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as git’s Schöners für ne jungi Frou, als z’gspüre, daß e Ma, wo ds Züüg zu mene Held i sech het, wi der Junker Adrian vo Buebebärg, der Narr an ere gfrässe het! Im erschten Afang no frömd, isch nere ds Läben i der Schadau bald zum Paradies worde; aber nah-ti-nah het es se-n-afa dunke, si sygi wohl vil allei, und drum isch es se nid hert acho, mit dem Junker ga Länzburg z’zügle. Öppis Neus! Und dert heig si ne de für sich, het si gmeint — so wyt vom Bärner Rathuus ewäg und wyt vo Spiez und der Frou Änneli. Aber bald het si müessen erfahre, daß e settige Ma i den Arme vo der schönschte Frou nid alles findt, was ne-n-umtrybt. Di Läbtig z’Länzburg isch ihm bald verleidet. Er het d’Frou Jeanne ga Bärn bracht und isch i Dienscht vom Herzog vo der Pfalz gange, für däm syni Händel gäge Bischof vo Straßburg usz’fächte.
Gottlob isch er jitz ume daheim mit heiler Hut. — Aber Luun het er kei guete heibracht. Der Herzog isch ihm der Lohn schuldig blibe. Und jitz het er ihm uf sy Fuuscht hi Fehd agseit und isch dranne, sech für ne Fäldzug usz’rüschte, geng underwägs zwüsche Bärn und de buebebärgische Herrschafte, für Manne z’muschtere.
Es horneret, und wenn men a der Junkeregaß nes Löufterli ufschiebt, so ma me vor Schneegstöber 136 nid emal ds Bort änet der Aaren erchenne. Descht heimeliger isch es i de Stube, wo öppen es tolls Kaminfüür sprätzlet, wi hie im Buebebärg-Huus. D’Frou Jeanne het ihres Jüngschten uf der Schoß, ds vierjährigen Eva, und di beide Buebe, der Philipp und der füfjährig Adrian, bouen e Burg und probiere zwüschenyne mit de Boutütscheni ds Dach vo ihrne junge Bärner-Schädle. Da mäldet me der Herr Schultheiß vo Scharnachthal. — Du chunnsch mer grad rächt, dänkt d’Frou Jeanne, und schickt d’Chinder use. No isch ds Gvätterzüüg i der Stuben umenandere gläge, wo-n-er mit yzogenem Chopf über d’Schwelle chunnt und dasteit i syr ganze mächtige Größi.
«I felicitiere zum Chammerherr», seit d’Frou vo Buebebärg. Er lachet mit den Ouge. Er weiß nume z’guet, daß si das nid sieg, wenn ihre Ma da wär. Der Adrian läbt nid wohl a däm Titel- und Gschänksäge, wo di französischi Gsandtschaft über d’Bärner usschüttet. Si isch letschti Wuche cho, für im Name vom neue Chünig, vom Ludwig, ds Bündnis cho z’erneuere. Und drübery hätti me gärn Vermittlerdienscht gha, für ne Versöhnung zwüschem Chünig und sym Schwager, dem Graf vo Bresse. — Alles rächt, aber eis zieht ds andere nache; was me vor Ouge het, verdeckt, was drunder isch. Isch Schultheiß und Ritter nid gnue und e Huuffe Gäld? Mas bruucht da eine no der Chammerherr derzue? — Überhoupt, e Schultheiß vo Bärn sötti niemerem Chammerherr sy!
137 Der Herr Niklaus weiß so guet wi d’Frou Jeanne, daß sy Fründ vo der Schadau so dänkt. Aber er lachet uf de Stockzänd, wil er syni Trümpf i der Hand het.
«Offe gstande, Frou Nachbarin», seit er — si sy a der Junkeregaß wi am Thunersee Nachbare — «i ha nie begriffe, daß der Adrian sech uf das Abetüür ygla het. Was het er gha z’sueche bi däm Herzog vo der Pfalz?»
«Wär my Ma kennt, begryft’s», antwortet d’Frou Jeanne. «I bi nie dermit yverstande gsi; aber bheit ne! — Bheit ne!»
«Het er sech z’Länzburg glängwylet?»
«Es sy halt stilli Jahr gsi, und er het di ganzi Zyt ds Gfüehl gha, es sötti öppis gah, er sötti Glägeheit ha, sech im Fäld vürez’tue. Wenn eine nid im Chrieg öppis verrichtet heigi, so gälti er niene nüt. Und de het er halt o grächnet, er bringi öppis hei. Hätt er gwüßt, daß si-n-ihm nid Wort halten und ne-n-im Stich löj, so wär er chuum gange.»
«I begryffe scho, daß ne das toub macht; aber so vo sich uus amene Herzog vo der Pfalz ga Fehd asäge...! Was dänkt er o? — Wott er mit syne paar Oberländer ga Chrieg füehre? Das chönnti ne tüüre Gspaß gä! — Und de mir, d’Stadt? Mir chönne das nid zuegä. Dir müesset ne dervo abbringe!»
