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Lieber Josepf!
Ich deile Dir zum wiesen mit, das mir vor acht Dag die Muder eingraben ham. Mir haben nicht gemeint, indem es so schnell gangen ist. Aber der Vadder ist anderst zornig, weil die Muder ein Desdament gmacht hat und schenkt der Kirch finfhundert March fier den neien Durm. Beim Notari is das Desdament gwest und mir ham nichts gewußd.
Lieber Josepf, wie get es Dir? Hofendlich get es Dir gut und darfst auf Weinachd heraus. Dem Brückl sein Fux hat umgschmiesen und eine Haksen brochen und hat ihn stechen müssen.
Beim Elfinger und der Haslinger ham Schtraf zalen müsen, weil die Schaf reidig warn und habens nicht angezeichd. Es kost jeden dreisig March und is der Tirarzd nicht dabei. Da kost es noch mer. Das ist fiel Geld.
Unsere Scheck hat die voring Woch ein Kalb kriegt; es ist siebsich Fund schwer und gesund. Der Woaz is gut hereinkomen, aber der Vadder schimbft wegen das Desdament.
Lieber Josepf, hofendlich get es Dir gut und schreib bald.
Es grießt Dich Deine Muther.
Diesen Brief erhielt der Soldat Josef Vöst vom 12. Infanterieregiment, und er konnte daraus sehen, daß sich daheim Gutes und Böses begab.
Er dachte über beides nicht lange nach und war so wenig bekümmert wie andere junge Leute.
Aber seinem Vater ging es im Kopf herum, von der Früh bis zum Abend.
Er war alleweil gut mit der Mutter gefahren und hatte ihr kein böses Wort gegeben. Sie war zufrieden mit dem Austrag, und wenn sie vom Sterben redete, sagte sie oft, daß ihr ausgemachtes Vermögen beim Anwesen bleibe.
Bloß etliche hundert Mark für Seelenmessen sollten davon abgehen, und so war es auch geschrieben im ersten Testament. Aber ein paar Monate vor ihrem Tode machte sie den Nachtrag und verschrieb fünfhundert Mark für die Erbauung eines neuen Turmes.
Das war ihm unverhofft gekommen, und er hatte nicht daran gedacht.
Jetzt freilich fiel ihm manches ein, was er zuvor nicht beachtet hatte. Daß die Mutter im Sommer nach Nußbach fuhr, mitten in der Woche, als er keine Zeit hatte zum Begleiten und die Bäuerin im Bett lag.
Und daß sie ihm keine rechte Antwort geben wollte, wenn er sie fragte, ob alles in Ordnung sei. Daß sein Bruder Lenz hinterher nicht halbpart verlangen könne, weil sie ihm doch das Ganze versprochen hatte. Da sagte sie immer, es sei alles recht gemacht, und wie es gemacht sei, wäre es recht.
Wie der Amtsrichter das Testament vorlas, stand am Schlusse, diese Spende hätte die Mutter wohl überlegt, und die Erben sollten für sie beten, anstatt verfluchen und verwünschen.
Sie hatte schon gewußt, daß sie Verdruß damit aufhebe. Den Schuller dauerte das schöne Geld, aber das hätte er leichter verschmerzt wie den peinlichen Spott von den Leuten.
Er war der Wortführer gewesen gegen den Pfarrer, und er hatte seine Meinung durchgesetzt bei der Gemeinde.
Derweil galt sie nichts in seinem eigenen Haus, und der Pfarrer hatte seine Mutter gerade so gut überreden können wie den Linnersteffel.
Selbigesmal hatte er gesagt, daß es nicht recht sei, wenn man alte Leute zu solchen Vermächtnissen berede, und jetzt war es bei ihm das nämliche.
Der Pfarrer konnte lachen. Was brauchte er sich um die Gemeinde zu kümmern, wenn er das Geld sogar von seinen Widersachern kriegte? Da muß einer für dumm gelten, wenn er Streit anfängt mit der Geistlichkeit, und hinterher zahlt er selber so viel von der Zeche.
