Rudolf von Tavel
Ring i der Chetti
Rudolf von Tavel

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Im Frouechloschter z’Inderlachen isch nid geng heiligi Stilli gsi; aber a eier Zälletüren isch me geng düre düüßelet, me het sech schier nid trouet, mit syne Fueßsole der Boden az’rüehre, vowäge dert drinnen isch di einzigi Heiligi vom Konvent gsi, aber de o würklech e Heiligi. Schwöschter Angelika het si gheiße. Ds einzige Wort schier, wo men ussert de vorgschribenen über ihri bleiche Lippe het ghört cho, isch gsi: «Vergässe! — Vergässe!» — Wi nes Höischen us menen underirdische Gwölb ufe het es tönt. Wär es fyns Ohr derfür het gha, dä isch dervo dürschütteret worde. Anderi hei dänkt, das sygi e Ton zwüsche Heiligkeit und chly verhürschet-sy. Und wär einisch — es isch sälte gnue vorcho — d’Ouge vo der Schwöschter Angelika gseh het, dä het’s dunkt, er luegi i ds nachtfyschtere Rätsel vo der Ewigkeit. Völlig abgmageret, wachsbleich und dürsichtig wi Alabaschter isch si stundelang vor em Crucifixus gchnöilet und het für d’Erlösung vo der Möntschheit bättet, und gäb wi si sech abplaget het, derby niemer und nüt z’gseh, isch geng und geng wider und geng dütlecher e schöni ritterlechi Mannsgstalt us der fyschtere Lääri ufgstande, mit Ouge, wo öppis nid begryffe. Na monetelängem sech-Abquäle het si gmeint, jitz syg’s erstritte, si gsej ne nümme, da chunnt si im Chor bi der Matutin näbe d’Schwöschter Amanda z’sitze — di jüngeri Ringoltinge 170 vo Landshuet — und die brümelet nere zwüschem Bätten i ds Ohr: «Er tuet e Bueßfahrt a ds Heilige Grab. — Was het er ächt z’büeße?» Und wyter brodlet ds Bätte vo de Schwöschtere. Und vor der Schwöschter Angelika steit im fyschtere Chilchechor wider der Junker, dütlecher als je vorhär. — Dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris!

Hütt het me d’Schwöschter Angelika müesse vo der Matutin i ihri Zälle trage, und sithär lyt si dert wi gstorben und doch läbig. Ihri Ouge sy offe, aber me merkt nen a, daß si nid gseh, was hie um se-n-umen isch. Si sy vor Stuunen und Entzücke wi glähmt und glänze doch wi Glas im Sunneliecht. Me gspürt, der Heiligen isch öppis ufgange. — Ach, es weiß es niemer vo denen um se-n-ume. Vo denen allne wird’s keini erläbe, und wenn si tuusedjährig würde. Der Schwöschter Angelika isch es gschänkt worde, sich und ihri Not, ja no vil meh, ihres eigete Heil z’vergässen ob der Versänkung i das, wo’s keis Wort derfür git uf möntschleche Zunge.

 

Di ganzi Hole zwüschem Hondrich und dem Spiezerbärg isch ei Chirsiblueschtmeie gsi, am blaue Himmel sy wyßi Wülkli uftouchet und verschwunde, uf em blaue See hei Schüümli ufblitzet, und a de Bärge hei d’Wälder troumet. Wenn’s im Himmel o nume halb so schön isch wi hie, so isch es sech derwärt, hie niden e chly gnue müesse 171 z’tue. So hei sogar die dänkt, wo Hutte voll Mischt dür d’Räben uuf treit hei. Aber eini, wo vo der Schloßterrassen i di Herrlechkeit yne luegt, stirbt schier vor Längizyti. Si gseht nid d’Blueschtmeie, si gseht d’Nußböum vo Lassarraz und d’Blöui vom Waadtland und Möntsche, wo einisch um se-n-ume gsi sy und mit nere gspilt und gsunge hei. Der allereinzig, wo-n-ere ds Bärnerland erträglech gmacht het, isch — Gott weiß wo. Wyt, unändlech wyt furt, i mene Land, wo sech niemer cha vorstelle. Und ob er wider heichunnt, das weiß o nume der lieb Gott.