«Herr Schultheiß, wenn der Adrian i settige 138 Sachen uf mi würdi lose, so wär er nie zum Herzog gange.»
«E Frou — nid e jedi, nid e jedi — aber e Frou Jeanne setzt alles düre, was si wott!»
«Meinet Dr mit Duble?»
«E Frou wi Dir...»
I däm Ougeblick ghört me schwäri Tritten im Gang. Der Frou Jeanne louft e rosige Schyn über ds Gsicht. Si geit dem Kaminfüür ga schalten und het erscht wider uuf, wo si ghört, daß ihre Ma i der Stube steit. Ihres Härz chlopfet, daß es se dunkt, me sötti’s vo wytem ghöre. Warum? — Si chönnti’s sälber nid säge, aber es isch grad, wi wenn di beide Manne da i der Stube, wo doch mängisch es Dotzen oder meh binenandere gsässe sy, nid Platz hätte. Und si gspürt, daß es der Adrian isch, wo nid Luft het für sy großi, breiti Bruscht. Si findt ihre Ma nie herrlecher, als wenn ihm albe ds Füür us den Ouge lället und er mit ballete Füüschte dasteit, uf em Sprung, der erschtbescht z’verchrose. Wi mängisch het si da im stille scho ghöische: mi, Adrian, mi! Und mängem scho isch es z’guetcho, wenn’s nere graten isch, di wyßi Gluet uf sich übere z’zieh, se-n-us em Töubizug i Liebeszug z’reise. Himmelhöch isch de albe d’Freud drüber in ere-n-ufgfahre, daß si het dörfe gspüre: i bin ihm, was er ha mueß. — Aber jitz, dä Ougeblick, isch es anders. Er duuret se, wil nienen use cha, was ne schier versprängt. Unrächt isch ihm gscheh. Het er nid sy Ma gstellt dusse bim 139 Herzog? Und jitz verhet ihm dä, was er ihm schuldig isch. Ds Gäld sälber, wo-n-er zwar gruusam nötig hätti, für’s mit den andere große Bärner ufz’näh, wär ihm no ds Mindischte; aber daß eso nes donners Herzögli meint, er chönni nume so über üsereinen ewägspöie, das isch nid z’schlücke! Er het ne welle zeige, wär er syg, daß mit ihm nid z’gspasse sygi, und jitz chöme di Herre vo Bärn und verhein ihm’s, und de grad no die, wo sech dem Franzos verchoufen und dermit der Herzog vo Burgund gusle.
Das chochet im Adrian, währed der ander dasteit und zwüsche jedem Schnouzhaar vüre schynt z’spotte: Schnüz du nume, i ha di einewäg am Äcke. — Schultheiß, Ritter, Chammerherr! — Und i einschtwyle nüt — als e Ma; aber wartet nume! Das emel bin i de!
En Atezug, e heiße, änge. Und i däm Ougeblickli hei alli di Überlegunge Platz gha.
Si grüeße sech nid emal, bruuche kei Vorred.
«I säge grad dyr Frou», fat der Schultheiß a, «du wirsch üs das doch nid ga ateigge da usse?»
«Es isch my Sach», antwortet der Adrian.
«Ja, es geit um dy Sach, aber im Handumdräje sy mir o drinne. Lue, du zwängsch es nid! Du chunnsch ne wi ne Hund i ds Cheigelris. Und wenn du meinsch, si nähme de nid üs nache derfür! Si chönne di ysperren i eis vo ihrne Schlösser. Und de... und de? Wär löst di de uus, wenn nid mir?»
140 «Das bruuchet dir nid. Juscht für d’Stadt nid i Verlägeheit z’bringe, han i ja ds Bärner Burgrächt ufgä.»
«Scho rächt. Aber da chehre si sech nid dra. Me weiß öppen überall i der Wält, wo di Buebebärge daheim sy.»
«Was me nid vo jedem vo euch cha säge.»
«Du, säg, los!»
«Hm. A was söll me de merke, daß e französische Chammerherr Burger vo Bärn isch?»
«Da will i de scho derfür sorge!»
«Will’s hoffe.»
Ds Lachen isch us em Gsicht vom Schultheiß verfloge, und der Frou Jeanne ihri schöni Hand blybt a der Bruscht wi agwachse. Ihri Ouge sy wyt offen und rede dem Adrian zue.
«Mir wei bi der Sach blybe, Adrian», fahrt der Schultheiß furt. «Wenn i zu dir hei chume, so chumen i als dy Fründ, und du channsch däm wohl öppis rächne. Du weisch so guet wi-n-ig, daß du uf mene lätze Trom bisch. I säge dir nume, es miech der besser Ydruck, wenn du vo dir uus uf di Fehd verzichtetisch. Du hesch nüt z’gwinne derby.»
