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Hunter begab sich in das verabredete Restaurant, dinierte und wartete auf den Agenten.
Fantig stellte sich pünktlich ein, und auf dem Grundstück war auch der Besitzer zur Stelle. Der Handel vollzog sich nach kurzem Feilschen glatt, und der Vertrag wurde sofort bei einem Notar in aller Form abgeschlossen.
Fantig hatte ein Prozent des Kaufpreises als Vermittlungsgebühr von dem Verkäufer und fünftausend Mark unterderhand von dem Käufer verdient – seine Miene war sonnig wie seit Jahren nicht. Er rieb sich die Hände, tänzelte, lachte und schwatzte, daß es dem Australier unwillkürlich die Bemerkung entlockte: »Ihnen muß es aber auch schon höllisch schlecht ergangen sein, daß Sie so aus dem Häuschen geraten können!«
»Ist mir's auch – ist mir's auch«, bestätigte Fantig eifrig, »ganz höllenmiserabel. Aber noch ein paarmal so'n Schnitt, und wupp – bin ich wieder oben!«
Er beruhigte sich erst, als er im Hotel den Betrag von Hunter ausgezahlt erhielt, und ein feierlicher Ernst kam über ihn.
»Schulden, gottlob, sind nicht da«, reflektierte er und fügte halb humoristisch hinzu: »Man hätte ja auch schwerlich Kredit gefunden. Aber nu wollen wir sehen: mit der Handvoll läßt sich wieder was anfangen!«
Der Besitz stachelte sein Selbstbewußtsein auf, und er ging wie ausgewechselt.
Gegen Abend setzte leichter Schneefall ein, und Hunter sah vom Fenster aus zerstreut in das Flockenwirbeln. Ein Zeitungsverkäufer, der den Passanten unten die Abendblätter anbot, rief ihm das zerknüllte Blatt ins Gedächtnis, das er bei Wutschow an sich genommen hatte. Er holte es aus einer Seitentasche des Pelzes hervor, glättete es auf dem Tisch und begann zu suchen, was Wutschow so erregt haben konnte. Ein längerer Schriftsatz auf der dritten Seite war mit Blaustift derb angestrichen, und wenn auch das fettgedruckte Stichwort »Ein renitenter Steuerzahler« ihm noch keine Gewißheit gab, daß damit Wutschow gemeint war, so folgerte er dies doch schon bestimmt aus den nächsten Sätzen.
»Ein renitenter Steuerzahler«, las er, »und ein Original ist der im Westen ansässige Rentier W., der, obgleich mehrfacher Millionär, seine Steuer nie freiwillig, sondern stets erst dann entrichtet, wenn die Behörde mit Zwangsmaßregeln gegen ihn eingeschritten ist. Der Steuerbote darf ebensowenig wie zum Beispiel der Briefträger das Haus des Kauzes betreten, und W. öffnet ihm auch dann nicht, wenn er wie gewöhnlich auf der Veranda hockt und der Bote ihm durch die Glastür den Zweck seines Kommens mimisch klarmacht. W. winkt gelassen ab, und der Beamte muß sich unverrichtetersache entfernen. Den Mahnzettel schiebt er, wie die Stephansjünger die Briefe, zur gegebenen Zeit unter der Tür durch ins Innere, und selbst die Tochter des wunderlichen alten Herrn darf weder öffnen noch eine Bestellung entgegennehmen. Die Zwangsvollstreckung würde regelmäßig die Hilfe eines Schlossers erfordern, wenn der Vollzugsbeamte sich nicht auf andere, minder gewaltsame Art zu helfen wüßte; der Mann ist durch die Erfahrung gewitzt und paßt seine Maßregeln den originellen Verhältnissen an. W. besitzt eine elegante Equipage mit zwei ausgesucht schönen Berberschimmeln, und er liebt es, in bestimmter Morgenstunde seine Ausfahrten zu machen. Damit rechnet der Beamte, hält sich in der Nähe und dringt in den Hof vor, sobald die Schimmel bereitstehen. W. weiß Bescheid, steht und flucht in den grauen Bart, läßt es aber notgedrungen geschehen, daß der Beamte seine Pflicht erfüllt und – Wagen und Pferde mit Beschlag belegt. Die blauen Siegel prangen am Wagen und an den Geschirren der Pferde. W. fährt aus wie gewöhnlich! Nicht einen Tag schenkt er von der Frist bis zum Versteigerungstermin, selbst die Verkaufsannoncen erscheinen regelmäßig, dann erst zahlt der wunderliche Alte ebenso regelmäßig und ist knurrend und murrend Zeuge, wenn der Beamte die ominösen Siegel wieder entfernt...«