Der Schuller versteckte seinen Zorn nicht; er sagte den Freunden, daß er gegen die Heimlichkeiten nicht ankönne. Er habe öffentlich widerredet nach seiner Pflicht; aber wenn der Pfarrer von schwachsinnigen Weibern das Geld nehme, was ihm die Männer verweigern, hernach sei gleich ausgestritten. Da könne er sich was darauf einbilden, wenn der Turm auf diese Weis' zusammengebettelt sei. Und das wäre auch noch eine besondere Kunst, ein altes Leut vor dem Sterben herumzukriegen. Solche Reden wurden weitergetragen, und der Pfarrer hörte sie bald.
Daß sie ihn nicht freuten, darf jeder glauben, aber er schimpfte nicht, und auch seine Vertrauten wußten nicht recht, wie er sich dazu stelle. Er hörte aufmerksam, was man ihm erzählte, und er seufzte, wenn es recht dick daher kam und die Worte des Schuller ein schlechtes Gepräge trugen.
Wer das für Sanftmut hielt, war grob im Irrtum; der hochwürdige Herr hatte ein zorniges Gemüt und verzieh keine Beleidigung. Jedoch er wußte, daß man dem Feind am meisten schadet, wenn man die günstige Stunde abwartet.
Unter den Vertrauten des Pfarrers führte Hierangl das lauteste Wort.
Seit vielen Jahren lebte er in Feindschaft mit dem Schuller; er hatte einen Prozeß gegen ihn verloren, und in der Wut darüber hatte er gesagt, daß der Schuller seine Zeugen zum Meineid verleitet habe. Deswegen wurde er wegen Beleidigung acht Tage lang eingesperrt und mußte obendrein sehen, daß ihm die achtbaren Männer in der Gemeinde nicht recht gaben. Sie wählten seinen Feind zum Beigeordneten. Seit der Zeit trat er ihm in den Weg, wo er konnte; und wie der Schuller gegen den Pfarrer anstritt, war der Hierangl von selber auf der geistlichen Seite. Sein Zorn wuchs, weil er nichts ausrichten konnte, und er ließ sich ein paarmal hinreißen, daß er dem Beigeordneten schlechte Dinge nachsagte. Hinterdrein mußte er sie vor dem Bürgermeister abbitten und froh sein, wenn ihn der Schuller nicht wieder verklagte.
Jetzt, meinte der Hierangl, wäre die Zeit gekommen, daß man die alte Schuld heimzahlen könnte, und der Pfarrer sollte mit Gericht und Advokaten über den Schuller einrücken.
Aber der hochwürdige Herr verwies ihm seine Heftigkeit und sagte, daß er mitnichten so verfahren wolle; jedoch, wenn der Schuller in seinem schlechten Sinne beharre, werde er auf andere Weise gegen ihn einschreiten und als Seelsorger bedacht sein, daß nicht die Gemeinde zu Schaden käme.
Da merkte der Hierangl gut, daß seinem Feinde nichts geschenkt bleibe.
Auch andere glaubten das, und der Haberlschneider warnte den Schuller mehr wie einmal.
»Du sollst di nit a so auslassen«, sagte er, »du kennst insern Pfarrer z'weni. Hör'n tuat er alles, und vagessen gar nix, und bal'st as amal gar it moanst, werst as mit Schaden inne wer'n.«
»Der ko mi gar nix macha; auf den pass' i scho lang nimma auf.«
»Ja, mei Liaba, dös sagst du a so; aba du derfst it vagessn, Helfer hat er grad' g'nua, und schlauch is er aa.«
»Dös derf er scho sei. Woaßt, Haberlschneider, daß er mi it mag, dös woaß i guat g'nua, aba i fürcht eahm it, und seine Helfer scho gar it.«
Das sagte der Schuller, weil er tat, was recht war. Aber er mußte bald sehen, daß man nicht Herr ist über alles, was geschieht.
Eines Tages, wie er daheim saß, rückte seine Bäuerin mit der Neuigkeit heraus. Die Ursula sei in der Hoffnung vom Hierangl Xaver. Das erste war zuwider genug. Eine Bauerntochter soll mehr auf sich halten wie eine Dienstmagd, aber das zweite machte die Sache schlecht.
Wäre es ein anderer gewesen, der hätte geheiratet oder gezahlt, und weil die Ursula sonst ein arbeitsames Weibsbild war, hätte sie wegen dem Kind noch einen jeden heiraten können. Aber der Hierangl hängte ihr Schande an, das war einmal gewiß. Den Jungen hetzte der Alte auf, wenn es das noch brauchte.