D’Chinder? Ja, si sy da um se-n-ume, emel der Adrian und ds Eveli. Der Philipp — Gott! I gäb öppis drum, dänkt di schöni Muetter, wenn er o nume chly weniger ds Äbebild vo sym Vatter wär. Das Füür, wo i däm Bueb muttet! Het nid der Narr einisch gseit — i mueß geng wider dra dänke — wenn e Stamm bald well usstärbe, so schießt der Familietrib erscht rächt, und der Lyb mög’s nümmen erlyde. Das ruuche Wäse, das so guet Wüsse, was eine wott, das gradane Dryfahre, das alles steckt in ihm. Wenn eine, so git dä ne Ritter. — Und de — me weiß nie, wo-n-er sech umetrybt. Kei Habicht, kei Schärmuus kennt der Spiezer-Bode besser. Aber o i jeder Chuchi, jedem Gade weiß er Bscheid. No so nes Chind, und scho hinder de Meitscheni här! Er weiß villicht no gar nid, was me mit mene Meitschi cha astelle; aber er narrlet mit ne, meint, si sygen alli 172 für ihn da und merkt scho, was nätt isch. Und derby wott er mer nid rächt trüeje, wi si hie säge. Er brüetet öppis.

No isch d’Frou Jeanne uf ihrem Lindebank völlig im scharfe Nußduft vo Lassarraz, wo me Huefschlag uf der offene Fallbrügg ghört pole. Der Jakob isch mit dem Junker i ds Globte Land gfahre, und sider mueß me de Chnächte geng uuf und nache sy. Si kenne d’Lüt nid, wo öppe chöme, und vergässe d’Hünd yz’bschließe. D’Frou vo Buebebärg geit ga luegen und steit da im Hof, i ihrer vornähme Schönheit, wo e junge, rotblunde Herr chunnt cho yne z’ryte. Wo het si doch das Wappe scho gseh? Am Bruschtrieme vom Roß glänzt es schwarzes Mülirad uf Guld.

Scho isch der Junker us em Sattel und grüeßt, wi’s dusse, a de fürschtleche Höfe, Bruuch isch. Hans-Brächt vo Müline, vo Chaschtelen im Aargau. Zum Junker Adrian möcht er.

«Es isch mer leid, my Ma isch uf der Fahrt a ds Heilige Grab; aber wenn ig Ech mit Spys und Trank cha diene...» E Wink. Ds Roß wird i Stall gfüehrt, und na nes paar Minute sitzt der Junker im Schloß hinder mene schwäre Tisch und luegt zue, wi — Dienerschaft uftreit.

Was wott dä? — Das isch d’Frag gsi, wo jitz der Frou Jeanne ob em Ynen- und Usegah und Befäle z’tüe git. Si het scho öppis glehrt gha. Aber me mueß begryffe, daß si ihri Vorsicht dasmal bald vergißt. Ändlech wider eine, wo nid 173 z’Bärn ufgwachsen isch, eine, mit däm me cha reden über d’Bärner und eine, wo d’Fründschaft vom Junker Adrian suecht. Das versteit sech nümme so ganz vo sälber. Famos gueti Gattig und gueti Maniere hälfe dem Gascht erscht no Wäg mache zum Härz vo der Frou vo Buebebärg. Numen eis isch nere no im Wäg. Es isch der Bruuch, daß alles, was am guldige Hof achehrt, vor allem der Frou Änneli geit ga der Chratzfueß mache. Und deren etwütscht nüt. Nid daß si öppen i Huus und Hof umstryche würdi und dem Gyre vom Tor ufpasseti, aber der ganz Hof louft wi am Schnüerli. Was di alti Frou nid sälber gseht und ghört, vernimmt si — dür wän? Sy ’s d’Tuben uf der Simsen oder d’Müüs hinder em Täfel? Der Frou Jeanne isch es o jitz, wi wenn d’Schwigermuetter irgendwo umewäg wär. Das geniert se; aber si ertrotzet sech’s: I bi d’Frou vo Buebebärg.

