mein Motto.
Melpomene oder Emilie tritt als Laura auf.
Laura:
Durch die bunten Rosenhecken
Flattern Schmetterlinge hin,
Muntre Lerchentöne wecken
Schon die Tageskönigin.
Immer wach sind meine Sorgen,
Nimmer ruht dies treue Herz,
Und ein jeder rote Morgen
Findet meinen regen Schmerz.
Wollt ihr mich der Qual entbinden?
Hört ihr, Götter? mein Gebet?
Kann ich nie die Ruhe finden,
Die mein Herz von euch erfleht?
Ich sah Fernando bleich in meinen Träumen,
Und oh, wie sehnt sich nun mein schlagend Herz,
Mein liebend banges Auge ihn zu treffen. –
Ach, warum ist die Liebe immer krank
Und eingeengt? Nur Leid erkauft die Wonne,
Und Wochen Grams den frohen Augenblick.
Wie? Ist denn dies die Satzung der Natur?
Trifft mich und ihn nur dieses harte Los?
Ach Leben, wie wärst du so reizend schön,
Wenn du nicht unsern allzu zarten Händen
Für eine Rose tausend Dornen reichtest;
Wenn wir mit Sicherheit den Pfad hinunter
Spazieren können, überzeugt, beblümte
Gefilde anzutreffen, muntre Quellen,
Und kühle Schatten unter Myrtenbäumen.
Doch sorgsam prüfend setzen wir den Fuß,
Auch wenn der Weg im Anfang freundlich scheint;
Führt er uns wohl in dunkle schwarze Wälder?
Vielleicht zu schroffen, abgelegnen Klippen?
Wird auch die Liebe immer mit uns gehn?
So zagen wir und zweifeln, und vergessen
Im Zweifel selbst die holde Gegenwart,
Die, ach! so flüchtig eilet, zu genießen.
Der Fremde, oder der junge Mensch, tritt als Fernando auf.
Fernando:
Du bist schon früh im Garten, meine Liebe.
Laura:
Ich habe meine Liebe hier erwartet.
Fernando:
O du beschämst die muntre Morgenröte.
Laura:
Und selber dich, Fernando, lieber Freund.
Fernando:
Kein Schlummer wollte mich die Nacht besuchen,
Die Sorgen saßen mit den greisen Häuptern
An meinem Bett und hielten stets mich wach;
Da sah ich bange ahndend trübe Zukunft,
Von keinem flüchtgen Sonnenstrahl erhellt,
Da war die weite, wüste Dunkelheit,
Mit allen ihren Schrecken, holde Liebe,
Ja selbst die Hoffnung floh: da lag
Nur ewge, träge Gegenwart, kein Schwung
Trieb rascher um die jammervolle Zeit.
Am Morgen fielen matt die Augen zu,
Da wandelte mein Geist zu Blumenbeeten,
Und suchte Trost bei bunten Frühlingskindern,
Wie Regenbogen war dein süßer Name
Mit Liebe schätzend über mir gespannt,
Und ihn umspielten Chöre lichter Engel,
Die gleich den Äolsglocken Töne sangen,
Von ewger Liebe und von Küssen sprachen,
Daß weit umher abwärts die Winde blieben,
Und sich ein Wohllaut durch den Himmel goß,
Mit Tönen, die nur Laura jedem Stern
Entgegenjauchzten: da erwacht ich schnell,
Mir war, du riefst, da starb die Melodie.
Laura:
Und bist für meinen Gruß und Kuß erwacht.
Fernando:
Und bleich und krank ist nun mein Traumgesicht.
Laura:
Fernando! liebst du mich aus treuem Herzen?
Fernando knieend:
O könnt ich ohne Treue, Liebste, lieben?
Claudio, der Vater, tritt auf.
Claudio:
Wie, Bösewicht?
Laura:
Mein Vater!
Claudio:
Undankbare!
Der Vater: O Kinder, macht der Komödie ein Ende, der Vater ist gar zu grausam, ich würde gleich meine Einwilligung geben.
Skaramuz: Ich auch, denn mich fängt an zu hungern.
Emilie heruntersteigend, dem Vater zu Füßen: Ihren Segen also, mein Vater.
Fernando: Nein, Emilie, dorthin.
Sie knieen vor Skaramuz.
Skaramuz: Wie? Was? Was ist denn?
Melpomene: Ihre Einwilligung, mein Apollo; geben Sie mich frei, ich mag nicht länger Muse sein.
Skaramuz: Also war das Ganze nur eine eigentliche Komödie?
Der Fremde: Ja, Ihro Majestät.
Skaramuz: Nun, weil ihr mich gerührt habt, und weil ich gerade bei guter Laune bin, so mögt ihr einander heiraten. Es ist aber eine wunderliche Sache, die Melpomene verläßt das Theater, dort werden wir also keine Leichen mehr sehn; aber sie heiratet dafür einen Doktor – ich weiß nicht was schlimmer ist.
Thalia: Herr König, ich wollte auch gern heiraten.
Skaramuz: Wen denn?
Thalia: Da ist so eine Art Narr, im gemeinen Leben Grünhelm genannt.
Grünhelm: Ja, Ihro Majestät, ich bin des ledigen Standes überdrüssig.
Skaramuz: In Gottes Namen. Aber so fällt ja auch unser Lustspiel über den Haufen. – Nehmt einander, und quält euch recht.
Alle gehn ab.
Ein großes Getümmel unter den Zuschauern.
Pierrot: Ei! ei! wie ist denn ein solches Ding zu begreifen? Es täte not, daß man sich einen eisernen Reifen um den Kopf legen ließe, um es auszuhalten.
Scävola: Es ist gar zu toll. Seht, Leute, wir sitzen hier als Zuschauer und sehn ein Stück; in jenem Stück sitzen wieder Zuschauer und sehn ein Stück, und in jenem dritten Stück wird jenen dritten Akteurs wieder ein Stück vorgespielt.
Wachtel: Ich habe nichts gesagt; aber um nur zur Ruhe zu kommen, hätt ich mich gern aus meinem jetzigen Zuschauerstande in die letzte versifizierte Komödie als Akteur hineingeflüchtet. Je weiter ab vom Zuschauer, je besser.
Der Andre: Nun denkt euch, Leute, wie es möglich ist, daß wir wieder Akteurs in irgendeinem Stücke wären, und einer sähe nun das Zeug so alles durcheinander! Das wäre doch die Konfusion aller Konfusionen. Wir sind noch glücklich, daß wir nicht in dieser bedauernswürdigen Lage sind; denn es wäre nachher kaum möglich, sich auf gelinde Weise wieder in seinen allerersten vernünftigen Zustand zurückbringen zu lassen; ich fürchte, man müßte mit Pulver wieder hineingesprengt werden.
Scävola: Man träumt oft auf ähnliche Weise, und es ist erschrecklich; auch manche Gedanken spinnen und spinnen sich auf solche Art immer weiter und weiter ins Innere hinein. Beides ist auch, um toll zu werden.