Hunter schüttelte den Kopf und merkte erst nach einer Weile, daß der Artikel an dem Absatz noch nicht zu Ende war. »Wir können«, las er weiter, »bei dieser Gelegenheit ins Gedächtnis rufen, daß der wunderliche Herr seinen Launen auch schon in früheren Jahren freien Lauf gelassen und die Geduld auch der Polizeibehörde in einem Maße in Anspruch genommen hat, wie es heute nicht mehr möglich sein dürfte. Damals wie heute haben die Hausbesitzer die Pflicht, in strengem Winter bei allzu reichlichem Schneefall die Bürgersteige vor ihren Grundstücken von dem verkehrshindernden Schnee zu säubern. Alle kommen dieser Pflicht nach, wenn auch nicht jeder gern; nur W. nicht. Mochte der Schnee sich fußhoch oder zu kleinen Bergen aufhäufen – W. rührte zu seiner Entfernung keine Hand. Er beachtete auch die Aufforderungen der Polizei nicht und lachte sich ins Fäustchen, wenn diese endlich die Geduld verlor und zur Wegräumung einfach – die Feuerwehr einsetzte. Die dadurch entstehende Rechnung – man spricht von jeweils fünfundzwanzig Talern – beglich er jedesmal ohne Zögern. Er hatte eben seinen Kopf durchgesetzt, und das Vergnügen war ihm nicht zu teuer. Autoritäten gab es für ihn nicht, und er erkennt auch heute, wie Eingeweihte verständnisvoll erzählen, nur eine solche an – seine Frau.«
Der Artikel war amüsant, für Wutschow allerdings nicht besonders angenehm, und namentlich die ironische Schlußbemerkung mochte ihn gereizt haben. Daß die eine Autorität für den alten Herrn aber wirklich vorhanden und allein maßgebend war, davon war der Australier ebenso überzeugt wie von den anderen Absonderlichkeiten des alten Pantoffelhelden.
Hunter schnitt den Artikel aus, versuchte ihn noch weiter zu glätten und legte ihn sorglich in einen der Koffer. Ein halb boshaftes, halb belustigtes Lächeln umspielte dabei für einen Augenblick seinen Mund.
Er verbrachte den Abend in einem Varieté, war früh am Morgen wieder auf den Beinen, nahm mit einer gewissen Hast das Frühstück zu sich und eilte in die Potsdamer Straße.
Die Nacht hatte starken Schneefall gebracht und den Straßen ein verändertes Aussehen gegeben. Auf den Fahrdämmen tat das Streusalz der Straßenbahnen seine Wirkung und verwandelte das Schneeweiß rasch in ein häßliches, schmutziges Grau; aber die Trottoirs und die besonders in der Potsdamer Straße reichlich vorhandenen Vorgärten lagen in der frühen Stunde im noch unentstellten weißen Winterschmuck, und die Mauervorsprünge an den Häusern, die Balkons, die Dächer grüßten unter blendend weißer Schneekappe hervor.
Selbst das Haus Nr. 100 sah freundlicher in den frostklaren Morgen, und das Gitter vor dem Fenster des Mädchenstübchens wirkte in dem jungfräulichen Schneeschmuck fast anheimelnd.
Nur die putzlosen roten Wandflächen, die sich in der Nacht vergrößert zu haben schienen, paßten nicht in die gesunde, klare Winterschönheit und Wutschow nicht in den glänzend sauberen, eleganten Wagen, der, mit zwei feurigen Schimmeln bespannt und zur Abfahrt bereit, auf der weißen Hoffläche hielt. Wutschow trug die unvermeidlichen Filzschuhe, hatte sich in einen jahrzehntealten Schafpelz gehüllt, eine Wollmütze tief in die Stirn und über die Ohren gezogen und war eben im Begriff, eine ihm vom Kutscher gereichte Pferdedecke über die Knie zu breiten.