Im Handumdräje sy di beiden uf e Rat vo Bärn cho z’rede. Und jitz isch da, was di jungi Frou so lang scho het ersahnet gha, d’Glägeheit, einisch amenen andere chönne der Chratte z’lääre. Der Herr vo Müline spitzt d’Ohren und gseht uf eismal vil wyter hindere, i di Bärner-Höhli, wo-n-ihm bis jitz geng no fyschter bliben isch. Si chlagt — und weiß nid, daß ihri Chlag Wort für Wort es Komplimänt isch für di Herre vo Bärn: «Es söll sech nume niemer Illusione mache, er chömi zu Wort und Gältung, wenn er nid sibe 174 Schueh tief Im Bärner Bode verwurzlet isch. Scho mänge het’s probiert, aber no jede het’s am Chuttefäcken erwütscht und i di fürchterlechi Müli gno, zwüsche di Granitsteine, wo ds Aarewasser umrüehrt. Das lat von eren eigete Meinung nüt meh usen als Brosme. Was sägen i, Brosme! — Stoub — Stoub!»

«Cha mer’s dänke. Me bruucht di Manne numen az’luege», seit der Herr Hans-Brächt, «aber gäbet mer zue: Manne sy’s! Sapperlot, so ne Scharnachthal!»

«Prachtsmanne, das isch wahr, aber...»

«E chly Bäre, weit Dr säge!»

«Mit nüt sy si besser z’verglyche. Da lige si-n-Ech i der Sunne, fuul, dunkt’s ein, und vollgfrässe. Me gseht ihrnen Öugli a, was si möchte: Chumm, chrau mer im Balg! Und es gluschtet Ech, se z’gusle. Aber undereinisch stande si uuf. Gott im Himmel! Es wott nid höre mit Großwärde. E bruune, pelzige Turm, und sälber wird me geng chlyner und dünner. Und di Tatzen und Chlaue! Und wenn me ds Muusloch nid grad findt zum Dryschlüüffe, so brüele si, daß alli Buzeschybli us em Blei dervo springe.»

Der Herr vo Müline lachet, aber d’Frou Jeanne fahrt grad furt, ja, äbe, es töni lächerlech, wenn me’s eso sägi, ds Gräßleche sygi nume, daß me’s bitter ärnscht näh müessi. Es machi niemer, wo’s nid am eigete Lyb erfahre heigi, sech e Begriff dervo, wi das e Läbtig sygi zwüsche dene Lüt 175 inne. «Et puis», seit si im Yfer halb für sich, «cet affreux langage!»

«Ah, cet affreux langage! Ja es tönt ruuch i üsnen Ohre, das isch wahr, aber grad das isch o eini vo ihrne forces, Frou vo Buebebärg! Es git gwüß uf der ganze, wyte Wält ekeis Volk, wo sech under sich so guet versteit, wo so dütlech und so vo Härz zu Härz mitenandere cha rede, ohni daß di Frömde ’s verstande. Das het se zsäme, das macht se zu mene Volk.»

«Ja, das gspürt me», git d’Frou Jeanne zue, «und ds Kuriosen isch, daß si trotzdäm imstand sy, a Höf und höche Schuelen alles i sech ufz’näh, was si vor der große Wält nötig hei. I gseh’s ja a mym Ma.»

Niemer hätti das alles besser begriffen als d’Frou Änneli, wo sälber o het müesse lehre z’Bärn läbe; aber si het’s eso guet glehrt gha, daß, ohni rächt z’wüsse warum, di beide da unde nume hübscheli mitenandere gredt hei. Ändlech seit du d’Frou Jeanne, es wär nere doch lieb, wenn der Herr vo Müline jitz no der alte Frou wetti ga d’Ufwartung mache. Es isch ihm no so rächt, und er lat sech d’Schnäggestäge wyse, wo ne-n-in e große, chly bogene Vorsaal ufe füehrt. Hirschgweih und Waffe hangen a de Wänd. Plötzlech steit da es Pärsönli vor ihm, es chuum füfzächejährigs Jümpferli i mene länge graue Schürlitz-Chittel. Schöni roti Haar fallen ihm uf d’Achsle. Das macht es Knixli anere Hofdame z’trotz und streckt 176 dem Junker d’Hand dar. Er geit druuf y, füehrt das Händli a syni Lippe, und dermit weiß es jedes vom andere, daß es ihm gfallt — schuderhaft guet gfallt — ganz schuderhaft guet.