»Hätt'st besser aufpaßt!« schrie der Schuller, »jetzt werst sehg'n, wia's geht. Der Tropf, der ziagt ins aa no eini ins G'red. Dem is nix z'schlecht. Daß du gor it aufpaßt? Für was bischt denn du d' Muatta?«
»Da ko'st leicht aufpassen, wann mi nix denkt. Ich woaß it, wia sie so dumm g'wen is; da, frag s' selm!« sagte die Schullerin, weil die Ursula hereinkam.
Sie blieb an der Tür stehen und schaute verlegen drein.
»Was hat mi denn d' Muatta g'sagt?« fragte der Schuller; »daß du di mit'n Hierangl ei'lassen host? Is dir der Schlechtest g'rad recht g'wen? Hab i net allmal g'sagt, 's luschti sei verbiat i dir net, aba du muaßt wissen, bei wem d' bist?«
»So schrei do it gar a so!« wehrte die Schullerin ab; »du muaßt do auf de Deanstbot'n an Obacht hamm!«
»Hätt's ös z'erscht an Obacht g'habt! Jetzt is scho z'spat; de Leut wem si bald g'nua vom Hierangl hör'n; hast du no net g'redt mit eahm? Hast as eahm du no net g'sagt?«
»Jo. I ho's eahm scho z'wissen g'macht.«
»Und was sagt er nacha?«
»Wegschwör'n will er si; aber dös ko er durchaus gar it.«
»Ja, do werd er di frag'n, du Lall'n, du dappige. Geh in Stall außi, sinst schlag i dir's Kreuz o, du Herrgottsakrament!«
»Er hat mi 's Heirat'n g'hoaßen.«
»De Dumma hoaßt ma viel und lacht s' aus. Host'n du net kennt, den? Host du dahoam net allaweil g'hört, was des für Leut san?«
»Wann er ihr's Heirat'n g'hoaßen hat, nacha muaß er do b'steh drauf«, mischte sich die Schullerin ein. »Gibt's denn do gar koa G'setz?«
»Host ja g'hört, daß er si wegschwör'n will. Der werd si scho was z'sammlüag'n, daß sie mit Schand'n dosteht. Dös hätt' si de Loas z'erscht denka kinna. Jetzt geh außi in Stall!«
Ursula brummte vor sich hin und ging.
»Du sollst it gar a so grob sei'«, sagte die Schullerin, »dös helft jetzt aa nix mehr.«
»Da host recht. Bal no was helfet, nacha tat i mi net so zürna.«
»Es is andere Leut'n aa scho passiert, vielleicht geht's besser außi, als d' moanst.«
»Ös Weiberleut seid's glei tröst. I ko dir's g'nau sag'n, wia's nausgeht. Der Hierangl suacht scho lang was geg'n mi, und jetzt hat er was g'funden. Bal sie der Jung bloß weglaugna tat, dös waar no gar it des ärgst. Aba der Alt' freut si, wenn's an Prozeß gibt; der setzt oa Lug auf de ander, und des meist geht geg'n mi, net geg'n 's Madel.«
»Red'n muaßt halt do mit eahm.«
»Mit'n Junga scho; mit'n Alten it.«
Die Unterredung kam bald. Nach ein paar Tagen, als der Hierangl Xaver am Jägerbergl ackerte. Der Schuller säte nicht weit von ihm Winterroggen und ging bedächtig die Höhe hinan.
Die blaue Schürze, in welcher die Saatkörner lagen, hielt er zusammengerafft und warf bei jedem zweiten Schritte eine Handvoll über die Furchen. Er gab wohl acht, daß die Würfe nicht gegen den Wind geschahen, weil sie sonst zusammengeschoben oder verweht werden. Als der Schurz geleert war, ließ ihn der Schuller fallen und stieg über die Schollen zum Xaver hinüber.
»Du, i ho mit dir was z'red'n«, sagte er.
Der Hierangl hielt an und fragte: »Was denn nacha?«
»Du woaßt, wia's mit der Urschula steht. Wia is denn nacha dös?«
»Do werd it viel sei«, sagte der Xaver.
»So?«
»Na. Dös bekümmert mi gar nix.«
»Du mögst di gern weglaugna, gel?«
»I bekümmer' mi gar nix drum.«
»Du muaßt it moan, daß i di ums Heirat'n bitt'. Du müaßt erscht sehg'n, ob's mir recht waar.«
»Auf dös brauchst it wart'n, daß i um a deinige Tochta kimm.«
Der Schuller wurde zornig, wie er den frechen Burschen ansah. Der getraute sich, den gestandenen Mann zu verhöhnen, und zog die Mundwinkel hinauf, als wollte er lachen.