Hunter lachte über die Burleskfigur so ungeniert laut auf, daß auch Wutschow aufmerksam wurde.
»Mit dem Affen will ich nichts zu tun haben – los!« rief er dem Kutscher zu, und im gleichen Augenblick zogen die Schimmel auch schon an.
Hunter blickte eine Weile hinter dem federnden Gefährt her; dann stieg er langsam die Verandatreppe hinan, stieß sich an dem Geländer den Schnee von den Füßen und wollte eintreten.
Die Tür war indessen verschlossen, und erst auf sein energisches Klopfen eilte die Tochter des Hauses herbei und öffnete ihm.
»Guten Morgen, Herr Hunter«, grüßte sie befangen.
»'n Morgen«, knurrte er. »Müssen Sie immer hinter Schloß und Riegel sitzen?«
»Papa will es so«, entgegnete das Mädchen einfach.
»Der ist...« Der Australier brach ab. »Ich ersuche um die Schlüssel zum Parterre«, fuhr er kurz fort.
»Ich soll Sie führen«, gab Hedwig Wutschow zurück.
Hunter blickte auf. So einfach hatte er sich seinen Einzug ins Wutschowsche Haus doch nicht vorgestellt. Geld und Drohung hatten also die erwartete Wirkung getan.
Das Mädchen nahm die bereitliegenden Schlüssel von einem Tisch, schritt ihm voran und schloß auf. Bei jeder einzelnen Tür übergab sie den dazugehörigen Schlüssel dem Mieter und zuletzt auch den für die von beiden Parteien zu benutzende Veranda.
»Alles werden Sie nicht bewohnen können«, meinte Hedwig, und ihre Wangen färbten sich trotz der eisigen Kälte in den dumpfen, vernachlässigten Räumen.
Er sah sie prüfend an.
Ein Gesicht wie Milch und Blut, dachte er und stellte rasch Vergleiche mit der Mutter an. Die Ähnlichkeit zwischen beiden war nicht zu verkennen, aber bei der Tochter waren alle Formen ins Weiche, Jugendliche übersetzt und der Ausdruck in den feinen Zügen des Kindes ein weitaus anderer als in den stolzen, harten der Mutter.
»Ist auch nicht nötig«, gab er zur Antwort. »Ich will Sie nicht länger bemühen ...«
Sie zögerte.
»Wenn Sie noch Wünsche haben ...«
»Danke.«
Er war nicht unhöflich, aber auch nicht verbindlich; sie fühlte es und zog sich zurück.
Hunter beschränkte seine Auswahl auf zwei Zimmer, deren Herrichtung ihm möglich schien, wenn auch von Grund auf alles erneuert werden mußte.
»Ich werde die Decke nicht vergessen, Madame«, rief er unwillkürlich halblaut.
In der Veranda traf er noch einmal auf das Mädchen. Sie hantierte mit Eimer und grobem Scheuertuch, und Hunter sprach sie unwillig an: »Ist denn kein Dienstmädchen, kein Diener da, daß Sie das alles machen müssen?«
Sie schüttelte den blonden Kopf. »Seit ich erwachsen bin, nein. Es ... ist auch nicht zuviel«, schloß sie versichernd.
»Nicht zuviel«, wiederholte er heftig, »das sehe ich, denn gesund geblieben sind Sie dabei. Aber hart, barbarisch ist es ...«
»Papa – mag keine fremden Leute um sich haben«, suchte sie zu entschuldigen.
»Er hat doch den Kutscher«, hielt ihr Hunter entgegen.
»Der wohnt nicht bei uns ...«
»Und jetzt mich!« betonte er schroff.
»Sie – Sie sind ja auch Mieter.«
»Jawohl, und an mich wird er sich gewöhnen müssen, und diese verfluchte Sklaverei – Ihre Sklaverei –, die soll ein Ende finden. Ist Madame zu sprechen?«
Sie war ganz scheu geworden.
»Mama schläft noch.«
Er ließ die Schlüssel rasselnd in die Tasche gleiten.
»Well. Erst muß ich da auch eingezogen sein.«
Er verabschiedete sich kühl, bog an der Bülowstraße um die Ecke und begab sich nach Fantigs Wohnung.