Us em Stägeschlund isch underdesse hinder ne d’Frou Jeanne ufe gruuschet. Der Junker git nere ne Blick, wo ungfähr seit: Was isch jitz das für ne möhrige Chäfer? Und ihri Ougen antworte: Ähä, gäll, aber mach der keini Illusione! Dä Chäfer het sys Los scho zoge.

D’Frou Änneli epfat der Junker fründlech. Si weiß, wär er isch, er bruuchti nere nid emal z’brichte, er sygi guet Fründ mit dem Herr Roll vo Bonstette, wo vor zwöine Jahre ds Hanneli, dem Herr Adrian sy luschtigi Schwöschter, ghüratet het. Er mueß nere vo Chaschtele, vo Waldshuet und vom Wiener Hof erzellen und was us der Farnsburg worde sygi.

Us em Hof ufe chunnt Chinderlärme. Me ghört o jammeren und briegge; aber wäge däm luegt niemer ume.

Wo du am Namittag der Herr vo Müline wyters wott und mit der Frou Jeanne i Hof use chunnt, findt er di luschtigi Jumpfer Dorothea — Theterli het men ere gseit — übermüetig uf sym gsattlete Roß. «Dir heit o no Platz by mer, Junker Hans», seit si und macht nid Gattig, so gschwind wider us däm Sattel z’welle.

Das chan ihm’s. «I nähm’s am liebschte grad mit», seit er zur Frou Jeanne. Und si, wo wohl 177 gmerkt het, daß da scho meh als numen es artigs Sätzli derhinder steckt, antwortet: «Es hätti villicht nüt dergäge, das arme Chind; aber — es mueß i ds Chloschter.»

«Das i ds Chloschter?» seit der Junker.

D’Frou Jeanne zuckt mit den Achsle. Si ghört doben es Fänschterli schiebe, bruucht gar nid z’luege. O, si kennt das Lärmeli, ghört’s sogar mängisch im Troum. Aber dasmal git si nüt druuf. Si het es settigs Beduure mit dem Theterli, wo nie us em Bann vo dene strängen Ouge da obe wägchunnt, daß si der Junker lat mache, wo-n-er ds Meitschi im Sattel bhaltet, d’Zügel nimmt und seit: «Nume bis über e Grabe! Numen es paar Schritt, gället!» Si mueß no lache, wil das Schiebfänschterli ganz hässig wider zueschletzt. Wi ne Prinzässi sitzt ds Theterli i sym graue Rock uf em Roß. Der Junker füehrt’s am Zoum zum Tor uus, und der Adrian und ds Eveli holleie hinderhär. D’Frou Jeanne blybt im graue Burghof stah, luegt ne dür e fyschtere Torboge nache, i ds Blueschtmeer use, und fascht wein ere d’Ougen aloufe.

Überoben aber geit mit sichere Schritte d’Frou Änneli i Vorsaal use, an es offes Fänschter. Ihri Ouge luegen uus wi Schießscharte. — Was soll das da unde? — «Muetter Gottes!» — Da hilft kei Chirsibluescht. Mit ihrne Falkenouge gseht si, wi der Junker das Chind ab em Sattel nimmt, ’s ganz unnötig a sech drückt und ihm linggs und rächts und sogar no uf d’Lippen ewig längi 178 Müntschi git. — Amene Chind, wo Gott verlobt isch! — Aber was wott si? Ufbegähre wäri lächerlech. Armbrüscht und Bolze lige da gnue umenandere. Nei, mit denen isch hie nüt z’mache. Er rytet ja übrigens dervo. Aber en andere Bolz wird uf d’Chrinele gleit. Dä cha sech de hinecht d’Frou Jeanne us der Bruscht zieh!

Währeddäm het di jungi Frou d’Chinder wider yne grüeft und am uschuldige Glück vom Theterli wohlgläbt. «Wo trybt sech ächt aber der Philipp ume?» fragt si. Si hätti a de große, verschwigenen Ouge vo de Chinder chönnen errate, daß si öppis wüsse. Aber wi mängisch het si se-n-afange so gseh! Und zum Rätsche het me se nid welle dressiere. Us Angscht, es gäb uf alles abe no ne herti Straf, hei si der Muetter verschwige, daß der Philipp, bevor der Junker und d’Muetter i Hof abe cho sy, vo däm Roß isch gschlage worde, vor d’Bruscht, nume liecht gstreift zwar, aber grad gnue, für ihm en Ougeblick der Ate z’näh, daß er totebleich worden und under Jammere dervogschlichen isch. Wi mängisch het me ne doch gseit, si sölle nid a frömdi Roß zueche! D’Chnächte hei’s nid g’achtet oder sünsch gschwige.