»Du schamst di gor it?« fragte der Bauer. »Du tatst di no prahl'n damit, ha? Aber paß auf, ob's dir so nausgeht, wia's d' moanst.«
»Dös wer'n mi ja sehg'n.«
»Dös werst aa sehg'n, bal's zum Zahl'n kimmt.«
»Dös scheuch i gor it; es teilen sie grad' gnua drei, da trifft auf an jed'n nit viel.«
»Sagst du dös? Derfst du dös sag'n?«
Der Schuller packte den Burschen an der Brust und schüttelte ihn heftig.
»Laß aus?« schrie Xaver. »I laß mi vo dir it beuteln.«
»Du ... du Lausbua, du ganz schlechta... derschmeißen tat i di allaweil, wann'st ma net z'weni waarst.«
»Laß aus! sag' i.«
»Da ... Rotzbua!«
Der Xaver bekam einen Stoß, daß er ein paar Schritte nach rückwärts stolperte, und war wieder frei.
Seine heimtückischen Augen funkelten vor Wut, aber er sagte bloß: »Dös werd si aufweisen, ob du mi auf insern Grund o'packen derfst.«
Er trieb seine Pferde an, und der Schuller kehrte um, ohne ihm eine Antwort zu geben. Wie er auf seinem Acker stand und den Schurz wieder mit Saatkörnern füllte, hörte er laut schreien.
Der Xaver schimpfte gegen ihn herunter und drohte ihm mit der Faust.
Er konnte die Worte nicht hören, aber er wußte wohl, daß sie nicht freundlich waren.
»Jetzt schimpfst«, sagte er vor sich hin, »weil'st weit g'nua weg bist, du Haderlump! Geh hoam, du paßt zu dein Vatern.«
Er schritt an und säte. Aber die Körner flogen ihm weiter, als er wollte, und zuweilen blieben sie ihm in der geballten Faust.
Es verdroß ihn, daß der halbgewachsene Bursche sich so frech gegen ihn gestellt hatte und beinah mit ihm gerauft hätte. Was sich der traute gegen ihn! Daß man deutlich merkte, wie sein Ansehen nichts war gegen den Rotzlöffel.
Der Schuller ging zornig vom Felde heim und setzte sich zornig an den Tisch. Die Ursula hatte keine schönen Tage, und sie tat gut daran, wenn sie dem Vater aus dem Weg ging. Der Schullerin half es wenig, daß sie beschwichtigen wollte. Es war dummes Zeug, was sie redete.
»Du muaßt halt denken, jetzt is scho, wia's is, und mit dein ganzen Vadruß kannst'as nimma anderst macha, und jetzt is schon vorbei.«
Es war nicht vorbei. Freilich, die Bäuerin sah das nicht.
Aber der Schuller wußte gut, daß die Unordnung im eigenen Haus einen Mann schädigt, der für andere hinstehen will, und daß der geringste Gegner im Vorteil ist, wenn er einen wunden Fleck zum Angriff erwischt.
Er bekam schon den Sonntag darauf recht mit seiner Befürchtung.
Da predigte der Pfarrer über das Evangelium des heiligen Matthäus vom bösen Knecht.
»In derselben Zeit trug Jesus seinen Jüngern dieses Gleichnis vor. Im Himmelreich ist es wie mit einem Könige, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Da er zu rechnen anfing, brachte man ihm einen, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Als dieser nichts hatte, wovon er bezahlen konnte, befahl ihm sein Herr, ihn und sein Weib und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen.«
Hier knüpfte der hochwürdige Herr an und sagte: »Warum befahl der König nicht nur den Schuldner, sondern auch sein Weib und seine Kinder zu verkaufen? Ihr Leute, das will ich euch erklären. Wo es in einem Hause schlecht geht, hat selten eines allein die Schuld. Von den anderen wird häufig dazu Anlaß gegeben durch Einwilligung, Stillschweigen, Übersehen. Da gibt es Leute, welche der Meinung sind, sie wären so gescheit, daß sie überall darein reden dürfen. Sie widersprechen der weltlichen Obrigkeit und geben Ratschläge, wie man es besser macht; ja sogar die geistliche Obrigkeit muß es sich gefallen lassen, daß so ein Siebengescheiter seinen Willen durchsetzen will.