Fantigs Frau öffnete, und der Agent stand, zum Ausgehen gerüstet, in zufriedener Selbstbetrachtung vor einem Spiegel. Er hatte sich neu ausstaffiert und machte in dem modernen Überrock und unter dem tadellosen Zylinder einen stattlichen Eindruck.
»Ah!« Er fuhr bei Hunters Eintritt lebhaft herum, legte den spiegelblanken »Seidenen« mit raschem Griff beiseite und war ganz Freundlichkeit.
»Ehrt mich, Herr Hunter, ehrt mich. Womit kann ich dienen?«
»Ich brauche Handwerker: einen Tischler, einen Maler. Empfehlen Sie mir!«
»Mit Vergnügen ... Tüchtige Leute ...« Er nannte zwei Adressen. »Soll ich Sie hinbegleiten?«
Hunter verneinte.
»Wohnung gemietet?« forschte Fantig.
»Ich kann doch nicht im Hotel bleiben ...«
»Nein, ungemütlich. Haben Sie in der Nähe gemietet?« horchte der Agent weiter.
Hunter überhörte die Frage. »Ich sah vorhin Wutschow ausfahren ... Gentleman auf dem Bock – Esel im Fond.«
Das war Wasser auf Fantigs Mühle. »Ja, der! Der ist nun mal der Spott des ganzen Westens. Aber die Alte, die macht's nobler. Seide, Samt, Diamanten.«
»Für die Tochter scheint weniger übrig zu sein.«
»Die! Modernes Aschenbrödel... Übrigens die Alte – noch verflixt schneidig...«
»Unkraut vergeht nicht!« knurrte Hunter. »Sie wollten ausgehen – ich will Sie nicht stören.«
Er empfahl sich, obwohl Fantig in ehrlicher Lebhaftigkeit protestierte, suchte die ihm genannten Handwerker auf und verabredete sich mit ihnen.
Als sie nach einigen Stunden in der Villa erschienen, räumte Wutschow fluchend seinen Platz und ließ sich nicht mehr blicken.
Auch Hedwig schien nach der Begegnung am Morgen dem Mieter aus dem Wege zu gehen. Das Haus lag wie ausgestorben.
Aber es war dem Australier recht so. Er untersuchte mit den Handwerkern die einzelnen Räume und beriet sich eingehend. Das Betreten des vielbesprochenen Hauses war den Leuten offenbar interessant; über die im Innern herrschende Vernachlässigung waren sie aber einigermaßen perplex. So hatten sie sich das Heim des reichen Wutschow doch nicht vorgestellt.
Hunter knauserte nicht. Er verlangte schnelle und gründliche Arbeit und hatte für die Kostenanschläge der Meister nur ein zustimmendes Nicken.
Der Tischler sollte zuerst an die Reihe kommen, der Maler ihm auf dem Fuß folgen.
Als eine Einigung erzielt war und die Meister gingen, hielten sie untereinander nicht mit dem Befremden zurück, daß ihr Auftraggeber sich gerade Wutschows alte Bude ausgesucht habe, und kamen schließlich mit verständnisvollem Lächeln dahin überein, daß wohl auch der Mieter seine Wunderlichkeiten haben müsse.
Hunter blieb noch, stellte Messungen an und war nicht wenig überrascht, als bald nach Weggang der Handwerker die Frau des Hauses bei ihm eintrat. Sie hatte ein Pelzcape über die Schultern gehängt und hielt mit der Linken das graue Seidenkleid vorsichtig gerafft. Ihr Blick glitt sekundenlang umher und blieb auf dem Australier haften.
Hunter tippte an den Schlapphut und verbeugte sich ironisch.
»Große Ehre, meine Gnädige ...«
Sie wandte sich um und zog die Tür fest hinter sich zu.
»Frau Königin im Reich der Schwaben und Spinnen!« spottete er.
»Ich habe deinem Wunsche nachgegeben – freiwillig«, begann sie, und ihre Stimme vibrierte nur leicht.
»Der Herr Gemahl – auch freiwillig?« gab Hunter höhnisch zur Antwort.
»Das ist meine Sache ... Wir können – nebeneinander leben, ohne viel in Berührung zu kommen.«
»Meinst du, ich könnte Anspruch auf deine Person erheben?«
»Dazu gehören zwei« erwiderte sie kurz. »Ich – teile das Dach mit dir, aber ich will weder dich noch deine Reichtümer, die du – offen genug – zur Schau trägst. Zu offen ... Muß etwas betont werden, wenn man daran glauben soll?«
Er vermeinte etwas Lauerndes aus ihren Worten herauszuhören.