«Dorothea!»

Dasmal blybt ds Löufterli offe, und ds Theterli wartet nid, bis es ume zuegeit. So wi jitz isch es no nid mängisch vo der Großmuetter gwäsche worde, a Lyb und Seel. Und mit 179 Weihwasser abgsprützt. Und am Abe het’s mit der Großmuetter i d’Chilchen übere müesse ga bätte, bis ihm d’Chnöi so wehta hei wi dem Philipp under syr Dechi d’Bruscht. Aber beidi hei ds Verbyße los gha wi nid gschwind öpper.

Ne Zytlang hei d’Chinder ds Gheimnis vom Philipp mit dem Narr teilt, und der Narr het dokteret, so guet er’s verstande het. Aber ei Tag isch es halt doch du uscho. Und wär am schwärschte dranne het gha z’trage, das isch d’Frou Jeanne gsi, wil si sech het müesse zuegä, daß ihre, gäb wi si gmeint het, si luegi guet zue ne, d’Chinder doch geng under de Händ ewäg cho sy, und kei Antwort gwüßt het uf Frou Ännelis Vorwurf: «Nit emal das! — Nit emal das!»

Und wider het’s d’Frou Jeanne müesse la gscheh, daß d’Schwigermuetter d’Hand uf öppis schlat, wo ihre ghörti. Tag für Tag steit d’Großmuetter am Bett vom Philipp, mängisch scho lang bevor d’Waadtländere sech der Troum vo de Nußböum vo Lassarraz us den Ouge gwüscht het.

Der Chrank het Längizyti. Um ds Schloß ume strahlet der Früehlig, er ghört ne-n-und gspürt ne; aber nid emal luege darf er ne. Nume geng di beide Frouen um sech ume, und mängisch chunnt’s ihm vor, si gönnen enand d’Stube nid. Tuet ihm d’Muetter ds Fänschter uuf, daß er doch o chly a Niesen übere chönni luege — es wär emel eis amusement z’luege, wi d’Schneefläcken i de Runse vo Tag zu Tag mindere — so chunnt d’Großmuetter, 180 drückt’s ume zue und seit: «Eppes Dumms eso!» Und wenn ihm einisch d’Muetter der Adrian oder ds Eveli yne lat, muschteret se d’Großmuetter im Handumdräje wider use. Ds Theterli einzig darf öppe chly by-n-ihm blybe. Da isch es ihm de albe wohl, e chly Früehlig i der Stube, e stilli Heiteri. Mängisch schwätze si dumms Züüg zsäme; aber me vergißt emel de ne Zytlang d’Chefi, wo me drin sitzt. «Du», seit ei Tag der Philipp zum Theterli, «warum het eigetlech d’Muetter geng so roti Ouge? I gloube, si brieggi mängisch. Warum ächt?»

«Si het, gloub, schuderhaft Längizyti nam Vatter. — Villicht het si A...»

«Was het si villicht?»

Ds Theterli macht sech am Fänschter z’schaffe.

«Tue numen uuf! La mer chly Luft yne! — Säg, was meinsch, daß si heig!»

«Angscht... es chönnti dem Vatter öppis gä.»

«Eh, was wett’s ihm gä!»

«Ja, weisch, so bi Mohren und Türgge! Es isch nid nüt, a ds Heilig Grab z’fahre!»

«Abah. — Was wetten ihm die tue! Me fragt halt nid lang. — Weisch, ig, wenn i einisch nache bi, de ryten i halt o i Chrieg, i d’Wält use. Hejoho!»

Der Philipp sitzt uuf und fägnäschtet sech us allem unnötig Warme, wo me ne dry glyret het, los. Ds Theterli luegt erschrocken uf das schöne 181 junge Bluet, wo doch scho syni Schätte het. «Was chunnt di a? — Undere mit dr!» Es luegt uf d’Türe. — Wenn d’Großmuetter chäm!