Aber wie sieht es oft aus bei einem solchen in Dingen, die ihn mehr angehen? In seiner Familie, in seinem Hause? Da merkt man nichts von der großen Gescheitheit und vom guten Regiment. Einer, der Herr sein will über den Staat und die Kirche, vermag seine Dienstboten nicht in Ordnung zu halten, ja nicht einmal seine Kinder. Wäre es nicht besser, er hätte seinen Willen darauf gerichtet, daß man ihn als rechtschaffenen Hausvater betrachten kann, als daß er sich um fremde Dinge bekümmert?
Das ist auch eine sichtbare Warnung für alle, die einem solchen anhängen.
Diese sollten sich fragen, ob sie dem Rate eines Mannes folgen dürfen, der in seinem eigenen Hause das Schlechte duldet oder nicht unterdrücken kann.
Und sie müßten sagen: Nein! Dieser Mann kann uns kein Beispiel sein.
Denn wie sagt Jesus zu seinen Jüngern? Hütet euch vor den falschen Propheten, und an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.
Jeder gute Baum bringt gute Früchte, aber ein schlechter Baum bringt schlechte Früchte.
Darum, wenn man sieht, daß in dem Hauswesen eines Mannes unziemliche Dinge vorkommen, so wissen wir, daß man seinen Worten nicht folgen darf.
Seine Früchte sind schlecht, und er selbst kann nicht als gut befunden werden. Amen.«
In der Kirche saß keiner, der den Pfarrer nicht verstand.
Der Hierangl hatte überall erzählt, daß sein Sohn vom Schuller angepackt worden war, weil er sich nicht dazu hergeben wollte, den Vater von der Ursula ihrem Kinde zu machen.
Eine Dienstmagd, die der Schuller davongejagt hatte, erzählte auch, daß die Ursula in anderen Umständen sei, und so war es leicht zu sehen, wen der Pfarrer meinte.
Der Schuller war nicht in der Kirche, aber seine Bäuerin kam mit brennrotem Kopfe heim und erzählte ihm, was sie hätte anhören müssen.
»I hätt mi am liabern vaschloffa, so hon i mi g'schamt«, sagte sie.
»Do brauchst du di gor it vaschliaffen.«
»Ja, was moanst denn? In de vordern Bänk' hamm sie si alle umdraht nach meiner, und de Bäcker Ulrich Marie hat d' Pratz'n vors Mäu g'habt und hat recht eini g'lacht, daß 's ja alle Leut' sehg'n.«
»Da brauchst du di gor it vaschliaffen«, wiederholte der Schuller, »de Schand trifft an andern, der wo so schlecht is und nimmt d' Kanzel her zu seiner Feindschaft.«
» 'An den Früchten werdet ihr es erkennen, wo es in einem Hause schlecht ist', hat er g'sagt, 'und einem Manne dürfet ihr nicht trauen, der wo die Schlechtigkeit duldet.' Mi hamm do 's Deandl mit Rechten aufzog'n, und für dös kinna mir's aa it derschlag'n.«
Die Schullerin weinte.
»Z'weg'n dem brauchst it trentzen«, sagte der Bauer, »was der red't, is gar nix. Des sell acht i gar it.«
»Warum hat er nacha nix predigt, wia'r an Schreiber sei Zenzl a Kind kriagt hat? Da hat ma nix g'hört von einem schlechten Haus. Grad' ins tat er de Schand' o vor allsamt Leuten.«
Der Schuller gab ihr keine Antwort; er sah zum Fenster hinaus auf die Straße. Schräg gegenüber beim Schuhsteffel standen noch einige Kirchgängerinnen und steckten die Köpfe zusammen.
Hie und da drehte sich eine herum und warf einen geschwinden Blick herüber.
Da sagte der Schuller: »Bäurin, tua mir an Rock außa. I geh ins Wirtshaus.«
»Geh, bleib dahoam! Dc red'n heut' do nix anders, als wia vo dera Predigt.«
»Grad' desz'weg'n geh' i. Sinscht moana d' Leut', i vasteck' mi.«
Er legte den dunkelblauen Feiertagsrock an und ging durchs Dorf.