»Ach so«, entgegnete er, »du beliebst anzunehmen, ich übertreibe, um zu – verdecken ... Auch gut, Madame. Ganz wie du willst ...«
»Es – interessiert mich nicht«, versetzte sie abweisend. »Es imponiert mir auch nicht. Mehr als wir hast du auch nicht, und ob so viel – ist die Frage.«
»Ganz recht, die Frage, die dich beschäftigt ...«
»Nein, die mir gleichgültig ist.« Sie brauste auf. »Bildest du dir ein, ich überschätze dich?«
»Überschätzen?« Er überlegte ein paar Sekunden. »Hm, wer ein Krösus werden will, muß Anlagen dazu haben, und die hatte ich nicht, wolltest du das nicht zum Ausdruck bringen?«
»So etwas Ähnliches«, gab sie zu.
Er trat dicht vor sie hin. »Weib, ich durchschaue dich bis auf den Grund deiner Seele! Heuchle, lüge – mich täuschst du nicht, und ich weiß, welches brennende Interesse dich zu mir treibt und dich schauspielern und horchen läßt. Die Habgier – die elende Habgier ist gereizt worden in dir, und sie läßt dich lungern und hungern nach mehr. Du bemühst dich umsonst! Laß es dir gesagt sein!«
»Geht dir der Atem aus? Oder ist's mit deinen Phantasien zu Ende? Du übersiehst eine Kleinigkeit: das Nächstliegende. Unsere Mietsverhandlungen waren etwas – sonderbarer Natur, und der Abschluß bedarf einiger Ergänzungen. Ich habe – mich – gefügt, weil deine Anwesenheit mich schließlich nicht zu stören braucht. Ich betone: nicht zu stören braucht. So lange nicht, als – außer uns beiden – niemand weiß, welche Beziehungen uns – einst – miteinander verbunden haben. Darum komme ich zu dir. Aus keinem anderen Grunde. Um deine Diskretion wollte ich dich ersuchen ...«
»Ich habe sie dir längst zugestanden!«
»... und dir die meine ebenfalls zusichern...«
Wieder eine ironische Verbeugung Hunters. »Freundlich, sehr freundlich...«
»Schwätzen war auch früher nicht deine Art – dein Wort wirst du zu achten wissen. Und damit bin ich ja wohl mit Herrn William Hunter zu Ende.«
»Wenn es sein kann...«
Der stattliche Frauenkopf hob sich mit einem kleinen, energischen Ruck, und ihre Erwiderung klang hochmütig: »Ich – wüßte nicht, wieso...«
Er winkte ungeduldig ab.
»Ich bin kein Prophet und lasse kommen, was da will. Brauche ich dich nicht, ist es mir angenehm. Ergibt sich ein Grund zum Verkehr mit der geehrten Nachbarschaft, so ist mir der Weg nicht zu weit. Und man kann nicht voraussehen...«
Er dachte an Hedwig und was er dem Mädchen gesagt hatte. Und einen Augenblick kam ihm der Gedanke, der Frau da vor ihm sogleich in das Gewissensdunkel zu leuchten. Aber auch nur einen Augenblick. Dann verschloß er sich der Regung, wandte sich wieder seiner durch den Eintritt der Frau unterbrochenen Beschäftigung zu und zischte über die Schulter: »Ich will die Gnädige nicht länger zurückhalten!«
Um den Mund der Frau zuckte es. Aber sie beherrschte sich und entfernte sich mit gemessener Würde.
Bald hielt es ihn nicht mehr.
Beim Fortgehen traf er unvermutet auf Hedwig, und es schien ihm, als suche sie ihn abermals zu meiden.
Er lehnte sich nicht dagegen auf. Ging ihn das Mädchen überhaupt etwas an? fragte er sich gereizt. War sie sein Kind? Er brauchte sie wahrhaftig nicht, und wenn auch sie ohne ihn auszukommen wünschte – um so besser. Ach was, sie paßte am Ende auch in das Tollhaus. Und seinetwegen der Doktor nicht minder ...