Dastah wi ne Schuelbueb isch nid dem Adrian sy Sach. Aber was wott er? D’Händ z’beidne Syten im Gurt, luegt er uf syni gspreizte Füeß, und d’Haar hangen ihm vor den Ohren abe. Er dänkt nache, wirft undereinisch der Chopf i Äcken und seit: «Es isch my Sach. Löjt mi mache!»
141 «Bsinn di!» antwortet der Herr Niklaus. «Bsinn di! Es isch nid nötig, daß du o no der Stadt bösi Streiche spilsch. Es isch grad gnueg a däm, was üs dy Vatter ybrochet het.»
«Was ybrochet!»
«Nume nid z’stotzig, Adrian, du weisch, was i meine! Wär’s nid äbe dy Vatter, so würd men anders dryfahre. Aber du gsehsch grad a däm, daß me dusse Buebebärg und Bärn i eis rächnet.»
O ja, der Herr Adrian het wohl gwüßt, daß d’Frou vo Rynach sy Vatter um ne Schuld verchlagt het, und daß ds Rottwyler Hofgricht der Stadt Bärn destwäge mit der Rychsacht dröit.
Si hei uf das hi nümme lang mitenandere gredt. Der Schultheiß het abbroche mit mene letschte, wohlgmeinte: «Bsinn di!» Du het er so schön wi a mene Chünigshof der Frou Jeanne ihri Hand a d’Lippe zoge, und derby sy sech ihri Ouge begägnet. Dem Schultheiß syni hei gseit: «Jitz lueg du wyters!» Und der Frou Jeanne ihri hei g’antwortet: «Du bisch guet! Aber so syd dr, dir Manne! Geng sölle mir ufwüsche, was dir verschüttet heit.»
Wo sech der Herr Niklaus bückt, für zur Türen uus z’schlüüffe, träffe sech hinder sym Rügge d’Blicke vom Adrian und syr Frou. Begleitet jitz niemer der Herr Schultheiß use?... So gangen i halt, schynt si z’dänke. Si geit ihm nache. Da zuckt’s im Adrian, er müeß nere zvorcho, es 142 sygi nid d’Sach vo der Husfrou, der Gascht use z’begleite; aber er bringt’s nid über sech und lat se gah — und ergeret sech doch drüber.
Bald druuf chunnt si wider yne. Er steit am Fänschter und luegt i d’Buzeschybli, Trotz im Äcke, Trotz i de Füeß, Trotz i de Füüscht. Me sött ne chönne z’lindte tue, dä Trotz. Aber wie? — Vo hinde geit si zue-n-ihm, verschränkt ihri Händ und leit ihm se-n-uf d’Achsle. Nes Müntschi hinder ds Ohr het si parat und möchti säge: «Mon vieux, tu n’aurais pas dû l’offenser», ganz duuch, ganz lieb. — Aber wi ne Blitz schnellt er ume. Der Sunneblick uf ihrem Gsicht erlöscht, wil er ihri Händ abschüttlet und se wägstoßt. So bös het si ne no nie gseh dryluege. — Si geit use.
Chuum i ihrer Schlafstube, ghört si ne nam Chnächt rüefe. Vom offene Fänschter rüeft er dür ds Schneegstöber i Hof abe: «Sattle!» — Es het müesse gah wi gschine. Si geit aben und fragt ne, wo-n-er d’Zügel fasset: «Du wottsch doch nid ga Spiez?»
Er schüttlet der Chopf und isch im Sattel. Nei, der Vatter het gnue a sym eigete Handel mit dem Rat. Und me mueß sech gwane, sälber z’etscheide. Es wird sowiso bald nümme müglech sy, der Vatter z’frage.
I wenige Minuten isch er änet der Aare, uf der Höchi obe. Dert het er still und luegt dür e Schneeschleier uf d’Stadt übere. Da hocket si fescht und sicher uf ihrer Flueh. Üsi Stadt, dänkt 143 er. Mir Buebebärge hei se boue. Und ganz hübscheli chunnt en Überlegung in ihm uuf. Er weiß, was der Vatter ihm würdi rate: Wart no! — O das verd... Wart no, wo schier nid z’ertragen isch! Aber wi guet passet’s zu där Stadt! Wi der Holzchäfer täggelet’s hinder jedem Täfel. Und wär wett’s lougne: Es het scho mängisch der Usschlag zum Guete gä. Und wenn der Chlaus seit: «Bsinn di!» so het’s di glychi Meinung. Der Adrian gseht y, daß er mit sym Dryfahre der Stadt chönnti schwäre Schade tue. Zum erschtemal wird ihm klar, daß me dem Gmeinwäse, wenn men es Rächt druuf wott ha, syni eigeten Asprüch mueß chönnen opfere.
Er rytet über Fäld, über Stock und Stei, bis ds Roß dampfet. Und du geit er wider hei, geit i d’Stuben ufen und seit zu syr Frou: «I la’s la sy.» Und du lat er sech’s gfalle, daß si-n-ihm d’Armen um e Hals leit, und pressiert nid, vo ihrne herrleche chuehle Lippe losz’cho.