Er folget der Schwöschter, wil er’s nid wott la druuf abcho, daß me deren o no d’Stube verbietet. Und du lyt er zuedeckt still und luegt a d’Dili und schnubbet.

Ds Theterli steit wider am Fänschter. Me ghört d’Vögel dusse.

Gärn früeg der Philipp: «Warum brieggisch jitz?» — Aber was bruucht er z’frage? Wenn d’Wulken über eim yne hange, bruucht me nid no dervo z’rede. Dem Theterli wartet ds Chloschter, ihm, dem z’früech Ryffe — e früeche Tod... Beidi versprängt’s schier vor Läbe. Beidi wüsse, was ne wartet. Was Wunder, daß da ds Theterli sech nümme ma gmeischtere, daß es i mene dunkle Kameradschaftstrib sech über sy Brueder wirft, daß si sech i ihrer gmeinsame Härzesnot vor der Zuekunft mit ihrne jungen Armen umhalsen und, Lippen uf Lippe, enand ihres Leid usbriegge! Wenn d’Träm vo der Dili nid altersdürr wäre, so ließe si o Tränen uf das Bett rägne. — So jungs Leid!

Was Wunder, daß di beide nid merke, wi d’Türen ufgeit! — Het me nid d’Angle gsalbet, für emel ja der Chrank nid z’wecke? — Wi us Stei ghoue steit d’Großmuetter da. Si seit keis Wort. Mit herter Hand zieht si ds Theterli vom Bett ewäg, stellt’s vor d’Türen und fragt der 182 Bueb: «Was hascht?» — Bis jitz het si ne nie anders als öppe vor buebeliger Töubi gseh briegge.

Si überchunnt ekei Antwort. Der Bueb vergrabt sys Gsicht i de Chüssi und zuckt mit den Achsle. D’Frou Änneli wird zärtlech. Wo si aber merkt, daß si däm Jammer nid uf e Grund chunnt, strychlet si der Bueb und geit. Si wott’s mit dem Dorothea probiere. Groß und größer wärden ihri Ouge, wo si o dert der Sach nid z’Bode chunnt. Ds Mißtrouen erwachet in ere. — Wo Rouch isch, brönnt’s a menen Ort. Ds Theterli und mit ihm der Früehlig isch zum letschtemal i der Chrankestube gsi. Im stille wird überleit, ob me nid das Töchterli scho jitze sötti ga Froubrunnen abe gä, i ds Chloschter. Me isch nid sicher, daß nid d’Frou Jeanne i ihrer Uvernunft di beide wider zsämelat.

Isch es di puuri Uvernunft, wenn e Muetter amene Chind, wo si scho uf em abschüssige, glatte Bort usse gseht, no z’lieb tuet, was es möcht? D’Geburt vom Philipp het se schwär nachegno, aber was si jitz um ihn düremacht, wo der Vatter niene z’errecken isch, das geit no wyt drüber.

D’Frou Änneli aber spinnt a ihrem Fänschter, spinnt mit rahne, herte Händen ihres Garn und derzue hinder gspitzten Ouge graui Sorgefäde. Gruusam heiter gseht si, was cho mueß. Si kennt di Buebebärge, weiß, daß si meh usgäbe, als si hei, so lang si jung sy, für sich, und wenn si Manne wärde, für ihri Stadt. Si het’s a ihrem Ma erfahre, 183 a ihrem Suhn, und si gseht, daß das vo Generation zu Generation zuenimmt, und daß dä Trib einisch der Reif mueß spränge. Und jitz merkt si sogar, daß er schon e Sprung het. Kei zwöite Suhn cha so ganz Buebebärg sy wi dä Philipp. Der Reif mueß es no ha — mueß eifach, choschti’s, was es well — bis der Adrian wider hei isch. Und wenn ihri Fürsorg der schöne Waadtländere ds Härz abdräjti! Froue git’s geng, aber en ächte, vollwärtige Stammhalter git’s numen einisch. So eine lyt däne, i der Buebechammere. Dä het ds Füür vom Buebebärg-Stärn, und si, d’Frou Änneli, weiß allei, was er gilt, und si hüetet ne.


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