Die Bäcker Ulrich Marie, welche sich hinter ihre Haustüre stellte und ihm lange nachsah, wunderte sich über seine ruhige Miene und sagte zu der Zwergerin: »Er muaß 's no it wissen.«
Die Zwergerin kannte die Menschen besser. »Do bist irr'«, sagte sie, »wenn'st moanst, der Schuller loßt si was mirk'n. Der woaß 's scho lang'.«
Beim Wirt saßen viele Leute; man hörte ihre Unterhaltung schon im Hausgange.
Aber wie der Schuller eintrat, war es mit einem Male still, und alle drehten sich nach ihm um.
Er grüßte kurz und setzte sich wie immer an den Ofentisch, wo die größeren Bauern saßen.
Der Haberlschneider rückte ein wenig hinein und machte ihm Platz.
»Wo kimmst denn her?« fragte ihn der alte Lochmann.
»I? Von dahoam.«
»I ho mir denkt, du bist z' Webling g'wen.«
Es trat wieder eine Pause ein, und der Webergütler, der ein oft gesehener Gast im Pfarrhofe war, zahlte sein Bier und ging.
Der Haberlschneider unterbrach die Stille und fragte: »Bist scho bald firti mit'n Bau'n, Schuller?«
»No nit völli. D' Schaffelsbroat'n hab' i no, nacha is g schehg'n.«
»Was baust denn?«
»An Woatz.«
»Hast z'letzt an Raps dort g'habt?«
»Ja.«
»Er waar scho recht, da Raps, wann ma no net gar so wenig löset dafür.«
Das Gespräch war in Gang gekommen, und der Schuller konnte seine Sachkenntnis zeigen.
Aber wie der alte Lochmann aufstand, rückte der Geitner um einen Platz herauf. Er war als ein Mann bekannt, der gerne herumhorchte.
Niemand traute ihm, aber da er jedem schön tat und offene Feindseligkeiten vermied, kam keiner dazu, daß er ihm die Wahrheit gründlich sagte.
Der Geitner rückte herauf und sagte plötzlich, indem er mit der Hand auf den Tisch schlug: »Und dös glaub' i amal net, daß der Schuller a schlecht's Hauswesen führt. Dös glaub' i durchaus gar net.«
Obwohl niemand widersprach, steigerte er seinen Eifer und schrie so laut, daß ihn alle Leute hören mußten: »Dös glaub' i net. Und bal's oana anderst sagt, nacha bin i scho do! Der Schuller wirtschaft' it schlecht. Dös gibt's gor it.«
»Geh, sei staad!« sagte der Haberlschneider.
»Na, do bin i it staad. Dös glaub' i amal net. Siehg'st, Schuller, i woaß, daß di dös verdriaßen muaß, was heut' über di g'redt worn is. Aba bei mir, host g'hört, do find dös koan Glaub'n. Du vastehst mi scho.«
In der Stube wurde es still, und alle schauten neugierig, was der Schuller wohl tun werde.
Der stand auf und sagte: »I vasteh' di guat, Geitner, aba i sag' dir bloß dös. Der schlechtest Mensch is der Ehrabschneider, und wann oaner de Kircha dazua hernimmt, nacha is er zwoamal schlecht. Und dös derfst überall verzähl'n, wo'st magst.«
»I? Was glaabst denn? I steh' ja durchaus bei dir! Da gibt's gar nix.«
Der Schuller gab ihm keine Antwort und ging mit dem Haberlschneider aus der Stube.
Sie nahmen nicht den Weg durchs Dorf, sondern bogen hinter dem Wirtshaus in einen Feldweg ein.
Der Schuller fragte kurz: »Was sagst denn du dazua?«
»Daß da Geitner a Tropf is.«
»Und de Predigt?«
»Dös hat mi gar it g'wundert, Schuller. I hab' dir's g'sagt, der Pfarra paßt dir an Weg ab. Hoaß is er scho lang auf di, und jetzt erst recht, weil er woaß, daß mir di zum Bürgermoasta hamm woll'n.«
Der Schuller blieb stehen.
»Wia'st mi vor acht Täg g'fragt hast, hon i dir mit Wahrheit g'sagt, daß i net gern Bürgermoasta wer. Aba jetzt, Haberlschneider, siehg'st, jetzt möcht' i's wer'n. Und wenn's bloß desz'weg'n waar, daß mi der ander it ganz veracht'n derf.«